Gab es Arbeitsverträge zwischen Ost und West?

Griffel

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Mir ist mal wieder eine Frage zum Kalten Krieg eingefallen. Es wird ja heute noch mit viel Enthusiasmus von der sogenannten "Entspannung" gesprochen. :rolleyes: Doch Scherz bei Seite! Beide Blöcke, betonten immer wieder, dass sie bereit wären zu einer Koexistenz im Rahmen der UN-Charta usw.

Trotz politischer Gegensätze bestanden ja auch rege Handelsbeziehungen zwischen Ost und West. Und diesen Bereich, zielt meine Überschrift bzw. Frage! Im Rahmen von Handel und Wirtschaftsbeziehungen, bleibt es nicht aus, dass Länder und Menschen zusammenarbeiten müssen. Verträge müssen ausgehandelt, Lizenzen erteilt und Waren gekauft werden. All das funktioniert, nur wenn, das entsprechende Wissen vorhanden ist.
Dafür gibt es zwei Wege:
  1. Man erwirbt einfach die Unterlagen. Kauft also Bücher und Pläne. Was nur selten reibungslos funktioniert.
  2. Man lässt die Leute schulen. Dazu braucht man natürlich Personal!
Daraus folgt also, dass es Regelungen für den Verkehr von Menschen und Material gegeben haben muss. Die aber aus politischen und juristischen Gründen sicherlich nicht einfach waren. Wobei noch zu bedenken ist, dass im Falle von Ost nach West, immer die "Gefahr" von Flucht bestanden hat. Wäre schön, hier genaueres zu erfahren.
 
Handelsmissionen, diverse Industriemessen, alte Kontakte schon vor 1945, in der BRD gabs den einflussreichen Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft mit seinen Kontakten nach Osten usw. usw. Und die Botschaften der Ostblockstaaten im NSW hatten allesamt Handelsabt.

Man konnte jederzeit von West nach Ost reisen, nur zur Erinnerung.
 
Konkret, so weit mir bekannt, gab es z.B. eine ganze Zeit lang West-Berliner, die in Berlin bei der Stadtbahn arbeiteten und Arbeitsverträge in der DDR hatten, weil die Strecke nach wie vor zur Reichsbahn gehörte und die ihren Sitz im Osten hatte.

Nun ist Westberlin nicht die Bundesrepublik gewesen, aber ähnliche Beispiele wird es vor allem Ende der 1940er und in den frühen 1950ern auch an anderer Stelle gegeben haben.
Umgekehrt wird das seltener der Fall gewesen sein.
 
Konkret, so weit mir bekannt, gab es z.B. eine ganze Zeit lang West-Berliner, die in Berlin bei der Stadtbahn arbeiteten und Arbeitsverträge in der DDR hatten, weil die Strecke nach wie vor zur Reichsbahn gehörte und die ihren Sitz im Osten hatte.
Das dürfte nicht nur die Stadtbahnstrecke in Berlin betreffen, die einmal quer durch die Mitte der Stadt führt (von Ostbahnhof, Alex, Friedrichstraße, Bahnhof Zoo, Charlottenburg) sondern den gesamten S-Bahnbetrieb (westlicher Teil der Ringbahn, Stadtbahn und Nordsüdbahn) in West-Berlin, der von der Reichsbahn im Osten betrieben wurde. Mit dem Mauerbau wurde die durchgehende Verbindung der Stadtbahn unterbrochen. Endstation der aus Ost und West kommenden Züge war jeweils Bahnhof Friedrichsstraße.

Interessant in dem Zusammenhang ist der Reichsbahnerstreik von 1949. Die 13.000 Streikenden aus dem Westen forderten in D-Mark und nicht in Ostmark bezahlt zu werden und gründeten dazu die Unabhängige Gewerkschaftsopposition (UGO). Die Reichsbahn wollte aber nur mit der Ost-Gewerkschaft FDGB verhandeln. FDGB und Reichsbahn einigten sich darauf die Löhne für Reichsbahner im Westen zu 60% in D-Mark und 40% Ostmark zu bezahlen. Die Streikenden lehnten dies ab. Schließlich wurde diese Einigung dennoch über die vier Stadtkommandanten durchgesetzt. Das Ostgeld konnte aber 1:1 an einer Senatsdienststelle umgetauscht werden. Mehr als 5000 Streikende aus dem Westen wurden in der Folge des Streiks von der Reichsbahn entlassen.

Nach dem Mauerbau wurde in West-Berlin ein S-Bahn-Boykott von Medien und Studenten ausgerufen, der natürlich nur auf freiwilliger Basis funktionierte. Dennoch büßte die S-Bahn fast 90% ihrer Passagiere im Westen ein. Das gipfelte darin, dass die Reichsbahn (Ost) ihren noch vorhandenen Betrieb im Westen einstellte und 1984 an die BVG (West) übergab.
 
Was da alles so an Exklusivität und Individualität von Seiten der DDR lief, da muss man schon m.E. Insiderwissen haben.
Man muss ja immer berücksichtigen, die DDR war eine Diktatur ohne einer Gewaltenteilung, der demokratische Zentralismus war das Organisations – und Führungsprinzip. Der Staat DDR war ja in der DDR überall präsent.

Der im Jahre 1978 fertiggestellte „World Trade Center“ in Ostberlin spielt da auch eine nicht zu unterschätzende Rolle (Anbahnung, Verträge, Abwicklung etc.).

Dann hätten wir die Künstler aus Ost- und West.
Sicher werden die auf der Basis von Verträgen gearbeitet haben, aber wie das im Detail ablief weiß ich nicht.
Manches Mal wurden Westkünstler mit Erzeugnissen aus der DDR entlohnt, wenn sie einverstanden waren.
Udo Jürgens bekam mal als Gage einen Flügel der Firma Julius Blüthner/Leipzig.
M.W. behielten Ostkünstler (Z.B. Frank Schöbel u.v.a.) die West Gage nicht für sich.
Auch kenne ich nicht wie das im Detail lief wenn man etwas in dem Westen coverte oder umgekehrt. Z.b. Peter Maffay „Über sieben Brücken“.

Auch wie das bei den Sportlern lief, habe ich keine belastbare Ahnung. Ich meine hier nicht internationale Wettkämpfe sondern Events u.ä.

Im Bereich der Bau- und/oder Industrieunternehmen war immer der Außenhandel der DDR dazwischen. Da lief ohne Verträge nichts.

Und zu guter Letzt.
Ich glaube aber wenn ich mir so das Tätigkeitsprofil/-feld von Schalck Golodkowski ansehe, bei denen ging es wie auf dem „Türkischen Markt“ zu.
 
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Mir ist mal wieder eine Frage zum Kalten Krieg eingefallen. Es wird ja heute noch mit viel Enthusiasmus von der sogenannten "Entspannung" gesprochen. :rolleyes: Doch Scherz bei Seite! Beide Blöcke, betonten immer wieder, dass sie bereit wären zu einer Koexistenz im Rahmen der UN-Charta usw.

Trotz politischer Gegensätze bestanden ja auch rege Handelsbeziehungen zwischen Ost und West. Und diesen Bereich, zielt meine Überschrift bzw. Frage! Im Rahmen von Handel und Wirtschaftsbeziehungen, bleibt es nicht aus, dass Länder und Menschen zusammenarbeiten müssen. Verträge müssen ausgehandelt, Lizenzen erteilt und Waren gekauft werden. All das funktioniert, nur wenn, das entsprechende Wissen vorhanden ist.
Dafür gibt es zwei Wege:
  1. Man erwirbt einfach die Unterlagen. Kauft also Bücher und Pläne. Was nur selten reibungslos funktioniert.
  2. Man lässt die Leute schulen. Dazu braucht man natürlich Personal!
Daraus folgt also, dass es Regelungen für den Verkehr von Menschen und Material gegeben haben muss. Die aber aus politischen und juristischen Gründen sicherlich nicht einfach waren. Wobei noch zu bedenken ist, dass im Falle von Ost nach West, immer die "Gefahr" von Flucht bestanden hat. Wäre schön, hier genaueres zu erfahren.

Es sind vor allem aus Jugoslawien zahlreiche Arbeitskräfte als "Gastarbeiter" in die Bundesrepublik gekommen in den 1960er und 1970er Jahren.
 
Danke schon mal dafür. Ich meinte aber speziell Folgendes:

In Rumänien zum Beispiel wurden ja deutsche LkW in Lizenz gefertigt. Natürlich von Staatsfirmen. Das konnte nur durch Wissen geschehen! Dieses Wissen, muss weitergegeben werden. Am besten geschieht dies durch Menschen. Und hier ist auch schon eines der Probleme!

Wissensträger, sind auch Geheimnisträger. Und somit ein Ziel für Spionage. Diese wiederum schädigt entweder Staaten oder Unternehmen. Somit durfte klar sein, dass insbesondere Fachkräfte, immer in der Gefahr waren, Opfer von Spionage zu werden. Das durfte die Bereitschaft, zum Wissenstransfer nicht gerade erhöht haben.

Und speziell Fachkräfte aus dem Osten waren ständig unter Beobachtung. Wenn, man sie denn überhaupt in den Westen reisen ließ. Es bestand ja immer die Gefahr der Flucht oder Desertion.

Bei den Gastarbeitern sah das schon anders aus! Eigentlich ist das Ganze irgendwie geisteskrank! Beide Blöcke waren darauf aus, einander zu besiegen bzw. zu vernichten. Und dennoch kooperierte man miteinander, was das Hauptziel wieder unterhöhlte. Aber daraus soll einer schlau werden
 

Wissensträger, sind auch Geheimnisträger. Und somit ein Ziel für Spionage. Diese wiederum schädigt entweder Staaten oder Unternehmen. Somit durfte klar sein, dass insbesondere Fachkräfte, immer in der Gefahr waren, Opfer von Spionage zu werden. Das durfte die Bereitschaft, zum Wissenstransfer nicht gerade erhöht haben.

Sofern wir von Industriespionage reden, und austausch von einzelnen Personen, die zur Lizenzfertigung möglicherweise anleiten sollten, ist da aber doch zu bedenken, dass die entsandten Personen im Detail i.d.R. nicht über Detailkenntnisse verfügt haben dürfte, die über das ohnehin vereinbarte Projekt hinausgingen.

Wenn so etwas mal statfand, dann wurden gegebenenfalls mal eine Hand voll Ingenieure und Facharbeiter ausgeatuscht, die mit diesem einen Projekt befasst waren, aber doch nicht die Chefkonstrukteure und Planer in deren Panzerschränken das interessante Wissen lag, das man nicht zu teilen bereit war.
 
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