Gab es einen regulären wissenschaftlichen Austausch zwischen Ost und West während des Kalten Krieges

Griffel

Mitglied
Da hätte ich noch so ein Thema, das sicherlich ganz interessant ist! Wir alle wissen ja, dass es im sogenannten Kalten Krieg, um einen Wettkampf der Systeme ging. Oder einfacher um die Weltherrschaft!:confused:

Nun könnte man natürlich daraus folgern, dass es außer Feindschaft, nichts geben konnte bzw. durfte. Aber auch in der Zeit gab es ja den Begriff der friedlichen Koexistenz. Das hätte ja theoretisch die Möglichkeit eröffnet, sich auszutauschen bzw. kooperieren. Mit Ausnahme des Rüstungssektors, versteht sich! Aber auf diesem Feld, waren ja beide Seiten, mittels ihrer Nachrichtendienste aktiv.:rolleyes: Nein! Ich denke hier vor allem, an den medizinischen Sektor.

Allerdings, habe ich hierzu keinerlei glaubhafte Informationen. Ich weiß allerdings aus eigener Erfahrung, dass auf gewissen Gebieten, relativ neutral zuging. Was natürlich keine allgemeine Aussage zulässt bei einem so großen Feld wie der Medizin.
 
Solche Kontakte gab es zahlreiche. Zum Beispiel liess die schweizer Pharmaindustrie Studien und Versuchsreihen in der DDR machen...

Gruss Pelzer
 
Ich habe beispielsweise Ende der 1970er Jahre russische Wissenschaftler als Gäste bei Unterdruckversuchen in der Deutschen Versichsanstalt für Luft- und Raumfahrt gesehen. Das waren aber alles Sachen die nichts Neues oder Weltbewegendes waren.
Wissenschaftlichen Austausch gab es sicher, die Frage ist inwieweit Direktkorrespondenz üblich war.
Interessant wären auch Veröffentlichungen gemischter Arbeitsgruppen.
 
Ein ganz wesentlicher Bestandteil von Wissenschaft ist die Publikation der wissenschaftlichen Ergebnisse. Publikationen kann man kaufen. Die Library of Congress in Washington hat z.B. den Anspruch, möglichst jedes veröffentlichte Buch (weltweit) in seinen Fundus aufzunehmen (Selbstverlag dürfte da allerdings nicht drunter fallen). Universitäten haben i.d.R. Fachzeitschriften aus anderen Ländern im Abonnement. Zeitschrift in der Wissenschaftssprache heißt: Periodisch erscheinende Bücher mit mehreren Beiträgen zu mehr oder weniger eng umgrenzten Themenbereichen, wobei dann ein Artikel auch mal gut und gerne 100 Seiten haben kann.
 
Schau an! :eek: Damit hatte ich gar nicht gerechnet! Wo man im Kalten Krieg doch vom Wettlauf der Systeme sprach. Schön zu sehen, dass stellenweise doch der gesunde Menschenverstand geherrscht hat.:) Wobei man natürlich immer sehen muss, dass nach der damaligen Logik, alles, was der Gegenseite irgendwie nützen könnte, eigentlich tabu war. Würde mich freuen, mehr zu erfahren.;)
 
Mein Problem – und ich weiß vieler – war mit der Grenzschließung, man kam immer schwieriger an West - Fachliteratur heran.
Unsere Favoriten waren damals „Dubbel“ und „Hütte“.
Es kam dann der DDR Verschnitt „Grundwissen des Ingenieurs“ und „Fachwissen des Ingenieurs“ auf.
War die Zeit wo man sich von den „DIN“ und den „VDE“ Vorschriften verabschiedete. Als Ersatz gabs dann die „TGL“.
Wir hatten damals Angst dass die TGL eine Kopie der „GOST“ wurden.

Zu den „Gift Schrank“ hatten Studenten keinen Zugang. Ein Professor musste viel Vertrauen haben, wenn er einen Student mal was aus seinem „Gift – Schrank“ zu lesen gab.
 
Und was war daran so gefährlich? Auch die DDR wird ja ein Interesse daran gehabt haben, dass ihre Ingenieure besser werden. Und ich glaube kaum, dass arbeitstechnische Fachliteratur irgendwie politisch war. Kann mich natürlich auch irren.
 
Vermutlich hatte die Regierung der DDR Angst vor dem, was die Soziologie Brain Drain nennt: Das meint den Abfluss der gut Ausgebildeten dorthin, wo es interessante Arbeitsmöglichkeiten gibt. Silicon Valley befindet sich zwar heute auf einem absteigenden Ast, weil andere Orte für Computerfirmen attraktiver geworden sind, aber Informatiker wollten zwischen den 1980er Jahren und heute am liebsten nach Palo Verde, weil da, bei Microsoft, Google, Hewlett-Peckart Apple, IBM, die Post abgeht (sofern man nicht lieber bei russischen oder chinesischen Hackenr mitspielt). Das gilt vermutlich für alle die Berufe, wo der Standort wesentlich ist. Ingenieure werden in Aachen ausgebildet aber sie landen später in Wolfsburg, Sindelfingen oder München.
Die Abstimmung mit den Füßen war prozentual überdurchschnittlich ein Abgang von Akademikern. Insofern könnte es durchaus ein Interesse gegeben haben, den Studierenden nicht allzu klar vor Augen zu führen, wo entwicklungsmäßig die Post abging. Nicht das die SU schlecht war: Dort hat man schließlich Tetris erfunden. Und die Sojus.

Für einen Historiker ist es - sofern er die Freiheit hat, zu schreiben - "egal", wo er arbeitet. Der findet in einem Archiv in Erfurt genauso interessante Dinge, wie in einem Archiv in Bochum. (Es sei denn natürlich, er braucht unbedingt eine ganz bestimmte Archivalie, an die er aufgrund Ost-West-Konflikt nicht herankommt.) Für einen Techniker im weitesten Sinne, spielt da die Musik, wo a) das Geld ist, um die Technik zu entwickeln und b) der freie Geist herrscht, um die Technik auch einzusetzen. (Ich denke da z.B. an einen Ingenieur, dessen Geschichte im Mauer-Museum am Checkpoint Charly erzählt wurde, der aus der DDR floh oder zu fliehen versuchte (ich weiß das nicht mehr genau), weil seine Erfindung in der DDR nicht gewürdigt wurde.
 
Unsere Favoriten waren damals „Dubbel“ und „Hütte“.
Bei uns hatte jeder Maschinenbau-Student: Kuchling - Physik, und Bartsch oder Bronstein - Mathe, sowie Berties - Wärmelehre, aus dem Osten. Außerdem hatte ich ein vierbändiges Lehrbuch der Mathe ebenfalls VEB Fachbuchverlag Leipzig aufgelegt von einem Westverlag (Verlag Harri Deutsch). Beliebt war auch Grimsehl Physik.
 
Den Ing. Werner Berties – „Übungsbeispiele aus der Wärmelehre“ hatten wir auch.
Habe mal im Netz mich schlau gemacht. Der hohe Preis in jetzt € setzt mich in erstaunen.

Dann hatten wir in der Physik die Lehrbücher von Herrn Helmut Lindner. Herr Lindner war damals Dozent an der Hochschule in Mittweida/Sachsen.
Da studierte auch schon:
· Friedrich Opel,
· August Horch (Audi),
· Walter Bruch (u.a. PAL-System Fernsehen),
· Gerhard Neumann (Vizepräsident von General Electric),
· Ernst Sachs (Erfinder des elektrischen Lötkolben)
Und da studierte auch:
· Richard Stücklen/CDU (Bundesminister und Bundestagspräsident),
· u.v.a.m.

Weiter mit den Büchern:

· Grundlagen der E-Technik von Herrn Johann Reth,
· Technologie des Maschinenbau, Verfasser Herr Petrag,
· Technische Mechanik (Autorenkollektiv),
· Metallische Werkstoffe (Helmut Lüpfert)
· Und viele weitere Bücher.

Und mir fiel auch das Büchlein (ca. 200 Seiten) „Der Rechenschieber“ von H.W. Fricke in die Hände.
Rechenschieber war ja damals im Studium unverzichtbar.
Habe sogar noch einen solchen „Stab“. Meiner ist aus Alu.
Vorderseite : Grundrechenarten,
Rückseite: Logarithmus und trigonometrische Funktionen.
Kann sogar damit noch umgehen.
 
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