Germanische Götter in Schrift- und Bildquelle

was Yidden angeht... ländliches Brauchtum kann so viele Quellen haben, z.B. örtliche Jagdbräuche, eine lokale Begebenheit, eine verstorbene Persönlichkeit mit einem dazugehörigen "Schwank" etc. alles viel wahrscheinlicher als das Überleben von altem heidnischem Brauchtum.
Finde ich mal garnicht. Diese Sichtweise hat sich zwar in letzter Zeit eingebürgert, gerade in der deutschen Volkskunde, aber ich finde das nachwievor zu hinterfragen. In ländlichen Gebieten mit einer Bevölkerungskontinuität können sich überlieferte Bräuche erstaunlich lange halten. Als konkretes Beispiel würde mir hier z.B. die Brauchtumskontinuität zwischen der Inschrift von Floksand und dem Völsa Pattr einfallen, dass sind immerhin 1000 Jahre, und man kann davon ausgehen, dass der Brauch selber noch wesentlich älter ist.

Es gibt Bräuche die nachweisbar bis zu 3000 Jahren überdaurt haben. Ich empfehle dazu die Lektüre von Alver (1989), Axboe (1988) und Rosenfeld (1957).

Eine Chronik aus der Renaissance bleibt die einzige Quelle, nach heutigen Masstäben ist das eigentlich gar nichts zitierbares mehr...

Mein Professor vermutet, dass der besagte Chronist hier einfach auf ältere Quellen zurückgegriffen hat, die heute nicht mehr existieren. Er führt den Krodo auf einen importieren, römischen Kult zurück, da die Wortwurzel Kro/Cro keine Entsprechung im germanischen hat.
 
Eine Chronik aus der Renaissance bleibt die einzige Quelle, nach heutigen Masstäben ist das eigentlich gar nichts zitierbares mehr...

Du sprichst bestimmt von der Sachsenchronik des Konrad Bothe, die aus der Zeit um 1500 stammt. Dort ist laut Tante Wiki im Jahr 1492 folgender Eintrag zu lesen:

"ikk vinde in der skrift, dat hier in Ostsassen to der Hartesborgk gestan hadde eyn Afgoot na SARTURNO un den heten de Lüde un dat meyne Volk: "KRODO".

Wenn man bedenkt, dass es auch Sagen und Überlieferungen zu Krodo gibt, ganz abgesehen vom Krodo-Tal bei Goslar, so lässt sich immerhin vermuten, dass hier ein historischer Kern stecken und es einen altsächsischen Gott (oder Dämon?) KRODO gegeben haben könnte.

Grimm vermutet, dass der Name von einem älteren Hruodo herrühren könne. Er sagt, dass vom bei Bothe (0ben) erwähnten Saturn/Krodo ein Bild überliefert sei,

Grimm schrieb:
"das den götzen als Mann darstellt, der auf einem großen Fische steht, in der rechten Hand ein Gefäß mit blumen und in der linken ein emporgerichtetes Rad hält; dem römischen Saturm wurde die Sichel, kein Rad beigelegt.

(Jacob Grimm, Deutsche Mythologie, Band 1, S. 206, Nachdruck von 1968)
 
Du sprichst bestimmt von der Sachsenchronik des Konrad Bothe, die aus der Zeit um 1500 stammt. Dort ist laut Tante Wiki im Jahr 1492 folgender Eintrag zu lesen:

"ikk vinde in der skrift, dat hier in Ostsassen to der Hartesborgk gestan hadde eyn Afgoot na SARTURNO un den heten de Lüde un dat meyne Volk: "KRODO".

Wenn man bedenkt, dass es auch Sagen und Überlieferungen zu Krodo gibt, ganz abgesehen vom Krodo-Tal bei Goslar, so lässt sich immerhin vermuten, dass hier ein historischer Kern stecken und es einen altsächsischen Gott (oder Dämon?) KRODO gegeben haben könnte.

Grimm vermutet, dass der Name von einem älteren Hruodo herrühren könne. Er sagt, dass vom bei Bothe (0ben) erwähnten Saturn/Krodo ein Bild überliefert sei,

Danke Dieter für diesen Hinweis. Man müsste mal gucken, ab wann die Orts- und Flurnamen mit *Krodo überliefert sind. Ich vermute, dass sie älter als 1492 sind.
 
Vielleicht sollte man auch Fro nicht außer acht lassen.
Das Problem der germanischen Mythologie, ich denke mal, daß ist bestimmt schon hier angesprochen worden, ist, schriftliches haben wir aus früher Zeit nur von den Römern, aus späterer Zeit nur von christlichen Autoren. Germanische (ich nenne es mal der Einfachheit halber so), schriftliche quellen haben wir erst aus Skandinavien. Ein weiterer Punkt ist, daß es DIE germanische Mythologie nicht gibt. Götter gleichen Namens können in zwei unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Bereiche abgedeckt haben oder aber Götter mit verschiedenen Namen denselben Bereich. zudem hat z.B. Odin in der skandinavischen Literatur viel, wnn nicht unzählige epische Namen. Mal tritt er als Heiler auf, mal als Krieger, mal als Richter, mal.....
 
Die Odinsheiti begründen sich aber schon lange vor der skaldischen Literatur des Mittelalters und sind in den Odinsmythen zu suchen, die auf den völkerwanderungszeitlichen Brakteaten abgebildet sind.

Die Behauptung es gebe nicht DIE germanischen Mythologie halte ich für irreführend und nicht mehr aktuell. Wir haben ebenso viele Beweise und Indizien von Ähnlichkeiten und Kontinuitäten von Tacitus bis zur Edda, dass man zu anderen Schlüssen kommen könnte. Ich würde vielmehr konkretisieren: Germanische Mythologie war regional je anders gewichtet und und unterlag verschiedenen Ausrichtungen. Kernmythen, Abstammungsmythen etc. werden bei den meisten germanischen Völkern/Stämmen identisch gewesen sein, genauso wie ein Grundpantheon. Das es Abweichungen und Hinzufügungen gegeben hat, liegt allerdings in der Natur des Polytheismus. So konnte Odin-Wodan in kriegerischen Zeiten als Kult an Bedeutung gewinnen, während der Wanen-Kult (dessen Fruchtbarkeitsmythen wohl bis in die nordische Bronzezeit zurückreichen) verdrängt wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
So konnte Odin-Wodan in kriegerischen Zeiten als Kult an Bedeutung gewinnen, während der Wanen-Kult (dessen Fruchtbarkeitsmythen wohl bis in die nordische Bronzezeit zurückreichen) verdrängt wurde.

Es ist ja überhaupt zu vermuten, dass Odin/Wotan erst in späterer Zeit an Bedeutung gewann und als ursprünglicher Sturm- und Totengott zur obersten Gottheit aufstieg. Davor wird vermutlich der uralte Himmelsgott Ziu höchster Gott gewesen sein - zumindest im mitteleuropäisch-germanischen Sprachraum.

Da keine schriftlichen Überlieferungen vor der Edda existieren, ist es völlig ungewiss, wie weit der Mythos vom Wanenkampf zurückreicht. Dass die indoeuropäischen Götter auf eine uralte Schicht zurückgehen, ist jedenfalls unbestritten. Bekanntlich entspringt der Name "Zeus" derselben indogermanischen Wortwurzel wie lat. deus (Gott), germ. *Tiwaz und vedisch-altind. deva (Dyaúh pitá), die Ausdruck eines gemeinsamen indogermanischen Gottesbildes ist und auf einen in der Grundsprache erschlossenen indoeuropäischen Himmelsgott "deiwos" zurückgeht.

Der berühmte "Wanenkrieg" wird von einigen als Ausdruck einer Auseinandersetzung zwischen kriegerischen indoeuropäischen Göttern und einer alteingesessenen bäuerlichen Schicht von Fruchtbarkeitsgottheiten gedeutet. Er würde damit sogar bis in eine spätneolithische Vergangenheit zurückreichen. Das hat natürlich nur Gültigkeit unter der Voraussetzung, dass man eine autochthone neolithische Bauernbevölkerung postuliert, die im 3. Jahrtausend v. Chr. von einer indoeuropäischen Population überschichtet wurde, die man als halbnomadische kriegerische Hirten und Viehzüchter bezeichnen könnte.

Es sei gleich gesagt, dass es sich hier nur um Hypothesen und Spekulationen handelt und andere Erklärungsmuster für den Wanenkrieg selbstverständlich denkbar sind.
 
Dem ersten Teil kann ich problemlos zustimmen. *Wodanaz halte ich für eine sehr alte Gottheit, derer sich auch in anderen indoeuropäischen Kulturen Entsprechungen finden. Bedeutung als Kriegs und Herrschergott gewann er meiner Meinung nach erst mit einer Verschlechterung des Klimas und damit zusammenhängender materieller Armut (was wiederum zu kriegerischen Auseinandersetzungen unter den Germanenstämmen führte, in etwa diese Zeit fallen die ersten Waffen und Schiffsopfer, siehe Hjortspringboot), sowie im Kontakt mit den Römern. In so einer rauhen Zeit tritt die Bedeutung von Sonnenkult und Fruchtbarkeitsriten natürlich in den Hintergrund. Natürlich werden die Wanen und ihr Kult nie völlig vertrieben, zu eng sind diese Gottheiten mit den agrarischen Vorstellungen und Bräuchen einer mit Ackerbau und Viehzucht verbundenen Kulturform verwoben. Aber schon in der Edda steht: Odin warf den ersten Speer gegen die Wanen und brachte so den Krieg in die Welt.

Somit setze ich den Wanenkrieg in die RMK, Anfang der VKW. Eine Epoche, in der das "goldene Zeitalter" (ich nenn es mal salopp so) endgültig endete. Odin bringt hier als Kriegsgott den Krieg in die Welt und die Wanen werden von den Asen überlagert.

Nachhall findet dies auch im oben schon erwähnten Völsa Pattr. Dort nennt sich König Olaf "Grim", als er einer Bauernfamilie einen wanischen Kult austreibt, und durch das Christentum ersetzt. Hier greift der Autor auf ein Odins-Heiti zurück. Das ist nicht etwa Zufall sondern ein Kenning, das dem damaligen Leser wohl geläufig war. So wie Grim (Odin) den Wanenkult vertrieb, vertreibt auch jetzt König Olaf den Wanenkult und ersetzt ihn durch das Christentum.

Alles natürlich Spekutlation, aber die Indizien legen den Wanenkrieg doch eher in diese Zeit, als in das Neolithikum.

LG

Skald
 
Die Odinsheiti begründen sich aber schon lange vor der skaldischen Literatur des Mittelalters und sind in den Odinsmythen zu suchen, die auf den völkerwanderungszeitlichen Brakteaten abgebildet sind.
Ich habe auch nicht behauptet, daß sie Erfindungen der skaldischen Literatur sind. unter diesen Namen mögen aber auch einige sein, die ursprünglich nicht dem Gott Odin zugeordnet gewesen sein müssen, sondern Götternamen kleiner Einheiten, die irgendwann mit Odin zusammenfielen. Trotzdem ist die heidnische Religion der Skaldenzeit schon vom Christentum beeinflußt. wir wissen z.B. nicht, ob Odin im Baum hing, weil es heidnische Tradition war oder als Gegenentwurf zu den Leiden Christi.

Die Behauptung es gebe nicht DIE germanischen Mythologie halte ich für irreführend und nicht mehr aktuell. Wir haben ebenso viele Beweise und Indizien von Ähnlichkeiten und Kontinuitäten von Tacitus bis zur Edda, dass man zu anderen Schlüssen kommen könnte. Ich würde vielmehr konkretisieren: Germanische Mythologie war regional je anders gewichtet und und unterlag verschiedenen Ausrichtungen. Kernmythen, Abstammungsmythen etc. werden bei den meisten germanischen Völkern/Stämmen identisch gewesen sein, genauso wie ein Grundpantheon. Das es Abweichungen und Hinzufügungen gegeben hat, liegt allerdings in der Natur des Polytheismus. So konnte Odin-Wodan in kriegerischen Zeiten als Kult an Bedeutung gewinnen, während der Wanen-Kult (dessen Fruchtbarkeitsmythen wohl bis in die nordische Bronzezeit zurückreichen) verdrängt wurde.

Das ist genau das, was ich mit "nicht DIE" ausdrücken wollte. Wobei wir an anderer Stelle überhaupt über das Germanenproblem gesprochen haben. Eine interessante Frage ist ja, kann man die Germanen überhaupt als eine gemeinsame ethnische Gruppe zusammenfassen. Nahe verwandt sind sie allemal, das scheint mir keine Frage zu sein. Wenn wir die Jastorf-Kultur als Ausgangspunkt der Germanenethnogenese sehen, dann scheiden einige Gruppen gleich aus, ebend auch die in Skandinavien. was hätte solch eine These für Auswirkungen auf das vermeintliche germanische Pantheon?
Genauso berechtigt erscheint mir die Frage nach den Asen und Vanen. sind das zwei Götterdynastien oder nicht erst skaldische Erfindung. Gab es diese Trennung bei den Südgermanen auch? Warum muß man als kriegerische Gruppe überhaupt Odinsanhänger sein? Ich hatte über die Franken schon mal berichtet, daß ich die bistea Neptuni Minotaurus similis als Ing/Fro/Freyr deute. warum soll ein "potenter" Gott im Bereich Fruchtbarkeit nicht auch "potent" im Krieg sein?
 
Alles natürlich Spekutlation, aber die Indizien legen den Wanenkrieg doch eher in diese Zeit, als in das Neolithikum.

Fruchtbarkeitsgötter, Fruchtbarkeitskulte, mächtige Göttinnen und Geschwisterehe - wie bei den Wanen - sind den patriarchalisch strukturierten Indoeuropäern eher fremd.

zu den Wanen passt viel eher eine neolithische Kultur, wie wir sie vor Ankunft der Indoeuropäer in ganz Europa finden und zwar vom 7.-3. Jahrtausend. Aus dieser Zeit kommt für mich das "goldene Zeitalter", als es noch keine patriarchalisch geschichtete feudale und kriegerische indoeuropäische Adelsaristokratie gab, sondern die typische ungeschichtete bäuerliche Bevölkerung vorindoeuropäischer neolithischer Völker.

Diese kannten vermutlich nur Dorfälteste, die möglicherweise eher Frauen als Männer waren - um es einmal etwas provokativ zu betonen.
 
Ich habe auch nicht behauptet, daß sie Erfindungen der skaldischen Literatur sind. unter diesen Namen mögen aber auch einige sein, die ursprünglich nicht dem Gott Odin zugeordnet gewesen sein müssen, sondern Götternamen kleiner Einheiten, die irgendwann mit Odin zusammenfielen. Trotzdem ist die heidnische Religion der Skaldenzeit schon vom Christentum beeinflußt. wir wissen z.B. nicht, ob Odin im Baum hing, weil es heidnische Tradition war oder als Gegenentwurf zu den Leiden Christi.

Hey beorna,

Ich wollte dich nicht anpflaumen. Sollte das so rübergekommen sein, entschuldige ich mich. Meine Absicht lag in einer Konkretisierung und dem Hinzufügen weiterer Aspekte. Natürlich war die Skaldenlyrik schon beeinflusst vom Christentum. Das Selbstopfer Wodan-Odins ist allerdings meiner Meinung nach noch ur-heidnisch und auch auf Brakteaten belegt -> Odin verwundet sich mit seinem eigenen Speer, Odin wird von einer Bestie verschlungen (und kehrt gestärkt zurück), Odin durchquert das Totenreich und erlangt so Macht über die Todesdämonen...usw. Ob der konkrete Mythos mit dem Hängen im Baum allerdings heidnisch ist, wage ich zu bezweifeln, erinnert er doch sehr stark an Jesus am Kreuz. Hier fand wohl eine Vermischung der beiden Vorstellungswelten statt.

Das ist genau das, was ich mit "nicht DIE" ausdrücken wollte. Wobei wir an anderer Stelle überhaupt über das Germanenproblem gesprochen haben. Eine interessante Frage ist ja, kann man die Germanen überhaupt als eine gemeinsame ethnische Gruppe zusammenfassen. Nahe verwandt sind sie allemal, das scheint mir keine Frage zu sein. Wenn wir die Jastorf-Kultur als Ausgangspunkt der Germanenethnogenese sehen, dann scheiden einige Gruppen gleich aus, ebend auch die in Skandinavien. was hätte solch eine These für Auswirkungen auf das vermeintliche germanische Pantheon?
Genauso berechtigt erscheint mir die Frage nach den Asen und Vanen. sind das zwei Götterdynastien oder nicht erst skaldische Erfindung. Gab es diese Trennung bei den Südgermanen auch? Warum muß man als kriegerische Gruppe überhaupt Odinsanhänger sein? Ich hatte über die Franken schon mal berichtet, daß ich die bistea Neptuni Minotaurus similis als Ing/Fro/Freyr deute. warum soll ein "potenter" Gott im Bereich Fruchtbarkeit nicht auch "potent" im Krieg sein?

Ich sehe z.B. die Jastorf-Kultur als eine, nicht als die Keimzelle germanischer Kultur an. Erkläre mir bitte die Auswirkungen dieser These auf das germanische Pantheon. Wir haben doch später ähnlichste Vorstellung bei Nord und Elbgermanen.

Asen und Wanen sind für mich nach meinem Wissen keine skaldischen Erfindungen sondern Realität. Dazu auch Heinrich Beck - Probleme der Völkerwanderungszeitlichen Religionsgeschichte. Ob sie tatsächlich Wanen hießen, spielt dabei keine Rolle. Wir haben deutlich ein älteres Pantheon (ich sehe den Ursprung in der nordischen Bronzezeit), dass eher mit dem Bereich Fruchtbarkeit in Verbindung steht, und eine "neuere" Pantheon, dass ich mit Krieg und Herrschaft in Verbindung bringe. Krieg etabliert in der VKW Zeit Herrschaft, ein starker, zentraler Herrschafsgott untermauert diesen Anspruch (siehe dazu auch Sakralkönigstum). Deswegen das Erstarken des Odinskultes...was dann auch zur einer raschen Verbreitung des Christentums bei der Oberschicht führe. Ich hoffe, deine Frage damit beantwortet zu haben. Hinzufügend möchte ich auch noch auf Odins Rolle bei Männerbünden (Obacht, Spekulation) und Krieger-Initiationen hinweisen. Siehe dazu auch Kris Kershaw - Odin, the One-Eyed God and the Indo-Germanic Männerbünde (Journal of Indoeuropean Studies, 2001) oder Otto Höfler, wenn dir das nicht zu heiß ist.:grübel:

LG

Skald
 
Fruchtbarkeitsgötter, Fruchtbarkeitskulte, mächtige Göttinnen und Geschwisterehe - wie bei den Wanen - sind den patriarchalisch strukturierten Indoeuropäern eher fremd.

zu den Wanen passt viel eher eine neolithische Kultur, wie wir sie vor Ankunft der Indoeuropäer in ganz Europa finden und zwar vom 7.-3. Jahrtausend. Aus dieser Zeit kommt für mich das "goldene Zeitalter", als es noch keine patriarchalisch geschichtete feudale und kriegerische indoeuropäische Adelsaristokratie gab, sondern die typische ungeschichtete bäuerliche Bevölkerung vorindoeuropäischer neolithischer Völker.

Diese kannten vermutlich nur Dorfälteste, die möglicherweise eher Frauen als Männer waren - um es einmal etwas provokativ zu betonen.

Kein Wiederspruch. Wie schon gesagt, können sich solche Vorstellungen erstaunlich lange halten. Ich sehe die Wanen ja auch in einem viel älteren Kontext als die Asen. Wir haben ja auch in der nordischen Bronzezeit (also nach der vermuteten Überlagerung durch Indogermanen) in Norddeutschland und Skandinavien einen Sonnen- und agraischen Fruchtbarkeitskult, aber auch Hinweise auf "Speergötter" und "Axtgötter". Nur halt nicht so dominierend. Deswegen meine zeitliche Einordnung des Wanenkrieges.
 
Natürlich war die Skaldenlyrik schon beeinflusst vom Christentum. Das Selbstopfer Wodan-Odins ist allerdings meiner Meinung nach noch ur-heidnisch und auch auf Brakteaten belegt -> Odin verwundet sich mit seinem eigenen Speer, Odin wird von einer Bestie verschlungen (und kehrt gestärkt zurück), Odin durchquert das Totenreich und erlangt so Macht über die Todesdämonen...usw. Ob der konkrete Mythos mit dem Hängen im Baum allerdings heidnisch ist, wage ich zu bezweifeln, erinnert er doch sehr stark an Jesus am Kreuz. Hier fand wohl eine Vermischung der beiden Vorstellungswelten statt.

Allerdings haben die Brakteaten wiederum ihren Ursprung im römisch-christlichen Kulturraum. Ich möchte sie damit nicht als Beleg für eine heidnische Übernahme christlicher Vorstellungen oder Mytheme verstanden wissen. Aber ich möchte sie doch als Gegenbeweis gegen die heidnische Übernahme christlicher Mytheme ausschließen.

Krieg etabliert in der VKW Zeit Herrschaft,

Du bildest seltsame Abkürzungen. Du meinst doch die Völkerwanderungszeit? Oder - aus einem vorherigen Beitrag - die Römische Kaiserzeit?
 
Hey beorna,

Ich wollte dich nicht anpflaumen. Sollte das so rübergekommen sein, entschuldige ich mich. Meine Absicht lag in einer Konkretisierung und dem Hinzufügen weiterer Aspekte. Natürlich war die Skaldenlyrik schon beeinflusst vom Christentum. Das Selbstopfer Wodan-Odins ist allerdings meiner Meinung nach noch ur-heidnisch und auch auf Brakteaten belegt -> Odin verwundet sich mit seinem eigenen Speer, Odin wird von einer Bestie verschlungen (und kehrt gestärkt zurück), Odin durchquert das Totenreich und erlangt so Macht über die Todesdämonen...usw. Ob der konkrete Mythos mit dem Hängen im Baum allerdings heidnisch ist, wage ich zu bezweifeln, erinnert er doch sehr stark an Jesus am Kreuz. Hier fand wohl eine Vermischung der beiden Vorstellungswelten statt.
Ich hatte das erst überlegt:), dann aber verworfen:kuscheln:Nein, deine erweiterten Ausführungen waren durchaus hilfreich.


Ich sehe z.B. die Jastorf-Kultur als eine, nicht als die Keimzelle germanischer Kultur an. Erkläre mir bitte die Auswirkungen dieser These auf das germanische Pantheon. Wir haben doch später ähnlichste Vorstellung bei Nord und Elbgermanen.
Das ganze Thema ist viel zu unklar um wirklich darüber zu streiten. Es gilt vielmehr Denkansätze vorzustellen und zu diskutieren. Auswirkungen sehe ich darin, daß wir dann unterschiedliche Ethnien hätten, die erst in der ausgehenden vorrömischen Eisenzeit oder gar der RKZ überschichtet oder beeinflußt wurden. Dann dürften wir wohl nicht von einem gemeinsamen Pantheon ausgehen, außer von dem, was vielleicht schon in die Zeit der indo-europäischen Abstammung gehört.

Asen und Wanen sind für mich nach meinem Wissen keine skaldischen Erfindungen sondern Realität. Dazu auch Heinrich Beck - Probleme der Völkerwanderungszeitlichen Religionsgeschichte. Ob sie tatsächlich Wanen hießen, spielt dabei keine Rolle. Wir haben deutlich ein älteres Pantheon (ich sehe den Ursprung in der nordischen Bronzezeit), dass eher mit dem Bereich Fruchtbarkeit in Verbindung steht, und eine "neuere" Pantheon, dass ich mit Krieg und Herrschaft in Verbindung bringe. Krieg etabliert in der VKW Zeit Herrschaft, ein starker, zentraler Herrschafsgott untermauert diesen Anspruch (siehe dazu auch Sakralkönigstum). Deswegen das Erstarken des Odinskultes...was dann auch zur einer raschen Verbreitung des Christentums bei der Oberschicht führe. Ich hoffe, deine Frage damit beantwortet zu haben. Hinzufügend möchte ich auch noch auf Odins Rolle bei Männerbünden (Obacht, Spekulation) und Krieger-Initiationen hinweisen. Siehe dazu auch Kris Kershaw - Odin, the One-Eyed God and the Indo-Germanic Männerbünde (Journal of Indoeuropean Studies, 2001) oder Otto Höfler, wenn dir das nicht zu heiß ist.:grübel:
Das Problem ist halt, daß wir über die Frühzeit nichts wissen. Vielleicht hat man also diese Familien erfunden um einen echten Gegensatz zu schaffen, were weiß? Ob letztlich die Asen jüger sind? Wenn man auf die "Familien"-geschichte der Asen schaut, dann sind sie nicht unbedingt jung. Sie sind angeblich jünger als die Riesen. wer kann sagen ob Odin/Wotan nicht schon uralt sind nur weniger Bedeutung hatten? Interessant ist auch die Interpretatio Romana. Germanische Götter z.B. Wotan ist mal als Mercurius wiedergegeben, ein anderes Mal als Hermes (muß nachschauen, bin mir im Moment nicht ganz sicher). Also ein im Vergleich mit dem römischen Pantheon nicht dominierender aber doch wichtiger Gott.
Ich gebe dir Recht, daß Odin/Wotan sich durchaus als Gott für Krieger- und Männerbünde eignete. Doch kriegerische Attribute hatten sowohl Thor als auch Tyr um im nordischen Bereich zu bleiben. Und gerade Tyr als Äquivalent zu Jupiter, dem dyaus pitar der Indogermanen, hätte doch auch die Rolle eines Herrschaftsgottes übernehmen können. Man müßte also überlegen warum gerade Odin!
 
Hallo El Quijote: Ich meinte sowohl die Römische Kaiserzeit, als auch die Völkerwanderungszeit. Beide Epochen sind geprägt von mannigfaltigen Veränderungen in der Gesellschaft rechts des Rheins. Komische Abkürzungen, ja.:rotwerd:
 
Wegen dem Merkur statt Jupiter: Dies muss im Zusammenhang gesehen werden. Auch die antiken Gallier hatten nach lateinischer Überlieferung den "Merkur" als Hauptgott. Das ist meiner Meinung nach kein Zufall. Entweder wurden hier Erkenntnisse über die Gallier auf die Germanen übertragen oder es handelt sich um keltisch-germanischen Synkretismus oder aber um eine ältere Wurzel. Interessant ist hier noch die Nennung von Hermus durch Widukind von Corvei. Mit Hermes meint er allerdings Irmin, der dem Mars entsprechen soll. Widukind ging es da wohl eher um lautliche Ähnlichkeit.

Die Aussagen über den Asen-Vanen-Krieg sowie über die Ausbreitung des Odin-Kultes halte ich für äußerst spekulativ, auch oder gerade wegen der langen Tradition dieses Konstruktes.
Die Geschwisterehe ist den Indogermanen keineswegs fremd, sie Zeus und Hera. Ansonsten sehe ich die Abgrenzung von friedlichen Vanen und bösen Asen gar nicht so deutlich. Frigg und Freya sind quasi austauschbar. Freyrs Eber kann durchaus als Kampfschwein verstanden, was auch das Auftauchen Eberverzierungen an vendelzeitlichen Helmen erklärt. (Scheint fast so, als hätte Freyr seine friedliche Seite erst später erhalten.)
Was die Riesen betrifft, so finde ich da die Jupiter-Giganten-Säulen in den rheinischen Provinzen vielsagend. Ob dieser riesenschlachtende Jupiter nun keltisch oder germanisch, werden wir wohl nie erfahren; ist wahrscheinlich auch egal. Naja, die Idee mit dem Riesen ist zumindest auch für die Römische Kaiserzeit belegt.

Was eine frühere wohl eher protogermanische Religion betrifft, so Verweise ich gern auf bronzezeitliche Funde und werf einfach mal das Wort protogermanischer Entenkult in die Runde. Zusammen mit den goldenen Hüten deutet doch alles darauf hin, dass Dagobert Duck damals als Gottheit verehrt wurde.;)
 
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Wenn man bedenkt, dass es auch Sagen und Überlieferungen zu Krodo gibt, ganz abgesehen vom Krodo-Tal bei Goslar, so lässt sich immerhin vermuten, dass hier ein historischer Kern stecken und es einen altsächsischen Gott (oder Dämon?) KRODO gegeben haben könnte.

naja ich weiss nicht... an Ortsnamensetymologien hat man immer viel zu zweifeln und die erwähnten "Sagen" können auch gut auf besagter Chronik als Quelle beruhen.

Das einzige was mir dazu noch einfällt ist ein inschriftlich überlieferter Göttername "Creto" aus einer Weihinschrift aus Morbach in BW...

ich überlasse aber Etymologien lieber den Etymologen. Was die Deutung von Brauchtum angeht will ich nichts ausschließen aber darauf hinweisen ,daß eine gesunde Skepsis nicht unangebracht wäre.
 
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Kein Wiederspruch. Wie schon gesagt, können sich solche Vorstellungen erstaunlich lange halten. Ich sehe die Wanen ja auch in einem viel älteren Kontext als die Asen. Wir haben ja auch in der nordischen Bronzezeit (also nach der vermuteten Überlagerung durch Indogermanen) in Norddeutschland und Skandinavien einen Sonnen- und agraischen Fruchtbarkeitskult, aber auch Hinweise auf "Speergötter" und "Axtgötter". Nur halt nicht so dominierend. Deswegen meine zeitliche Einordnung des Wanenkrieges.

Eine wichtige Aussage, die auch meinen Vorstellungen nahe kommt.

Ich finde es ohnehin bedauerlich, dass man vielfach die vorindoeuropäische Zeit unterschlägt, die in ihrer neolithischen Phase mit immerhin nahezu 5000 Jahren (!) - von etwa 7500-2500 v.Chr. - tiefe Spuren sowohl in der Götterwelt als auch im sozialen Gefüge der Bevölkerung Europas hinterlassen haben muss.

Im renommierten Lexikon des Mittelalters, wo ich eben gerade mal nachgeschaut habe, mogelt man sich beim Stichwort "Wanenkrieg" etwas darüber hinweg, indem matriarchale Einflüsse bei den Wanen zugestanden werden, was natürlich nicht auf indoeuropäische Einflüsse zurückgehen kann.

Allerdings kann es auch sein, dass der kriegerische indoeuropäische Adel die Asen bevorzugt hat, während die bäuerliche Bevölkerung den fruchtbringenden Wanen zugetan war. Es könnte also eine soziale Differenzierung serfolgt sein, die auch das Pantheon berührt hat.
 
Das scheint die Ynglinge nicht interessiert zu haben! Ich halte die Einteilung in Götter des kriegerischen Adels und Götter der friedfertigen Bauernbevölkerung für reichlich überholt.
 
Das scheint die Ynglinge nicht interessiert zu haben! Ich halte die Einteilung in Götter des kriegerischen Adels und Götter der friedfertigen Bauernbevölkerung für reichlich überholt.

Diese Spekulation stammt aus dem Lexikon des MA.

Mehr als Hypothesen und Spekulationen können wir bei diesem Thema ohnehin nicht entfalten, doch erscheint mir die These von der indoeuropäischen Überschichtung einer vorindoeuropäischen Bevölkerung noch immer am reizvollsten zu sein. Ich gestehe aber jedem gern zu, dass zig andere Erklärungsmodelle möglich und vielleicht sogar wahrscheinlicher sind.
 
Mehr als Hypothesen und Spekulationen können wir bei diesem Thema ohnehin nicht entfalten (...).

DAS ist hier der Punkt! Aus Mythologien kann man alles mögliche herauslesen...

als hinduistische Entsprechung zu Zeus ist schon ein Gott Dyaus Pitar gefunden worden, in den Veden ein eher unbedeutender Himmelsgott der nur ein paar Mal erwähnt wird.

Sich bekriegende Göttergeschlechter finden sich auch bei den Daevas und Asuras, die Griechen hatten die Olypier, chtonischen Götter, Titanen und die Gigantomachie, die Kelten hatten die Devi und Andedi, die alten Iren die Invasion Myths...

Ich sehe es nicht als Zwingend an ,daß immer der Himmelsvater Jupiter oder Zeus der oberste Gott sein muss, warum nicht ein Gott der mit dem Gott der Magie Mercurius oder einem anderen mediterranen Gott identifiziert werden konnte... wie die Interpretatio Romana bei den Galliern zeigt war ja auch die Identifikation mit nur einer Gottheit nicht Zwingend... Taranis konnte je nach Sicht Jupiter und Dis sein.

Wenn es wissenschaftlich untermauerbar sein soll würde ich mich an Inschriften und die klassischen Zeugnisse halten und alles andere erstmal ausblenden...
 
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