Franz von Papens Konzept

Gunslinger

Neues Mitglied
Salvete,
Ich brauche dringend Hilfe bei meiner Abitur-Vorbereitung, vorab entschuldigt bitte, dass ich dieses Forum wählte, aber ich besitze leider keine Schreibrechte im Unterforum WR.

Weiss hier einer von euch Allwissenden ;) etwas über das Konzept der Präsidialregierung Franz von Papens, auch "Kabinett der Barone" genannt (von Sommer bis Winter 1932)?
Wikipedia stösst da nämlich an seine Grenzen, ebenso mein Lehrbuch, laut Abitur-Richtlinien, kann dieser Sachverhalt jedoch prüfungsrelevant sein, doch ich stehe unwissend da. Habt Erbarmen nit einem Forenneuling.
Ich danke euch im Voraus.
Bonne nuit!
 
Es antwortet hier wohl keiner, daher würd ich den Moderator bitten, diesen Thread in das Unterforum Weimarer Republik zu verschieben, besten Dank. :winke:
 
Hallo Gunslinger,

nicht so schnell, :winke:

ich würde einmal noch bei der Autobiographie von Papen nachschauen, wie er das subjektiv und ex post eingeschätzt hat, dauert noch etwas.
 
Im Kern zielte das Konzept Schleichers und Papens darauf, die NSDAP in das autoritäre Präsidialregime einzubinden,
http://www.zeit.de/archiv/2002/30/200230_a-papen.xml?page=all

Kann man Schleicher und Papen (vor dem 3.12.32) wirklich so zusammen betrachten?

"Die Reichstagswahlen vom 6. November brachten schwere Verluste für die NSDAP und Gewinne für die DNVP, der einzigen größeren Partei, die den Reichskanzler unterstützte. Da aber auch die KPD zulegen konnte, blieb deren Sperrmajorität zusammen mit der NSDAP erhalten. Der Reichstag war somit weiterhin lahmgelegt. Daraufhin schlug von Papen dem Reichspräsidenten bei einer Besprechung am 2. Dezember einen Staatsstreich vor. Er wollte mit Hilfe der Reichswehr gegen Nationalsozialisten und Kommunisten vorgehen und somit das wiederholen, was er bereits in Preußen bewerkstelligt hatte. Der Reichstag sollte für ein halbes Jahr ausgeschaltet, die Verfassung im autoritären, monarchischen Sinne geändert und nur aufgrund der Vollmachten des Reichspräsidenten regiert werden. Paul von Hindenburg stimmte dem Plan zunächst zu, doch hatte bereits Reichswehrminister Kurt von Schleicher das Reichskabinett dahingehend beeinflusst, solchen Plänen entschieden abzuschwören und stattdessen auf eine Spaltung der NSDAP zu setzen. Einem solchen Plan neigte es eher zu, so dass sich von Papen bitter enttäuscht über diese Intrige seines einstigen Freundes und Förderers zeigte. Daraufhin musste auch Paul von Hindenburg schweren Herzens und tränenreich seinen „Lieblingskanzler“ am 3. Dezember 1932 fallen lassen und durch Kurt von Schleicher ersetzen. Andernfalls hätte er mit von Papen eine Kabinettsumbildung, insbesondere an der Spitze des Reichswehrministeriums, vornehmen müssen, was er wohl aufgrund seines hohen Alters und einer gewissen Lethargie unterließ."
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Papen
 
Papen steuert in seiner Regierungszeit als Reichskanzler vom Juni bis Dezember 1932 mit seinem "Kabinett der Barone" auf einen autoritären Staat zu. Seine Vorstellungen gingen dahin, dass das Amt des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten vereinigt werden (siehe Bismarck).

Des Weiteren wollte er erreichen, das der Reichskanzler unabhängig vom Vertrauen des Reichstages ist (siehe Kaiserreich) und die Einrichtung einer Art von Herrenhaus. Papens Bestrebungen waren also rückwärtsgewandt in Richtung der Verfassung von 1871 gewandt. Das ganze nannte er "Neuer Staat", der irgendwie doch alt war. Er ging dann auch mit dem "Preußenschlag" mit Vollgas zur Sache.

http://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fenschlag

http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/innenpolitik/preussenschlag/index.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Preußen_contra_Reich

Der "Preußenschlag" war sicher ein ein entscheidener Schriftt zur Zerstörung der Demokratie von Weimar.
 
Hallo amicus,

ein hartes Urteil. Und die Alternativen inkl. der handelnden Personen in diesem Zeitraum?
Der bequeme Sitz des Historikers sollte berücksichtigen, welche Umstände herrschten.
- die bestehenden Mehrheitsverhältnisse
- Dutzende Tote bei jedem Wahlkampf, Agitation (der Nährboden dafür inkl.) und Radikalisierung
- wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die gerade 1931/32 schwere Unternehmenszusammenbrüche bewirkten, von dem sozialen Sprengstoff der Arbeitslosen ganz zu schweigen
- ein finanziell überforderter Staat
- Reichswehr
- ein seniler Reichspräsident
undundund ...

Für einen ehrbaren Demokraten war da wohl schon kein Platz mehr.
 
Hallo Thomas,

ja die Rahmenbedingungen wie die Millionen von Arbeitslosen und das damit verbundene soziale Elend und die zunehmende politische Radikalisierung erleichterten den politischen Akteuren die Arbeit nicht gerade.

Der Schlüssel lag bei Hindenburg, da er einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen musste. So sah es die Verfassung vor.

Hindenburg hätte, so wie Friedrich Ebert es immer wieder mit unendlicher Geduld getan hatte, für das Zustandekommen, an einer Regierungsbildung mit einer breiten parlamentarischen Mehrheit arbeiten müssen. Dazu hätte er in mühseliger Kleinarbeit natürlich mit den Partei- und Fraktionsvorsitzenden intensiv sprechen müssen oder sprechen lassen müssen.

So ein Kabinett hätte, gerade in dieser äußerst schwierigen Situation, auch durch Fachleute für Wirtschaft-, Finanz- und Sozialpolitik ergänzt werden können.

Man kann diesen Faden natürlich weiterspinnen, aber das sind schon zu viele „hätte“ und natürlich ist alles rein hypothetischer Natur und deshalb breche ich hier ab.
 
Das ist schonmal gut, allerdings fehlen mir da noch folgende Sachen:
- Das Wirtschaftskonzept?
- Warum hat er das SA-Verbot wieder aufgehoben und ist nur gegen die Kommunisten vorgegangen, wenn er die NSDAP brechen wollte?

Danke euch schoneinmal. :yes:
 
- Warum hat er das SA-Verbot wieder aufgehoben und ist nur gegen die Kommunisten vorgegangen, wenn er die NSDAP brechen wollte?

In seinen Memoiren schreibt Papen 1952, dass die Aufhebung des SA-Verbotes (Notverordnung vom 13.4.1942, die er aber auch aufgrund der "Einseitigkeit" ohne gleichzeitiges Verbot der KPD-Schutzorganisation für falsch hielt) schon im Gespräch mit Schleicher als Bedingung für seine Kanzlerschaft (also Papens) genannt worden sei. Schleicher habe diesbezüglich bereits Vorgespräche auch mit Hitler geführt, und dieses Vorgehen sei auf Hindenburg zurückzuführen, der ebenfalls dieses Haltung Schleichers eingenommen habe.

Hitler habe "ordentliches Verhalten" der SA im Gegenzug zusagen müssen bzw. bereits zugesagt, außerdem Dämpfung der oppositionellen Haltung gegen das mögliche Kabinett Papen.

Diese Inhalte seien bereits Gegenstand seines Gespräches am 28.5.1932 gewesen, in dem ihm die Frage der Übernahme der Kanzlerschaft überhaupt vorgetragen sei. Das SA-Verbot hätte demnach im Prinzip nichts gebracht, sondern lediglich die Opposition der NSDAP noch verstärkt.

Ob das alles nun so stimmt, habe ich noch nicht gegenlesen können.
 
Chronologisch stellt sich mir das so dar:
Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten am 10.April 1932;
13. April Verbot von SA und anderer militärischen Organisationen
30. Mai Brünings Rücktritt.

Bereits am 8. Mai 1932 hatte Staatssekretär Meißner mit Hitler vereinbart, man werde das SA Verbot aufheben und Neuwahlen ausschreiben, wenn die NSDAP die Konzession mache, ein neues, nicht mehr von Brüning geleitetes Kabinett zu tolerieren.
Der Reichstag wurde aufgelöst und für den 31.Juli 1932 Neuwahlen ausgeschrieben;
am 16.Juni 1932 hob Papen das Verbot der SA auf.
 
Es wurden erhebliche Kürzungen der ohnehin schon sehr dürftigen Sozialleistungen vorgenommen:
  • Kürzung der Arbeitslosenunterstützung ,
  • Arbeitslosenunterstützung gab es nur noch für 6 Wochen
  • Einführung einer Bedürftigkeitsprüfung für die reduzierten Leistungen
  • Kürzung des Kurzarbeitergeldes
  • Kürzungen der Renten
  • Ankündigung von Arbeitsbeschaffungsmaßnamen in bescheidenen Ausmaß
  • Entlastung des Kapitals
Es ging also konkret wohl um den Abbau und auf Sicht wohl auch um die Beseitigung des Sozialstaates.

Quelle: Mommsen, Die verspielte Freiheit, Berlin 1989
 
Zur "Rückwärtsrichtung" von Papen noch ein Nachtrag.

In den Kabinettssitzungen vom 30.1. und 31.1.1933 ging es vornehmlich um die Fragen,
ob die KPD trotz drohendem Generalstreik verboten werden soll,
wie die Fühlungsaufnahme mit dem Zentrum erfolgen und verlaufen soll,
wie ein Ermächtigungsgesetz und die "Vertagung" des Reichstages um ein Jahr zu erreichen ist,
und ob eine Neuwahl der Regierung Hitler die Mehrheit bringen würde.

Franz von Papen (Stellvertreter des Reichskanzlers Hitler und Reichskommissar für Preußen) äußerte sich am 31.1.1933 wie folgt:
"führte aus, es sei am besten, schon jetzt festzulegen, dass die kommende Wahl zum Reichstag die letzte sein solle und eine Rückkehr zum parlamentarischen System für immer zu vermeiden sei. Der Reichskanzler erklärte, er wolle folgende bindende Versprechungen abgeben:
a) Der Ausgang einer Neuwahl zum Reichstag solle keinen Einfluß auf die Zusammensetzung der jetzigen Reichsregierung haben
b) Die nun bevorstehende Wahl zum Reichstag solle die letzte Neuwahl sein. Die Rückkehr zum parlamentarischen System sei unbedingt zu vermeiden. ... Der Reichswirtschaftsminister und Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft wies darauf hin, dass es dringend geboten sei, möglichst bald in Preußen die sogenannte Hoheitsregierung Braun abzusetzen. ... Staatsekretär Meissner führte aus, dass es möglich sei, mit Hilfe einer Verordnung auf Grund des Art. 48 der Reichsverfassung den Preußischen Landtag aufzulösen."
 
Hm. Das liest sich ja alles so, als ob von Papen auch auf die Errichtung einer Diktatur aus war. Das wurde in einer Doku im Fernsehen irgendwie anders dargestellt - so als ob von Papen Hitler irgendwie "zähmen" wollte, was sich als trügerisch erwies.
Wenn ich das aber richtig lese, dann war von Papen in Hitlers Pläne sogar sehr genau eingeweiht.
Soviel mal wieder zum Wahrheitsgehalt von manchen Fernseh-Dokus...
:motz:
 
Hm. Das liest sich ja alles so, als ob von Papen auch auf die Errichtung einer Diktatur aus war. Das wurde in einer Doku im Fernsehen irgendwie anders dargestellt - so als ob von Papen Hitler irgendwie "zähmen" wollte, was sich als trügerisch erwies.

Ich bin am Rätselraten, welche Haltung er hatte und wie das mit der protokollierten Äußerung zusammenpaßt.

ME am wahrscheinlichsten: Papen schwebte eine Art Präsidialherrschaft vor, zunächst naheliegend mit Hindenburg, weiter dürfte er nicht gedacht habe. Ich glaube nicht, dass die Abschaffung des parlamentarischen Systems mit Blick auf eine bedeutende Rolle Hitlers in Verbindung steht. Wenn man die Akten durchsieht, geht es ihm in den Tagen in den Sitzungen ständig um die Abschaffung der preußischen Regierung, wobei er fast penetrant den Vorschlag einbringt, Hindenburg solle die Regierung abrufen und sich zum preußischen Staatsoberhaupt erklären. Die Einwürfe wurden als nicht machbar vom Kabinett abgelehnt. Dies wirft aber ein Schlaglicht auf die Rolle des Reichspräsidenten, die Papen vorschwebte.

Aus einer Göring-Biographie (der hier auch Drähte zog, insbesondere zu Hindenburg und seinem Umfeld) wird eine Charakterisierung abgegeben, die man aber sicherlich vorsichtig anfassen muss:
1. Papen sei von Haß gegen Schleicher zerfressen gewesen.
2. Papen sei jedenfalls Anfang 1933 von der Notwendigkeit der Abschaffung des Reichstages überzeugt gewesen, und strebe eine Zementierung des Zustandes an, bei dem der Reichspräsident mit einem selbsterwählten Reichskanzler regiere.
3. Papen habe ein Problem mit Preußen und der Regierung, die dem mit Schleicher in nichts nachstehen würde. In den Akten vom Februar 1933 kommt das drastisch und mehrfach zum Ausdruck: "die Regierung dort muss beseitigt werden."
4. Papen war davon überzeugt, bei Hindenburg die stärkere Position zu haben, was für ihn eine Perspektive für eine erneute Kanzlerschaft dargestellt haben müßte.

Das alles scheinen mit in der Tendenz richtige Hinweise für Papens Konzept zu sein.
 
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