Geschichte des Dolmetschens/Übersetzens

Abdur Rahman

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Guten Morgen,

die Erde bevölkert nach neuesten Statistiken derzeit über 6,9 Mrd. Menschen. Für die Kommunikation untereinander ist eine „lingua franca“ notwendig.

Beispiel: Als Hernan Cortez im Jahr 1519 n. Chr. In Mexiko landete, kam er in Kontakt mit einem als verschollen geltenden Spanier, der bereits seit acht Jahren bei den Atzteken lebte und auch ihre Sprache gelernt hatte. Dieser Spanier wurde dann sein Dolmetscher.

Meine Fragen sind: Wie haben es die Menschen früher mit dem Dolmetschen gehandhabt? Wie wurden Übersetzungen angefertigt? Wie ist man vorgegangen?


Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!

Mit freundlichen Grüßen

Abdur Rahman
 
Beispiel: Als Hernan Cortez im Jahr 1519 n. Chr. In Mexiko landete, kam er in Kontakt mit einem als verschollen geltenden Spanier, der bereits seit acht Jahren bei den Atzteken lebte und auch ihre Sprache gelernt hatte. Dieser Spanier wurde dann sein Dolmetscher.

Kleiner (eigentlich unbedeutender) sachlicher Fehler: Gerónimo de Aguilar war kein Gefangener der Azteken, sondern der Maya. Über seine eher radebrechenden Mayakenntnisse verfügte Cortés so lange, bis Malintzín (Malinche, Marina), die sowohl Aztekisch - also Nahuatl - als auch Maya sprach, ausreichend Spanisch beherrschte.

Meine Fragen sind: Wie haben es die Menschen früher mit dem Dolmetschen gehandhabt? Wie wurden Übersetzungen angefertigt? Wie ist man vorgegangen?

Vielfach sind Menschen, insbesondere in Grenzregionen, mehrsprachig aufgewachsen, daher war das dann kein Problem von der einen in die andere Sprache zu wechseln. Wenn man nun zwischen zwei völlig fremden Kulturen beim Erstkontakt Übersetzungen machen möchte, dann wird das schwieriger. Es ist ja nicht nur so, dass es keine sprachlichen Anknüpfungspukt gibt, auch Gesten können völlig anders gedeutet werden. Selbst Mimik ist nicht international. Man mag es gar nicht glauben, aber selbst hierbei gibt es Konventionen.
Es ist daher einfacher, sich zunächst über Sächliches zu verständigen. Ein Baum ist ein Baum, eine Glasperle eine Glasperle und Branntwein eben Branntwein.
Von spanischen Mönchen in Mexiko ist überliefert, wie sie Jugendlichen beim Spiel zusahen und in den Spielpausen versuchten, Begriffe aufzuschnappen und mit ihrer Übersetzung festzuhalten. Am nächsten Tag schon schienen die Begriffe falsch zu sein.

Teilweise geht die Übermittlung einzelner Wort recht schnell. Unser Wort Kanu kommt aus einer karibischen Sprache. Kolumbus benutzt es erstmals in seinem Diario de a bordo etwa zwei Wochen nach Erstkontakt mit den Indianern: canoa. Er vergleicht die Kanus (die er als Einbäume beschriebt) mit nordafrikanischen Booten, die er als almadía - آل-)معدية)- bezeichnet. Insgesamt benutzt er aber das neue Wort häufiger, als den Arabismus.

Aber worum geht es dir genau, Übersetzen (schriftlicher Prozess) oder Dolmetschen (Simultanprozess)?
 
Kleiner (eigentlich unbedeutender) sachlicher Fehler: Gerónimo de Aguilar war kein Gefangener der Azteken, sondern der Maya. Über seine eher radebrechenden Mayakenntnisse verfügte Cortés so lange, bis Malintzín (Malinche, Marina), die sowohl Aztekisch - also Nahuatl - als auch Maya sprach, ausreichend Spanisch beherrschte.
Jetzt hab ich doch tatsächlich Malinche mit Aguilar verwechselt, danke für die Korrektur. Sie sprach Maya, weil sie von ihrer eigenen Mutter schon im Kindesalter an die Maya als Sklavin verkauft wurde...

Aber worum geht es dir genau, Übersetzen (schriftlicher Prozess) oder Dolmetschen (Simultanprozess)?
Ich frage mich wie man die Sprachbarriere im Allgemeinen überwunden hat. Wie du schon sagtest, wenn sich zwei Völker, die davor noch nie etwas voneinander gehört oder gesehen haben, treffen, dann können sie erstmal nichts miteinander anfangen. Sie haben keinerlei Anhaltspunkte und auch Gestiken und Mimiken können falsch interpretiert bzw. überhaupt nicht verstanden werden.

Wie hat der Mensch die Sprachbarriere überwunden?

Dabei gehe ich von Völkern aus, die sich zum ersten mal getroffen haben. Z.B. William Adams war der erste Engländer der Japan betrat. Irgendwie muss man sich doch verständigt haben. Zwischen Japanisch und Englisch liegen Welten und dies manifestiert sich nicht nur in der Schrift.

Mit freundlichen Grüßen

Abdur Rahman
 
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Kolumbus' Tagebuch kann man leider nur entnehmen, dass dieser Prozess stattgefunden hat, nicht aber, wie. William Adams konnte auf portugiesische "Vorarbeit" aufbauen, es wäre also zu schauen, wie die Portugiesen in Japan angekommen sind. Ansonsten würden mir noch Andrés de Olmos oder Alonso de Molina einfallen, die ein Wörterbuch Nahuatl-Spanisch (de Molina) bzw. aztekische Spruchsammlungen (Huehuetlahtolli, de Olmos) herausgegeben haben. Alonso de Molina ist wohl schon als Kind nach Nueva España gekommen und hat im Kontakt mit aztekischen Kindern Nahuatl gelernt.

Es wird wohl Sprachbegabung, beidseitiges Interesse am jeweils anderen und Geduld von Nöten sein, um eine Sprachbarriere zu überwinden. Mit viel Zeichensprache und Material zum zeigen. Abstrakte Diskussionen dagegen dürften zunächst nur sehr schwer zu führen gewesen sein.
 
Es wird wohl Sprachbegabung, beidseitiges Interesse am jeweils anderen und Geduld von Nöten sein, um eine Sprachbarriere zu überwinden. Mit viel Zeichensprache und Material zum zeigen.

Zustimmung.

Abstrakte Diskussionen dagegen dürften zunächst nur sehr schwer zu führen gewesen sein.

Was man daran ablesen kann, dass über Grundlegendes der präkolumbianischen Hochkulturen wenig bis gar nichts bekannt ist.

Noch am Rande und aus anderen Weltreligionen.
Bei Verhandlungen der Franken mit Romanen oder Slawen, ist ständig die Rede von Dolmetschern.
Bei Verhandlungen mit "Dänen" oder "Schweden" dagegen nie.
 
Dolmetschen/Übersetzen: Von EQ fast richtig unterschieden, aber noch mal fürs Protokoll: Übersetzer schreiben, Dolmetscher sprechen. Wenn Übersetzer hörend schreiben, ist das immer noch Übersetzen, wenn Dolmetscher lesend reden, ist das hingegen Dolmetschen. Es kommt auf das Ergebnis an. Simultan bedeutet quasi gleichzeitig, im Gegensatz zu konsekutiv, wo sich Sprecher und Dolmetscher beim Reden abwechseln.

Was den Spracherwerb anbelangt, ist das gar nicht so abwegig. Im modernen Sprachunterricht arbeitet man idealer Weise so, dass der Lehrer vorgibt, nur seine eigene Muttersprache zu beherrschen und den Schülern dann in dieser Sprache Vokabular und Strukturen beibringt. Das geht wesentlich schneller, als man vielleicht denken würde. Nach meiner Erfahrung können Leute, die erstmals mit einer fremden Sprache konfrontiert werden, schon nach ca. einer halben Stunde locker 20 bis 30 Gegenstände benennen und mehrere Satzstrukturen beherrschen, dazu bis zehn zählen und einfache Begrüßungen. Wenn das dann an der Tafel oder auf Papier in dem den Teilnehmern vertrauten Schriftsystem visualisiert, von den Teilnehmern abgeschrieben und am nächsten Tag im Selbststudium intensiv wiederholt wird, sitzt das schon recht gut.

In der für den historischen Zusammenhang vorgeschlagenen Situation fehlen natürlich der Visualisierungsprozess und auf eigenen Notizen aufbauende Hausaufgaben. Trotzdem funktioniert das grundsätzlich zügig, wenn eine begabte Lehrerpersönlichkeit auf einen Lernwilligen stößt.
 
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