Frühformen der Globalisierung

collo

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das schlagwort globalisierung ist ja seit einigen jahren modern geworden, aber an sich doch kein neues thema. gab es doch bereits schon vor mehreren hundert jahren weltweite handelsbeziehungen.

paradebeispiel, und dunkelstes kapitel zugleich, der berühmt-berüchtigte drei-ecks-handel:

billigprodukte und alkohol von europa nach afrika, von dort sklaven nach amerika, von dort baumwolle und zucker für die fabriken in europa.

oder der porzellanhandel mit china, fertig- und halbfertigprodukte für die höfe europas (was war die gegenleistung, silber?).

fallen euch auch noch andere beispiele ein?
 
collo schrieb:
das schlagwort globalisierung ist ja seit einigen jahren modern geworden, aber an sich doch kein neues thema. gab es doch bereits schon vor mehreren hundert jahren weltweite handelsbeziehungen.

paradebeispiel, und dunkelstes kapitel zugleich, der berühmt-berüchtigte drei-ecks-handel:

billigprodukte und alkohol von europa nach afrika, von dort sklaven nach amerika, von dort baumwolle und zucker für die fabriken in europa.

oder der porzellanhandel mit china, fertig- und halbfertigprodukte für die höfe europas (was war die gegenleistung, silber?).

fallen euch auch noch andere beispiele ein?
In deinen Paradebeispielen fällt mir da gar nichts ein. Wenn ich an einen vernünftigen Handel in Zusammenhang mit Globalisierung denke, fällt mir nur die Hanse ein.
 
Da wären noch die Seidenstrasse (auch schon zu römischen Zeiten), die berühmten Weihrauchhandelswege durch die Wüsten nach Europa, die Seehandelsrouten z.B. der englischen Companies...
Zurück gingen natürlich die Zahlungsmittel.
 
collo schrieb:
paradebeispiel, und dunkelstes kapitel zugleich, der berühmt-berüchtigte drei-ecks-handel:

billigprodukte und alkohol von europa nach afrika, von dort sklaven nach amerika, von dort baumwolle und zucker für die fabriken in europa.

oder der porzellanhandel mit china, fertig- und halbfertigprodukte für die höfe europas (was war die gegenleistung, silber?).

fallen euch auch noch andere beispiele ein?
Ich denke bei o.g. Beispielen eher nicht an Globalisierung des Handels, da es eher ein Monopolhandel war, der Waren über den Globus verteilt hat...

Globalisierung des Handels bedeutet für mich, dass ich nun als kleiner Konsument nicht mehr so stark wie früher von Monopolen, Importeuren, Großhändlern etc. abhängig bin.
Z.B. kann ich theoretisch meine Süßkartoffeln direkt übers Internet beim Bauern auf Fidschi bestellen und bekomme die dann ohne Zwischenhändler direkt ins Haus geliefert...

Nachtrag:
Hätten beim berühmten Dreiecksgeschäft alle Beteiligten gewußt, was die gekauften Waren wirklich wert gewesen wären und hätten sie diese direkt ordern können, so hätte dieses Drei-Eck-Geschäft wohl nie so richtig funktioniert...
 
Zuletzt bearbeitet:
Das stimmt, globaler Handel im heutigen Sinne bedeutet wohl vereinfacht ausgedrueckt eher eine globale Verteilung der Haendler, nicht eine globale Verteilung der Waren, gesteuert von einem Punkt der Erde aus. Die Beteilitgten sind also eher gleichrangig (von individuellen Unterschieden in der Wirtschaftskraft abgesehen). Insofern finde ich, dass das zwar regional begrenzte System der Hanse dieses heutige System, im kleinen Masstab natuerlich, gar nicht so schlecht wiederspiegelt.
 
globalisierung bedeutet ja nicht nur handel, auch wenn ich handelsbeispiele aufgeführt habe. aber gerade der dreiecks-handel war ja mehr als handel, sondern eine art arbeitsteilung:
die sklavenarbeit in amerika lieferte die rohstoffe, die in europa weiterverarbeitet wurden.

und auch der porzellanhandel, china lieferte nicht nur fertigwaren, sondern auch halbfertigprodukte, die in den europäischen manufakturen verdelt wurden, ähnlich wie heute z.b. in der automobilindustrie.

natürlich gab es monopolartige strukturen, die ja auch militärisch verteidigt wurden, aber langandauernde? in amerika tummelten sich fast alle europäischen grossmächte herum, der ostasienhandel blieb nicht auf die holländer beschränkt.

noch ein wort zur hanse. natürlich ist diese durchaus als "globaler handel en miniature" zu sehen, aber wenn man sich den handelsraum anschaut, ist er halt doch räumlich sehr begrenzt, vergleichbar mit dem mittelmeerhandel der venezianer oder genuesen.
 
Hier sei auch auf den handel der Phönizier ingewiesen. Wir wissen bis heute nicht, wo die Phönizier überall waren. Es sollen phönizische Münzen in Brasilien gefunden worden sein. Auf den Azoren stand ein Wegweiser, der nach Westen zeigte.
Auch muß hier der Osthandel der Wikinger erwähnt werden, die über die russischen Flüße und das Schwarze Meer bis nach konstantinopel kamen. Arabische münzen wurden in Skandinavien gefunden. :rolleyes:
 
heinz schrieb:
Auch muß hier der Osthandel der Wikinger erwähnt werden, die über die russischen Flüße und das Schwarze Meer bis nach konstantinopel kamen. Arabische münzen wurden in Skandinavien gefunden. :rolleyes:
Und ein Buddha in Schweden
 
Wie sieht es denn mit Migrationswellen aus? Das Ein- und Abwandern von Arbeitskräften z.B., wie es in der Geschichte häufig vorkam (hier wieder ein Bezug zum Sklavenhandel). Würdet ihr so etwas dazu zählen? :confused:

Grüße Muck :)
 
Migrationswellen sind nicht hinreichend. Migrationsbewegungen sind schon sehr alt, aber als Teil einer sich globalisierenden Welt ist zwischen den Motiven zu unterscheiden. Denn Migrationswellen aufgrund von Unruhen, Kriegen, Hungersnöten u.a., sind nicht unbedingt ein ausreichendes Indiz für eine sich globalisierende Wirtschaft.
Dann wohl eher Migration von umgangssprachlichen 'Wirtschaftsflüchtlingen' und die lassen sich nur in der Neuzeit ausmachen.

Vielleicht weiß ja jemand doch noch von Migrationswellen im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, verursacht durch eine Art Globalisierung.
Bin mal gespannt.

Das Beispiel Sklavenhandel...kann man das massenhafte, organisierte Verschleppen von Afrikanern als Migration sehen??? Bisschen unfair, oder? ;) Passt irgendwie nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
regionale textilgewerbe gingen den bach runter, nachdem baumwollerzeugnisse den markt eroberten. rohstoffimport aus den kolonien, verarbeitung -zunächst- im mutterland der kolonien, später auch in den schwellenländern der frühindustrialisierung. vertrieb der fertigerzeugnisse auf allen märkten, in england selbst, in europa und auch in den kolonien. die not der schlesischen weber könnte man also durchaus als eine folge der frühen globalisierung verstehen.

ein merkmal der derzeitigen globalisierungstendenz fehlt m.e. aber, nämlich die immer schwächere rolle der politik gegenüber dem markt. das war in der vergangenheit wohl noch anders.

ponzelar
 
wirklich? die englischen und niederländischen kompanien waren doch zuerst da, und erst viel später, als diese dann doch scheiterten kamen doch der staat
 
ponzelar schrieb:
ein merkmal der derzeitigen globalisierungstendenz fehlt m.e. aber, nämlich die immer schwächere rolle der politik gegenüber dem markt. das war in der vergangenheit wohl noch anders.
Da hast du zweifelsohne recht. Allerdings ist der Markt heute etwas anders strukturiert als vor hundert Jahren. Und auch die Politik kann nicht mehr auf nationaler Ebene agieren.
Was nun?
 
Hmm, vielleicht mal wieder etwas intensiver Marx lehren, schließlich ist es fast erschreckend wie sich seine Gesellschaftstheorien in bezug auf die Weltwirtschaft zunehmend bewahrheiten!
 
Mercy schrieb:

wie soll man darauf antworten, ohne vorschriftswidrig über aktuelle bzw. zukünftige politik zu reden?

egal, ich probier eine antwort. ich weiß auch nicht, was nun. folgende grundsätzliche möglichkeiten fallen mir spontan ein:

- jubilieren
- akzeptieren
- resignieren
- revoltieren

je nach persönlichem interesse, vermögen, vermögen im sinne von fähigkeit, standpunkt, gesinnung oder geschmack.
sorry, etwas abseits des ursprünglichen themas, aber wenn mercy fragt, wäre es ja unhöflich, das unbeantwortet zu lassen.

ponzelar
 
deine frage "was nun" bezieht sich aber eindeutig auf die derzeitige lage, oder verstehe ich deinen beitrag da falsch?

egal: auch in der vergangenheit haben die menschen angesichts der herausforderungen entweder

- jubiliert
- akzeptiert
- resigniert
- revoltiert

die vergangene revolte gegen den globalen sich selber regelnden markt, der sozialismuns, scheint derzeit aufgrund eigener unzulänglichkeiten gescheitert zu sein. für ein abschließendes historisches urteil hierzu ist es mir allerdings im moment noch etwas zu früh.

ponzelar
 
ponzelar schrieb:
deine frage "was nun" bezieht sich aber eindeutig auf die derzeitige lage, oder verstehe ich deinen beitrag da falsch?
Vermutlich.
ponzelar schrieb:
ein merkmal der derzeitigen globalisierungstendenz fehlt m.e. aber, nämlich die immer schwächere rolle der politik gegenüber dem markt. das war in der vergangenheit wohl noch anders.
Wer das pauschal behauptet, sollte doch differenzierende Argumente parat haben.
Was war denn die Stärke der Politik in der Vergangenheit gegenüber dem Markt, auf die du rekurrierst?
 
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