Fund-Diverses aus römisch-germanischen Kontakten etc.

Bei Mühlhausen wurde eine Werkstatt gefunden.
Woraus schließt Du das?

"Diese frischen Nägel wurden nicht im freien Germanien hergestellt, sondern sind eindeutig römische Produktion und römischer Provenienz. Und die Frage ist eben, wie wir das zu interpretieren haben, dass diese frischen, bisher nicht benutzten Nägel hierher, in die Nähe von Mühlhausen, kommen. Also: Haben die einen römischen Handwerker gekidnappt, der das mit hergebracht hat? Gibt es hier ein römisches Lager in der Nähe, das durch eine Siedlung versorgt worden ist? Das sind alles Fragen, wie wir noch nicht beantworten können." (Christian Tannhäuser)
 
Woraus schließt Du das?

"Diese frischen Nägel wurden nicht im freien Germanien hergestellt, sondern sind eindeutig römische Produktion und römischer Provenienz. Und die Frage ist eben, wie wir das zu interpretieren haben, dass diese frischen, bisher nicht benutzten Nägel hierher, in die Nähe von Mühlhausen, kommen. Also: Haben die einen römischen Handwerker gekidnappt, der das mit hergebracht hat? Gibt es hier ein römisches Lager in der Nähe, das durch eine Siedlung versorgt worden ist? Das sind alles Fragen, wie wir noch nicht beantworten können." (Christian Tannhäuser)
In o.g. Quelle heisst es: "Die Nägel für das römische Schuhwerk sind offenbar direkt in der Siedlung hergestellt worden". Die Germanen konnten so manches erbeuten oder einhandeln. Nur mit Sandalennägeln war absolut nichts anzufangen. Man konnte sie nur mit großer Mühe umschmieden und es wäre schade um die Eisenverschwendung gewesen. Also ist eine Auftragsproduktion zu vermuten. Vielleicht analog zur Töpferei von Haarhausen.
 
Es wird immer besser. Nun sollen die Germanen in römischen Auftrag u.a. sogar Sandalennägel gefertigt haben. Bei Mühlhausen wurde eine Werkstatt gefunden. Ob die Aufträge von den Römern vor Ort erteilt wurden oder germanische Vertreter die Aufträge eingeholt haben, ist nicht bekannt.
Römische Münzen, Nägel und Luxus-Geschirr bei Mühlhausen entdeckt

Der Artikel ist leider nicht sehr ergiebig in Bezug auf Informationen. Interessant wäre, wieviele Schuhnägel waren es (genug um auf eine Massenproduktion vor Ort zu schließen oder nur eine Handvoll als Mitbringsel eines zurückgekehrten Auxiliars)? Welche Münzen wurden gefunden (Hinweis auf den Zeithorizont)? Kann dazu jemand mehr sagen?
 
Der Artikel ist leider nicht sehr ergiebig in Bezug auf Informationen. Interessant wäre, wieviele Schuhnägel waren es (genug um auf eine Massenproduktion vor Ort zu schließen oder nur eine Handvoll als Mitbringsel eines zurückgekehrten Auxiliars)? Welche Münzen wurden gefunden (Hinweis auf den Zeithorizont)? Kann dazu jemand mehr sagen?
Jetzt habe ich das Interview gefunden. Etwa 50 Nägel wurden gefunden, darunter auch unbenutzte mit Grat. Im völligen Gegensatz zu dem, was der MDR daraus gemacht hat.
 
Jetzt habe ich das Interview gefunden. Etwa 50 Nägel wurden gefunden, darunter auch unbenutzte mit Grat. Im völligen Gegensatz zu dem, was der MDR daraus gemacht hat.
Allerdings hat der MDR wenigstens nicht behauptet, man habe eine Werkstatt entdeckt.

Der Archäologe fragt sich, ob die Nägel in der Siedlung hergestellt worden sein könnten.
Die Journalisten vom MDR machen daraus "offenbar in der Siedlung hergestellt".
Und Du machst daraus die Meldung, man habe die Werkstatt gefunden.
 
Allerdings hat der MDR wenigstens nicht behauptet, man habe eine Werkstatt entdeckt.

Der Archäologe fragt sich, ob die Nägel in der Siedlung hergestellt worden sein könnten.
Die Journalisten vom MDR machen daraus "offenbar in der Siedlung hergestellt".
Und Du machst daraus die Meldung, man habe die Werkstatt gefunden.
Auf jeden Fall beinhaltet die Aussage des MDR das ganze Gegenteil der von Christian Tannhäuser.
 
Erst einmal herzlichen Glückwunsch dem TLDA Weimar zu den neuen Funden. Bisher war mir von diesem neuen Fundplatz nur bekannt, dass dort Schuhnägel und Münzen gefunden worden sind - nicht jedoch auch Sigillata. Der Procilius Denar (80 v. Chr.) passt sehr schön in meine Münzspur der Republikdenare entlang der Unstrut. Ersatz-Schuhnägel wurden auch im Lager in Hedemünden gefunden, dass ist jetzt nicht weiter aufregend. Eine Herstellung vor Ort ist eher unwahrscheinlich. Viel interessanter ist der unverzierte Sigillata-Teller, da es zu dieser Form Vergleichsfunde aus dem augusteisch/frühtiberischen Lager in Frankfurt-Höchst gibt.
 

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Erst einmal herzlichen Glückwunsch dem TLDA Weimar zu den neuen Funden. Bisher war mir von diesem neuen Fundplatz nur bekannt, dass dort Schuhnägel und Münzen gefunden worden sind - nicht jedoch auch Sigillata. Der Procilius Denar (80 v. Chr.) passt sehr schön in meine Münzspur der Republikdenare entlang der Unstrut. Ersatz-Schuhnägel wurden auch im Lager in Hedemünden gefunden, dass ist jetzt nicht weiter aufregend. Eine Herstellung vor Ort ist eher unwahrscheinlich. Viel interessanter ist der unverzierte Sigillata-Teller, da es zu dieser Form Vergleichsfunde aus dem augusteisch/frühtiberischen Lager in Frankfurt-Höchst gibt.
Dann können wir wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Römer höchstpersönlich vor Ort waren. Marschrichtung Nordost. Vermutlich von Fluss zu Fluss.
 
Guten Morgen,

@LEG XVII

aus selbst Dörna zwar nicht, jedoch aus dem näheren Umfeld von Mühlhausen schon:

* Windeberg (Augustus Denar, RIC 152, 16 v. Chr.)
* Bollstedt (Augustus As, Lyoner Altar Serie I, RIC 360, 7-3 v. Chr.)
* Schlotheim (von mir schon hier genannt, siehe auch Scan)
 
Ich hatte weiter oben aus Cäsars Bericht über den gallischen Krieg zitiert, im Buch 2,16-18 wird geschildert, dass Cäsar erfuhr, dass die Nervier und mit ihnen verbündete Atrebaten und Viromanduern nur noch 10 Meilen (15 km) entfernt jenseits der Sabis (Flüsse Sambre oder die Selle in der Belgica) versammelt waren. Cäsar zog in diese Richtung, und schickte Kundschafter und Zenturionen voraus, um einen geeigneten Lagerplatz zu suchen:
die Wahl fiel auf einen Platz gegenüber den feindlichen belgischen Stämmen, einen Hügel der direkt am Sabis lag, der an dieser Stelle nur drei Fuß tief gewesen ist. Bekanntlich kam es dann überraschenderweise zum sofortigen Angriff der Belger auf die Legionen, die mit dem Lageraufbau begonnen hatten.
Daraus kann man schließen, dass römische Legionen nicht grundsätzlich eine Furt beim Bau eines Marschlagers gemieden haben, der Angriff des Gegners an dieser Stelle war riskant, sie spekulierten ursprünglich darauf, dass nur eine Legion mit dem Lageraufbau beginnen würde, Cäsar hatte jedoch sechs Legionen kampfbereit nach vorne beordert. Nach dem Lageraufbau wäre ein Angriff an dieser Stelle aussichtslos geworden.
Caesar, De bello Gallico 2, 16-27; Titus Livius, Ab urbe condita librorum periochae 104; Appian. Keltika 1, 11; Plutarch, Caesar 20.

Von einer Furt ist hier nicht die Rede! Anscheinend war der Fluss in diesem Abschnitt auf der ganzen Länge drei Fuß tief und somit kein wirkliches Hindernis für die Nervier und ihre Verbündeten. Möglicherweise wurde die Hinderniswirkung des Flusses von den Spähern überschätzt - den Fluss testweise zu überschreiten werden sie nicht gewagt haben, da er von feindlichen Reiterposten kontrolliert wurde. Während die Legionen mit dem Bau des Lagers begannen, schickte Caesar seine Reiterei über den Fluss, um diese Posten zu vertreiben und selber den Flusslauf kontrollieren zu können. Damit tappte er in eine Falle, denn im Schutz der dahinterliegenden Wälder stand bereits das feindliche Heer in Schlachtordnung bereit, schlug die römische Reiterei mit Leichtigkeit in die Flucht und griff die Legionen an, die am Bau des Lagers arbeiteten. Das war der bestmögliche Zeitpunkt für einen Angriff, denn die römischen Soldaten waren entweder unterwegs, um Baumaterial heranzuschaffen, oder mit Schanzarbeiten beschäftigt. Der Angriff kam so plötzlich, dass die Soldaten keine Chance hatten, sich in Kampfordnung aufzustellen. Sie hatten noch nicht einmal Zeit, die Helme aufzusetzen und die Schilde aus den Hüllen ziehen (ad galeas induendas scutisque tegimenta detrahenda tempus defuerit).

Wir sehen daraus:
- Beim Vormarsch durch feindliches Gebiet sind festgelegte Tagesmarschleistungen (seien es 20 km, 22,2 km, 29,6 km) nicht zu erzielen. An diesem Tag kam Caesars Heer keine 15 km voran.
- Ein Lager an einem überquerbaren Fluss anzulegen, ist höchst gefährlich, wenn der Feind das andere Ufer kontrolliert.
- Wenn man nur die Wahl zwischen mehreren ungünstigen Möglichkeiten hat, bleibt einem nichts übrig, als auch mal ein Lager an einer ungünstigen Stelle anzulegen. (In diesem Fall waren die Wahlmöglichkeiten so beschränkt, dass die Nervier sich genau ausrechnen konnten, wo die Römer lagern würden.)
 
Wir sehen daraus:
- Beim Vormarsch durch feindliches Gebiet sind festgelegte Tagesmarschleistungen (seien es 20 km, 22,2 km, 29,6 km) nicht zu erzielen. An diesem Tag kam Caesars Heer keine 15 km voran.

Nachdem die Annäherung des feindlichen Heeres auf 15 km Caesar vorher zugetragen worden war, plante er sicher keinen 20- oder 29,6-km-Marsch. ;)

Weil es hier um Lager der Römer in Thüringen gehen soll steht noch die Frage im Raum, inwieweit es sich überhaupt um feindliches Gebiet handelte. Neben vielen anderen Indizien spricht für mich besonders der fehlende Zerstörungshorizont in Düna bei einer Fülle von römischen Funden eindeutig dagegen.
 
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Vorschlag:
Ebstorfer Weltkarte wird fortan in einem Thread zur Ebstorfer Weltkarte diskutiert.
Düna wird fortan in einem Thread zu Düna diskutiert.
Interpretation des Harzhornbefundes wird fortan in einem Thread zum Harzhornereignis diskutiert.
Hier kehren wir zurück zu Lagern in Thüringen, so es im Luftbild darauf deutende Spuren oder archäologische Funde gibt.
 
In Düna wurden bereits seit etwa 100 v. Chr. Iberger Eisenerze verhüttet.

Für den Beginn der Buntmetallverhüttung wird der terminus ante quem 275 n. Chr. genannt, womit wir nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich recht nah an der Harzhornschlacht liegen.

Ja und?
Was hat das mit dem von Dir genannten "fehlenden Zerstörungshorizont" zu tun? Welche Gebäude haben wir aus der Zeit um 235, an denen sich der von Dir behauptete "fehlende Zerstörungshorizont" zeigen ließe?

Interpretation des Harzhornbefundes wird fortan in einem Thread zum Harzhornereignis diskutiert.
Hier geht es weiter: Deutung des Harzhornereignisses

Düna wird fortan in einem Thread zu Düna diskutiert.
Da ich mir sicher bin, dass so bald keine Gebäudespuren aus der Zeit um 235 auftauchen, sei es mit nachgewiesenem Zerstörungshorizont, sei es mit fehlendem Zerstörungshorizont, gehe ich davon aus, dass dieses Nebenthema erledigt ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Laut Wikipedia liegen die beiden nächsten Orte 180 m ü NN (etwa 3 km auseinander, das Lager dazwischen) Da in Google Maps keine großartigen Höhenunterschiede zu erkennen sind, würde ich davon ausgehen, dass das Lager nur knapp oberhalb der Flussaue liegt. Ein aufregendes Relieph hat die Landschaft hier nicht. Der von Hermundure bezeichnete Fluss wird hier bei 167 m NN angegeben.
 
Hallo Opteryx,

ich habe eine neue Fundstelle links der Saale bei Merseburg erschließen können. Dort habe ich 2 halbe Sesterzen des Marcus Aurelius (entsprechen vom Gewicht jeweils 1 Dupondius), den Nadelhalter einer Armbrustfibel, 1 gelochtes Blei sowie eine römische Speerspitze Manning Type 3 (militärisches Macht- und Autoritätssybol) detektiert. In 875 m Luftlinie NO Entfernung hatte ich schon vor Jahren 1 Sesterz Ende 2. Jh. gefunden. Voriges Jahr 3,5 km weiter SW vom jetzigen Fundplatz einen kleinen Denarhort (Republikzeit bis Ende 2. Jh.). Gehe ich 9,0 km weiter in Richtung NNO komme ich an den Fundplatz wo ich 2018 den Thekenbeschlag und die 2 Schleuderbleie gefunden habe. In 12 km NO Entfernung vom jetzigen Fundplatz fand ich voriges Jahr einen weiteren Denarhort (Republikzeit bis Ende 2. Jh.) sowie militärisches Equipment (siehe Bilder hier im Forum) und das Bruchstück einer Reliefschüssel. Bei der Spitze hatte ich erst an einen Wurfspeer gedacht, jedoch sind die Seiten gleichmäßig stumpf wie bei einer Benefiziarierlanze.

Grüße
 

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