Die Heldendichtung vermittelt ja nur ein idealtypisches Bild von der Ehrenhaftigkeit des germanischen Mannes.
Dort werden Aktionen als Ehrenhaft gepriesen, die uns an gesundem Menschenverstand zweifeln lassen, bspw. der Verzicht auf Waffen, damit man nicht der Feigheit bezichtigt werden kann, auch wenn es den sicheren Tod bedeutet, Warnungen in den Wind schlagen, aus eben demselben Grund...
So kann die Dichtung aber auch genau dafür benutzt werden um Selbige zu schwächen. Spottlieder waren dort ebenso mächtig wie Waffe und konntne die Ehre des Mannes vermindern. und so konnte man durch solche Reden vor einem Kampf die Ehre des Mannes schon direkt treffen um den Gegner direkt zu schwächen. (Hört sich auf den Redner bezogen nicht gerade sehr ehrenhaft an)
So hält z.B. der Dichter Thorleif jarlsskald in der Halle des ihm verfeindeten Jarl Hakon ein Lied ab. Ende vom Lied: der Jarl wird von einem heftigen Jucken befallen und liegt am Ende besinnungslos auf dem Boden und sein Bart ist ihm ausgefallen. Das ist die Wirkug einer
nið. und der Mann wurde dann zu einem
niðingr, Neidung
Ein König musste nicht nur Glück haben, ein König musste auch weitere Eigenschaften haben wie :
die "Kriegertugend" Mut im Kampf
die Weisheit
die Freigebigkeit (Milde)
Ein mit diesen Eigenschaften ausgestatteter König hat das auch Glück (
hamingja) Und ein richtiger ehrenhafter Held weist diese Tugenden dann auch direkt auf, da sie eben einfach ein sittliches Ideal darstellen...
Die Fiktion dieses Ideals des ehrenvollen Germanen hat sich aber anscheinend in heutiger Zeit aus den Heldensagen heraus auf den tatsächlichen Germanen übertragen (nicht zuletzt wegen diverser Propaganda bspw. des Ahnenerbes) und lässt viele heute glauben, dass der Germane schlechthin eben der Oberehrenhafte tugendhafte Held war.
Dabei wird dann ganz gerne vergessen, dass es ja auch noch Bauern gegeben haben muss ;O) und das echte Leben auch damals anders war, als in den erzählten Geschichten. Wobei ich natürlich nicht abstreiten will, dass es auch realexistierende idealtypische Helden gegeben hat.
Aber das Problem aus heutiger Sicht ist einfach die Vermischung des tatsächlichen Bildes vom ehrenhaften (oder unehrenhaften) Germanen mit dem Fiktiven, aber allzuoft als real angenommenen Bild.
Dazu kann man auch noch "Jan de Vries: Die geistige Welt der Germanen" empfehlen... allerdings immer mit gespitzen Ohren, da von 1945
http://homepages.uni-tuebingen.de/stefanie.wuerth/schriften/de_vries_wuerth_1999.pdf
Jan de Vries - Wikipedia