Germanische Sprache. Herkunft und Bedeutung von Namen.

Was bedeutet heute noch? Seit wann ist diese Deutung denn nicht mehr geläufig?
Wikipedia tut so, als würde die Herleitung Germanen von gair oder gairm vom Pfeifer vertreten. Dort steht aber - unter dem Lemma Germanist:

Die Herkunft des zugrunde liegenden Namens Germanen, der zuerst in der Form lat. Germānī als zusammenfassende Benennung für die Angehörigen der in den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende nördlich der Alpen und östlich des Rheins ansässigen Stämme auftritt, ist trotz vieler Etymologisierungsversuche ungeklärt; u. a. wird Identität mit dem Adjektiv lat.germānus ‘leiblich, echt, wahr’ oder kelt. Ursprung (vgl. etwa air. gairm ‘Ruf, Schrei’ oder air. gair ‘Nachbar’) erwogen.​
 
Wikipedia tut so, als würde die Herleitung Germanen von gair oder gairm vom Pfeifer vertreten. Dort steht aber - unter dem Lemma Germanist:

Die Herkunft des zugrunde liegenden Namens Germanen, der zuerst in der Form lat. Germānī als zusammenfassende Benennung für die Angehörigen der in den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende nördlich der Alpen und östlich des Rheins ansässigen Stämme auftritt, ist trotz vieler Etymologisierungsversuche ungeklärt; u. a. wird Identität mit dem Adjektiv lat.germānus ‘leiblich, echt, wahr’ oder kelt. Ursprung (vgl. etwa air. gairm ‘Ruf, Schrei’ oder air. gair ‘Nachbar’) erwogen.​
Klarerweise ist das alles nicht eindeutig belegbar. Immerhin haben wir es hier nicht nur mit einer nicht komplett bekannten und entschlüsselbaren Sprache zu tun sondern auch noch mit einer die vor 2000 Jahren gesprochen wurde. Also zu einer Zeit wo die Sprachmentalität wenn man es so nennen soll, eine andere war und daher auch die Bedeutung der Wörter eine Andere. Ich habe dazu auch gefunden: Gier, Geri, Gira von Gher und Hier, Her, von Kher. Vermutlich ein Übergang von einem k zum h und von dort in manchen Sprachen wieder zurück zum G, wie es nicht unüblich und in vielen Fällen gut belegt ist. Aber die Bedeutung ist natürlich daher leider auch recht schwammig. Es können daher auch gut die „Gierigen“ also die Räuber gemeint gewesen sein. Das finde ich persönlich passt am besten zur Geschichte und zu dem Kontext in welchem die Römer die Germanen kennenlernten.
 
Es ist selten, dass eine Volksgruppe sich selbst mit negativen Eigenschaften belegt und sich daher ihr Name ableiten lässt.
 
Die Kelten werden sich sicher nicht so weit mit den Germanen identifiziert haben dass sie sich damit selbst schlecht gemacht hätten.
Du hattest mit einem deutschen Wort ‚Gier‘ argumentiert:
Es können daher auch gut die „Gierigen“ also die Räuber gemeint gewesen sein. Das finde ich persönlich passt am besten zur Geschichte und zu dem Kontext in welchem die Römer die Germanen kennenlernten.
 
Du hattest mit einem deutschen Wort ‚Gier‘ argumentiert:
Sowohl germanische als auch keltische Sprachen haben eine gemeinsame Wurzel wodurch sich manche Wörter auf einen gemeinsamen Stamm zurückführen lassen, auch wenn sie durch Völkerwanderungen und unterschiedliche Entwicklung ihre Bedeutung verändert/abgewandelt haben.
 
Was bedeutet heute noch? Seit wann ist diese Deutung denn nicht mehr geläufig?
Das ist eine Uralt-Hypothese, Johann Caspar Zeuss 1853:
'Grammatica Celtica : e monumentis vetustis tam Hibernicae linguae quam Britannicae dialecti Cambricae Cornicae Armoricae nec non e Gallicae priscae reliquiis. 2' - Digitalisat | MDZ

Da würde mich schon interessieren, von wem die heute noch vertreten wird, und vor allem mit welchen Argumenten. Daher die Frage: In welcher keltischen Sprache, die für die vorchristliche Zeit in Frage käme, lässt sich das Wort "gair" nachweisen oder zumindest rekonstruieren, und was bedeutete es?
 
Es können daher auch gut die „Gierigen“ also die Räuber gemeint gewesen sein.
Sehr unwahrscheinlich, denn die Bedeutung "Gier" ist eine deutsche Entwicklung und kann daher für das Protogermanische nicht vorausgesetzt werden. Die Bedeutung "Räuber" ist Deine eigene Konstruktion und m. W. sonst überhaupt nicht belegbar.
Die modernen Wörter begehren/gern (haben) - vgl. englisch yearn - dürften am ehesten die ursprüngliche Bedeutung wiedergeben.

Sowohl germanische als auch keltische Sprachen haben eine gemeinsame Wurzel wodurch sich manche Wörter auf einen gemeinsamen Stamm zurückführen lassen, auch wenn sie durch Völkerwanderungen und unterschiedliche Entwicklung ihre Bedeutung verändert/abgewandelt haben.
Die gemeinsame Wurzel liegt aber weit vor dem Auftreten der Germanen. Wir sollten also in Sprachen suchen, die kurz vor der Zeitenwende gesprochen wurde, und da kommen drei in Frage: Gallisch, Lateinisch und Germanisch.
 
Daher die Frage: In welcher keltischen Sprache, die für die vorchristliche Zeit in Frage käme, lässt sich das Wort "gair" nachweisen oder zumindest rekonstruieren, und was bedeutete es?
Bei Tante Wiki unter "Germanen" wird altirisch "gair" Nachbar und "gairm" Schrei erwähnt, die Wurzeln davon sollen erwogen werden, verwiesen wird auf W.Pfeiffer etymologisches Wörterbuch des Deutschen, München 2000

(kommt mir eher vage und dünn vor)
 
Aus dieser (aktuellen?) Wikipedia Version:

Screenshot_20220924_153336.jpg
 
Bei Tante Wiki unter "Germanen" wird altirisch "gair" Nachbar und "gairm" Schrei erwähnt, die Wurzeln davon sollen erwogen werden, verwiesen wird auf W.Pfeiffer etymologisches Wörterbuch des Deutschen, München 2000

(kommt mir eher vage und dünn vor)

Schau:

Wikipedia tut so, als würde die Herleitung Germanen von gair oder gairm vom Pfeifer vertreten. Dort steht aber - unter dem Lemma Germanist:

Die Herkunft des zugrunde liegenden Namens Germanen, der zuerst in der Form lat. Germānī als zusammenfassende Benennung für die Angehörigen der in den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende nördlich der Alpen und östlich des Rheins ansässigen Stämme auftritt, ist trotz vieler Etymologisierungsversuche ungeklärt; u. a. wird Identität mit dem Adjektiv lat.germānus ‘leiblich, echt, wahr’ oder kelt. Ursprung (vgl. etwa air. gairm ‘Ruf, Schrei’ oder air. gair ‘Nachbar’) erwogen.​
 
Sehr unwahrscheinlich, denn die Bedeutung "Gier" ist eine deutsche Entwicklung und kann daher für das Protogermanische nicht vorausgesetzt werden. Die Bedeutung "Räuber" ist Deine eigene Konstruktion und m. W. sonst überhaupt nicht belegbar.
Die modernen Wörter begehren/gern (haben) - vgl. englisch yearn - dürften am ehesten die ursprüngliche Bedeutung wiedergeben.


Die gemeinsame Wurzel liegt aber weit vor dem Auftreten der Germanen. Wir sollten also in Sprachen suchen, die kurz vor der Zeitenwende gesprochen wurde, und da kommen drei in Frage: Gallisch, Lateinisch und Germanisch.

Das Wort Gier ist eine Entwicklung aus dem Indoeuropäischen „gher“ wie auch in Begehren und daher keine deutsche Neuerfindung sondern lediglich eine Weiterentwicklung aus Begehren/gern zu. Dieses gher ist vermutlich auch mit „kher“ verwandt also auch noch mit den heutigen deutschen Wörtern „hier“ und „her. Inwiefern und ab wann diese Wörter damals schon in ihrer Bedeutung divergierten ist nicht nachzuprüfen. Und die Gierigen dass sind am ehesten jene die über den Rhein kommen und sich den Reichtum der Gallier unter den Nagel reißen. Heute würde man diese Menschen als Räuber bezeichnen und auch die Römer sprachen schon damals von Raubzügen der Germanen und erwähnen explizit dass diese Raubzüge Teil der germanischen Lebensart sind und den Römern in der neuen Provinz recht früh schon ordentlich zu schaffen machten. Daher halte ich dies schlicht für eine ursprünglich keltische Bezeichnung welche die Römer und Iulius Caesar einfach übernommen haben.
 
Das Wort Gier ist eine Entwicklung aus dem Indoeuropäischen „gher“ wie auch in Begehren und daher keine deutsche Neuerfindung sondern lediglich eine Weiterentwicklung aus Begehren/gern zu.

Ich habe nichts anderes behauptet.

Dieses gher ist vermutlich auch mit „kher“ verwandt also auch noch mit den heutigen deutschen Wörtern „hier“ und „her.
Wohl kaum. Das sind zwei lautlich und bedeutungsmäßig deutlich unterschiedene Wörter. Das eine ist eine indoeuropäische Wurzel *g̑her- ‘begehren, gern haben’ , das andere "läßt sich auf ie. *k̑ēir zurückführen (Ausfall des i nach ē im Germ.) und damit auf den unter hin (s. d.) angeführten Pronominalstamm ie. *k̑(e)i- ‘dieser, jener’."
DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache

Inwiefern und ab wann diese Wörter damals schon in ihrer Bedeutung divergierten ist nicht nachzuprüfen.
Man kann nachprüfen, welche Wörter in welchen Sprachen durch lautgesetzliche Entsprechungen auf dieselbe Wurzel zurückzuführen sind, und daraus lässt sich dann auch die ursprüngliche Bedeutung erschließen.
Etymologie lässt sich nicht betreiben, indem man auf methodisches Vorgehen pfeift und sich stattdessen fantasievolle Stories ausdenkt.
 
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