Ganz viele Fragen über den 2.Weltkrieg

zur Wissenschaftlichkeit der Szenarienmethode gibt es unterschiedliche Meinungen:

Kontrafaktische Geschichte ? Wikipedia

Ich rede von der wissenschaftlichen Form der Szenariotechnik. Wie hier beschrieben. Und es gibt sicherlich im Rahmen der wissenschaftlichen Szenariotechnik die Möglichkeit, alternative Entwicklungen für 1914 zu entwickeln. Aber dann bitte so, das sie intersubjektiv nachvollziehbar und replizierbar sind und nicht durch die zufällige Intuition eines Historikers zustande kommen.

Szenariotechnik ? Wikipedia

Somit rede ich nicht von phantasievollen "Szenarien", die im Rahmen einer "virtuellen Geschichtsschreibung" ausgeschmückt werden. Diese frei erfundenen "Szenarien" bewegen sich alle samt im Bereich der Beliebigkeit.

Und da gibt es keine unterschiedlichen Meinungen, sondern es gibt eine Meinung, die sich an wissenschaftlichen Kriterien hält und eine andere Meinung, die die Phantasie zum Kriterium der Argumentation erhebt.

Sicherlich interessant zu lesen, aber dennoch beliebig in der Aussage!

ob die Geschichte stringent so habe laufen müssen, dass England in diesen Krieg eintreten habe müssen. Nach Sichtung des Datenmaterials v e r n e i n t er diese Frage.

1. Geschichte verläuft weder "stringent" noch verläuft sie deterministisch. Auch wenn manche theoretische Auffassungen von Geschichte glauben, ihren Gang erkennen zu können.

2. Geschichte basiert auf "strukturellen Handlungszwängen" und der Interpretation durch die entsprechenden Entscheidungsträger. Und die folgen ihren politischen Überzeugungen und vermutlich einer situativen Dynamik. In diesem Sinne werden politische Entscheidungen im Kreis der Entscheidungsträger "ausgehandelt" und sind somit hochgradig, als Kollektiv betrachtet und auch auf der individuellen Ebene, subjektiv.

3. Deswegen geht es an der Problematik der Entscheidungsfindung vorbei, Daten zu analysieren und daraus Entscheidungen erkennen zu können. Die Intra- und Intereliten- Konflikte in GB in Bezug auf das DR, und Silesia wies darauf hin, sind sehr komplex gewesen.

Ein Blick auf die Lage 1914 mit den durchaus verschiedenen, konträren Strömungen:

http://fss.plone.uni-giessen.de/fss/fbz/fb04/institute/geschichte/fachjournalistik/dateiordner/gewaltpolitik/file/Ursachen%20der%20deutschen%20Gewaltpolitik.pdf

Über germanophobe und germanophile Tendenzen in Großbritannien in Rivalität und Partnerschaft zum DR wurden auch schon verschiedene Monographien referenziert: Presse und Parteien, Arbeiterbewegung, Wirtschaftskreise, Politiker, men-on-the-spot und englische Öffentlichkeit.
 
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So jetzt hab ich auf der Heimfahrt Peter Hoeres "Sonderwegsdebatte" (Die Ursachen der deutschen Gewaltpolitik in britischer Sicht 1914-1918) gelesen.

Ein super Artikel aus dem Jahr 1996!

Nachdem ich mir gestern noch den alten Schinken "virtuelle Geschichte" von Nail Ferguson hervorgekramt habe, versteh ich die Diskussion um die mangelnde Wissenschaftlichkeit von Ferguson umso weniger.

Hoeres argumentiert analog Ferguson: England war am Anfang des letzten Jahrhunderts eher pro deutsch und alles andere als eindeutig f ü r den Kriegseintritt 1914. Gerade Wissenschaftler waren gegen einen "Bruderkrieg" mit Deutschland.

Erst am Vorabend des Krieges im August 1914 brach eine Propaganda-Maschine los, die das FEINDBILD DEUTSCHLAND (militaristische, barbarische Hunnen) aufbaute. Die Greueldaten in Belgien, mit denen man das zu belegen suchte, waren vorgeschoben.

GENAUSO argumentiert Ferguson auch. Es war ein großer Aufwand seitens der Kriegstreiber nötig, z. b. mittels der ZWEI-Deutschland-Theorie, den großen Wunsch nach Neutralität bei den Britten auszuhebeln.

Es hätte durchaus sein k ö n n e n, dass England dem DEUTSCHEN WERBEN um Neutralität nachgekommen wäre. Es stand spitz auf Knopf, welche Richtung sich in England durchsetzen würde.
Da sind sich Ferguson und Hoeres einig.


Die europäische Geschichte im 20igsten Jahrhundert wäre anders verlaufen, hätte sich England 1914 neutral verhalten. Das liegt auf der Hand. Wie genau, das kann natürlich niemand sagen.

Wo liegt das Problem? Worin liegt die unwissenschaftliche Herangehensweise von Naill Ferguson?
 
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So jetzt hab ich auf der Heimfahrt Peter Hoeres "Sonderwegsdebatte" (Die Ursachen der deutschen Gewaltpolitik in britischer Sicht 1914-1918) gelesen.

Ein super Artikel aus dem Jahr 1996!

Nachdem ich mir gestern noch den alten Schinken "virtuelle Geschichte" von Nail Ferguson hervorgekramt habe, versteh ich die Diskussion um die mangelnde Wissenschaftlichkeit von Ferguson umso weniger.

Hoeres argumentiert analog Ferguson: England war am Anfang des letzten Jahrhunderts eher pro deutsch und alles andere als eindeutig f ü r den Kriegseintritt 1914. Gerade Wissenschaftler waren gegen einen "Bruderkrieg" mit Deutschland.

Erst am Vorabend des Krieges im August 1914 brach eine Propaganda-Maschine los, die das FEINDBILD DEUTSCHLAND (militaristische, barbarische Hunnen) aufbaute. Die Greueldaten in Belgien, mit denen man das zu belegen suchte, waren vorgeschoben.

GENAUSO argumentiert Ferguson auch. Es war ein großer Aufwand seitens der Kriegstreiber nötig, z. b. mittels der ZWEI-Deutschland-Theorie, den großen Wunsch nach Neutralität bei den Britten auszuhebeln.

Es hätte durchaus sein k ö n n e n, dass England dem DEUTSCHEN WERBEN um Neutralität nachgekommen wäre. Es stand spitz auf Knopf, welche Richtung sich in England durchsetzen würde.
Da sind sich Ferguson und Hoeres einig.


Die europäische Geschichte im 20igsten Jahrhundert wäre anders verlaufen, hätte sich England 1914 neutral verhalten. Das liegt auf der Hand. Wie genau, das kann natürlich niemand sagen.

Wo liegt das Problem? Worin liegt die unwissenschaftliche Herangehensweise von Naill Ferguson?

Ende des 19.Jahrhundert bzw. Beginn des 20.Jahrhunderts gab es zwischen Großbritannien und Frankreich eine erbitterte imperialisitische Rivalität, wobei es 1898 fast zum Krieg gekommen wäre. Nur: Es kam nicht so weit und aus der Krise wurde bis 1904 Mittel und Wege gefunden die kolonialen Interessengegensätze auszuräumen. Das fand seinen sichtbaren Ausdruck in der Entente Cordiale. Die Franzosen waren fortan bemüht zwischen Briten und Russen ebenfalls einen Ausgleich zu arrangieren, was 1907 auch gelang. Die neue liberale britische regierung mit Außenminister Edward Grey wollte diesen Ausgleich ohnehin und hat dies gleich in seinen ersten Amtstagen den russischen Botschafter wissen lassen. Grey hatte aber zu Beginn seiner Amtszeit ein sehr negatives Bild vom Deutschen Reich, welches sich ab 1911 zu wnadel begann. Die britische Öffentlichkeit stand unterdem Eindruck der permanenten deutschfeindlichen Berichterstattung der Presse den Deutschen ganz allgmein kritisch bis feindselig gegenüber.
 
Es hätte durchaus sein k ö n n e n, dass England dem DEUTSCHEN WERBEN um Neutralität nachgekommen wäre. Es stand spitz auf Knopf, welche Richtung sich in England durchsetzen würde.
Da sind sich Ferguson und Hoeres einig.

Das ist schlichtweg falsch dargestellt! In seinem entsprechenden Buch zum WW1 entwickelt Ferguson diesen Gedankengang über das Verhältnis von GB zum DR im Kapitel "Großbritanniens Krieg der Illussionen" (S. 92ff). Und entwickelt diesen Gedankengang ausgesprochen widersprüchlich.

Und betont, wie es Turgot auch betont, beispielsweise die starke Unterstützung von Grey durch die konservative Presse.

Zudem schreibt Ferguson, dass Grey die "stillschweigende Unterstützung der [konsertvativen] Opposition entgegen" kam (S. 95).

Gleichzeitig weist er im nächsten Satz darauf hin, dass dass die liberale Mehrheit zwischen 1906 und 1914 dahinschmolz und somit der Einfluß einer tendenziell deutschkritischer Sicht auf die Interessen des Empire zunahm.

@Anthea: Das widerspricht Deiner Darstellung, dass eine Propaganda erst in 1914 "losbrach" und eine deutschfreundliche britische Bevölkerung manipulativ in den Krieg trieb. Es gab keine relevante deutschfreundliche Sicht, weder in der Bevölkerung, nicht in den Medien, nicht im Parlament und auch nicht auf der Ebene der administrativen Eliten (RN, Armee etc.). Dennoch ist das durchaus nicht gleichzusetzen mit einer universellen deutschfeindlichen Stimmung. Es gab beispielsweise mit Haldane durchaus wohlgesonnene Politiker, die dennoch empireorientiert dachten!!!!!!

Der falsche Krieg: Der Erste Weltkrieg und das 20. Jahrhundert - Niall Ferguson - Google Books

Die Ausbalancierung der kontinentalen Mächte, als zentrale britische politische Prämisse zur Bewertung der deutschen Außenpolitik vor 1914, kam dann auch in den relativ gemäßigten Vorstellungen der Briten zur Geltung wie Peter (Britische Kriegsziele und Friedensvorstellungen, S. 95ff) zum Ausdruck.

Der Erste Weltkrieg: Wirkung, Wahrnehmung, Analyse - Google Books

Vor diesem Hintergrund ist die normative Sicht von Ferguson, dass ein Krieg zwischen GB und DR nicht zwingend war, für mich aus der britischen Sicht des Jahres 1914 absolut nicht nachvollziehbar und wird auch im Kontext der globalen Interessen des britischen Empire nicht dargestellt.
 
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Die britische Öffentlichkeit stand unterdem Eindruck der permanenten deutschfeindlichen Berichterstattung der Presse den Deutschen ganz allgmein kritisch bis feindselig gegenüber.

Die Ekzesse der britischen (ob nun in den Phobien, Scares, Hetzkampagnen ausgeprägter, nationalistischer, radikaler als die Kollegen der russischen, deutschen, französischen Redaktionen etc., darüber lässt sich streiten) sind bekannt.

Zum Forschungsstand:

Die Haltung "der" britischen Öffentlichkeit ist unbekannt, da dazu belastbares empirischen Material nebst seriösen wissenschaftlichen Untersuchungen fehlt. Es gibt ein paar Anrisse zu "Pressekriegen". Mehr als Impressionen geben diese Untersuchungen nicht her, insbesondere kein Bild der Wirkmächtigkeit, der langfristigen Folgen, oder der Veränderungen durch die Hetzkampagnen.

Was bekannt ist, ist: "die" britische Öffentlichkeit ist zunächst einmal in Gruppen zu zerlegen, deren oder germanophobe oder germanophile Attitüden wechselten. Weiterhin ist es ein Trugbild, diese Attitüden "repräsentativ" auf einzelne Personen (oder auf Zitate einzelner Personen) zuzuspitzen, da Belege für Repräsentativität schlicht nicht vorhanden sind.

Die Komplexität wird einem spätestens klar, wenn man mal losgelöst vom WK I-Thema sich (gewissermaßen "neutral") mit der sozio-politischen oder sozio-ökonomischen Forschung zu "der" britischen Öffentlichkeit im langen 19. Jahrhundert beschäftigt.

Literatur gern auf Nachfrage.
 
Es gilt also zu differenzieren zwischen der veröffentlichen und öffentlichen britischen Meinung.
 
Wirken die beiden Geschichten halbwegs realistisch? Oder purer Unsinn? Würde mich mal interessieren was Spezialisten wie ihr dazu sagt.

In beiden Fällen wird deutlich, dass dort Personen am Werk waren, die die entsprechende Literatur nicht kennen und deswegen sich mangels Kenntnis lieber mit alternativer Geschichte beschäftigen.

Beispielsweise zur "Operation Seelöwe" und den Verteidugungsanstrengungen au britsicher Seite finden sich im Geschichtsforum ausreichend kompetente Hinweise.

Die Darstellungen unter der "Tod von Todt" ???? sind völliger Schwachsinn bzw. eher politisches Wunschdenken.

Auch dieses wurde im Forum bereits ausführlich diskutiert, wie beispielsweise in Bezug auf "Operation Taifun".
 
Und wie sieht es mit der deutschen Rüstung aus.
Gegen Ende konnten die Deutschen ja das an Material herstellen wozu sie vorher ein Jahr brauchten, und das obwohl es an Rohstoffen, Erdöl und Arbeitskräften mangelte nach dem sich das Blatt gewendet hatte.
Wie kam das? Doch nicht etwa wirklich durch Speer?
Trotzdem muss man dieses "Wunder" doch irgendwie erklären können?
 
Antwort Ostfront

Ich bin der Meinung, dass Russland viel zu groß war/ist (ca. 7000 km) als das nur 3-4 mio Soldaten es besiegen könnten. Dazu kommt der harte russische Winter, welcher den Deutschen hart zusetzte (zu ihrer Niederlage in der Schlacht um Stalingrad führte) und auf den die Deutschen nicht vorbereitet waren, da Hitler ein Durchhalten der Russen bis zum Winter 1941 für unmöglich bezeichnete
 
Trotzdem muss man dieses "Wunder" doch irgendwie erklären können?

Was für ein "Wunder"? Könntest Du bitte mal vergleichende Tabellen der wichtigsten Nationen heraussuchen über die entsprechenden relevanten Rüstungsindices.

Dann wirst Du im Vergleich sehen, dass es dieses "Wunder" nicht gab. Es gab Steigerungen der Rüstungsproduktion, die auch an die Person von Speer gebunden waren, die jedoch auch punktuell ausfielen und das Abfallen der Rüstungsproduktion insgesamt gegenüber den Gegnern nicht wett machen konnte.

Es war von allem zu wenig vorhanden für den Krieg, den das 3. Reich bzw. Hitler führte. Vor allem zuwenig qualifizierte Arbeiter, da diese bereits an der Front kämpften.

Eine kompetente Darstellung zur Rüstungsproduktion des 3. Reichs findest Du bei Tooze.

Ökonomie der Zerstörung: Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus - J. Adam Tooze - Google Books
 
Laut dieser Grafik wurden 1944 fast zehnmal so viele Panzer produziert wie 1939, und das obwohl die deutsche Wirtschaft und Industrie damals doch eigentlich gesünder gewesen sein sollte oder?
Woher kam genau die krasse Steigerung? Grob zusammengefasst?

1. Das "Rüstungswunder" ist der Beitrag von Speer zur NS-Propaganda.

2. Faktisch ist es so, dass beispielsweise in GB, mit einem ähnlichen Ausgangsniveau der Industrieproduktion in den dreißiger Jahren, eine sehr ähnliche Entwicklung bei der Rationalisierung in den vierziger Jahren einsetzte. In diesem Sinne ist die Entwicklung der Produktivität im 3. Reich nicht außergewöhnlich.

Relevant dafür ist die "Lernkurve", die im Rahmen der Skaleneffekte bei der Produktion über die Zeit einsetzt (vgl. Tooze, S. 634ff) und konkret auch Overy (War and Economy in the Third Reich, S. 363).

Skaleneffekt ? Wikipedia

3. Ansonsten sind teilweise die Steigerungen auch durch eine deutlich höhere Zuteilung an Stahlmengen erreicht worden, wie im Fall der Munitionsproduktion (vgl. Tooze, S. 660)

4. Bei der Gesamtbewertung des "Rüstungswunders" soll Tooze das letzte Wort haben:"Das die Produktionsrekorde des Reichs [die durchaus eine erfolgreiche Geschichte der Rationalisierung waren] gegenüber der Masse an Material, die seine Feinde einsetzten, regelrecht verblassten, ignorierte er [Speer] lieber gleich ganz." (Tooze, S. 638).

Es gibt zudem zwei weitere Aspekte. Der eine Aspekt betrifft das Vorhandensein kritischer Werkstoffe, wie Kautschuk für die Herstellung von Gummi / Reifen. Ähnliches gilt auch für andere Rohstoffe.

Und: Die isolierte Betrachtung von einzelnen Produktionszahlen abstrahiert von dem operativen Zwang, kombinierte Streitkräfte, einzusetzen. Und sie, auch via Betriebsstoffe / Benzin etc. auch einsatzfähig zu halten. Ansonsten kann man einen Tiger/Panther hervorragend einbuddeln und als stationären Bunker benutzen.

Und diese letztlich militärisch relavanten Aspekte, die die Kampfkraft beeinflussen, sind wichtiger wie die Verweise auf isolierte Statistiken zur Panzerherstellung etc.
 
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Die Nationalisten in China waren ja anfangs noch mit den Bedingungen des Friedensvertrages einverstanden, doch als sie zustimmen wollten waren die Japaner schon zu erfolgreich.
Waren sie Chinesen später immer noch für Behandlungen bereit? Oder war dies die letzte Chance der Japaner einen Speratfrieden zu schließen?

http://www.abload.de/img/hirohitoundchianglwsjl.jpg
 
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