In welchem Verhältnis stehen biographische, autobiographische und erfahrungsgeschichtliche Werke zueinander?
Die Autobiographie ist:
1. Eine Erzählung in Prosa
2. Sie präsentiert eine individuelle Lebensgeschichte
3. Autor und Erzähler sind identisch
4. Erzähler und Hauptfigur sind identisch
5. Erzählperspektive ist retrospektive.
Zwei Dimensionen in biographischen und autobiographischen Texten
Biographische und autobiographische Texte verbinden in sich zwei Dimensionen: eine historische und eine menschlich-lebensweltliche. Im Hintergrund jeder Lektüre steht die Frage nach der Bewältigung der künstlich-literarischen Form. Das Wort "Ich" steht in der Autobiographie mit der doppelten sprachlogischen Funktion. Einerseits ist es prädikativ und macht eine Aussage, womit es die Instanz markiert und gleichzeitig markiert es die Entfernung dieser Instanz des beschreibenden "Ich".
Die Autobiographie unterliegt einer intensiven Spannung dieser zwei Perspektiven, weil der Autor gleichzeitig Subjekt und Objekt der Darstellung ist.
Unterscheidung der Autobiographie zu ihren Nachbargattungen
Die Autobiographie ist von ihren „Nachbargattungen“ (Memoiren, Biographie, personaler Roman, Ich-Roman, autobiographisches Gedicht, Tagebuch, Selbstporträt oder Essay) zu unterscheiden.
Abgrenzung, die W-E zu Nachbargattungen der AB trifft:
Die Nachbargattungen unterscheiden sich von der Autobiographie dahingehend, dass jede dieser Formen je ein Charakteristikum der Autobiogrphie n i c h t erfüllt: In den Memoiren steht keine individuelle Lebensgeschichte im Mittelpunkt, in der Biographie sind Autor und Erzähler nicht identisch.
Zu den autobiographischen Gattungskriterien gehören die Identität von Autor und Erzähler, von Erzähler und Hauptfigur, die retrospektive Erzählweise, die Form der Prosa und die Tatsache, dass eine individuelle Lebensgeschichte erzählt wird.
Memoiren stellen nicht die individuelle Lebensgeschichte dar, sondern sie beinhalten vielmehr Gedanken, Erinnerungen, Beobachtungen einer Figur des öffentlichen Lebens zu ihrer Zeit und Begegnungen mit anderen Persönlichkeiten.
Der personale Ich-Roman weist keine Identität zwischen Autor und Erzähler auf.
Dem autobiographischen Gedicht fehlt die Prosaform. Das Tagebuch ist nicht retrospektiv. Selbstporträt und Essay erfüllen das Kriterium der Erzählung und Retrospektive nicht.
Doch sollen die Spuren und Elemente der Memoiren und des Ich-Romans in Autobiographien nicht ganz gestrichen werden.