Zur Dominanz der Konservativen: Die konservativen Parteien dominierten in Preußen. Das undemokratische Dreiklassenwahlrecht sicherte ihnen bis 1918 eine Mehrheit. In der Ersten Kammer, dem Herrenhaus, waren sie ohnehin bestimmend, denn die Mitglieder wurden vom preußischen König ernannt. Da Preußen der größte Mitgliedsstaat des Kaiserreiches war, kann man vielleicht von einer indirekten konservativen Homogenie in Deutschland sprechen.
Im Reichstag sah es dagegen anders aus. Seit Ende der siebziger Jahre stützte sich Bismarck zunehmend auf konservative Stimmen. Von 1887 bis 1890 bildeten die Konservativen zusammen mit den Nationalliberalen (das waren die Rechtsliberalen) ein 'Kartell' - so eine Art Koalition, die den Reichskanzler unterstützte. Zwischen 1906 und 1908 kam es mit Linksliberalen und Nationalliberalen zum "Bülow-Block". Diese heterogene Koalition unterstützte die Politik des Reichskanzlers von Bülow, aber die Gegensätze zwischen den Linksliberalen und den Konservativen waren zu groß.
Zum Liberalismus: Die Liberalen, gespalten in Linksliberale und 'Nationalliberale' konnten beispielsweise bei den Reichstagswahlen zusammen ungefähr 27% der Stimmen der Stimmen erreichen. Die Wahlkreiseinteilung benachteiligte sie aber.
Die Linksliberalen lähmten sich zusätzlich durch ständige Parteispaltungen. Bei den Reichstagswahlen traten drei linksliberale Parteien an: Die Freisinnige Volkspartei, die Freisinnige Vereinigung und die Demokratische Volkspartei (eine württembergische Regionalpartei). Erst 1910 schlossen sie sich zur Fortschrittlichen Volkspartei zusammen.
Die Linksliberalen suchten seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts nach einem unverwechselbaren Programm. Die protestantischen Arbeiter wählten zunehmend die Sozialdemokraten; die katholische Arbeiterschaft tendierte zur katholischen Zentrumspartei. Übrig blieb das Kleinbürgertum in den preußischen Provinzstädten in der Mark Brandenburg, in Pommern oder in Ostpreußen: Rechtsanwälte, Ärzte, mittlere Beamte und selbständige Handwerker wählten noch linksliberal.
Die Nationalliberalen hatten ihre Basis in den preußischen Landesteilen, die 1866 von Preußen annektiert wurden (Hannover, Hessen, Schleswig und Holstein). In Süddeutschland gab es - außer in Württemberg - auch nationalliberale Wahlkreise. Nationalliberal wählten Bauern oder Teile des städtischen Bürgertums, die sich gegen die Zentrumspartei wandten.
Im Vergleich zu den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts konnten die Liberalen nach 1890 keinen bestimmenden Einfluss mehr auf die Politik ausüben. Aber sie waren ein Faktor, den die Reichsregierung nicht übergehen konnte.