frühe Stätten des Christentums

Liebe Forenfreunde,

... sind nachstehende Städte die maßgeblichen Keimzellen des frühen Christentums gewesen (Antiochia, Damaskus, Ephesus, Korint) ?! oder muss man sich die ersten Keimzellen eher wie ein Flickenteppich vorstellen ... ?!

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Eine weitere Frage die sich in diesem Zusammenhang für mich stellt. Die oben genannten Städte liegen relativ nah zum Zentrum Römischen Reiches. Dadurch ist m. E. davon auszugehen, das der ländliche Raum in der TÜrkei und Griechenland weitgehend von der Christenverfolgung ausgeschlossen war, weil vom römische Herr vernachläßt. - natürlich nur eine Hypothese von mir ! -
 
Antiochia am Orontes war die erste Christengemeinde.

Wenn man sich Paulus 1. Missionsreise ansieht, wird man sich fragen, warum er ausgerechnet in dieses unbedeutende Nest Antiochia ad Pisidiam ging und nicht nach Alexandria. Der Statthalter von Creta et Cyrene Sergius Paulus, der in der Apostelgeschichte als gottesfürchtig geschildert wird, stammte allerdings aus dieser Stadt und vermutlich hat Paulus von ihm ein Empfehlungsschreiben bekommen. Der Galaterbrief könnte also eher weniger an die eigentlichen Galater in Zentralanatolien, sondern an die Gemeinden in Südgalatien und Lykaonien adressiert sein. Bei den Nachkommen des Sergius Paulus gibt es einige Anzeichen, dass sie schon früh mit dem Christentum sympathisierten oder Christen waren, entgegen der communis opinio, dass die Reichsaristokratie sich frühstens im 4. Jahrhundert zum Christentum zuwandte. In Kleinasien spielte das Christentum bald schon eine ernstzunehmende Rolle, und im 3. Jahrhundert korrespondierte Julia Domna, die Gattin des Septimius Severus mit Origines.

Bis zur reichsweiten Christenverfolgung unter Diocletian oder zumindest bis zu der des Decius, profitierte das Christentum viel mehr vom imperium, als das es einheitlich verfolgt worden wäre. Trajan schreibt ja an Plinius als Statthalter von Bithynien, dass nicht nach Christen gefahndet werden soll, und der Name allein (nomen ipsum) nicht Anlass zur Verfolgung sein soll, da es dem humanitären Geist des Zeitalters nicht entspricht (nec est in saeculo nostro). Christen die sich weigerten, an der Kaiserverehrung teilzunehmn, ließ Plinius allerdings exekutieren, was Trajan auch billigte. Kritischer wurde die Lage für die Christen mit der Krise. So kam es in Lyon unter Marc Aurel zu Christenverfolgungen, wobei ich glaube, es war der Hl. Polycarpus" exekutiert wurde. Die erste Christenverfolgung, die die Gemeinden wirklich traf, war die des Decius, wobei sich die Ekleseia mit der Frage beschäftigen musste, wie mit den "libellatici" zu verfahren sei, Christen, die wenig Lust zum Martyrium hatten und sich eine Opferbescheinigung beschafft hatten oder zum schein das Christentum verleugnet hatten.
 
Wie verbreitet war denn das Christentum auf dem Land in der Zeit? Mir fällt spontan der Satz ein "Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht". Das Christentum war eine Stadtreligion, eben weil man in Handelszentren eher auf Menschen traf, die offen für was Neues waren (oh mann, wie sich das anhört....:S) Und wer schreibt dann über Verfolgung in der Provinz? Könnte es dabei auch Lücken in den Quellen geben?

LG Kassia
 
Schlüsseltheorie der Steuern

kleine Ergänzung hierzu:
in vielen Beiträgen die ich kenne wird darauf hingewiesen wie wichtig die beständigkeit der Steuereinnahmen für die Römer waren. Wenn Christen in diesem Sinne "brave" Steuerzahler waren, wäre das eine Erklärung für die 1. Expansionswelle des Christentums ...
 
Dein Verweis auf Steuern, spricht ein wichtiges Datum für die Entwicklung des Christentums an, nämlich die Zerstörung des Tempels in Jerusalem. Die traditionelle Tempelsteuer wurde auf den Juppiter Capitolinus umgelegt, und Christen- und Judentum gingen seitdem eigene Wege.
 
Offensichtlich war den Römern aber die Teilnahme am Kaiserkult wichtiger als ein paar christliche Sesterzen. Die Christen wurden nicht umsonst immer mal wieder verfolgt, weil sie den Kaiserkult nicht mitmachen wollten.
 
El Quijote spricht einen entscheidenden Punkt an, nämlich wie gut oder schlecht sich die christlichen Gemeinden mit den Poleisgemeinden vertrugen. In Bithynien beschwerten sich offenbar die Fleischer und Devotionalienhändler, dass kaum noch Opferfleisch abgesetzt wurde. Gerade in der Zeit der aufziehenden Krise des Imperiums konnte es dann zu Verfolgungen kommen, abgesehen davon, dass das Christentum auch in eine tiefe Krise durch die Reformkirche des Markion und die Gnostiker auszustehen hatte. Die Nichtteilnahme an Opfern und der Kaiserverehrung konnte als Misanthropia (odium humani generis) oder Gottlosigkeit interpretiert werden, was ja bereits Tacitus bei der Neronischen Verfolgung erwähnt.

Andererseits bestand nach wie vor die Praxis, nicht explizit nach Christen zu fahnden, was dann juristisch geschulte Apologetenn wie Tertullian aufgreifen, der die Unsinnigkeit dieser Praxis kritisiert, wenn Christen eine Gefahr für das Imperium wären, müßten sie natürlich verfolgt werden, ebenso wie sie legalisiert werden müßten, wenn das nicht der Fall ist.
 
Im Allgemeinen nimmt man an, dass der Name "Christen" in Antiochia entstanden ist (wegen der Stelle Apg 11,26). Vermutlich war es eher eine Fremdbezeichnung als ein Name, den sich die Christen selbst gegeben haben.
 
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