Frauenemanzipation

In Leipzip wurde 1906 eine Doktorarbeit geschrieben mit dem Titel "Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit", deren Autor: Alice Salomon ihre Begründung für niedrige Frauenlöhne schreibt sie, daß die Frau in der Regel die Fähigkeit hätte oder haben sollte, ...

Besten Dank für den Hinweis.

Diese historisch interessante Arbeit ist übrigens auch digital verfügbar:
Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit : Alice Salomon : Free Download & Streaming : Internet Archive
 
Sind das aber nicht allgemeine Meinungen von heute und was hat das mit Geschichte zu tun?
Ich denke, die Diskussionsbeiträge haben eine Menge mit Geschichte zu tun, eröffnete doch z.B. die Erfindung des Milchpulvers - wie schon dargelegt - jede Menge Möglichkeiten sowohl für die Mutter als auch für das Paar sowie für den Säugling. Stets eine Amme bei Stillunvermögen oder -unlust dabei zu haben, ist eine Frage der Geschichtsepoche und des Geldes. Es ist u.U. auch interessant zu diskutieren, inwieweit sich politische (inzwischen durchaus der Geschichte angehörende) und weltanschauliche Prozesse auf den Umgang mit dem Säugling auswirk(t)en.
 
Ich habe mir alles selbst erarbeitet. Das Thema habe ich mir auch selbst ausgesucht.

Du hast einerseits recht, in dem du sagst dass man gegen das absolutistische Regime kämpft und somit auch gegen die Ständeaufteilung. Aber Männer erarbeiteten eine Verfassung, die nur die Männer umfasste. Das konnte natürlich eine Feministin wie Olympe de Gouges nicht durchgehen lassen und hat daraufhin eine eigene idealisierte Verfassung für beide Geschlechter entworfen. Es schlossen sich auch Gesellschaften von verschiedenen Frauen zusammen. (allerdings nur der Oberschicht)

Ich möchte mich ganz sehr bei euch allen bedanken. Ihr habt mir tolle Beiträge geschrieben.
eure rosahotti

Es ist doch alles Geschichte. Wir leben in der Geschichte. Wo fängt denn Geschichte für dich an?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Vor einiger Zeit hatten wir hier einen Thread wo es um die Kindheit in Frankreich ging und zwar wohl grob um die Zeit der Revolution. Die Mißachtung der Kinder der Stadtbevölkerung war demnach geradezu furchtbar und oft tödlich. Da das mütterliche Hausfrauenideal das in unserer Gesellschaft um das 20. Jh. wohl wesentlicher Hemmschuh der Frauenemanzipation ist (und das bis zur Politik der Jetztzeit, über die wir ja nicht reden wollen), erscheint mir dieser Punkt hier wichtig. Wenn Kinder derart mißachtet wurden, waren die Nutznießerinnen wohl die städtischen Frauen, die eben nicht auf Kinderbeaufsichtigung und Häuslichkeit reduziert wurden. Das spricht m.E. sehr für die oben gelesene Aussage, die Revolution habe die Macht der Frauen (in den oberen Schichten) beschnitten.
Es spricht aber auch gegen die Dringlichkeit der Frauenemanzipation in der damaligen dortigen Situation und statdessen für die vitale Dringlichkeit der Anerkennung der Kindheit und der Schutzrechte der Kinder. In der Pre-Trockenmilch-Zeit konnten Frauen sich des Stillens nun einmal nur entledigen, indem eine andere, ärmere Frau ihre eigenen Kinder vernachlässigen musste. Das mag ich nicht als Frauenemanzipation ansehen. Mit Anstand kann sich eine Frau, die selbst genug Milch hat, dessen halt erst seit neuester Zeit entledigen.
 
Vor einiger Zeit hatten wir hier einen Thread wo es um die Kindheit in Frankreich ging und zwar wohl grob um die Zeit der Revolution. Die Mißachtung der Kinder der Stadtbevölkerung war demnach geradezu furchtbar und oft tödlich. Da das mütterliche Hausfrauenideal das in unserer Gesellschaft um das 20. Jh. wohl wesentlicher Hemmschuh der Frauenemanzipation ist (und das bis zur Politik der Jetztzeit, über die wir ja nicht reden wollen), erscheint mir dieser Punkt hier wichtig. Wenn Kinder derart mißachtet wurden, waren die Nutznießerinnen wohl die städtischen Frauen, die eben nicht auf Kinderbeaufsichtigung und Häuslichkeit reduziert wurden. Das spricht m.E. sehr für die oben gelesene Aussage, die Revolution habe die Macht der Frauen (in den oberen Schichten) beschnitten.
Es spricht aber auch gegen die Dringlichkeit der Frauenemanzipation in der damaligen dortigen Situation und statdessen für die vitale Dringlichkeit der Anerkennung der Kindheit und der Schutzrechte der Kinder. In der Pre-Trockenmilch-Zeit konnten Frauen sich des Stillens nun einmal nur entledigen, indem eine andere, ärmere Frau ihre eigenen Kinder vernachlässigen musste. Das mag ich nicht als Frauenemanzipation ansehen. Mit Anstand kann sich eine Frau, die selbst genug Milch hat, dessen halt erst seit neuester Zeit entledigen.


Das ist meines Erachtens nach etwas simplistisch dargestellt und ignoriert andere Umstände, die eine Rolle spielen. Zum einen stellt sich die Frage warum die Kinder mißachtet wurden, und ich wage zu zweifeln, daß die Antwort ist, daß die städtischen Frauen dies aus Jux und Dollerei getan haben. Es ist viel eher so, daß hier ökonomische Notwendigkeit eine Rolle spielte, weniger bei reichen als bei armen Frauen, die schlichtweg ebenso arbeiten mussten, wie die Männer und entsprechenden Kindsväter. Oder gibt es Quellen, daß die armen städtischen Frauen ihre Kinder vernachlässigt haben, während sie Maulaffen feilhielten und das weil sie es so wollten?

Was den Beruf der Amme angeht, so war nicht jede arme Frau eine Amme. Aber auch bei den Ammen stellt sich die Frage, was eine mittellose Frau, deren Mann, sofern sie einen hatte, nicht genug verdiente um die Familie zu ernähren, tun sollte. Im Anbetracht der beruflichen Einschränkungen und der geringen Löhne für Frauen des 18. Jhdts waren die Möglichkeiten da etwas eingegrenzt dazuzuverdienen. Ammen vorzuwerfen, in böser Absicht die eigenen Kinder vernachlässigt zu haben, ist absurd. Die meisten Menschen ergreifen Berufe um sich selbst, und der Familie das Überleben zu sichern. Kinderrechte zu erklären, ohne nach den sozialen Mißständen zu fragen, wäre sinnlos gewesen.

So heher die Ziele der Französischen Revolution auf Papier auch gewesen sein mögen, so darf man doch nicht vergessen, daß es damit anfing, daß das Volk salopp gesagt, nichts zu fressen hatte. Womit wir wieder bei der ökonomischen Notwendigkeit wären.

Um es etwas deutlicher zu machen, eine Anekdote aus den 1950ern. Meine Großmutter hat damals, als Bäuerin, nachmittags ihren ältesten Sohn, der gerade laufen konnte, einfach im Kinderzimmer eingesperrt, wenn sie auf's Feld musste. Das war Gang und Gebe im Dorf, aber heute undenkbar. Nur ohne Hilfe, ohne Kindergärten etc, und während sie arbeiten musste um ihre Familie zu ernähren, war es sicherer ihn einfach einzusperren. Meiner Großmutter die Polizei auf den Hals zu hetzen wäre eine Katastrophe gewesen, die zu Verdienstausfall und damit zur schlechteren Versorgung der Familie geführt hätte. An dieser Stelle die Emanzipation zu verteufeln ist unsinnig. Meine Großmutter hat das nicht getan, weil sie eine befreite Frau sein wollte, sondern weil sie musste!
 
Vor einiger Zeit hatten wir hier einen Thread wo es um die Kindheit in Frankreich ging und zwar wohl grob um die Zeit der Revolution. Die Mißachtung der Kinder der Stadtbevölkerung war demnach geradezu furchtbar und oft tödlich. Da das mütterliche Hausfrauenideal das in unserer Gesellschaft um das 20. Jh. wohl wesentlicher Hemmschuh der Frauenemanzipation ist (und das bis zur Politik der Jetztzeit, über die wir ja nicht reden wollen), erscheint mir dieser Punkt hier wichtig. Wenn Kinder derart mißachtet wurden, waren die Nutznießerinnen wohl die städtischen Frauen, die eben nicht auf Kinderbeaufsichtigung und Häuslichkeit reduziert wurden. Das spricht m.E. sehr für die oben gelesene Aussage, die Revolution habe die Macht der Frauen (in den oberen Schichten) beschnitten.
Es spricht aber auch gegen die Dringlichkeit der Frauenemanzipation in der damaligen dortigen Situation und statdessen für die vitale Dringlichkeit der Anerkennung der Kindheit und der Schutzrechte der Kinder. In der Pre-Trockenmilch-Zeit konnten Frauen sich des Stillens nun einmal nur entledigen, indem eine andere, ärmere Frau ihre eigenen Kinder vernachlässigen musste. Das mag ich nicht als Frauenemanzipation ansehen. Mit Anstand kann sich eine Frau, die selbst genug Milch hat, dessen halt erst seit neuester Zeit entledigen.

Du meinst evtl. dieses Thema http://www.geschichtsforum.de/f72/die-psychohistorie-und-ihr-begr-nder-lloyd-demause-18922/ , da geht es vorwiegend um Kindheiten. Oder meinst du diesen leider plötzlich versandeten Thread http://www.geschichtsforum.de/f59/bev-lkerungswachstum-deutschland-19-jahrhundert-38276/index3.html ?

Ich finde es wenig zielführend, anläßlich einer erledigten Frage eine Diskussion aufzunehmen und dabei länger zurückliegende, nicht abgeschlossene Themen nicht einzubeziehen.
 
@Heilige Simone:

Vereinfacht, ja. Ich wollte hier bestimmte Punkte ansprechen, nicht ein abschließendes Urteil über eine komplexe Gesamtlage fällen.

Soweit du von armen städtischen Frauen sprichst, die ihre Kinder nicht selbst versorgen konnten, weil sie erwerbstätig sein mussten, klingt diese Argumentation zwar zunächst sinnvoll, verfängt aber aus zwei Gründen m.E. nicht: zum einen mussten sie für die Kinder Kostgeld bezahlen, sonst hätte sie niemand genommen. Zum anderen hätten auch sie sich so organisieren können, dass die Kinder zwar nicht unter den heute hierzulande üblichen Vorstellungen umhegt worden wären, aber doch das Nötigste sichergestellt gewesen wäre: Säuglinge alle 2 bis 4 Stunden an die Brust, etwas größere Kinder irgendwo in einer Ecke, wo die noch etwas größeren auf sie aufpassen. Ich denke es war immer üblich, dass Frauen kleine Kinder dabei hatten, wenn sie arbeiten gingen. Vor der Einführung der flächendeckenden Empfängnisverhütung und zu Zeiten als Frauen häufig nicht einmal nach ihrem Einverständnis zur eigenen Verheiratung gefragt wurden, hatten fast alle Frauen viele Jahre lang immer kleine Kinder. Wenn keine Kindergärten oder ähnliche Strukturen vorhanden waren und die Produktivität so gering war, dass praktisch alle Erwachsenen arbeiten mussten, ging es ja gar nicht anders. Unter diesen Umständen wäre es sicherlich wirtschaftlicher gewesen, die Kinder mit zur Arbeit zu nehmen.

Was die Ammen (in unserem Falle auf den Dörfern) angeht, wollte ich ihnen ihre Rolle nicht vorwerfen. Fakt ist aber, dass Ammen in der Regel Kinder besser betuchter Leute mit ihrer Milch versorgten und dabei die eigenen Kindern hinten anstehen mussten. Das haben die Ammen nicht verursacht; sie und ihre Kinder waren die Leidtragenden. Sie dafür zu beschuldigen hieße to add insult to injury.

Die städtische Bevölkerung bestand aber nicht ausschließlich aus armen Frauen am Rande des Existenzminimums. So wie ich das verstanden habe, haben auch die wohlhabenden Frauen sich ihrer Kinder in Richtung Land entledigt und betrafen die schlechten Bedingungen, in denen die Kinder aufwuchsen, eben auch diese Kinder. In diesem Falle mag ich den betreffenden Frauen durchaus einen postumen Vorwurf machen. Oder, falls sie es gar nicht entscheiden durften, ihren Männern, falls diese ihnen die Kinder wegnahmen, um sie zu verschicken. Ich vermute, dass die Wahrheit für die begüterten Schichten in der Mitte zu suchen ist. Es war ja offenbar en vogue, sich seiner Kinder zu entledigen. An einer Mode sind dann aber alle ein bißchen und keiner so ganz schuld. Es gab sicherlich auch dort und damals genug Männer, die ihren Frauen die Säuglinge nicht gegen ihren Willen weggenommen hätten. Männer sind in der Regel an der Zuneigung ihrer Frauen interessiert.

Das Verhalten der besser gestellten Schichten mag allerdings als schlechtes Vorbild für das der Ärmeren gewirkt haben. Das wäre dann wirklich fatal gewesen, leider auch im eigentlichen Wortsinne, da diese Wirkung ja wohl häufiger in diesem Zusammenhang auftrat.

Deiner Oma würde ich sicherlich keinen Vorwurf machen. Vermutlich hat sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten die am wenigsten schlechte Variante gewählt. Sie wird hoffentlich die Fortsetzung ihres Modells an den Reaktionen des Kindes bemessen haben. Ihr Entscheidungsspielraum war wahrscheinlich, ob sie das Kind mit aufs Feld nimmt oder zu Hause einsperrt. Manchem Kind wird die Version alleine eingesperrt zu sein, wenig ausmachen, für ein anderes wird es vielleicht völlig unerträglich sein. Vielleicht hat sie das auch nur ein oder wenige Male gemacht und sich dieses Erlebnis dem Kind, das dir das erzählt hat so tief eingebrannt, dass daraus ein "ständig" wurde, zumal ja Feldarbeit in unseren Breiten sehr saisonal ist.
 
[...]
Soweit du von armen städtischen Frauen sprichst, die ihre Kinder nicht selbst versorgen konnten, weil sie erwerbstätig sein mussten, klingt diese Argumentation zwar zunächst sinnvoll, verfängt aber aus zwei Gründen m.E. nicht: zum einen mussten sie für die Kinder Kostgeld bezahlen, sonst hätte sie niemand genommen.

Zum anderen hätten auch sie sich so organisieren können, dass die Kinder zwar nicht unter den heute hierzulande üblichen Vorstellungen umhegt worden wären, aber doch das Nötigste sichergestellt gewesen wäre: Säuglinge alle 2 bis 4 Stunden an die Brust, etwas größere Kinder irgendwo in einer Ecke, wo die noch etwas größeren auf sie aufpassen.

Hier stellt sich die Frage welche Berufe Frauen offen standen. Diese waren nicht auf Dienst oder Nähen beschränkt, sondern gab es auch in den Manufakturen. Wie sah es der Arbeitgeber damit sah kleine Kinder um sich zu haben? Wie sah es mit Witwen und ledigen Müttern aus, die alleine für ihre Kinder aufkommen mussten? Konnte eine ledige Mutter Arbeit finden, die es ihr erlaubte nebenbei ihr Kind zu versorgen?

Hinzu kommen andere praktische Erwägungen: Was wenn ein oder mehrere Kinder krank werden, und Pflege brauchen? Konnte oder durfte man ein krankes Kind am Arbeitsplatz haben? Wie sah es mit dem Verdienstverlust aus? Im Falle einer Witwe die alleine für ihre Familie aufkam, wären damit mehrere Tage Einkommen weg, auf die besagte Familie, also die kranken Kinder angewiesen waren. Urlaub? Frauenarbeit war nie sonderlich gut verlöhnt, und wurde dennoch händeringend von Frauen gesucht. Da ein paar Tage zu fehlen bedeutete meistens den Verlust des Arbeitsplatzes.

Und auch ganz banal: Wenn man einem größeren Kind ein kleineres in die Obhut gibt, muß das große Kind bis dahin auch erstmal alleine umsorgt werden. Einen Säugling im Korb in der Nähe stehen zu haben, mag vielleicht angehen, aber spätestens wenn das Kind krabbelt, braucht es fast ständige Beaufsichtigung, was dann der Arbeitszeit abging. Nach dem zweiten Kind, sofern dieses erstmal so weit kam, war das vielleicht machbar, oder aber frau hatte mehrere Kleinkinder, die alle den Teufel anstellten. Wohl eher ein romantisches Ideal, als wirklich praktikabel, vor Allem, wenn man nach Stückzahl (u.a. beim nähen) bezahlt wurde. Da ständig hin und her zu rennen, weil die lieben Kleinen keine Ruhe geben, wirkte sich negativ auf den Lohn aus. Im Falle einer Witwe, musste diese da wohl den Gürtel enger schnallen.

Unter armen Leuten war es schlichtweg so, daß Einkommen kombiniert werden mussten um das Überleben der Familie zu sichern. Die Frage des Kostgeldes erweckt auf den ersten Blick den Eindruck von "Selbstsucht", aber hier kommen weitere Erwägungen hinzu, wie z.B. die mangelden Altersversorgung, die Hand in Hand mit mangelnder Gesundheitsversorgung geht. Zu denken, daß Kinder alleine die Alterversorgung sein sollten, oder auch sein könnten, ignoriert die Tatsache, daß die moderne Medizin noch in den Kinderschuhen steckte, und Krankheiten vor niemandem halt machten. Eine Investition in ein Kind war weise, aber deswegen ein Einkommen aufzugeben und damit Armut zu riskieren? Das Kind konnte trotz des aufgegebenen Einkommens, oder vielleicht gerade weil Mittel mangelten, sterben! Ebenso schnell konnte übrigens auch der Ehemann sterben. Oder die Ehefrau.


Ich denke es war immer üblich, dass Frauen kleine Kinder dabei hatten, wenn sie arbeiten gingen. [...] Wenn die Produktivität so gering war, dass praktisch alle Erwachsenen arbeiten mussten, ging es ja gar nicht anders. Unter diesen Umständen wäre es sicherlich wirtschaftlicher gewesen, die Kinder mit zur Arbeit zu nehmen. [...]

Deiner Oma würde ich sicherlich keinen Vorwurf machen. Vermutlich hat sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten die am wenigsten schlechte Variante gewählt. Sie wird hoffentlich die Fortsetzung ihres Modells an den Reaktionen des Kindes bemessen haben. Ihr Entscheidungsspielraum war wahrscheinlich, ob sie das Kind mit aufs Feld nimmt oder zu Hause einsperrt. Manchem Kind wird die Version alleine eingesperrt zu sein, wenig ausmachen, für ein anderes wird es vielleicht völlig unerträglich sein. Vielleicht hat sie das auch nur ein oder wenige Male gemacht und sich dieses Erlebnis dem Kind, das dir das erzählt hat so tief eingebrannt, dass daraus ein "ständig" wurde, zumal ja Feldarbeit in unseren Breiten sehr saisonal ist.

Genau das wollte ich mit dem Beispiel meiner Großmutter sagen- es ging manchmal halt einfach nicht, ein Kind zur Arbeit mitzunehmen. Aber, danke, daß Du meiner Großmutter keinen Vorwurf machst. Sie macht sich auch keine, und nein, sie hat das nicht einige wenige Male gemacht. Wie bereits erwähnt war es auch im Dorf Gang und Gebe, wie ganz richtig erkannt, während der Erntezeit zumeist. Der springende Punkt an der Geschichte ist nicht ob es dem Kind etwas ausgemacht hat, was vollkommen nebensächlich war, sondern das es aufgrund der ökonomischen Umstände einfach nicht anders ging.

Das hat nichts mit Kinderrechten über Frauenrechten zu tun, sondern mit dem Überleben.


Die städtische Bevölkerung bestand aber nicht ausschließlich aus armen Frauen am Rande des Existenzminimums. So wie ich das verstanden habe, haben auch die wohlhabenden Frauen sich ihrer Kinder in Richtung Land entledigt und betrafen die schlechten Bedingungen, in denen die Kinder aufwuchsen, eben auch diese Kinder. In diesem Falle mag ich den betreffenden Frauen durchaus einen postumen Vorwurf machen. Oder, falls sie es gar nicht entscheiden durften, ihren Männern, falls diese ihnen die Kinder wegnahmen, um sie zu verschicken. Ich vermute, dass die Wahrheit für die begüterten Schichten in der Mitte zu suchen ist. Es war ja offenbar en vogue, sich seiner Kinder zu entledigen.
Stellt sich die Frage warum die Kinder auf's Land geschickt wurden. Welche Beweggründe gab es da? Kann es vielleicht sein, daß es sich dabei weniger um weibliche Selbstsucht handelte, als die Vorstellung, daß man dem Kind etwas gutes tat? Das Stillen unter in den gehobenen Schichten nicht "en vogue" war, ist klar. Nur war es so, daß die romantische Vorstellung davon, daß Kinder auf dem Lande gesünder und von ländlichen Ammen genährt besser wachsen, die ebenso "en vogue" war. Die bessere Gesellschaft und diejenigen die es sich leisten konnten, wollten ihren Kindern etwas Gutes tun. Unter anderem Rousseau vertrat diese Ansichten in seinen einflußreichen Werken über Kindererziehung. Das war der damalige Fortschritt.

Hier den Frauen posthum Vorwürfe zu machen, missachtet die Umstände und Absichten unter denen diese Entscheidungen getroffen wurden. Ebenso im Falle der Ehemänner.


P.S: "Saint-Simone" bitte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Lage der Frauen aus den armen Schichten am Rande des Existenzminimums im Verhältnis zu ihren Arbeitgebern würde ich anders einschätzen. Wer zu damaliger Zeit Frauen auch etwa in Manufakturen beschäftigen wollte (oder eigentlich musste, weil er sonst seine Produktion nicht aufrechterhalten konnte) unterlag natürlich ebenso den Zwängen des Faktischen, wie die Frauen. Mit dem Anspruch, dass die Arbeiterinnen keine kleinen Kinder zur Arbeit mitbringen durften, hätte man nur sehr junge oder ziemlich alte Frauen bekommen. Das hätte das Angebot an Arbeiterinnen minimiert. Deshalb konnten Arbeitgeber in diesen Zeiten sich diesen luxuriösen Anspruch gar nicht leisten; es sei denn, die ganze Gesellschaft am Ort wäre bereits darauf eingerichtet Kinder abzuschieben oder die Kinderbetreuung wäre z.B. in Großfamilien in der Regel ausreichend organisiert gewesen. Dieser gesellschaftliche Konsens muss aber ersteinmal entstehen, und dazu reicht die Macht der einzelnen Arbeitgeber nicht aus. Sobald allerdings genügend Frauen, die keine Kinder zur Arbeit mitbringen müssen, da sind, ändert sich die Lage. Dann werden Arbeitgeber diesen für sie recht bequemen Anspruch erheben.

Das Argument gelegentlicher Ausfälle würde ich auch nicht gelten lassen. Arbeiterinnen werden gelegentlich krank (geringfügig häufiger als Männer übrigens) und sie bekommen Kinder und fallen deshalb natürlich mindestens einige Zeit um die Geburt herum aus. Wer Frauen beschäftigt, weiß das und rechnet damit. Damals wird man sie in diesen Fällen sofort gefeuert haben. Allerdings konnte man sie dann auch gleich wieder einstellen, wenn sie wieder arbeitsfähig waren. Oder gab es dort einen nennenswerten Kündigungsschutz? Erst unter den Bedingungen eines Schutzes der Arbeiter vor Kündigungen in Fällen wie Krankheit oder Niederkunft entsteht für die Arbeitgeber ein ökonomisches Interesse, Risikogruppen auszuschließen. Eine erfahrene Arbeiterin ist sicherlich stets wertvoller als eine ganz neue, und wen man loswerden wollte, den schmiss man ohnehin raus, ohne sich dabei viel zu denken - denke ich.

Dass man in den wohlhabenden Schichten die Verschickung der Kinder aufs Land an der Oberfläche mit dem Vorteil der Kinder verbrämte, will ich wohl glauben. Es mag auch der Beginn dieser Sitte gewesen sein. Aber spätestens wenn man feststellen musste, dass es den Kindern dort nicht gut erging, muss man sein Handeln doch überdacht haben. Zum einen ergab sich dies gewiss aus den Berichten der Kinder und unangekündigten Stipvisiten, die der eine oder andere unternommen haben wird, zum anderen aus Todesfällen. Man kann einer Leiche ja gut ansehen, ob der Mensch wohlgenährt und gut gekleidet oder unterernährt und verwahrlost gestorben ist. Ich sehe hier deutlich das Motiv, sich der Kinder zu entledigen. Und ich kann nicht umhin festzustellen, dass das Interesse der Frauen daran viel größer war als das der Männer.

Wenn ich hier den Frauen aus den wohlhabenden Schichten, die sich auch eine Amme und/oder ein Kindermädchen nach Hause hätten holen können, einen Vorwurf mache, dann liegt dies in meiner heutigen Erfahrung, das Mütter sich nicht ohne weiteres mit fremden Vorstellungen zur Kindererziehung abspeisen lassen und oft wie Löwinnen für ihre Kleinen kämpfen. Natürlich gibt es auch Frauen, die diesen Trieb nicht empfinden; das hat dann aber für gewöhnlich mit stark gestörten Mutter-Kind-Bindungen zu tun, unter denen beide Seiten sehr leiden. Ich kenne leider persönlich auch solche Fälle. Wir reden hier aber von einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen und nicht von einzelnen Abweichungen vom Regelfall. Zudem scheinen ja die Frauen in den höheren Schichten vor der Revolution informell ziemlich dominant gewesen zu sein. Damit ist es auch unwarscheinlich, das der "Herr im Haus" gegen den Willen seiner Frau die Kinder dieser Situation aussetzte. Die Frauen müssen also einverstanden gewesen sein, entgegen ihrem natürlichen Gefühl, die Kinder unter ihren Fittichen haben zu wollen. Wir sprechen hier ja nicht von Kadettenanstalten für Jungs ab 10 für die bewusst Leiden in Kauf genommen wurde, um sie als Soldaten zu stählen (eine andere Grausamkeit), sondern über Kinder ab dem Säuglingsalter und beiderlei Geschlechts.
 
@ Hans forscht:

Ich finde du widersprichst dir gelegentlich; einerseits betonst du zum Schluß deines letzten Beitrags z. B. daß du von Säuglingen sprächest, an anderer Stelle aber sprichst du davon, daß solche Kinder vielleicht von der schlechten Behandlung, die sie bei der Amme erfahren haben sollten, bei mutmaßlich unerwarteten Besuchen darüber berichtet haben könnten; Ich will gar nicht mit dem Argument, daß solche Kleinkinder vielleicht gar sehr spät sprechen gelernt haben würde aufgrund mangelnder Kommunikation, als du das vielleicht von heutigen Kindern kennen solltest; vielmehr finde ich es erstaunlich, daß du an früherer Stelle kindliches Leiden bagtellisiert hast.

Vor allem mißt du aber anscheinend mit zweierlei Maß: Einerseits willst du einer Amme bürgerlicher oder Adliger Eltern keinen Vorwurf machen, wenn sie die Kinder anderer weniger "betuchter" Leute oder gar ihre eigenen dafür vernachlässigt haben könnte, aber anderen, beispielweise Ammen ärmerer Leute, bin du für einen Vorwurf bereit; davon abgesehen, daß eine solche moraline Zunge mit der geschichtlichen Betrachtung ersteinmal gezügelt sein sollte; aber damit zusammenhängend: schließlich bringst du wenn überhaupt nur Müttern, die ihre Kinder weggeben, einen Vorwurf hervor, spricht aber die Väter davon frei. Nicht nur, daß die Sache mit der Beschuldigung der Mütter, aber bloß nicht der Väter, eher einer Sichtweise, die der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts entstammt, entspricht, erlaubst dir sogar, von offensichtlich dominanten Frauen zu sprechen, die den Männern - von dir dann paradoxerweise in Anführungszeichen gesetzte Hausherren - anscheinend süffisant nicht zu widersprechen wagen. Ich frage mich, womit du dieses Klischees begründest, die letztendlich nur dazu dienen, die Emanzipationsfrage ad absurdum zu führen. Daß gerade im Zuge der seit dem 18. Jahrhundert entstandenen "weilichen Sonderanthropologie" für die Subordination von Frauen ideologisch herhalten mußte, wird dabei jedenfalls übersehen.
 
@ Muspili:

1. Vielleicht widerspreche ich mir irgendwo, aber wohl nicht da, wo du es unterstellst. Einmal war die Rede von dem Kind von Saint Simones Oma. Da ging es um das Einschließen zu Hause während der Feldarbeit, besonders während der Ernte in den 1950ern. Zum anderen ging es um Kinder in Paris um die Zeit der Revolution. Hier ging es darum, dass Kinder kurz nach der Geburt weggegeben wurden, bis sie beinahe erwachsen waren. Aus diesem langen Entwicklungszeitraum habe ich versucht einige Situationen darzustellen, in der mir Kinder mit zur Arbeit zu nehmen besonders schwierig erscheint.

Ich habe auch weniger kindliches Leiden bagatellisiert als auch die sie begleitende und bedingende Realität zu betrachten. Besonders, was Saint Simones Oma betrifft.

2. Ich mache den Ammen keinen Vorwurf. Wer seine eigenen Kinder vernachlässigt um sich für Geld als Amme zu betätigen, tut das sicherlich nicht freiwillig und gerne. Es geht hierbei übrigens primär darum, welche Kinder Muttermilch (wenn auch von der Amme) bekommen und welche eine Ersatznahrung, die ihre Überlebenschancen verringern. Ich habe aber Unterschiede zwischen Frauen am Rande des Eistenzminimums und wohlhabenden Frauen gemacht. Das erscheint mir durchaus angemessen, da letztere idR einen wesentlich größeren Entscheidungsspielraum haben und sich nicht existentiellen Zwängen gegenüber sehen.

3. Für diese Frauen, deren Handlungsweise sich nicht aus wirtschaftlicher Not erklärt, habe ich die weitere Möglichkeit der Unterdrückung durch ihre Männer besprochen.

4. Die Anführungszeichen um den "Hausherren" wollten sagen, dass ich diese Bezeichnung nicht mag, allderweil ich das Konzept, dass das Weib dem Manne Untertan sei, ablehne. Dies tute ich allerdings nicht weil dies in unserer Zeit Mode ist, sondern weil ich das Gefühl, dass Frauen minderertig, dümmer oder ähnliches seinen, nicht nachvollziehen kann. Ebenso lehne ich es allerdings ab, überall böse Frauenunterdrücker zu wähnen. Ich finde weder Frauen noch Männer besser, wichtiger, wertvoller. Wir sind doch alle nur Menschen.

5. Frauen bekommen Kinder, Männer nicht. Frauen können ihre Säuglinge mit ihrer Milch ernähren, Männer nicht. Heutige Ersatzmilch war im diskutierten Zeitraum nicht verfügbar. Damalige Ersatznahrung war ein erheblicher Nachteil gegenüber Muttermilch.

6. Auch wenn wir beide es gern anders hätten, verhalten sich Mütter ihren Kindern gegenüber anders als Väter. Dies wird z.B. deutlich, wenn du dich mit dem heute leider sehr verbreiteten Phänomen getrennter Eltern und deren Verhältnis zu den Kindern befasst. Es läßt sich insofern nicht alles aus Erziehung und Prägung erklären. Und wäre es so, so war sicherlich im besprochenen Zeitraum der gesellschaftliche Konsens eher, dass Kindererziehung Frauensache sei. Wir sprechen von einem katholischen Land, nicht von einer matriarchalischen Kultur.

Nebenbei bin ich dringend dafür endlich mehr Männer in Kindergärten und Grundschulen einzusetzen, weil vielen Kindern die männlichen Rollenvorbilder fehlen. An dieser Stelle möge mir ausnahmsweise dieser Hinweis auf eine politische Frage der Gegenwart erlaubt sein. Diskutieren dürfen wir das hier allerdings nicht.

Und noch eins: Ich empfehle Virginia Woolf "Three Guineas". Das kann in Sachen Frauenunterdrückung ein wenig erden.
 
Die Lage der Frauen aus den armen Schichten am Rande des Existenzminimums im Verhältnis zu ihren Arbeitgebern würde ich anders einschätzen. Wer zu damaliger Zeit Frauen auch etwa in Manufakturen beschäftigen wollte (oder eigentlich musste, weil er sonst seine Produktion nicht aufrechterhalten konnte) unterlag natürlich ebenso den Zwängen des Faktischen, wie die Frauen. Mit dem Anspruch, dass die Arbeiterinnen keine kleinen Kinder zur Arbeit mitbringen durften, hätte man nur sehr junge oder ziemlich alte Frauen bekommen. Das hätte das Angebot an Arbeiterinnen minimiert. Deshalb konnten Arbeitgeber in diesen Zeiten sich diesen luxuriösen Anspruch gar nicht leisten;

Oder solche Frauen, die es nötig hatten ihre Familie zu ernähren, weswegen sie sich den Regeln angepasst haben. Kinderlose und alte Frauen waren die Konkurrenz, und Nachwus, wie bereits selbst angemerkt, gab es zur Genüge.


es sei denn, die ganze Gesellschaft am Ort wäre bereits darauf eingerichtet Kinder abzuschieben oder die Kinderbetreuung wäre z.B. in Großfamilien in der Regel ausreichend organisiert gewesen. Dieser gesellschaftliche Konsens muss aber ersteinmal entstehen, und dazu reicht die Macht der einzelnen Arbeitgeber nicht aus. Sobald allerdings genügend Frauen, die keine Kinder zur Arbeit mitbringen müssen, da sind, ändert sich die Lage. Dann werden Arbeitgeber diesen für sie recht bequemen Anspruch erheben.
Die angesprochenen Großfamilien waren eher auf dem Land zu finden, wohingegen durch ländliche Migration Städte vor Allem junge Leute anzogen, die nicht die gesamte Familie mitbrachten. Wo junge Leute waren, wurde auch geheiratet (oder auch nicht) was zu Kindern führte. Die Möglichkeit einer organisierten Kinderbetreuung durch die Großfamilie gab es in solchen Fällen nicht. Die Kinder gegen Kostgeld unterzubringen stattdessen schon.


Das Argument gelegentlicher Ausfälle würde ich auch nicht gelten lassen. Arbeiterinnen werden gelegentlich krank (geringfügig häufiger als Männer übrigens) und sie bekommen Kinder und fallen deshalb natürlich mindestens einige Zeit um die Geburt herum aus. Wer Frauen beschäftigt, weiß das und rechnet damit. Damals wird man sie in diesen Fällen sofort gefeuert haben. Allerdings konnte man sie dann auch gleich wieder einstellen, wenn sie wieder arbeitsfähig waren. Oder gab es dort einen nennenswerten Kündigungsschutz? Erst unter den Bedingungen eines Schutzes der Arbeiter vor Kündigungen in Fällen wie Krankheit oder Niederkunft entsteht für die Arbeitgeber ein ökonomisches Interesse, Risikogruppen auszuschließen. Eine erfahrene Arbeiterin ist sicherlich stets wertvoller als eine ganz neue, und wen man loswerden wollte, den schmiss man ohnehin raus, ohne sich dabei viel zu denken - denke ich.
Arbeit ließ sich finden und verlor sich ebenso schnell. Eine "gelernte" Arbeiterin hat besser verdient, nur stellt sich hier eben wieder die Frage, welche Berufe zugänglich waren. Bei Berufen, die wenig mehr Erfahrung brauchten als das was über Frauenarbeit hinausging, wurde im Beruf gelernt, und die Nachfolgerin die über vergleichbare Fähigkeiten verfügte, stand schon am Start, sollte jemand ausfallen. Und deren Nachfolgerin. Landflucht und Migration in die Großstädte wird oftmals unterschätzt, ebenso die tatsächlichen Fähigkeiten, die frau für einen Job brauchte, und das eingeschränkte Berufsfeld.

Aber nehmen wie eine französische Spitzenstickerin zum Beispiel, die im 18. Jahrhundert sieben Lehrjahre brauchte, und Luxusgüter herstellte. Im Verkauf war diese Spitze luxuriös, aber im Einkauf war der Verdients vergleichsweise bescheiden. Luxusgüter unterliegen nun leider der Mode und der wirtschaftlichen Lage, wobei man sich der Mode eher anpassen kann. Was die wirtschaftliche Lage anging, so war die Spitzenstickerin davon abhängig, daß genug Geld vorhanden war, daß sich die höheren Schichten ihre Güter im Verkauf (wohlgemerkt nicht im Einkauf von ihr) und nach Steuern leisten konnten.

Eine solche Handwerkerin unterstand je nachdem auch noch den Gilden, die ihre Arbeit geregelt haben. Da es sich hierbei nicht um eine freie Marktwirtschaft handelte, bedeutete das Einschränkungen und konnte auch bedeuten, daß sie Mittelsmänner nicht ausschließen konnte. Diese extrem fähige Handwerkerin befand sich in einem System interner und externer Einschränkungen, die sich negativ auf den Verdienst auswirkten.

Die feinen Spitzen des 18. Jahrhunderts brauchten nicht nur extrem viel Fingerfertigkeit, sondern auch Konzentration. Und Licht. Das am weitesten verbreitete Problem unter Näherinnen und Stickerinnen war die Erblindung. Mit anderen Worten: Eine Handwerkerin hatte die Aussicht zu erblinden, und demnach eine begrenzte Zeit sich Geld zurückzulegen für den Tag an dem sie nicht mehr arbeiten konnte.

Ersetzt werden konnte eine hochgelernte Handwerkerin wie die Spitzenstickerin nicht so schnell. Hier handelte es sich um einen speziellen Beruf, was eine gewisse Sicherheit verschaffte. Dabei kann man sich vorstellen, daß eine Spitzenstickerin aufgrund ihres Könnes mehr Macht hatte, als eine ungelernte oder angelernte Arbeiterin in einer Manufaktur, da sie nicht so leicht zu ersetzen war.

An diesem speziellen Szenario, aber auch bei anderen da das Ende des 18. Jahrhunderts eine Zeit des industriellen Umbruchs einläutete, gibt es ein Problem: So unersätzlich war eine Spitzenstickerin zu Ende des Jahrhunderts nicht mehr. Klöppelspitze war bereits erfunden, ließ sich viel einfacher und viel schneller herstellen, und war entsprechend billiger. Anders als Spitzen sticken, ließ sich Klöppeln verhältnismäßig leicht lernen, und machte somit den Handwekerinnen den Markt streitig, was ihre Machtposition und somit die Verhandlungsbasis verringerte, was dazu führte, daß sich die soziale Situation verschlechterte...

... und eine Handwerkerin die es sich vorher vielleicht hätte leisten können ihre Kinder mitzubringen, und Zugeständnisse zu verlangen, litt unter einem schwindenden Markt, Kolleginnen die ebenfalls ihren Lohn brauchten, und vielleicht anders als sie willens waren für weniger Geld mehr zu arbeiten, und andere Zugeständnisse zu machen.


Dass man in den wohlhabenden Schichten die Verschickung der Kinder aufs Land an der Oberfläche mit dem Vorteil der Kinder verbrämte, will ich wohl glauben. Es mag auch der Beginn dieser Sitte gewesen sein. Aber spätestens wenn man feststellen musste, dass es den Kindern dort nicht gut erging, muss man sein Handeln doch überdacht haben. Zum einen ergab sich dies gewiss aus den Berichten der Kinder und unangekündigten Stipvisiten, die der eine oder andere unternommen haben wird, zum anderen aus Todesfällen. Man kann einer Leiche ja gut ansehen, ob der Mensch wohlgenährt und gut gekleidet oder unterernährt und verwahrlost gestorben ist. Ich sehe hier deutlich das Motiv, sich der Kinder zu entledigen. Und ich kann nicht umhin festzustellen, dass das Interesse der Frauen daran viel größer war als das der Männer.
Florence Nightingale war die erste, die mehrere Jahrzehnte nach der Französischen Revolution, anlässlich des Krimkrieges (1853-1856) statistische Erhebungen über die Häufung von Todesfällen durchgeführt hat. Kindersterblichkeit war weit verbreitet, Gründe gab es mehr als genug. Kinder die starben waren tragisch, wurden aber nicht statistisch festgehalten. Ob der ein oder anderen Familie etwas auffiel kann ich nicht sagen, nur das der Tod allgegenwärtig war, für Kinder, Erwachsene und alte Menschen.

Der Leiche etwas anzusehen? Gute Frage. Kann bitte jemand der etwas über Bestattungsbräuche in Frankreich zu Revolutionszeiten dazu sagen? Wie lange wurde ein Körper aufgebahrt, vor Allem im Sommer? Welche Fürchte vor Seuchen gab es, die die Zeiten eingeschränkt haben? Wie weit wurden die Kinder in der Regel verschickt? War es den Eltern aufgrund solcher Bräuche und eventueller Distanzen immer möglich das Kind noch zu sehen?


Wenn ich hier den Frauen aus den wohlhabenden Schichten, die sich auch eine Amme und/oder ein Kindermädchen nach Hause hätten holen können, einen Vorwurf mache, dann liegt dies in meiner heutigen Erfahrung, das Mütter sich nicht ohne weiteres mit fremden Vorstellungen zur Kindererziehung abspeisen lassen und oft wie Löwinnen für ihre Kleinen kämpfen. Natürlich gibt es auch Frauen, die diesen Trieb nicht empfinden; das hat dann aber für gewöhnlich mit stark gestörten Mutter-Kind-Bindungen zu tun, unter denen beide Seiten sehr leiden. Ich kenne leider persönlich auch solche Fälle.
Eine Metadiskussion über mütterliche Triebe im generellen geht hier zu weit. Viel eher stellt sich hier die Frage ob hier Kindererziehung wirklich einfach 'überlassen' wurde. Eine Dame, die einen Haushalt führte, traf alle Exekutiventscheidungen, damit das Haus nach ihrem Willen lief. Als Dienstbote unterstand ihr damit auch das Kindermädchen, der Tutor und die Gouvernante. Kein Beispiel aus Frankreich, aber zur etwa gleichen Zeit hatte Lady Emily Lennox (Duchess Leinster) 19 Kinder, und war keineswegs an der Erziehung ihrer Kinder unbeteiligt oder gefühlskalt. Im Gegenteil, wie heutige Mütter (und Väter) hat sie alles getan um ihren Kindern eine gute Erziehung in ihrem Sinne zukommen zu lassen.


Wir reden hier aber von einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen und nicht von einzelnen Abweichungen vom Regelfall. Zudem scheinen ja die Frauen in den höheren Schichten vor der Revolution informell ziemlich dominant gewesen zu sein. Damit ist es auch unwarscheinlich, das der "Herr im Haus" gegen den Willen seiner Frau die Kinder dieser Situation aussetzte. Die Frauen müssen also einverstanden gewesen sein, entgegen ihrem natürlichen Gefühl, die Kinder unter ihren Fittichen haben zu wollen. Wir sprechen hier ja nicht von Kadettenanstalten für Jungs ab 10 für die bewusst Leiden in Kauf genommen wurde, um sie als Soldaten zu stählen (eine andere Grausamkeit), sondern über Kinder ab dem Säuglingsalter und beiderlei Geschlechts.
Wie sagte schon Tolstoi in "Anna Karenina": Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; jede unglückliche Familie ist auf ihre besondere Weise unglücklich." Man darf also hoffen, daß der "Hausherr" die Ansichten und Gefühle der "Hausherrin" in Betracht zog.

Was hat das mit den Kadettenanstalten zu tun? Hier ging es um das damals vermeintliche Wohl des Kindes, und dessen Zukunft. Persönlich finde ich da Kadettenanstalten grausamer als einen Säugling einer Amme zu übergeben von der ich annehme, daß sie das Kind in meinem Sinne gut behandeln wird, da ich wie bei allen Dienstboten vorher Referenzen eingeholt habe.
 
Wir sind auf dem besten Wege, aneinander vorbei zu diskutieren. Was du beschreibst, paßt im Prinzip doch ebenso auf andere Länder. Ich unterstelle die ganze Zeit, dass wir über ein lokales Phänomen in Paris, evtl. in Frankreich sprechen, dass sich entscheidend von den Verhältnissen in anderen Ländern abhebt. Die Frage ist insofern: Warum war das gerade dort gerade so?

Die Frage ist auch nicht, ob es den Eltern "immer möglich" war, die Leiche ihres Kindes zu sehen. Die Frage wäre eher, ob sie fast nie die Gelegenheit dazu hatten. Es reichen oft wenige Fälle, um einen eklatanten Mißstand ans Tageslicht zu bringen.

Großfamilien/Landleben - schon klar. Ich wollte hier die verschiedenen Alternativen abgekopft und falsifiziert haben. In einem städtischen Landfluchtmillieu wäre vielleicht als Ersatz zu vermuten, dass eine Nachbarin, die gerade arbeitslos ist, mit durchgezogen wird und auf die Kinder der anderen aufpaßt.

Aber eigentlich ist die Frage insofern (was arme Leute betrifft): Wie haben das die Familien in anderen Länern in ähnlichen Zeiten bewältigt? Und warum ging das in Paris nicht?

Der Vergleich zu Kadenttenanstalten? Nun ja, auch Grausamkeit gegen Kinder, auch systematisch. Ich wollte deutlich machen, dass wissentliche und systematische Grausamkeiten gegen Kinder einen als höher angesehenen Zweck vermuten lassen, dessen Behauptung mir in unserem Zusammenhang noch nicht untergekommen ist.
 
Wir sind auf dem besten Wege, aneinander vorbei zu diskutieren. Was du beschreibst, paßt im Prinzip doch ebenso auf andere Länder. Ich unterstelle die ganze Zeit, dass wir über ein lokales Phänomen in Paris, evtl. in Frankreich sprechen, dass sich entscheidend von den Verhältnissen in anderen Ländern abhebt. Die Frage ist insofern: Warum war das gerade dort gerade so?

War es nur in Paris so? Vergleichende Studien werfen Zweifel auf. Meine Quellen liefere ich gerne. Eine vergleichbare Großstadt der Zeit war London, wo sich die Verhältnisse spiegeln.

Die Frage ist auch nicht, ob es den Eltern "immer möglich" war, die Leiche ihres Kindes zu sehen. Die Frage wäre eher, ob sie fast nie die Gelegenheit dazu hatten. Es reichen oft wenige Fälle, um einen eklatanten Mißstand ans Tageslicht zu bringen.
Doch, die Frage stellt sich. Eklatante Mißstände waren nicht so einfach aufzuklären, in einem Zeitalter, welches keine statistischen Erhebungen zum Thema kannte. Wie schwer das war verdeutlicht gerade Florence Nightingale, die darum kämpfte eklatante Verhältnisse im Gesundheitswesen der britischen Armee aufzudecken. Die "Pie Charts" die wir heute kennen, wurden von ihr erfunden um nachzuweisen wie wichtig Hygiene war. Ohne besagte Hygiene, starben die Soldaten im Krimkrieg wie die Fliegen, und es oblag ihr das nachzuweisen um qualifiziertes Personal anzuheueren. Deswegen, und nur aus praktischen Gründen, begann diese Art von Statistik.

Dazu muß man aber wissen, daß sie den Überblick hatte, statt trauernd an einem Grab zu stehen. Eine trauernde Person fragt/e selten nach den statistischen Verhältnissen in die ein verstorbener Mensch geraten war, es sei denn etwas erregte Aufmerksamkeit. In einem Zeitalter in dem der Tod allgegenwärtig war, musste das außergewöhnlich sein, und wurde somit nicht allgemeingültig, sondern ein Sonderfall.

Um es zu illustrieren: Mary Mallon ? Wikipedia (deutscher Link)

Mary Mallon wurde auffällig dadurch, daß ihre Herrschaft und deren Familie starb. Nicht dadurch das Familien mit Hausangestellten starben, und nicht nur einmal, weswegen sie nicht der Vernachlässigung, sondern des Mordes vermutet wurde. Mit anderen Worten: Wenn Kinder bei einer Amme, oder einer anderen starben, dann gab es keinen Grund anzunehmen, daß es sich dabei um ein Massenphänomen handelte. Die informierende Statistik fehlte! Es konnte sich um einen Einzelfall, um eine tragische Häufung durch Seuchen, oder um Unglück handeln. Erst wenn sich Fälle häuften, wie bei Mary Mallon, wurde es auffällig, und selbst dann war das Individuum in Verdacht, nicht alle Hausangestellten!

Schaut man sich die Geschichte der Medizin, Hygiene und auch der Statistik an, dann wird deutlich, daß die meiste Zeit relativ blind durch die Gegend getappt wurde, sofern es um Massenphänomene ging. Und ohne Verständnis von Bakterien und Viren, Trägern, Infizierten, Abwehrkräften etc, sah es verwirrend aus. Noch während einer Choleraepidemie im 19. Jahrhundert (1854), in London, konnte niemand erklären woher sie kam. Tragisches Unglück? Nein, die gängige Erklärung war, daß es sich um "schlechte Luft" handelte, die den Ausbruch bedingte. Ein Mann, namens John Snow, hat nachgeforscht und herausgefunden, daß alle Toten ihr Wasser aus dem gleichen Brunnen holten.

Bakterien, Viren und Mikroben gab es noch nicht, dafür gab es Wasser, und davor Luft, die für Massensterben verantwortlich waren. Aber, dabei handelt es sich um eine Seuche, die merklich gehäuft auftrat, die anders als andere Seuchen in einem Zeitalter medizinischen Aufbruchs stattfand, und die hinterfragt wurde. Im 18. Jahrhundert, in dem Säuglinge ständig starben, in dem es keine Erklärungen für miasma/schlechte Luft/malaria und andere Krankheitsüberträger gab, stellt sich die Frage wie wahrscheinlich es war, daß trauernde Eltern hinterfragten.

Alleine durch die Tatsache, daß Kinder nicht alle zur gleichen Zeit geboren wurden erschwert sich das Phänomen auf individueller Basis. Ein neugeborener Säugling hat einen Milchbruder, dessen ältere Milchschwester starb. Das ist tragisch. Die Amme nebenan behandelt ihre Zöglinge gut, die alle gedeihen, und überleben. Der ältere Milchbruder überlebt (sei's weil er stärker ist, sei's weil die Eltern besser zahlen), das übergebene Kind stirbt. Wiederrum extrem tragisch, aber ohne Statistik sagt uns das gar nichts! Es mag sein, daß eine andere Amme im Dorf noch schlimmer ist, es mag sein, daß sie besser ist.

Genau so gut mag es sein, daß die Säuglinge mit Bakterien auf dem Lande/in der Stadt konfrontiert werden, gegen die die Mütter keine Abwehrkräfte haben. Ein einfaches Beispiel wäre Tuberkulose. Es ist für eine Frau die Tuberkulose hatte möglich Antikörper auf ihre ungeborenes Kind zu übertragen. Ein Kind, welches diese Antikörper nicht besitzt, und mit TB in Berührung kommt, stirbt. (Im besten Falle überlebt das Kind TB dennoch.)

Ohne statistische Erhebungen ist es für Eltern, die nur ihren empirischen Einzelfall, und das medizinische Wissen der Zeit, kennen fast unmöglich festzustellen, daß eine Landverschickung generell eine schlechte Idee ist. Vielleicht nie wieder zur gleichen Amme, und vielleicht spricht es sich im Bekanntenkreis herum, daß diese Amme/dieses Dorf keine gute Idee ist, aber ohne Statistik und ohne die Verbreitung dergleichen durch die Massenmedien?

Reichen da wirklich wenige Fälle?


Großfamilien/Landleben - schon klar. Ich wollte hier die verschiedenen Alternativen abgekopft und falsifiziert haben. In einem städtischen Landfluchtmillieu wäre vielleicht als Ersatz zu vermuten, dass eine Nachbarin, die gerade arbeitslos ist, mit durchgezogen wird und auf die Kinder der anderen aufpaßt.
Eine ebenso arme Nachbarin suchte Arbeit statt sich der Kinderbetreuung zu widmen. Oder sie nahm Kostgeld dafür, womit wir wieder beim Thema der schlechten Kinderbetreuung per Kostgeld wären. Eine arme arbeitslose Nachbarin mit eigenen Kindern konnte es sich nicht leisten kein Kostgeld zu nehmen, keinen Gewinn für die eigenen Kinder zu machen, nichts zurückzulegen...

Aber eigentlich ist die Frage insofern (was arme Leute betrifft): Wie haben das die Familien in anderen Länern in ähnlichen Zeiten bewältigt? Und warum ging das in Paris nicht?
Es wurde andernorts nicht anders gehandhabt. Nicht nur die Pariserinnen haben ihre Kinder weggegeben.

Der Vergleich zu Kadenttenanstalten? Nun ja, auch Grausamkeit gegen Kinder, auch systematisch. Ich wollte deutlich machen, dass wissentliche und systematische Grausamkeiten gegen Kinder einen als höher angesehenen Zweck vermuten lassen, dessen Behauptung mir in unserem Zusammenhang noch nicht untergekommen ist.
"Zum Wohl des Kindes", damit besagtes Kind eine gescheite Zunkunft hat. Und "zum Wohl des Kindes" wurde es auf's Land geschickt! Aber: Kinder wurden damals in jungen Jahre, mit 8 bis 10 in Lehre gegeben. Bei armen Leuten, weil sie es sich nicht leisten konnten die Kinder länger zu ernähren, und (falls es keine Lehre war) weil sie das Geld brauchten, bei reichen Leuten, weil in diesem Alter die Ausbildung für's Leben begann. In abgemilderter Form hat sich vor vielen Jahre mal im Alter von zehn Jahren meine schulische, und damit berufliche Laufbahn entschieden, als die Grundschule nach Klasse 4 aufhörte. Das war auch "zum Wohl des Kindes", ohne Rücksicht darauf zu nehmen ob und wie das "dem Kind" gefiel.
 
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Du hast sicher Recht was die Beobachtung von Erkrankungen durch Infektionen betrifft. Hier war aber die Ursache für die Menschen aller Schichten und selbst für die Ärzte völlig unklar. Auch heute noch neigen manche Ärzte ja dazu sich hinter weißen Kitteln und akademischen Namenszusätzen zu verstecken, wenn sie keine Ahnung haben. Ich habe auch selbst schon mal den Satz, "wer hat hier Medizin studiert" zu hören bekommen (Ein Quacksalber wollte mir den Kopf noch röntgen, nachdem er schon in 10 min. u.a. mit Ultraschall an eben diesem meinem Kopf um die 200 Mark gemacht hatte und ich hinterfragte die Notwenigkeit eines weiteren bildgebenden Verfahrens - ich bin Selbstzahler und weiß daher, was der Unsinn kostet).

Hunger und Ausmergelung waren jedoch auch schon damals offensichtliche Ursachen. Wieso jemand von Unterernährung und miserabelen WOhnverhältnissen krank wird, haben die Menschen nicht gewusst, aber den Zusammenhang zu Hunger, frieren und Schmutz kannten sie sicher.

Du sagst, dass sei nicht Paris-spezifisch gewesen und auch nicht Frankreich-spezifisch. Du nennst London. Hast du dazu einen Quellenhinweis? War das sonst in Europa allgemein auch so? Dann würde mir allerding der Kontrast zu anderen Ländern als Argument wegfallen. Wir hatten das mal klar in diesem geografischen Zusammenhang (entweder Paris oder allgemein Frankreich) diskutiert. Kann das jemand mit mehr Wissensbasis aufklären - Wo war das flächendeckende Verschicken von Neugeborenen bis ins Jugendalter noch üblich (Ort/Gesellschaftsschichten/Zeit)?
 
Du sagst, dass sei nicht Paris-spezifisch gewesen und auch nicht Frankreich-spezifisch. Du nennst London. Hast du dazu einen Quellenhinweis?

Nur zu der Frankreich umgreifenden Ammenpraxis:

Elisabeth Badinter [...]: L'Amour en plus. L'Histoire de l'amour maternel.XVIIe-XXe siècle (Paris: Flammarion, 1980) - [...] Die Mutterliebe. Geschichte eines Gefühls vom 17. Jahrhundert bis heute. (München: Piper, 1981)
[...] Nach eher allgemeinen Überlegungen kommt Badinter sehr schnell auf die Ammenpraxis zu sprechen; in Paris eröffnete das erste bureau de nourrices im 13. Jahrhundert, freilich für aristokratische Familien. Bis ins 16. Jh. hält Badinter die Ammenpraxis noch auf die Aristokratie beschränkt. Die Gewohnheit, die Kinder in Ammenpflege zu geben, generalisierte sich bis ins 18. Jh. so, "daß es zu einem Mangel an Ammen kam." (S.46) - Die Autorin gesteht aber ein, daß sich das Phänomen historisch hauptsächlich erst für dieses Jahrhundert untersuchen lasse, denn gemäß einer königlichen Deklaration vom 9. April 1763 hatten Pfarrer ein Exemplar ihrer Jahresregister der Gerichtsbarkeit vorzulegen; für die vorhergehenden Epochen stehen hingegen hauptsächliche Mémoiren und Familienchroniken (livre de raison) zur Verfügung.
So erwähnt Badinter etwa Vivès und Erasmus, die beklagten den Ammenbrauch bei (adligen) Frauen und Montaigne schrieb in seinen Essais (2. Buch, Kp. 8):

"Il est aisé de voir par expérience que cette affection naturelle (amour parental) à qui nous donnons tant d'autorité, a des racines faibles. Pour un léger profit, nous arrachons tous les jours leurs propres enfant d'entre les bras de mères et leur prendre les nôtres en charge" (pg.55)/ "Indessen ist unschwer aus der Erfahrung zu sehen, daß diese natürliche Zuneigung der natürlichen Zuneigung (elterlichen Liebe), der wir ein so großes Gewicht beimessen, sehr schwache Wurzeln hat. Für einen geringen Lohn reißen wir täglich den Müttern ihre eigenen Kinder aus den Armen und geben ihnen dafür die unseren zum Stillen" (S.46 [nachträglich korrigiertes Zitat])

Badinter bemerkt, daß Montaigne nichts desto weniger selbst seine Kinder, bis auf seine jüngste Tochter, diese Praxis zuteil werden ließ und die Ausnahme ließ er nur widerwillig zu. Als bedeutsam erscheint der Hinweis aus einer Familienchronik: Die Gattin eines Parlamentsrates von Dole (Anatole Froissard), geb. Madeleine Le Goux, stillte im 16. Jh. ihre fünf Kinder selbst; als Eltern nahmen diese Ammen in Anspruch; die Enkelinnen wiederum, mittlerweile im beginnenden 17. Jh. angelangt, brachten ihre Kinder bei Ammen direkt nach der Geburt unter: "Die Autoren, die über diese Quelle berichten, stellen fest, daß also innerhalb von dreißig Jahren [...] diese Familie unwiderruflich von der Mode ergriffen wurde, die Kinder in Pflege zu geben." (S.47)

Die Quellenangabe erscheint unvollsträndig: Ich habe die vollständige bibliographische Angabe aber im Internet gefunden: Jacques Gelis, Mireille Laget, Marie-France Morel, Entrer dans la vie. Naissances et enfances dans la France traditionelle. Paris: Gallimard, 1978 (wenn Madame Badinter nach derselben Ausgabe zitiert, siehe dort P.155); in dieser Arbeit sollen weitere ("zahlreiche") Quellen angeführt werden. Als weiterer Literatur wird genannt: Jean Ganiage, "Nourissons parisiens en Beauvaisis." Sur la population francaise au XVIIIe et au XIX Hommage à Marcel Reinhard. Paris 1973 - diese Studie wird etwa von Marcus Meumann zitiert (Findelkinder, Waisenhäuser ... - Google Bücher) in bezug auf die verbreitete Ammenpflege in Frankreich [...].

Bei Badinter heißt es weiter, daß sich die Ammenpflge erst im 18. Jh. in so ziemlich allen städtischen Schichten verbreitete; und nicht nur in Paris; aufgrund wohl der Größe der französischen Hauptstadt und damit auch einer hohen Bevölkerungsdichte, sowie ihrer kulturellen und politischen Bedeutung, klingt es bei Badinter durchaus plausibel:
"Wie gewöhnlich gibt Paris das Beispiel, indem es seine Kleinkinder weit fortschickt, manchmal bis zu 50 Meilen von der Hauptstadt entfernt, in die Normandie, nach Burgund oder in das Beauvaisis."

[...] "Im Jahre 1780 werden von den 21 000 Kindern, die jährlich in der Hauptstadt geboren werden (bei einer Bevölkerung von 800 000 bis 900 000 Einwohnern), weniger als tausend von ihrer Mutter und tausend von einer im Haus lebenden Amme gestillt. Alle übrigen, also 19 000, werden in Pflege gegeben. Von diesen 19 000, die einer Amme außerhalb des Elternhauses anvertraut werden, wurden 2000 bis 3000, deren Eltern über beachtliche Einkünfte verfügten, in der näheren Umgebung von Paris [banlieu proche] untergebracht, die anderen, die weniger begütert waren, wurden in die Ferne [au loin] verbannt [rélégué]." (S.48) Die Bezugsquelle dieser Zahlenangaben ist ein zeitgenösissches Dokument: Détails sur quelques établissements de la ville de Paris demandés par sa Majesté Impériale, La Reine de Hongrie, à L. Lenoir, lieutenant général de police, Paris, 1780.
[...] Badinter arbeitet soweit historisch [...], von Gleichgültigkeit als Erklärung für das von ihr beschriebene Phänomen der Weggabe, kann keine Rede sein, wenn das Wort freilich durchaus auch in den allgemeinen, eileitenden Überlegungen zur Überschrift des Kindes als Last im Kapitel auftaucht; aber das erspare ich mir, tut hier nichts zur Sache. Ferner thematisiert Badinter auch die Kindersterblichkeit, die insofern in den niederen Schichten höher war, weil die Ammen wiederum auch nur schlecht bezahlt werden konnte. Wie dem auch sei, es werden weitere Quellen und Untersuchungen genannt für andere Städte; auch nach Gesellschaftsschichten bzw. Berufsklassen aufgesplittet, wobei es auch zu regionalen Unterschieden kommt.

Also ursprünglich ein Phänomen der Oberschicht in Frankreich, wird die Ammenpflege durchaus ein breites Phänomen in allen Gesellschaftsschichten, allerdings aus unterschiedlichen Gründen (in den unteren Schichten etwa vornehmlich ökonomische Gründe), was an der "Mode" nichts ändert! Badinter erwähnt aber eine "erhebliche Ausnahme" : die Bauernschaft; aber dazu schreibt sie dann nicht allzu viel, sie hat ja eine andere Perspektive und Grundthese, die sie in diesem Buch entwirft, wobei die Ammenpraxis nur ein bestimmter Punkt ist, der dabei zu diskutieren ist.

Kurz zur Beurteilung: Bauchschmerzen bekommt man bei Elisabeth Badinter möglicherweise beim Thema, um das es geht, da unbequem; an ihrer Arbeitsweise aber ist nicht auszusetzen ! [...]
 
Hunger und Ausmergelung waren jedoch auch schon damals offensichtliche Ursachen. Wieso jemand von Unterernährung und miserabelen WOhnverhältnissen krank wird, haben die Menschen nicht gewusst, aber den Zusammenhang zu Hunger, frieren und Schmutz kannten sie sicher.

Da stimme ich zu, Schutz vor dem Klima und ausreichende Ernährung sind keine Erfindungen der Moderne. Aber auch wenn Vernachlässigung oder Misshandlung festgestellt wurde, dann wurde deswegen nicht eine ganze Berufsgruppe zur Verantwortung gezogen. Um es etwas deutlicher zu machen, gab es da einen Fall im 17. Jahrhundert in London, wo eine Pflegemutter -in diesem Fall für Mündel der Gemeinde*- eine ihrer Pflegetöchter so grob mißhandelte, daß das Kind starb. Andere wurden "nur" vernachlässigt. Da sich diese Frau unter Aufsicht der zuständigen Behörden befand, ist es aufgeflogen und der Mord wurde bestraft.

Es gibt mehrere Fälle dieser Sorte, aber deswegen hat sich das System nicht geändert. Individuen wurden zur Rechenschaft gezogen. Ich schaue mal ob ich diesen bestimmten Fall wiederfinden kann, aber hier mal die online Archive des Old Bailey (Kriminalgericht in London), wo man alle Fälle ab 1674 durchsuchen und lesen kann.

*) Gemeindemündel, oder "parish wards" waren Kinder, die entweder ausgesetzt wurden, verwaist waren, ledige Mütter hatten, oder deren Eltern sie nicht ernähren konnten. Für solche Kinder kam die Gemeinde auf.


Du sagst, dass sei nicht Paris-spezifisch gewesen und auch nicht Frankreich-spezifisch. Du nennst London. Hast du dazu einen Quellenhinweis? War das sonst in Europa allgemein auch so? Dann würde mir allerding der Kontrast zu anderen Ländern als Argument wegfallen. Wir hatten das mal klar in diesem geografischen Zusammenhang (entweder Paris oder allgemein Frankreich) diskutiert. Kann das jemand mit mehr Wissensbasis aufklären - Wo war das flächendeckende Verschicken von Neugeborenen bis ins Jugendalter noch üblich (Ort/Gesellschaftsschichten/Zeit)?

Klar hab' ich Quellen. Hier mal ein pan-europäischer Überblick.

Ariès, Philippe. 1962. Centuries of Childhood: A Social History of Family Life. Trans. Robert Baldick. New York: Knopf.
Badinter, Elisabeth. 1981. The Myth of Motherhood: An Historical View of the Maternal Instinct. London: Souvenir.
Cunningham, Hugh. 1995. Children and Childhood in Western Society since 1500. London: Longman.
Griffiths, Paul. 1996. Youth and Authority: Formative Experiences in England 1560−1640. Oxford, UK: Clarendon.
Haas, Louis. 1998. The Renaissance Man and His Children: Childbirth and Early Childhood in Florence, 1300−1600. New York: St. Martin's.
Heywood, Colin. 2001. A History of Childhood: Children and Childhood in the West from Medieval to Modern Times. Cambridge, UK: Polity. Krausman Ben-Amos, Ilana. 1994. Adolescence and Youth in Early Modern England. New Haven, CT: Yale University Press.
Macfarlane, Alan. 1986. Marriage and Love in England. Modes of Reproduction 1300−1840. London: B. Blackwell.
Mause, Lloyd de. 1974. The History of Childhood. New York: Psycho-history Press.
Pollock, Linda. 1983. Forgotten Children: Parent-Child Relations from 1500 to 1900. Cambridge, UK: Cambridge University Press. Pollock, Linda. 1987. A Lasting Relationship: Parents and their Children over Three Centuries. London: Fourth Estate.
Schama, Simon. 1987. The Embarrassment of Riches: An Interpretation of Dutch Culture in the Golden Age. New York: Knopf.
Shahar, Shulamith. 1990. Childhood in the Middle Ages. Trans. Chaya Galai. London: Routledge.
Shorter, Edward. 1975. The Making of the Modern Family. New York: Basic Books.
Stone, Lawrence. 1977. The Family, Sex, and Marriage in England 1500−1800. London: Weidenfeld and Nicolson.
 
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Wenn die Kinder wirklich starben, wie du schreibst, weil die Frau sie vernachlässigt hat. Warum übernimmt der Mann nicht dann die Versorgung? Die Frau bekam ja selber kaum genug zu Essen, weil der Mann und die Kinder das Vorrecht hatten zu essen. Man kann sich dann sicher vorstellen, warum viele Frauen abhängig von einer Veränderung waren. Außerdem nahmen viele Frauen wegen ihrer Kinder zu liebe nicht an gewalttätigen Ausschreitungen teil.
 
Nachtrag: Engelszitate zur Lage der arbeitenden Frauen & Mütter (Mitte 19. Jh.)

Als wir hier so kürzlich so heftig diskutierten, hatte ich ursprünglich auch schon die Überlegung, eine Beobachtung Engels aus der Mitte des 19. Jhs. zu zitieren - nun habe ich heute zufällig einen angemesseneren Ort für die männliche "Kastrationsangst" gefunden (http://www.geschichtsforum.de/623572-post4.html): Engels spricht bei der Rollenverkehrung bei einem ansehnlichen Teil proletarischer Familien von "gerechter Entrüstung" und "tatsächlicher Kastration", wobei jeweils die verwendeten Adjektive sehr euphemistisch klingen: was macht denn die Entrüstung des Mannes gerecht oder warum benennt er die Kastration nicht als das wie es eigentlich gemeint ist: metaphorisch? Warum verwendet er das Wort Entrüstung nicht bei seinen Berichten über die verzwicktere Lage von arbeitenden Frauen und Müttern?

Zur Situation der Frauen: Es versteht sich ganz von selbst, daß ein Mädchen, das seit dem neunten Jahre in der Fabrik gearbeitet hat, nicht imstande war, sich mit häuslichen Arbeiten bekannt zu machen, und daher kommt es, daß alle Fabrikarbeiterinnen darin gänzlich unerfahren und durchaus nicht zu Hausfrauen geeignet sind. Sie können nicht nähen und stricken, kochen oder waschen, sie sind mit den gewöhnlichsten Verrichtungen einer Hausfrau unbekannt, und wie sie mit kleinen Kindern umzugehen haben, davon wissen sie vollends gar nichts. (Friedrich Engels - Lage der arbeitenden Klasse in England - Die einzelnen Arbeitszweige, S.372)

Ihm sei zugute Gehalten, daß Engels an vorhergehender Stelle beide Modelle - die "klassische" Rollenaufteilung, wie auch die "verkehrte" für fraglich hält:

wir müssen zugeben, daß eine so totale Umkehrung der Stellung der Geschlechter nur daher kommen kann, daß die Geschlechter von Anfang an falsch gegeneinandergestellt worden sind. Ist die Herrschaft der Frau über den Mann, wie sie durch das Fabriksystem notwendig hervorgerufen wird, unmenschlich, so muß auch die ursprüngliche Herrschaft des Mannes über die Frau unmenschlich sein. (S.371)

Ich bin mir nur nicht sicher, ob man wirklich von einer "Herrschaft der Frau" in einem solchenZusammenhang sprechen kann. Wann sollte sie die noch ausüben, angesichts der verzwickte Situation, die hier im Thread von einer Seite so leichtfertig abgehandelt wurde:
Daß Fabrikarbeiterinnen schwerer gebären als andere Frauen, wird von
mehreren Hebammen und Geburtshelfern bezeugt, ebenso, daß sie häufiger abortieren, z.B. Dr. Hawkins, evid. p. 11 et 13. Dazu kommt noch, daß die Weiber an der allen Fabrikarbeitern gemeinsamen allgemeinen Schwäche leiden und, wenn sie schwanger sind, bis zur Stunde der Entbindung in den Fabriken arbeiten - natürlich, wenn sie zu früh aufhören, so müssen sie fürchten, daß ihre Stellen besetzt und sie selbst entlassen werden - auch verlieren sie den Lohn. Es kommt sehr häufig vor, daß Frauen, die den Abend noch arbeiteten, den nächsten Morgen entbunden sind, ja es ist nicht allzu selten, daß sie in den Fabriken selbst, zwischen den Maschinen niederkommen.
(ebd., S.367 f; S. 383 f)

Ebenfalls wegen der merkwürdig tendenziösen Vorwürfe, zitiere ich bezügllich der Betreuungssituation der Kindern und deren Ausfall mit der Folge hoher Sterblichkeit:

Daraus folgt nun notwendig jene Umkehrung der bestehenden sozialen Ordnung, die eben, weil sie eine gezwungene ist, für die Arbeiter die verderblichsten Folgen hat. Die Arbeit der Weiber löst vor allen Dingen die Familie gänzlich auf; denn wenn die Frau den Tag über 12 bis 13 Stunden in der Fabrik zubringt und der Mann ebendaselbst oder an einem andern Orte arbeitet, was soll da aus den Kindern werden? Sie wachsen wild auf wie Unkraut, sie werden zum Verwahren ausgemietet für einen oder anderthalb Shilling die Woche, und welch eine Behandlung ihnen da wird, läßt sich denken. Daher vermehren sich auch in den Fabrikdistrikten die Unglücksfälle, denen kleine Kinder wegen Mangels an Aufsicht zum Opfer fallen, auf eine schreckenerregende Weise. Die Listen der Totenschaubeamten von Manchester hatten (laut Bericht des Fact. Inq. Comm., Rept. of Dr. Hawkins, p. 3) in 9 Monaten 69 durch Verbrennung, 56 durch Ertrinken, 23 durch Fallen, 67 <(1845 und 1882) irrtümlich 77> durch andere Unglücksfälle Getötete, also im ganzen 215 <(1845 und 1882) irrtümlich 225> Unglücksfälle aufzuweisen (7), während in dem nichtfabrizierenden Liverpool während zwölf Monaten nur 146 tödliche Unglücksfälle vorkamen. Die Unglücksfälle in den Kohlengruben sind bei beiden Städten ausgeschlossen, und es ist zu bedenken, daß der Coroner <Leichenbeschauer (bei gewaltsamen oder plötzlichen Todesfällen)> von Manchester keine Autorität in Salford hat, so daß die Bevölkerung der beiden Distrikte ziemlich gleich ist. Der "Manchester Guardian" berichtet fast in jeder Nummer von einer oder mehreren Verbrennungen. Daß die allgemeine Sterblichkeit kleiner Kinder ebenfalls durch die Arbeit der Mütter gehoben <(1892) gesteigert> wird, versteht sich von selbst und ist durch Tatsachen außer allen Zweifel gesetzt. Die Frauen kommen oft schon drei bis vier Tage nach der Niederkunft wieder in die Fabrik und lassen ihren Säugling natürlich zurück; in den Freistunden müssen sie eilig nach Hause laufen, um das Kind zu stillen und nebenbei selbst etwas zu genießen - was das für eine Stillung sein muß, ist klar. (S.367 f)
 
Die Sittengeschichte der letzten 100 Jahre eines Kleidungsstücks, das zumindest bis zur Frauenbewegung auch als Instrument der Unterdrückung der Frauen angesehen und das Entledigen als Akt der Emanzipation gefeiert wurde.

Ich glaube auch von und in der "Emma", bin mir aber nicht sicher.
Geschichte. Frauenbewegungen. Sieben Klischees über Feministinnen.

Um in der Folge des konservativen Rollback wiederum als mehr oder minder normales "reideologisiertes" Kleidungsstück seine Dienste zu tun.

BH-Revolution: Befreiung vom Korsett - SPIEGEL ONLINE
 
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