Frage zu Weimarer Republik

wakarimashita

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Nach dem 1. WK wurde in Deutschland die Demokratie ausgerufen und in Folge der Novemberrevolution von 1918/19 musste dann der Kaiser abdanken. Wurde dann auch der Reichstag aufgelöst? Denn sonst hätte man ja nicht landesweite Wahlen durchführen müssen, um die Weimarer Nationalversammlung zu bilden, die der jungen Demokratie eine Verfassung geben sollte. Und war eigentlich damals die Nationalversammlung der Reichstag? Wenn ja, warum heisst es dann Nationalversammlung und nicht Reichstag?
Und irgendwie steht noch bei Wiki, dass die Weimarer Nationalversammlung bis 1920 als Parlament fungiert hatte. Und was passierte dann? Wurde dann die Nationalversammlung wieder in Reichstag umgetauft und das Parlament neu gewählt.

Meine Fresse, ich weiss ja nicht, wie ihr das seht, aber ich find' Politik ist ein unendlich mühsames Verkomplizieren von Umständen und Tatsachen...
 
Der Reichstag wurde mit der Revolution 1918 defacto aufgelöst und die Verfassungsgebende Nationalversammlung wurde, nach einigen Diskussionen über die Staatsform zwischen USPD und MSPD, einberufen. Die Verfassungsgebende Nationalversammlung hieß so, weil sie dem Staat eine neue, eine republikanische Verfassung geben sollte. In dieser Verfassung wurde erst mal festgelegt wie das neue Parlament aussehen sollte und auch dessen Name. Bis zu dessen Wahl 1920 fungierte die Nationalversammlung deshalb noch als Parlament, auch wenn ihre eigentliche Aufgabe erledigt war. Die Weimarer Verfassung von 1919 legte als Name des Parlaments wieder das Wort "Reichstag" fest. Dieser wurde dann entsprechend 1920 zum ersten mal in der Weimarer Republik gewählt.
 
Danke dir, das war wirkl. eine gute Erklärung!

Und diese Nationalversammlung wurde vom Volk durch die grosse Wahl im Januar 1919 gebildet, oder? Und ging es dort darum, dass man sich für eine Partei entscheiden konnte und die Parteien mit den meisten Stimmen dann einen Vertreter im Parlament haben, während andere Parteien sich nachher nicht mehr in parlamentarischen Angelegenheiten vertreten konnten? In diesem Fall verfassungsgebende Angelegenheiten.
 
Meine Fresse, ich weiss ja nicht, wie ihr das seht, aber ich find' Politik ist ein unendlich mühsames Verkomplizieren von Umständen und Tatsachen...

Und wenn die Umstände kompliziert sind, kompliziert durch eine sehr eingeschränkte Informationsbasis, um die richtige Entscheidung zu treffen. Dann: Politiker sind auch nur Menschen und irren ist menschlich. :still:

Spass beiseite: Richtig verstandene Sozialwissenschaft, und die Geschichtswissenschaft gehört dazu, versucht komplizierte Prozesse zu beschreiben und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Und das heist dann Theoriebildung.:winke: Und deswegen ist es wichtig, komplizierte Prozesse auf das wesentliche zu reduzieren. Dann werden sie begreif- und verstehbar.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke dir, das war wirkl. eine gute Erklärung!

Und diese Nationalversammlung wurde vom Volk durch die grosse Wahl im Januar 1919 gebildet, oder? Und ging es dort darum, dass man sich für eine Partei entscheiden konnte und die Parteien mit den meisten Stimmen dann einen Vertreter im Parlament haben, während andere Parteien sich nachher nicht mehr in parlamentarischen Angelegenheiten vertreten konnten? In diesem Fall verfassungsgebende Angelegenheiten.

Der Unterschied zum Wahlrecht im Kaiserreich war in der Tat, daß die Wählerinnen und Wähler (zum ersten Mal durften auch Frauen wählen) jetzt für eine Partei und nicht mehr für einen Kandidaten stimmten. Das Wahlrecht war so gestaltet, dass die Stimmenverteilung sich sehr präzise in der Sitzverteilung niederschlug, auch dies ein Unterschied zum Kaiserreich, wo es aufgrund des Mehrheitswahlrechts und der unterschiedlichen Zahl der Wähler in den Wahlkreisen zu einer deutlichen Verzerrung kam. Eine Fünf-Prozent-Klausel oder Ähnliches gab es nicht, weshalb auch kleine Splitterparteien den Einzug in den Reichstag schaffen konnten.
 
Nach dem 1. WK wurde in Deutschland die Demokratie ausgerufen und in Folge der Novemberrevolution von 1918/19 musste dann der Kaiser abdanken.

Der Kaiser büxte vor der Novemberrevolution aus. Am 10. November 1918 verließ er Spa.
Einen Tag zuvor hatte Karl Liebknecht die "Freie Sozialistische Republik Deutschland" ausgerufen. Mit ihr hatte er weniger demokratische Absichten. Er wollte eine sozialistische Räterepublik. Scheidemann hatte kurz vor ihm allerdings die deutsche Republik ausgerufen.
Die Demokratie musste erst noch durchgesetzt werden.
 
Bitte nicht Räterepublik mit Diktatur gleichsetzen. Auch wenn die Räterepublik in Russland (wo das Rätesystem nie wirklich in Kraft war) in einer Diktatur mündete heißt das nicht, dass Liebknecht eine Diktatur wie Lenin wollte. Es stimmt, dass Liebknecht bestimmt keine parlamentarische Republik forderte, sondern eine Räterepublik, aber die Forderung "Alle Macht den Räten" ist nicht per se undemokratisch.

edit:
Danke dir, das war wirkl. eine gute Erklärung!

Ich bin im übrigen angehender Politikwissenschaftler und in der Parteipolitik aktiv, nur um deine Vorurteile mal ein wenig aufzuweichen.
 
Bitte nicht Räterepublik mit Diktatur gleichsetzen. Auch wenn die Räterepublik in Russland (wo das Rätesystem nie wirklich in Kraft war) in einer Diktatur mündete heißt das nicht, dass Liebknecht eine Diktatur wie Lenin wollte. Es stimmt, dass Liebknecht bestimmt keine parlamentarische Republik forderte, sondern eine Räterepublik, aber die Forderung "Alle Macht den Räten" ist nicht per se undemokratisch.
Das wollte ich so auch nicht gesagt haben. Allerdings wäre Liebknecht, wenn ihm etwas am Sozialismus lag, früher oder später nichts weiter übrig geblieben, als sich, so wie Lenin mit seiner Bolschewik, mit dem radikalen Spartakusbund (später KPD) an die Macht zu putschen. Da Liebknecht ohnehin die internationale Revolution wollte, hätte er sich an Lenin und Trotzki orientiert. Rosa Luxemburg, die wäre allerdings dagegen gewesen. Das hätten sie dann untereinander lösen müssen. Da eine Revolution gerne ihre Söhne frisst, warum dann nicht auch die Töchter.

Der Deutsche, vor allem auch die Arbeiter, wollten nach diesem Krieg aber einfach nur nach Hause. Nach der Revolte und dem Waffenstillstand hatten die wenigsten noch Lust auf einen Bürgerkrieg. Aus der sozialisten Revolution wäre ohnehin aus Mangel an allgemeinem Interesse nichts geworden.
 
Der Deutsche, vor allem auch die Arbeiter, wollten nach diesem Krieg aber einfach nur nach Hause. Nach der Revolte und dem Waffenstillstand hatten die wenigsten noch Lust auf einen Bürgerkrieg. Aus der sozialisten Revolution wäre ohnehin aus Mangel an allgemeinem Interesse nichts geworden.

Das kann man so nicht sagen; gerade viele Kriegsheimkehrer waren dem zivilen Leben zutiefst entfremdet; viele derer, die sich in Freikorps, aber auch im Rotfrontkämpferbund wiederfanden, hatten mE wirklich "nichts besseres zu tun", als ihre Freizeit mit der Bekämpfung der Republik zu widmen. Auch die Menschenmasse, die 1920, 1923 oder zu anderen Zeiten auf die Straße (oder weiter) gingen und die WR zu einer historischen so spannenden Zeit machen, hielten scheinbar nicht genug vom friedlichen bürgerlichen Leben, um auf ihre Aktionen zu verzichten.
:scheinheilig: ;)

Eine Mehrheit war das im Gesamtüberblick bestimmt nicht, aber eine bedeutende Minderheit (zumindest bis 1929, dann radikalisierte sich das ganze noch stärker als in den frühen 20ern).
 
@Reinecke
Die bedeutende Minderheit würde ich lieber mit lauter Minderheit umschreiben wollen. Um es mit Tucholsky zu sagen: "Die Mutter dieser Revolution war die Sehnsucht der Soldaten, zu Weihnachten nach Hause zu kommen. Und Müdigkeit, Ekel und Müdigkeit."
Extremisten haben die Eigenschaft, durch ihre radikalen Äußerungen und Handlungen sehr viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Da übersieht man gerne die Gemäßigten.
Die Massen, die auf der Straße waren, sollte man jetzt aber auch nicht unbedingt zu Entwurzelten machen. Es waren doch eher Enttäuschte. Die lauten Radikalen, die zwischen diesen Enttäuschten dann das Heft an sich rissen, lassen das Bild von außen dann allerdings oft anders aussehen.
Die späteren Naziaufmärsche und Schlägereien mit dem Rotfrontkämpferbund hatten dann auch noch eine andere Qualität.
Aus der Wahl zur Nationalverfassung, am 19. Januar 1919, war zu ersehen, dass ein Großteil der Deutschen einen bürgerlich demokratischen Staat der Revolution oder gar Militärdiktatur vorzog.

Aus den Kriegsheimkehrern, die dem zivilen Leben zutiefst entfremdet waren, konnten die Nazis schöpfen. Sie selbst sagten, dass ihre Bewegung in den Schützengräben des Weltkrieges entstanden ist.
 
Hallo
Ich bin neu hier und kenn mich noch nicht so aus :D
Jetzt zu meinem Problem für meine mündliches Abitur in Geschichte hab ich das thema
Weimarer Parteienlandschaft
Demokratie zum Scheitern verurteilt? bekommen
nun weiß ich nicht so recht was mein fazit sein soll bzw die antwort auf die frage
desweiteren komm ich bei meiner gliederung nicht weiter sitze schon stunden davor und weiß nicht wie ich rangehen soll
Wäre echt super nett wenn mir jemand helfen könnte ;)
Liebe Grüße Anna
 
Vielen dank
;-)
jedoch bringt mich das bei meinem grundproblem nur ein wenig weiter ich weiß irgenwie nicht wie ich an das thema herrangehen soll hab zwar schon viele texte durchgelesen diese beschreiben jedoch meistens nut die einzelnen parteien und die verschiedenen gründe des scheiterns der weimarer republik
ich hoff es kann mir jemand weiterhelfen :)
Gruß Anna
 
Handlungsfähige demokratische Regierungen benötigen zunächst einmal regelmäßig eine Mehrheit im Parlament für die Gesetzgebungsverfahren.

Nun kann man überlegen, ob diese Voraussetzung in der WR gegeben war, bzw. zu welchen Zeitpunkten sie nicht mehr gegeben war. Dazu kann man die Ursachen analysieren.

Ab wann konnten sich Regierungen nicht mehr auf Parlamentsmehrheiten stützen, siehe Stichworte Präsidialkabinette, Notverordnungen?

Worauf war das zurückzuführen, welche Stimmrechtsverteilungen bestanden im Reichstag, welche Wahlergebnisse hatten diese Sitzverteilungen hervorgebracht?

Liborius hat Dir das Stichwort Parteienzersplitterung genannt. Welche Bedeutung hätte zB eine 5-Prozent-Klausel gehabt? Hätte sie die Zersplitterung tatsächlich beseitig? Welche Sitzzahl hatten Parteien auf den extremen Flügeln, die konträr oder feindlich zur Republik standen. Welchen Anteil an diesem Zustand hatte die Parteienzersplitterung durch das Wahlrecht, welchen Anteil der traditionelle Parteien-Partikularismus im Deutschen Reich (somit die zugespitzten Gegensätze zwischen den Parteien)?
 
Vielen dank für die Hilfe silesia
jetzt sollte es klappen
Großes Lob das ist echt ein toles Forum
so schnell eine gute Anwort zu bekommen
 
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