Frauen in der Antike

bk219

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Kann auch jemand was zur Rolle der Frau im Alexanderreich sagen? Einige Taten Alexander, lassen ja darauf schließen dass der Status der Frau nicht negativ bewertet werden kann (ok, bis auf die Tatsache, dass den Männern das Privileg oblag so viele Frauen zu heiraten wie sie wollten, die Frau das aber nicht konnte).
Die Familie Dareios’ (speziell Frau und Tochter) behandelte er gut, er selbst heiratete 3 mal, bestätigte Ada als Satrapin, liebte seine Mutter ... gibt es irgendwelche Ereignisse, anhand derer ich die 'Stellung der Frau im Reich Alexanders' definieren kann?
 
Wie Alexander ein paar Frauen in seiner Umgebung behandelte, sagt nichts über die Rolle der Frau im Alexanderreich generell aus. Außerdem hatte auch bei Alexander alles seine Grenzen: Die Verwaltung Makedoniens und Aufsicht über Griechenland übertrug er nicht etwa seiner Mutter Olympias, sondern dem Antipatros.
Inwiefern Alexanders Polygamie ein Zeichen für einen positiven Status der Frau sein soll, verstehe ich nicht.
Sein Umgang mit Ada passte zu seiner generellen Vorgehensweise, nach Möglichkeit heimische Machthaber einzubinden, wobei er bei Ada ganz besonders auf ihre Loyalität hoffen durfte.
 
Kann auch jemand was zur Rolle der Frau im Alexanderreich sagen?

Die soziale Stellung der Frau in der griechischen Antike entsprach dem ausnehmend patriarchalischen Denken der Griechen, die in dieser Hinsicht die altorientalischen Völker, vor allem die relativ Gender-egalitär orientierten Ägypter, noch deutlich toppten. Die typisch griechischen Amazonensagen hatten keine historische Basis, sondern dienten vermutlich dazu, Frauen, die nicht unter männlichem Diktat stehen, als natürliche Bedrohung für die Männer darzustellen.

Drei soziale Schichten sind zu unterscheiden, die in folgendem Zitat (aus der Schriftensammlung "Pseudo-Demosthenes", 59) zum Ausdruck kommen:

Hetären haben wir um des Vergnügens willen, Nebenfrauen zur täglichen Pflege unseres Körpers, die Ehefrauen aber, damit sie legitime Kinder hervorbringen und getreue Wächter unseres Hauswesens sind.

Die rechtliche Stellung der Ehefrau, von den anderen ganz zu schweigen, war nach heutigen Maßstäben katastrophal. Sie besaß keine Bürgerrechte (keine Teilnahme an Versammlungen, kein Wahlrecht, keine Ämter - außer der begrenzten Möglichkeit, Priesterin zu werden -, kein Eigentum) und war dem Willen des Ehemanns und Hausvorstandes, ihres Herrn (griech. kyrios), völlig ausgeliefert. Außer für festliche Anlässe durfte sie nicht in die Öffentlichkeit gehen, musste ihre Beine bis zum Fuß bedeckt halten, wurde schlechter ausgebildet als Männer und galt aus männlicher Sicht grundsätzlich als geistig und moralisch niedrigstehend. Platon verkündet im Timaios, dass die Wiedergeburt als Frau auf moralische Mängel der Seele zurückgeht und als Strafe anzusehen ist, nur die Wiedergeburt als Tier sei noch schlimmer.

 
Die Sichtweise der Amazone als die Bedrohung einer "ungezähmten" Frau ist veraltet. Es handelt sich zweifelsfrei bei dem Amazonenmythos um eine Ausgrenzungserzählung (wir - die anderen), aber zu Recht wird bezweifelt, dass es sich primär um innergesellschaftliche Diskurse handelt, da diese vor allem mit Frauengestalten aus dem Mythos wie Medea o.ä. geführt werden. Die Amazonen befinden sich, ähnlich wie der Tyrann, aus einem demokratisch-athenozentrischen Blickwinkel außerhalb der Welt der polis-Regeln, somit dienen sie dem Kontrast der polis und ihrer Werte (siehe u.a. Claudia Tirsch, Von den Gründen, eine Amazone zu besiegen - Bezähmung des gefahrvollen Weiblichen? in: Charlotte Schubert, Alexander Weiß (Hgg), Amazonen zwischen Griechen und Skythen. Gegenbilder in Mythos und Geschichte. Berlin, Boston 2013).

Die rechtliche Stellung, die im Beitrag vor meinem beschrieben wird, sollte um die Aussage, dass es sich um den Blickwinkel bzw. das Ideal der Oberschicht handelt, ergänzt werden. Der diskursive Wert der überlieferten Quellen sollte meines Erachtens nach nicht igoriert werden.

und sorry fürs Off-Topic-Gehen
 
Die Sichtweise der Amazone als die Bedrohung einer "ungezähmten" Frau ist veraltet. Es handelt sich zweifelsfrei bei dem Amazonenmythos um eine Ausgrenzungserzählung (wir - die anderen), aber zu Recht wird bezweifelt, dass es sich primär um innergesellschaftliche Diskurse handelt, da diese vor allem mit Frauengestalten aus dem Mythos wie Medea o.ä. geführt werden.

Vermutlich hast du Recht, aber eine Vermischung beider Motive ist auch nicht auszuschließen; psychologische Dynamik ist meistens multikausal. Es gibt auch die These, die Amazonensagen dienten dazu, unverständliche fremde Sitten und Kulte, wie sie den Amazonen zugeschrieben wurden, für die Griechen integrationsfähig zu machen, was sich z.B. in dem Mythos um die Liebesaffäre zwischen Theseus (Gründer Athens) und Antiope (Amazonin) niederschlug. Der (vermutlich ursprünglich) thrakische, von den Griechen importierte Kriegsgott Ares z.B. soll der Hauptgott der Amazonen gewesen sein, was seinen den Griechen nicht geheure Blutrünstigkeit erklärt bzw. erklären soll.

Mit dem Alexanderthema ist das Amazonenthema leicht über die Thalestris-Figur zu verbinden. Dieser Amazonenkönigin soll Alexander 330 auf seinem Asienfeldzug begegnet sein. Trotz nicht weniger antiker Berichte über das Ereignis wird es von der heutigen Forschung als reiner Mythos eingestuft. Aber wie sagte Bertrand Russell so schön:

Wenn sich die Experten einig sind, ist Vorsicht geboten.

(Was die Pyramiden=Himmelstreppen-These betrifft, sind sich aber nicht alle Experten darüber einig, by the way, sondern nur die meisten...)

Zu Thalestris:

Thalestris ? Wikipedia

Die rechtliche Stellung, die im Beitrag vor meinem beschrieben wird, sollte um die Aussage, dass es sich um den Blickwinkel bzw. das Ideal der Oberschicht handelt, ergänzt werden. Der diskursive Wert der überlieferten Quellen sollte meines Erachtens nach nicht igoriert werden.

Ich fürchte, dass die von mir skizzierte rechtliche Stellung der Ehefrau mehr als nur "diskursiven Wert" hatte, nämlich sehr konkretes Faktum in der griechischen Antike war.
 
Die rechtliche Stellung der Ehefrau, von den anderen ganz zu schweigen, war nach heutigen Maßstäben katastrophal. Sie besaß keine Bürgerrechte (...)

Ich stimme vollkommen zu, dass die Stellung der hellenischen Frauen miserabel war, mangels jeglicher politischen Rechte und der normalerweise geltenden Vormundschaft von Vater/Ehemann/Familienvorstand. Dass Frauen keine Bürgerrechte besaßen kann man allerdings einschränken, was aber nur einen der Punkte unterstreicht (mE den entscheidenden), den du oben aus dem Pseudo-Demosthenes zitierst (Hervorhebung von mir):

Hetären haben wir um des Vergnügens willen, Nebenfrauen zur täglichen Pflege unseres Körpers, die Ehefrauen aber, damit sie legitime Kinder hervorbringen und getreue Wächter unseres Hauswesens sind.

Zumindest in Athen war es ab der Zeit des Perikles nötig, seine Abstammung von einem Athener Bürger und einer Athener Bürgerin nachzuweisen, um selber die vollen Bürgerrechte zu erhalten. Ich glaub es war Aristoteles, der den Bürgerinnen Athens daher eine Art „Bürgerrecht in potentia“ zuschreibt, das sie nicht selbst nutzen, aber an ihre Nachkommen vererben können. Die Gründe dafür und andere Zusammenhänge passen eher in den Thread „Attische Demokratie“ oder einen eigenen, aber es zeigt mE deutlich, was oben gesagt wird: Ehefrauen dienen (aus damaliger Sicht) va dazu, „standesgemäßen“ Nachwuchs hervorzubringen.
 
Zumindest in Athen war es ab der Zeit des Perikles nötig, seine Abstammung von einem Athener Bürger und einer Athener Bürgerin nachzuweisen, um selber die vollen Bürgerrechte zu erhalten.


Stimmt. Konkreter Sinn dieser Maßnahme soll die Eindämmung der Zuwanderung gewesen sein. Bis dahin hatten auch in den Athener Bürgerkreis eingeheiratete Fremde Vollbürger werden können. Die Idee des ´legitimen Kindes´ hatte allerdings einen allgemeineren Zweck, den schon die Sumerer im Laufe des 3. Jt. vuZ im Rechtsdenken installierten, um die patrilineare Erbfolge zu sichern. Um 2350 erließ Urukagina von Lagasch deshalb ein Gesetz, das Frauen die Polyandrie verbot. Bis dahin durfte eine sumerische Frau mehrere Männer zugleich ehelichen, was eine sichere Vaterschaft natürlich ausschloss. Auch in Griechenland hatten Kinder in erster Linie ´legitim´ zu sein, um die patrilineare Erbfolge des Oikos (Haushalts) zu garantieren.

 
Athen war nicht Griechenland, und Griechenland war nicht das Alexanderreich (nach dem bk219 eigentlich gefragt hat). In Athen war die Lage der Frauen tatsächlich besonders schlecht, aber auch wenn Athen eine bedeutende Stadt war und wir quellenbedingt über Athen am besten informiert sind, sollte man nicht verallgemeinern. In Sparta (und möglicherweise auch den anderen dorischen Staaten) war es doch besser. Es sind auch Namen und Fragmente von einigen Dichterinnen aus verschiedenen Städten (Argos, Tegea, Mytilene, Tanagra, Lokri etc.) erhalten, was zeigt, dass sie auch von Männern durchaus gelesen und geschätzt wurden. Einige misogyne Zitate geben also nicht unbedingt eine einhellige allgemeine Sichtweise wieder.

Die Amazonen lassen sich auch wesentlich einfacher erklären. Kriegerinnen (als mögliche Inspirationsquelle) sind im Schwarzmeerraum literarisch und archäologisch belegt.
 
In Sparta (und möglicherweise auch den anderen dorischen Staaten) war es doch besser. Es sind auch Namen und Fragmente von einigen Dichterinnen aus verschiedenen Städten (Argos, Tegea, Mytilene, Tanagra, Lokri etc.) erhalten, was zeigt, dass sie auch von Männern durchaus gelesen und geschätzt wurden. Einige misogyne Zitate geben also nicht unbedingt eine einhellige allgemeine Sichtweise wieder.

Es geht mE weniger Wertschätzung denn um Rechte. Das die Frauen Athens (im Vergleich mit anderen poleis) nochmal anhängiger waren als nspw in Sparta habe ich auch oft gelesen. Weiß man, inwiefern sich das ausdrückte? Das mit der rechlichen Vormundschaft von Vater/Ehemann ist ja nun keine attische Erfindung. Ich gehe davon aus, das das in andersweo in Griechenland nicht anders war. Dass Athenerinnen (zumindest der oberen Schichten) fast ganz auf's Haus beschränkt waren mag da schon eher eine Athener (Un-) Sitte gewesen sein.
 
Es geht mE weniger Wertschätzung denn um Rechte. Das die Frauen Athens (im Vergleich mit anderen poleis) nochmal anhängiger waren als nspw in Sparta habe ich auch oft gelesen. Weiß man, inwiefern sich das ausdrückte? Das mit der rechlichen Vormundschaft von Vater/Ehemann ist ja nun keine attische Erfindung.
Wenn man allein auf die rechtliche Situation abstellt, dann waren auch die Frauen Roms (zumindest bis zur Zeit Mark Aurels), die im Normalfall nur von einer patria potestas in die nächste wechselten, ausgesprochen miserabel dran. Im Alltag lebten sie aber doch freier als die (Klischee?-)Frauen Athens.

Hinsichtlich der Frauen Spartas haben wir natürlich das Problem, auf außerspartanische Quellen (Xenophon, Aristoteles, Plutarch etc.) angewiesen zu sein, sie dürften aber u. a. im Erbrecht und bei eigenem Eigentum(serwerb) besser drangewesen sein als anderswo. Ein Beispiel mag den Unterschied verdeutlichen: Die Spartanerin Kyniska gewann bei den Olympischen Spielen im Wagenrennen. Natürlich fuhr sie nicht selbst, sondern war nur die Besitzerin des "Rennstalls" - aber gerade das ist doch beachtlich.

Ich gehe davon aus, das das in andersweo in Griechenland nicht anders war.
Warum?

Dass Athenerinnen (zumindest der oberen Schichten) fast ganz auf's Haus beschränkt waren mag da schon eher eine Athener (Un-) Sitte gewesen sein.
Das mit den oberen Schichten ist auch ein wichtiger Punkt. Die Ehefrauen der "kleinen Männer" lebten - schon aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten (wenn man keine Sklaven hatte) heraus - um einiges freier. Die zuhause quasi eingesperrte und aufs Kinderkriegen beschränkte Frau dürfte ohnehin eher ein "Idealbild" als die gesellschaftliche Realität gewesen sein. Wenn ich an die Komödien von Aristophanes oder auch die von Plautus und Terenz (die ja auf - leider verlorenen - griechischen Originalen von Menandros & Co. basierten) denke oder etwa auch an die Kunstbriefe von Alkiphron (wenngleich sie erst aus der Kaiserzeit stammen), vermitteln sie doch das Bild wesentlich aktiver lebender (Ehe-)Frauen (auch in begüterten Familien).
 

Weil's die Normalität auch bei den Römern war (du nennst ja auch die patria potestas) oder anderen vergleichbaren Völkern war, soweit ich weiß. In anderer Form gibt es das selbst heute noch, wenn auch hierzulande nicht mehr. Irgendwie würde es mich wundern, wenn ausgerechnet andere griechische poleis anders drauf gewesen wären und Frauen nicht unter die Fuchtel eines/ihren mannes gestellt hätten. Ich bin aber gerne bereit, dazu zu lernen, wenn es Hinweise auf anderes gäbe.
 
Athen war nicht Griechenland, und Griechenland war nicht das Alexanderreich (nach dem bk219 eigentlich gefragt hat).

Das Alexanderreich umfasste so viele Regionen, dass die Konzentration auf den Kernbereich ökonomisch Sinn macht, zumal die rechtliche Lage der Frauen in der Antike ohnehin global durch Unterdrückung gekennzeichnet war. Am liberalsten scheint noch Ägypten dazustehen. Allerdings wurde auch dort, wie überall, der Ehebruch durch die Frau viel schärfer bestraft als der durch den Mann – letzterer erhielt Stockschläge, die Frau aber musste mit Brandmarkung oder Todesstrafe (ausgeführt durch ein Krokodil !!) rechnen.

In Athen war die Lage der Frauen tatsächlich besonders schlecht, aber auch wenn Athen eine bedeutende Stadt war und wir quellenbedingt über Athen am besten informiert sind, sollte man nicht verallgemeinern.

Man kann aber verallgemeinern. Mit der globalen Entwicklung zur patriarchalischen Gesellschaftsform war, siehe oben, die soziale Unterdrückung der Frau festgeschrieben. Die ursächlichen Gründe dafür liegen in vorschriftlicher Zeit, sind also nur spekulativ (was aber nicht ´willkürlich´ bedeutet) zu erschließen. Es gibt ´philosophische´ Begründungen für die Unterdrückung seitens der Römer (Cicero z.B.), die auf die angebliche charakterliche und geistige Minderwertigkeit der Frau abheben. Genannt werden: 1) die Unbeständigkeit ihres Charakters (levitas animi), 2) die Schwäche ihres Geschlechts (infirmitas sexus) und 3) die Kraftlosigkeit ihres Verstandes (imbecillitas mentis). Da sie durch ihre Schwäche weder für den Krieg noch für das Regieren gut sei, könne ihr wahrer Platz nur im Haushalt sein.

(Der ´pater familias´, das männliche Oberhaupt der Familie, hatte die ´patria potestas´(= väterliche Macht). Darunter fiel auch die ´vitae necisque potestas´, die Macht über Leben und Tod der Familienangehörigen (Frau, Kinder, Sklaven). Um spontanen Willkürentscheidungen gegen ein Familienmitglied vorzubeugen, galt die Regel, dass der pater familias sich zuvor mit der übrigen Familie sowie seinen Freunden berät.)

Diese Argumentation repräsentiert mit Sicherheit die impliziten Begründungen für Frauenunterdrückung in allen anderen patriarchalischen Kulturen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die genannten Kennzeichnungen (ihre Gültigkeit für die Mehrheit der Frauen mal rein hypothetisch angenommen) vielleicht gar nicht als Ursache, sondern als Wirkung der Unterdrückung anzusehen sind, d.h. als psychologisches Produkt der unterdrückenden Sozialisation und Rollenzuschreibung, welche ursprünglich auf anderen Motiven basierte.

In Sparta (und möglicherweise auch den anderen dorischen Staaten) war es doch besser.

In Sparta meines Wissens nur in dem Punkt, dass Frauen am von verstorbenen Männern hinterlassenen Gut Besitzansprüche hatten, statt nur die Verwaltungsbefugnis. Was Kyniska betrifft: Sie war Tochter des Sparta-Königs Archidamos I., also nicht gerade repräsentativ für die Durchschnittsehefrau.

Es sind auch Namen und Fragmente von einigen Dichterinnen aus verschiedenen Städten (Argos, Tegea, Mytilene, Tanagra, Lokri etc.) erhalten, was zeigt, dass sie auch von Männern durchaus gelesen und geschätzt wurden. Einige misogyne Zitate geben also nicht unbedingt eine einhellige allgemeine Sichtweise wieder.

Dass solche Wertschätzung - allerdings nur von besonders schönen und/oder intelligenten Frauen - eine Sache ist und die rechtliche Lage (der Frau im allgemeinen) eine andere, darauf hat schon Reinecke hingewiesen. Erwähnt werden sollte auch der fast schon surreal anmutende Umstand, dass bei Athener Frauen, die ja ihr Leben lang unter der Vormundschaft eines Mannes lebten, diese Funktion in Ermangelung anderer Männer sogar durch den eigenen Sohn ausgeübt werden konnte.

Die Amazonen lassen sich auch wesentlich einfacher erklären. Kriegerinnen (als mögliche Inspirationsquelle) sind im Schwarzmeerraum literarisch und archäologisch belegt.

Ich bin für solche Interpretationen, als Fan und Autor von fiktionaler Frauenpower, durchaus offen. Selbständige Amazonenreiche dürften allerdings rein mythologisch sein.

Die zuhause quasi eingesperrte und aufs Kinderkriegen beschränkte Frau dürfte ohnehin eher ein "Idealbild" als die gesellschaftliche Realität gewesen sein.

Ich fürchte, dass dieses ´Idealbild´ faktisch annähernd erreicht wurde. Im Athenischen Straßenbild dominierten, was weibliche Präsenz betrifft, Sklavinnen und alte Frauen, die für die Erledigung von Besorgungen unterwegs waren, bei weitem. Es galt die Regel, dass Ehefrauen im Haushalt verweilen, auch wenn es sicher Ausnahmen gab. In jedem Fall musste auf der Straße der Kopf bedeckt sein.
 
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Ich fürchte, dass dieses ´Idealbild´ faktisch annähernd erreicht wurde. Im Athenischen Straßenbild dominierten, was weibliche Präsenz betrifft, Sklavinnen und alte Frauen, die für die Erledigung von Besorgungen unterwegs waren, bei weitem. Es galt die Regel, dass Ehefrauen im Haushalt verweilen, auch wenn es sicher Ausnahmen gab. In jedem Fall musste auf der Straße der Kopf bedeckt sein.

Ich finde viele deiner Aussagen einleuchtend, bei der Frage halte ich allerdings Raveniks Einwand bzgl des sozialen Standes für interessant. Wie lebte besonders die städtische Unterschicht? Bedeutete da "im Haushalt verweilen" im Zweifel eingesperrt auf engem Raum? Wer besorgte die alltäglichen Verrichtungen, wenn keine Sklaven zur Verfügung standen und die Oma gerade gestorben war?

Kopftuch lässt sich machen... ;)
 
Auf der anderen Seite gab es Frauen, die sowohl in Griechenland resp. in Rom entscheidende Rolle spielten:

Kleopatra, Livia Drusilla, Aspasia und viele mehr. Auch in der jüdischen Geschichte spielen Frauen eine wesentliche Rolle. Bei einer allgemeien Unterdrückung hätten sie wohl kaum Einfluss nehmen können.

Heute sind wir einfach in einer anderen Lage. Man muss auch anerkennen, dass die griechische Religion und Mythologie, anders als unser moderner Materialismus oder das abendländisch christliche Patriarchat den Frauen eine Lebenswelt als Frau gab.
 
Das Alexanderreich umfasste so viele Regionen, dass die Konzentration auf den Kernbereich ökonomisch Sinn macht, zumal die rechtliche Lage der Frauen in der Antike ohnehin global durch Unterdrückung gekennzeichnet war.
Und wieso soll ausgerechnet Athen der "Kernbereich" des Alexanderreichs gewesen sein? Athen gehörte nicht einmal zum Reich, sondern stand als Mitglied des sog. Korinthischen Bundes lediglich unter makedonischer Hegemonie. Das galt auch für den Großteil des restlichen Griechenlands. Nicht einmal Thessalien war Teil des Alexanderreichs, sondern Alexander war lediglich in Personalunion Tagos (Oberhaupt) des Thessalischen Bundes.
Alexander selbst betrachtete offenbar Mesopotamien und Persien als Kernbereich, und demographisch sowie wirtschaftlich waren sie das auch eher als Griechenland.
 
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(Der ´pater familias´, das männliche Oberhaupt der Familie, hatte die ´patria potestas´(= väterliche Macht). Darunter fiel auch die ´vitae necisque potestas´, die Macht über Leben und Tod der Familienangehörigen (Frau, Kinder, Sklaven). Um spontanen Willkürentscheidungen gegen ein Familienmitglied vorzubeugen, galt die Regel, dass der pater familias sich zuvor mit der übrigen Familie sowie seinen Freunden berät.)
Die "patria potestas" eignet sich aber nur bedingt als Beleg für die allgegenwärtige Unterdrückung der Frau, denn dem pater familias waren grundsätzlich auch die männlichen Familienmitglieder (auch wenn sie längst volljährig waren) unterworfen. Sowohl für sie als auch für die Frauen gab es aber durchaus die Möglichkeit, ihr zu entkommen. Die "patria potestas" war also in erster Linie eine extreme Form der Herrschaft des Familienoberhauptes über seine Familie - unabhängig vom Geschlecht der Unterworfenen. Patriarchalisch war an ihr, dass der pater familias ein Mann war.

In Sparta meines Wissens nur in dem Punkt, dass Frauen am von verstorbenen Männern hinterlassenen Gut Besitzansprüche hatten, statt nur die Verwaltungsbefugnis. Was Kyniska betrifft: Sie war Tochter des Sparta-Königs Archidamos I., also nicht gerade repräsentativ für die Durchschnittsehefrau.
Mal abgesehen davon, dass sie die Tochter von Archidamos II. war: Natürlich war Kyniska keine Durchschnittsspartanerin. Aber in Athen traten auch die Ehefrauen führender Politiker nicht als Rennstallbesitzerinnen auf. Übrigens siegte auch noch eine andere Spartanerin namens Euryleonis, von der nicht bekannt ist, dass sie einem der beiden Königshäuser angehört hätte, im Wagenrennen.

Dass solche Wertschätzung - allerdings nur von besonders schönen und/oder intelligenten Frauen - eine Sache ist und die rechtliche Lage (der Frau im allgemeinen) eine andere, darauf hat schon Reinecke hingewiesen.
Die reale Situation einer Frau kann man aber nicht aufs formal Rechtliche reduzieren. Wichtig für sie wird auch sein, wie sie im Alltag leben darf und wahrgenommen wird.

Auf der anderen Seite gab es Frauen, die sowohl in Griechenland resp. in Rom entscheidende Rolle spielten:

Kleopatra, Livia Drusilla, Aspasia und viele mehr. Auch in der jüdischen Geschichte spielen Frauen eine wesentliche Rolle. Bei einer allgemeien Unterdrückung hätten sie wohl kaum Einfluss nehmen können.
Allerdings muss man auch bei bedeutenden Frauen zwischen der rechtlichen Situation einer Frau und ihrem realen Einfluss, den sie z. B. über ihren Ehemann ausüben konnte, unterscheiden. Eine Frau kann auch eine Rolle spielen, wenn sie formal rechtlich arg eingeschränkt ist.
Livia ist ohnehin ein ambivalentes Beispiel: Sie hatte zwar großen Einfluss auf Augustus, gab sich aber demonstrativ als brave biedere häusliche Ehefrau, versuchte also das traditionelle römische Frauenbild zu verkörpern.
 
Um auf die Einwände von Ravenik und Biberius nochmal zurück zu kommen: die werden unterstützt durch Tendenzen, das gesellschaftliche Bild und die Rolle der Frauen anders als traditionell quellenbasiert zu zeichnen:

"Over the past few decades, scholars have increasingly turned their attention to discussing the lives and activities of women in antiquity. This kind of ancient history aims to look beyond the world of politics and warfare, with which ancient historians have traditionally been preoccupied, so as to investigate the activities and lives of ordinary women who could not hold political office or perform military feats. In this volume, we intend to turn the question around and ask whether ancient women were more involved in these traditionally male areas of culture than has previously been thought. Successful work in this area has been achieved by anthropologists who suggest that women may have been more powerful than we think, either as the driving force behind their male kin or by exerting influence on public policy in indirect ways (cf. Rosaldo and Lamphere 1974). In 1986, Jill Dubisch wrote in the preface of Gender and Power in Rural Greece: It is no longer possible to take for granted a male-orientated view of society or see culture as a male-created, male dominated phenomenon. (Dubisch 1986: xii) It is this view which we are addressing with the chapters in this volume...
The ancient sources are not the only problem in approaching the study of ancient gender. The unwillingness of some modern scholars to accept that ancient women played active roles in the public sphere has also proved an impediment in the past (cf. Dubisch 1986: 5). Scholars have been inclined to inflict their own culture’s gender views onto their interpretations of an- tiquity, or to assume that women cannot have had any impact on the public arena, because of the political systems and laws at the time when they were living. The tendency to claim that works attributed to women must have been written by men is one instance of this behaviour. Inappropriate assump- tions based on gender expectations are at the heart of two of the contributions in this volume (Hallett, McLaughlin)"


Women's Influence on Classical Civilization (Hrsg. v. Fiona McHardy/Eireann Marshall, 2004)
 
Wie lebte besonders die städtische Unterschicht? Bedeutete da "im Haushalt verweilen" im Zweifel eingesperrt auf engem Raum? Wer besorgte die alltäglichen Verrichtungen, wenn keine Sklaven zur Verfügung standen und die Oma gerade gestorben war?

Ok, ich modifiziere meine frühere Auskunft zu diesem Thema: Die Unterschicht-Frauen waren insofern nicht ans Heim gebunden, als sie ohnehin auswärts zu arbeiten hatten, z.B. als Wäscherin, Marktverkäuferin, Kindermädchen, Hebamme usw. Die Einkäufe erledigten dann entweder sie oder ihr Mann. Der Arbeitsplatz der höhergestellten Frau war, wie schon gesagt, der eigene Haushalt. Frauen in der Öffentlichkeit waren also Sklavinnen, alte Frauen (die bei Männern wenig Achtung genossen) und Vertreterinnen der Unterschicht.

Auf der anderen Seite gab es Frauen, die sowohl in Griechenland resp. in Rom entscheidende Rolle spielten:
Kleopatra, Livia Drusilla, Aspasia und viele mehr. Auch in der jüdischen Geschichte spielen Frauen eine wesentliche Rolle. Bei einer allgemeien Unterdrückung hätten sie wohl kaum Einfluss nehmen können.

Ich habe mich bei meinen Statements auf die generelle rechtliche Schlechterstellung der antiken Frau bezogen, sowie auf die damals verbreitete männliche Auffassung von ihrer mangelnden Eignung für politische Funktionen bzw. Ämter. Dass du oder Ravenik auf beispielhafte Powerfrauen anspielen, kann vorgenannte Sachverhalte nicht aus der Welt schaffen. Deine und Raveniks Beispiele beziehen sich auf Ausnahmefälle, welche die Regel nicht widerlegen, sondern bekanntlich bestätigen.

Sieht man sich die Karrieren von Livia Drusilla und Aspasia an, entdeckt man schnell ihre Abhängigkeit von den Bedingungen der Männerwelt. Aspasia verschaffte ihre ungewöhnliche Intelligenz und Bildung die Bewunderung wichtiger Philosophen; politischen Einfluss hatte sie aber nicht. Ihre Beziehung zu Perikles wurde als Konkubinat eingestuft; ob sie ein Bordell betrieb, ist umstritten. Den ´moralischen´ Gegenpol bildete Livia Drusilla, die hochangesehene Anstandsapostolin an der Seite des Augustus. Ihr Engagement in diese Richtung könnte auf ihr biologische Unfruchtbarkeit zurückgehen; da sie dem Kaiser keinen Sohn (sic) gebären konnte, war eine Kompensation geboten, um sich unentbehrlich zu machen. Gewarnt war sie ja, da ihr zuliebe Augustus/Octavian seine erste Frau Scribonia, hochschwanger, verstoßen hatte. Was Kleopatra betrifft (eine von mindestens vier Pharaoninnen), kann ich auf die schon erwähnten Sonderverhältnisse in Ägypten hinweisen, wo die Frau allgemein ein höheres Ranking hatte als in der restlichen antiken Welt, was sich auch auf der religiösen Ebene widerspiegelt.

Was die von dir angedeuteten jüdischen (eigentlich israelitischen) Frauen betrifft - die zum größten Teil nur fiktional sind, wenn du die im Tanach erwähnten meinst - , so gilt das gleiche: Sie waren Ausnahmen. Die rechtliche Stellung der Frau im Judentum war nicht minder katastrophal als im übrigen Orient, eher noch schlimmer, da ihr, im Unterschied zu den Frauen in polytheistischen Kulturen, jede trostsuchende Zuwendung zu einer Göttin verwehrt war. In der Genesis entsteht sie aus einer Rippe des Mannes - geht´s noch abwertender? Rechtlich war sie Eigentum des Mannes und durfte von diesem verstoßen werden, selbst aber keine Scheidung einreichen.

Es bringt also nichts, auf Ausnahmen hinzuweisen, die das Prinzip Frauenunterdrückung in der Antike nicht mal ansatzweise zu relativieren vermögen. Genauso gut könnte man auch argumentieren, dass der Erfolg von Barack Obama, P. Diddy, Jay-Z, Denzel Washington und Morgan Freeman widerlegt, dass der Rassismus in den USA immer noch (praktisch und in den Köpfen) vorherrscht.

Leider widerlegt er es nicht.

Man muss auch anerkennen, dass die griechische Religion und Mythologie, anders als unser moderner Materialismus oder das abendländisch christliche Patriarchat den Frauen eine Lebenswelt als Frau gab.

Mir ist unklar, wie du das meinst.

Die "patria potestas" eignet sich aber nur bedingt als Beleg für die allgegenwärtige Unterdrückung der Frau, denn dem pater familias waren grundsätzlich auch die männlichen Familienmitglieder (auch wenn sie längst volljährig waren) unterworfen. Sowohl für sie als auch für die Frauen gab es aber durchaus die Möglichkeit, ihr zu entkommen. Die "patria potestas" war also in erster Linie eine extreme Form der Herrschaft des Familienoberhauptes über seine Familie - unabhängig vom Geschlecht der Unterworfenen.

Ich erkenne absolut nicht den Wert dieses Arguments.

Dass ein Vater nicht nur das Recht hat, seine Kinder zu töten, sondern auch seine eigene Frau, die diese Kinder geboren hat, das hältst du also nicht für ein Symptom der allgemeinen Frauenunterdrückung? Siehst du denn nicht, dass es - rein theoretisch - auch die Alternative gäbe, dass es zwar erlaubt ist, Kinder und Sklaven zu töten, aber nicht die Ehefrau?

Patriarchalisch war an ihr, dass der pater familias ein Mann war.

Eben. Also?
 
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Wenn in einer Gesellschaft Sklaverei praktiziert wird und sowohl Männer als auch Frauen als Sklaven gehalten werden (und die Sklavenhalter im Normalfall Männer sind), ist die Sklaverei dann ein Symptom der allgemeinen Frauenunterdrückung?

Die "patria potestas" bedeutete die (in der Frühzeit fast uneingeschränkte) Herrschaft des Familienvaters über alle seine Familienunterworfenen, unabhängig von ihrem Geschlecht. Männer waren ebenso betroffen wie Frauen. Anfangs durfte der pater familias seine Kinder in die Sklaverei verkaufen, später dann zur Arbeit verdingen. Davon werden wohl in erster Linie Söhne betroffen gewesen sein.
Wieso die patria potestas also speziell ein Symptom der Frauenunterdrückung gewesen sein soll, ist mir unerfindlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
...
Wieso die patria potestas also speziell ein Symptom der Frauenunterdrückung gewesen sein soll, ist mir unerfindlich.

Ich vermute, diese Fehlinterpretation geht darauf zurück, dass viele bei der Frauenunterdrückung übersehen oder auch gar nicht wissen, dass diese Form, die wir heute kennen, erst aus dem 19. Jahrhundert ist.

Was übrigens zeigt, dass die Französischen Revolution keineswegs nur so "fortschrittlich" war, wie gerne behauptet wird. Jeder (allerdings eingegrenzt auf männliche Individuen) ist nun vor dem Gesetz gleich. In der ständische Gesellschaft, die durch dieses Modell abgelöst wurde, entscheidet über die Rechte / Möglichkeit als erstes der Stand, dem Mann / Frau angehört, erst dann kommen andere Fakten z. B. Gender zum Tragen.
 
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