Gab es überhaupt "Falen"?

Diese strikte Einteilung nach Landesgrenzen im heutigen Sinne ist wohl eher eine Erfindung der Geschichtsschreibung während der Romantik im 19. Jh.


Gedankt sei Louis le Grand.

Im "Zeittafel - Europa im Mittelalter"-Thread hat er Links zu Karten des Mittelalters gestellt. Darunter fand ich eine die den poltischen Anspruch auf der einen und die realen Machtverhältnisse zum anderen in den Grenzmarken vom 10.-12. Jahrhundert darstellt. Auch wird dort das Gebiet Ostfalens weiter nördlich Magdeburgs gekennzeichnet.

http://www.lib.utexas.edu/maps/historical/shepherd_1911/shepherd-c-062-063.jpg
 
Gedankt sei Louis le Grand.

Im "Zeittafel - Europa im Mittelalter"-Thread hat er Links zu Karten des Mittelalters gestellt. Darunter fand ich eine die den poltischen Anspruch auf der einen und die realen Machtverhältnisse zum anderen in den Grenzmarken vom 10.-12. Jahrhundert darstellt. Auch wird dort das Gebiet Ostfalens weiter nördlich Magdeburgs gekennzeichnet.

http://www.lib.utexas.edu/maps/historical/shepherd_1911/shepherd-c-062-063.jpg

Nur, daß es sich hier mehr um die Grenzen der Bistümer handelt. Welches politische Gebilde stellt denn Thüringen im Zeitraum von 919-1125 dar ? Thüringen als politische Institution existierte zu dieser Zeit nicht. Es war Reichsland, wie die meisten Gebiete im deutschen Reich. Vielmehr müsste solch eine Karte wie ein Löcherkäse aussehen, da die Vielfalt königlichen Eigenbesitzes, herzöglicher und gräflicher Besitzungen, sowie kirchlicher Besitz zu dieser Zeit eine starke Zersplitterung der Gebiete verursachte.
 
Nur, daß es sich hier mehr um die Grenzen der Bistümer handelt. Welches politische Gebilde stellt denn Thüringen im Zeitraum von 919-1125 dar ? Thüringen als politische Institution existierte zu dieser Zeit nicht. Es war Reichsland, wie die meisten Gebiete im deutschen Reich. Vielmehr müsste solch eine Karte wie ein Löcherkäse aussehen, da die Vielfalt königlichen Eigenbesitzes, herzöglicher und gräflicher Besitzungen, sowie kirchlicher Besitz zu dieser Zeit eine starke Zersplitterung der Gebiete verursachte.

Ich weiß, ich weiß.
Neben den kirchlichen Besitz waren da noch die Güter der Ekkehardinger-Sippe und die der Grafen von Weimar.
Die Zeichner dieser Karte werden sich einfach nicht die Mühe gemacht haben diese, sagen wir Details im thüringischen Lande, zu berücksichtigen. Sie haben wohl bewusst das Reichsgebiet nur in die größeren Territorien gegliedert. Eben Sachsen, Franken, Schwaben, Bayern, die beiden Lothringen, Friesland, Thüringen und die Marken. Das Thüringen zu dieser Zeit kein zentrale politische Institution besaß heißt nicht das es nicht als einheitliches Territorium wargenommen wurde. War es nicht Ekkehard I. der sich zum Herzog von Thüringen erheben ließ?
 
Die Karte stellt die politischen Verhältnisse bis 1125 dar und zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich das Stammesherzogtum Sachsen - zumindest nominell - bis Magdeburg.

Nach dem Gelnhäuser Reichstag verschwand jedoch ein sächsisches Stammesherzogtum und wurde wenig später ersetzt durch das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg in der Mitte, die Markgarfschaft Brandenburg im Osten sowie das Herzogtum Westfalen im Westen, das an die Erzbf. von Köln fiel.

Als Herzöge von Sachsen, wie es der Gelnhäuser Reichstag vorsah, konnten sich die Askanier nicht behaupten, doch ging der Name "Sachsen" auf eines ihrer Territorien um Wittenberg über. Damals begann die Wanderung des Namens "Sachsen" vom heutigen Niedersachsen - also Altsachsen - elbaufwärts nach Obersachsen-Wittenberg und später von dort durch Lehnsübertragung Richtung Kurfürstentum Sachsen.
 
Die Karte stellt die politischen Verhältnisse bis 1125 dar und zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich das Stammesherzogtum Sachsen - zumindest nominell - bis Magdeburg.

Nach dem Gelnhäuser Reichstag verschwand jedoch ein sächsisches Stammesherzogtum und wurde wenig später ersetzt durch das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg in der Mitte, die Markgarfschaft Brandenburg im Osten sowie das Herzogtum Westfalen im Westen, das an die Erzbf. von Köln fiel.

Als Herzöge von Sachsen, wie es der Gelnhäuser Reichstag vorsah, konnten sich die Askanier nicht behaupten, doch ging der Name "Sachsen" auf eines ihrer Territorien um Wittenberg über. Damals begann die Wanderung des Namens "Sachsen" vom heutigen Niedersachsen - also Altsachsen - elbaufwärts nach Obersachsen-Wittenberg und später von dort durch Lehnsübertragung Richtung Kurfürstentum Sachsen.

968 stattete der Kaiser das neugegründete Erzbistum Magdeburg mit weitreichenden Gebieten aus, die der Erzbischof als Lehnsherr, gleich einem Herzog besaß. Diese Gebiete umfassten fast flächendeckend das heutige mittlere Sachsen-Anhalt. (Erinnert sei hier an den Löcherkäse). Der Askanische Besitz grenzte südlich daran, später mit der Erlangung weiterer Gebiete auch östlich. Nördlich von Magdeburg hatten die Margrafen der Nordmark, ab 1170 der Mark Brandenburg ihre Besitzungen. Im besagten Gebiet an der Unstrut und an der Saale hatten vor allem die Bistümer Halberstadt, Naumburg und Merseburg großen Landbesitz, so daß hier, wenn, dann nur vereinzelt der sächsische Herzog Einfluß hatte. Die für unser Verständnis heute gängige Denkart geschlossener Verwaltungsgebilde gab es damals nicht, auch wenn uns das die Karten des 19. Jh. glauben machen wollen.

Noch als kleiner Nachtrag. Innerhalb der Struktur eines Bistums /Erzbistums gab es mehrere Institutionen, die voneinander rechtlich relativ unabhängig waren, doch aber im Zusammenhang zu sehen sind, da sie oft in Personalunion verwaltet wurden.
So muß man natürlich unterscheiden zwischen einem Bistumsgebiet, welches zur religiösen Verwaltung der Kirchen in diesem Gebiet eingerichtet wurde. Desweiteren gibt es aber 3 Grundherrschaftliche Komponenten in solch einem Bistum, welche nur den Bischof als Landesherren ansahen. Dies waren das Hochstift, das Domkapitel und die Dompropstei.
 
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Ich weiß, ich weiß.
Neben den kirchlichen Besitz waren da noch die Güter der Ekkehardinger-Sippe und die der Grafen von Weimar.
Die Zeichner dieser Karte werden sich einfach nicht die Mühe gemacht haben diese, sagen wir Details im thüringischen Lande, zu berücksichtigen. Sie haben wohl bewusst das Reichsgebiet nur in die größeren Territorien gegliedert. Eben Sachsen, Franken, Schwaben, Bayern, die beiden Lothringen, Friesland, Thüringen und die Marken. Das Thüringen zu dieser Zeit kein zentrale politische Institution besaß heißt nicht das es nicht als einheitliches Territorium wargenommen wurde. War es nicht Ekkehard I. der sich zum Herzog von Thüringen erheben ließ?

Generell übten die Ottonen über ganz Thüringen ihre Befehlsgewalt aus.
Da gab es noch viel mehr Reichsunmittelbare Lokatoren. Die Grafen von Orlamünde-Weimar (jüngere Linie) waren nach 1112 ja auch die Askanier.
Ebenfalls gab es im Raum westlich von Naumburg die Pfalzgrafschaft, die abwechselnd von den verschiedenen Grafengeschlechtern geführt wurde.
Die Grafen von Weimar führten eine sehr erfolgreiche Heiratspolitik, das ein Zweig sogar Marggraf von Krain wurde.
 
Strupanice schrieb:
968 stattete der Kaiser das neugegründete Erzbistum Magdeburg mit weitreichenden Gebieten aus, die der Erzbischof als Lehnsherr, gleich einem Herzog besaß.
Das Ergebnis ist als das ottonische Reichskirchensystem in die Geschichtsaufzeichnungen eingegangen. Die Erzbischöfe von Magdeburg wurden vom König gegen einen Treueid eingesetzt (Grafenrechte); als ein königliches Gegengewicht zum Herzog. Einen großen Teil Sachsens hatte Hermann Billung als Herzog erhalten, während der Osten dem Markgrafen Gero unterstand.
Strupanice schrieb:
Nördlich von Magdeburg hatten die Markgrafen der Nordmark, ab 1170 der Mark Brandenburg ihre Besitzungen.
Diese Besitzungen waren aber nicht Teil des markgräflichen Lehens, das sich erst seit dem Jahr 1180 (Neuverteilung der Reichslehen) mit der Gründung der Mark Brandenburg auch auf das westliche Elbeufer erstreckte.
Strupanice schrieb:
Im besagten Gebiet an der Unstrut und an der Saale hatten vor allem die Bistümer Halberstadt, Naumburg und Merseburg großen Landbesitz, so daß hier, wenn, dann nur vereinzelt der sächsische Herzog Einfluß hatte.
Auf den Stammesherzogtümern beruhte die Königsherrschaft, aber nur zum Teil konnte der König sich einen unmittelbaren Einfluß sichern. Diese Mittelgewalten waren nicht vom König abhängig, so daß er auf andere Mittel zur Durchsetzung seiner Herrschaft im Innern bedacht sein mußte. Die Grafen als untere Gewalten waren dazu nur noch sehr bedingt geeignet. So entstand neben den weltlichen Lehnsleuten ein Geflecht von geistlichen Herrschaften.
Dieter schrieb:
... wurden sie über die Elbe zurückgedrängt, nicht aber entscheidend geschlagen.
Erzbischof Giselher von Magdeburg, Bischof Hildeward von Halberstadt, die Markgrafen Thiedrich (mitschuldig am Ausbruch des Slawensturms), Hodo und Rikdag sowie mehrere Grafen zogen den Wenden entgegen und brachten ihnen, nach Annalista Saxo etwa Anfang August des Jahres 983, im Balsamerland (Belxem) zwischen Tanger und Milde eine Niederlage bei, in der viele der Feinde gefallen sind, der Rest rettete sich durch die Flucht über die Elbe.
Dieter schrieb:
Mit Ausnahme des Gebiets um Burg und Leitzkau konnte künftig der deutsche Einfluss über ein Jahrhundert rechtselbisch nicht mehr wirksam ausgeübt werden.
Unter anderen führte auch Otto III. im Sommer 995 erfolgreich einen Feldzug im nördlichen Teil der Nordmark gegen die Völker der Abodriten und Liutizen, der ihn bis zur Mecklenburg bei Wismar führte.
Dieter schrieb:
Erst die Marken-, Siedlungs- und Missionspolitik der Herzöge Lothar von Süpplingenburg - später deutscher Kaiser - und Heinrich der Löwe im Verein mit den Schauenburg-Holsteiner Grafen und den Askaniern (z.B. Albrecht der Bär) überwand den Rückschlag von 983.
Es ging doch in der Nordmark lediglich um den unmittelbaren Hoheitsanspruch des Reichs und um die Macht des Lutizenbundes, die schon vor dem "Wendenkreuzzug" des Jahres 1147 erloschen war. Durch einen Bürgerkrieg unter den Liutizen in der Mitte des elften Jahrhunderts verlor der Bund zusehends an Macht und Einfluß, ihre Festung wurde vom Sachsenherzog Lothar um das Jahr 1125 zerstört, womit der Bund erlosch.
 
Mir ist nicht ganz klar, was du mit deinen Kommentaren sagen willst, Horst.

Das ältere Herzogtum Sachsen erstreckte sich unter den Ottonen zunächst über die Elbe hinaus nach Osten, wurde dann jedoch nach dem großen Slawenaufstand 983 von der Elbe begrenzt. Frühzeitig wurde jedoch die Ausbildung einer einheitlichen Herzogsgewalt dadurch verhindert, dass regionale und reichsunmittelbare Gewalten nach Unabhängigkeit strebten.

Markgräfliche (und später herzogliche) Befugnisse hatten die Billunger, daneben begannen die sächsichen Bischöfe in ihren Diözesen Magdeburg, Halberstadt, Hildesheim, Minden, Osnabrück, Paderborn und Verden Landesherrschaften aufzubauen. Das war freilich eine reichsweite Erscheinung, die als "Territorialisierung" bekannt, aber erst Ende des 12. Jh. ausgebildet ist. Die Nordmark war übrigens nie den sächsicshen Herzögen unterstellt!

Wie Strupanice oben schon sehr richtig bemerkt hat, gibt es im 10. und 11. Jh. noch keine feste Grenzziehung im heutigen Sinn. Und nach dem Gelnhäuser Reichstag geriet das ziemlich fragile Gebilde des Herzogtums Sachsen endgültig in einen Auflösungsprozess.
 
Dieter schrieb:
Mir ist nicht ganz klar, was du mit deinen Kommentaren sagen willst, Horst.
Nun, was kann ich anderes meinen, als dir weiterhin darin zu widersprechen, die Nordmark sei dem Reich mit dem großen Aufstand der Wenden im Jahr 983 für mehr als ein Jahrhundert verlorengegangen.
Dieter schrieb:
Das ältere Herzogtum Sachsen erstreckte sich unter den Ottonen zunächst über die Elbe hinaus nach Osten, wurde dann jedoch nach dem großen Slawenaufstand 983 von der Elbe begrenzt.
Das ottonische Herzogtum Sachsen erstreckte sich zu keiner Zeit über die Elbe hinaus nach Osten, dort war schon seit der Zeit Karls des Großen eine lockere Oberhoheit des Reiches begründet, die jedoch lediglich die eigentlichen Ränder des Reiches im Osten sicherte. Es ging aber noch nicht um eine Eroberung von Neuland. Mit der ottonischen Ostpolitik änderte sich diese Haltung grundsätzlich, wofür unter anderem auch die Bistumsgründungen von Havelberg und Brandenburg Zeugnis ablegen. Die Nordmark war fortan Reichslehen.
Dieter schrieb:
Und nach dem Gelnhäuser Reichstag geriet das ziemlich fragile Gebilde des Herzogtums Sachsen endgültig in einen Auflösungsprozess.
Das Herzogtum Sachsen wurde durch den Sturz Heinrichs des Löwen in diese Lage gebracht, der war des Landfriedensbruchs beschuldigt, mehrmals nicht der Ladung des Kaisers gefolgt. Das auffällige Verfahren gegen Heinrich den Löwen sollte dem Bemühen zur Stärkung der Königsherrschaft dienen und die Macht der einzelnen Fürsten möglichst beschränken. Der Ostfale Albrecht der Bär erhielt deshalb auch nicht das ganze Herzogtum Sachsen, sondern hatte nur dem Namen nach die Würde eines sächsischen Herzogs inne.
 
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