frankreich herzogtuemer

algarius

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Liebe Geschichtsfreunde

Ich interessiere mich sehr für die Geschichte Frankreichs. Beim lesen der Geschichte begreife ich aber einfach folgendes nicht. Karl der Grosse hatte ja ein riesiges Frankrenreich. Bei der Teiilung von Verdun entstand ja das ostfränkische Reich (mit seinen späteren Stammesherzogtümern) und das Westfränkische Reich.
Nun zur Frage warum waren am Anfang die meisten Könige nur über die Herrschaft der Ile de France beschränkt. Der König vergab ja an gewisse Adlige Grafschaften und Herzogtümer. Aber schlussendlich war er ja der Lehnsherr. Also ist doch seine Macht nicht nur auf die Ile de France beschränkt. Wenn er mehr Macht über grössere Ländereien in Frankreich habe wollte, haette er ja einfach gewisse Grafschaften oder Herzogtumer wieder einziehen können. Warum mussten daher gewisse französische Könige gegen Grafen im eigenen Land kämpfen und bekriegen um die Krondomäne zu erweitern ? Sie haetten ja einfach das Lehnen wieder einziehen können. und warum vergaben Sie eigentlich Lehnen, wenn Sie dann Gebietsverluste hatten um diese später dann wieder einzunehmen ?


Ich danke euch für eure Antwort.
 
Als Hugo Capet 987 den Thron bestieg, verfügte er lediglich über einen schmalen Gebietsstreifen, der nördlich von Paris begann und südlich davon endete. Zu dieser Domaine royal zählten nur die Grafschaften Senlis, Orleans und Etampes sowie einige weitere kleine Herrschaften. In diesen Gebieten, die sich keinesfalls mit den Grafschaften Toulouse oder Champagne messen konnten, regierte der König unmittelbar, d.h. sie waren sein Hausgut.

Da der französische König seinen großen Kronvasallen bis ins 13. Jh. an Machtmitteln weit unterlegen war, konnte er eventuelle Strafmaßnahmen kaum durchsetzen. Er hätte damit rechnen müssen, dass sich seine Vasallen gegen ihn erhoben und eine andere Königsdynastie auf den französischen Thron setzten.

Das änderte sich erst ganz allmählich ab der Regierungszeit Philipps II., als zur Krondomäne im Westen die Normandie hinzu kam und im Süden eine Ausweitung durch Eroberung des Poitou und Languedoc von den Engländern erfolgte. Mit dem Aussterben großer Adelshäuser im 13. - 15. Jh. fiel dann der größte Teil Frankreichs an die Krondomäne, indem die Kapetinger die großen Lehen ihrer ausgestorbenen Kronvasallen einzogen. Anders als im deutsch-römischen Kaiserreich gab es keien Zwang zur Wiederausgabe der Lehen, sodass die Macht der Kapetinger kontinuierlich wuchs.
 
vielen dank für die sehr hilfreiche Antwort. Warum aber hat hugo Capet nur so ein kleines Gebiet und nicht das ganze Frankenreich, denn er ist ja König von frankreich und haette die Gebiete ja ohne Krieg einziehen können.
 
Das hat Dieter doch erklärt. Die Fürsten waren viel zu mächtig, er konnte gar nichts einziehen. Auch wenn er sich König nannte und theoretisch Lehnsherr war.
 
Hugo führte einen Dynastiewechsel herbei, der nicht ganz "astrein" war. Hugo brauchte dazu die Unterstützung der Großen des westfränkischen Reiches gegen den nach Geblütsrecht legitimen Nachfolger Ludwigs V. und dessen Onkel, Karl von Niederlothringen.
Die Robertiner (bzw. später Kapetinger genannt) wären schlecht beraten gewesen, wenn sie denen, die sie ebend noch unterstützt hatten, kurz danach die Lehen entzogen hätten. Das war militärisch schlichtweg unmöglich, zumal mit dem Karolinger Karl im Rücken.
 
vielen dank für die sehr hilfreiche Antwort. Warum aber hat hugo Capet nur so ein kleines Gebiet und nicht das ganze Frankenreich, denn er ist ja König von frankreich und haette die Gebiete ja ohne Krieg einziehen können.

Bevor die Kapetinger Könige wurden, waren sie wie andere französische Adelsfamilien Herren über ganz bestimmte Gebiete - Grafschaften und Herrschaften. Als sie dann zu Königen aufstiegen, vergrößerte sich ihr ererbtes Gebiet nicht automatisch. Sie waren jetzt zwar Oberlehnsherren ihrer Kronvasallen, doch konnten sie die Grafschaften dieser hochadligen Familien nicht einfach enteignen. Sie mussten sich auch als Könige an die lehnsrechtlichen Pflichten und Rechte zu halten.

Angesichts ihrer dürftigen territorialen Basis konnten die französischen Könige in ihrer Anfangszeit keinen fundamentalen Streit mit ihren Kronvasallen riskieren. Dafür waren sie einfach zu schwach und hatten nur geringe militärischge Machtmittel. Sie mussten also versuchen, ihre Krondomäne allmählich zu vergrößern, um mehr Macht und Einfluss im Staat zu gewinnen. Das ist ihnen dann ja auch in den folgenden Jahrhunderten gut gelungen, wobei sie - anders als die Kaiser im Heiligen Römischen Reich - heimgefallene Lehen ausgestorbener Familien einzogen, ihrer Domäne hinzufügten und nicht erneut an andere Adelsfamilien ausgaben.
 
Das Problem war,das der Zerfall des KarolingerReiches eigentlich keine zentrale Königsmacht übrig ließ
Zeitgenössische Chroniken wie die Fuldaer Annalen oder die Altaicher Handschrift reden für das Jahr 888 von einer Vielzahl "kleiner Könige" die aus dem zerfallenden Reich hervorgingen Die Rudolfinger in Hochburgund,die Bosoniden in der Provence undNiederburgund,Wido von Spoleto, Berengar von Friaul,Ramnulf v.Poitiers, die Reste der westfränkischen Karolinger ,und die Robertiner mit Odo von Paris, Robert I und schließlich Hugo Capet.
Im westfränkischen Reichsteil mischten zusätlzlich zu Karolingern und Robertinern noch die westfränkischen Welfen unter Hugo Abbas und die Rorgoniden unter Gauzlin und Heribert II Graf von Vermandois sowie Herzog Hugo Magnus, der Vater von Hugo Capet im Machtpoker mit.
Hugo Capet war wie seine robertinischen Vorgänger auf dem französischen Thron nicht König aufgrund dynastischer Erbrfolge sondern aufgrund Wahl. Das erklärt letztlich auch die auf die robertinischen Hausgüter beschränkte Machtbasis.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ,daß wohl sowohl Robertiner-Kapetinger als auch Salier vermutlich weitläufig verwandt waren und ihren dynastischen Ursprung wohl bei den "urrobertinischen " Grafen von Worms bzw. im Wormsgau
hatten .
 
Wie Dieter schon ausgeführt hatte, war es vor allem eine Machtfrage, die das westfränkische/französische Königtum lange Zeit de facto auf die Ile-de-France beschränkte, wenngleich es natürlich de jure das gesamte Königreich umfasste. Dieser Zustand aber bestand schon vor Hugo Capet unter den letzten Karolingern. Schon unter Karl II. den Kahlen war im Westfrankenreich der Prozess des feudalen Zerfalls des Königreichs eingetreten, der sich mit der Thronübernahme durch die Kapetinger nur noch verfestigte und erst ab dem 13. Jahrhundert wieder zurückgedrängt werden konnte, zugunsten einer allumfassenden Königsmacht.

Die Gründe für diesen Feudalisierungsprozess lagen nicht zuletzt in den karolingischen Bruderkämpfen begründet. Um sich eine ständige Gefolgschaft sichern zu können, mussten die Könige bereitwillig ihren Gefolgsleuten durch Ämtervergabe und Erteilung von Privilegien entgegenkommen. Man fing an Ämter (Grafschaften), mit denen bestimmte herrschaftliche Befugnisse verbunden waren, wie die Rechtsprechung, Steuererhebungen, Münzprägungen, als Lehen an Gefolgsmänner zu vergeben, in der Regel auf Lebenszeit. Karl der Kahle wiederum hatte in den Kapitularien von Quierzy 876 schließlich das Prinzip der Erblichkeit von Lehen festschreiben lassen, womit letzten Endes die Feudalordnung des hohen Mittelalters begründet wurde.

Die französischen Herzogtümer hatten sich gleichfalls in diesem Prozess herausgebildet. Grafschaften waren nur kleinere Amtssprengel größerer Territorien, die je eigene Rechtsgewohnheiten pflegten, die aus den alten Stammesrechten ihrer Bevölkerung herleiteten. So gab es zunächst Burgund, Gothien, Aquitanien, Bretagne und natürlich die Francia, das Siedlungsgebiet der Franken nördlich der Loire. In jenen Gebieten hatten die mächtigtsen Grafen eine Vormachtstellung beansprucht und sich dafür entweder "Markgraf" (marchio) oder dann "Herzog" (dux) nennen lassen. Allerdings ist nicht in allen diesen Provinzen die dauerhafte Etablierung einer stabilen Herzogsgewalt gelungen. Das mächtigste Herzogtum war zweifelsohne das normannische, welches die zuziehenden Normannen 911 begründet hatten. In Burgund, Bretagne und Aquitanien hatten die dortigen Herzöge das gleiche Problem, wie die Könige mit ihrem Königreich; ihre Gebiete waren zu stark feudalisiert, um dort eine zentralisierte Herzogsgewalt herausbilden zu können. Die Stellung der Herzöge dort war blieb abhängig von der Gefolgschaftstreue ihrer Vasallen. In Gothien hatte sich überhaupt kein echtes Herzogtum erhausbilden können. Es war lediglich eine Kopfgeburt der Grafen von Toulouse geblieben, die sich gerne "Herzöge von Narbonne" (nach der alten römischen Provinz Narbonnais) nannten.

Das fränkische Herzogtum im Westfrankenreich, das die ersten Robertiner-Kapetinger inne hatten, hörte mit deren Thronbesteigung durch Hugo Capet auf zu existieren. Die alten herzöglichen Vasallen waren zu direkten Kronvasallen geworden.
 
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