Gesprächskreis 1848/1849

Raphster

Neues Mitglied
Hallo liebe Geschichtsfreunde,

ich habe soeben Euer Forum entdeckt und freue mich sehr, dass es hier doch einige Leute gibt, die sich wohl mit der Revolution von 1848 auskennen.

Ich selbst schreibe zur Zeit meine Examensarbeit darüber, allerdings auf landesgeschichtlicher Ebene und hoffe, dass ich hier Leute finden, die evtl. etwas bemerkenswertes, interessantes oder eben dies oder das zu dem Thema sagen möchten.

Ich hätte auch gleich mal eine Frage.

Ich habe hier eine Quelle (Die neue Zeit vom 14. April 1848), die besagt: "[H]eute ist das Kriegsgericht von Karlsruhe nach Freiburg abgegangen, um gegen die Soldaten einzuschreiten, die sich weigerten Bruderblut zu vergießen."

Weiss jemand von einer solchen Befehlsverweigerung in Freiburg? Ist mir da evtl. ein größeres Ereigniss entgangen??

Die neue Zeit ist übrigens Sprachrohr der Demokraten in Worms.


Dann haut mal in die Tasten ;)
 
Hallo liebe Geschichtsfreunde,

ich habe soeben Euer Forum entdeckt und freue mich sehr, dass es hier doch einige Leute gibt, die sich wohl mit der Revolution von 1848 auskennen.

Ich selbst schreibe zur Zeit meine Examensarbeit darüber, allerdings auf landesgeschichtlicher Ebene und hoffe, dass ich hier Leute finden, die evtl. etwas bemerkenswertes, interessantes oder eben dies oder das zu dem Thema sagen möchten.

Ich hätte auch gleich mal eine Frage.

Ich habe hier eine Quelle (Die neue Zeit vom 14. April 1848), die besagt: "[H]eute ist das Kriegsgericht von Karlsruhe nach Freiburg abgegangen, um gegen die Soldaten einzuschreiten, die sich weigerten Bruderblut zu vergießen."

Weiss jemand von einer solchen Befehlsverweigerung in Freiburg? Ist mir da evtl. ein größeres Ereigniss entgangen??

Die neue Zeit ist übrigens Sprachrohr der Demokraten in Worms.


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Komisch,
ich dachte das würde mit dem "Hecker-Zug" zusammenhängen, aber der ging am 12. April ja erst los.
Dass im Badischen zuvor vom Militär auf Bürger geschossen wurde, ist mir bisher entgangen.
Aber ich schau mal.
 
Ich habe hier eine Quelle (Die neue Zeit vom 14. April 1848), die besagt: "[H]eute ist das Kriegsgericht von Karlsruhe nach Freiburg abgegangen, um gegen die Soldaten einzuschreiten, die sich weigerten Bruderblut zu vergießen."

Weiss jemand von einer solchen Befehlsverweigerung in Freiburg? Ist mir da evtl. ein größeres Ereigniss entgangen??
Hast du die diese Zeitung über mehrere Folgen eingesehen und parallel dazu auch die Wormser Zeitung?
Papier ist geduldig und Nachrichtenagenturen gab es ja nicht. Nachrichten wurden den Redakteuren von Gewährsleuten zugetragen.
Ich habe vor Jahren mal die 1848er Zeit anhand der in Wertheim erschienenen zwei Zeitungen - liberal versus konservativ - näher untersucht und einige Enten gefunden, über die sich die jeweils andere Zeitung genüsslich mokierte.
Zu den Wormser Zeitungen vgl. den Überblick der Bestände im Stadtarchiv Worms:
Stadtarchiv Worms - Beständeübersicht
 
Hallo liebe Geschichtsfreunde,

ich habe soeben Euer Forum entdeckt und freue mich sehr, dass es hier doch einige Leute gibt, die sich wohl mit der Revolution von 1848 auskennen.

Ich selbst schreibe zur Zeit meine Examensarbeit darüber, allerdings auf landesgeschichtlicher Ebene und hoffe, dass ich hier Leute finden, die evtl. etwas bemerkenswertes, interessantes oder eben dies oder das zu dem Thema sagen möchten.

Ich hätte auch gleich mal eine Frage.

Ich habe hier eine Quelle (Die neue Zeit vom 14. April 1848), die besagt: "[H]eute ist das Kriegsgericht von Karlsruhe nach Freiburg abgegangen, um gegen die Soldaten einzuschreiten, die sich weigerten Bruderblut zu vergießen."

Weiss jemand von einer solchen Befehlsverweigerung in Freiburg? Ist mir da evtl. ein größeres Ereigniss entgangen??

Die neue Zeit ist übrigens Sprachrohr der Demokraten in Worms.


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@Raphster

Um es gleich voran zu stellen, über eine Befehlsverweigerung badischer Truppen im April 1848 kann ich Dir nichts mitteilen.

Was mich an dem von Dir eingeführten Zitat stutzig macht, ist das Datum "14. April 1848" und der Duktus der Meldung.

Zum Datum:

Sollte die "Neue Zeit" eine täglich erscheinende Zeitung in diesem Zeitraum gewesen sein, was ich nicht weiß, müsste die Redaktion die Meldung im Laufe des 13. April oder vorher erhalten haben. Wie Repo bereits schrieb, ging der "Heckerzug" erst am 12. April 1848 los. Das war ein Mittwoch (so mein historischer Kalender mich nicht in die Irre führt - bitte um Korrektur wenn ich falsch liege). Damit dürfte der "Heckerzug" als Ursache für diese Meldung faktisch ausgeschlossen sein, da wir nur die Zeitspanne von Mittwoch auf Freitag, dem Tag des Erscheinens, haben. Darüber hinaus haben wir das Entfernungsdreieck Freiburg-Karlruhe-Worms, zumal Worms auch noch zum Ghzm. Hessen gehörte, also auch noch eine Landesgrenze.

Zum Duktus

Es war eine bewegte Zeit, die auch in der Publizistik mit "großen Worten" daherkam. "... die sich weigerten Bruderblut zu vergießen." Das klingt sehr propagandistisch.

Resumee

Aus meiner entfernten Sicht bedarf diese Quellenangabe einer umfangreichen quellenkritische Würdigung. Mercy empfahl eine Verifizierung in anderen Zeitungen und hat Dich auf den Archivbestand in Worms verlinkt. Ich würde darüber hinaus noch empfehlen (da Enten, wenn sie passen, die Tendenz haben kolportiert zu werden), den Archivbestand der badischen Armee einzusehen. Ich verlinke Dich mit dem Findbuch der Generaladjutantur, könnte ein Anfang sein. :winke:

https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olb/ergebnis1.php

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe mal kurz nachgesehen.
Freiburg war in Verbindung mit dem Hecker-Zug mehrere Tage in der Hand Aufständischer, noch über das Ende des "Zuges" hinaus.

Ich denke Mercy + Melchior haben Recht.
Entweder ist die Meldung überhaupt eine "Ente" oder es stimmt mit dem Datum etwas nicht.

Die meisten Zeitungen sind damals nur 1-2mal die Woche erschienen. Könnte es sein, dass die Meldung in einer späteren Ausgabe erschienen ist, die Meldung aber mit einem "älteren" Datum gekennzeichnet ist, so kenne ich dies jedenfalls aus den Regional-Blättern jener Zeit aus meiner Gegend.
Und bei dem "Datum der Meldung" hat sich ein Druckfehler eingeschlichen????
Mal als Denkmodell
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe vorher mal kurz in den "Albboten" Jahrgang 1849 geschaut.
In der Ausgabe vom 29. Juni sind Berichte enthalten die beginnen:
"Stuttgart 22. Juni"
in der nächsten Ausgabe vom 3. Juli sind Berichte abgedruckt datiert zurück bis 25. Juni

Der Albbote ist zdZ 2mal die Woche erschienen.
 
Hi!
Erstmal Danke an alle für die Tips!

Also das Datum ist der Erscheinungstermin der Zeitung und nicht der Tag der Meldung. Die Vermutung mit dem falschen Datum ist somit schonmal ausgeschlossen.

Ich vermute, dass es Meinungsmache war. Den Begriff "Ente" kenn ich noch gar nicht. Wie definiert sich dies?

Ich bin noch nicht dazu gekommen, die nächsten Ausgaben zu lesen, evtl. wird die Meldung dort ja nochmal aufgeklärt. Die Wormser Zeitung habe ich übrigens auch noch vor zu lesen. Ich hatte allerdings vor, zuerst die Neue Zeit zu lesen und dann die Wormser Zeitung (liberal). Aber vllt sollte ich die wirklich beide immer direkt vergleichen, also parallel lesen oder was meint ihr? Übrigens war vom Heckerzug in den vorigen Ausgaben keine Rede und auch in der Meldung wird der Hecker nicht erwähnt. Ich denke es bezieht sich auf etwas anderes.

Und danke für die Links zum Stadtarchiv, aber da sitz ich sowieso jeden Tag einige Stunden ;)
Aber es war dennoch hilfreich, weil ich bis dato nicht von dem Buch über die Worsmer Zeitungen wusste!

Wirklich seltsam...
 
Hi!
Erstmal Danke an alle für die Tips!

Also das Datum ist der Erscheinungstermin der Zeitung und nicht der Tag der Meldung. Die Vermutung mit dem falschen Datum ist somit schonmal ausgeschlossen.

?

Ich bin noch nicht dazu gekommen, die nächsten Ausgaben zu lesen, evtl. wird die Meldung dort ja nochmal aufgeklärt. Die Wormser Zeitung habe ich übrigens auch noch vor zu lesen. Ich hatte allerdings vor, zuerst die Neue Zeit zu lesen und dann die Wormser Zeitung (liberal). Aber vllt sollte ich die wirklich beide immer direkt vergleichen, also parallel lesen oder was meint ihr?

Und danke für die Links zum Stadtarchiv, aber da sitz ich sowieso jeden Tag einige Stunden ;)
Aber es war dennoch hilfreich, weil ich bis dato nicht von dem Buch über die Worsmer Zeitungen wusste!

Wirklich seltsam...

Ich vermute, dass es Meinungsmache war. Den Begriff "Ente" kenn ich noch gar nicht. Wie definiert sich dies


Zur ersten Info ist Wiki immer gut:
Als Zeitungsente (seltener auch Zeitungssage) wird umgangssprachlich eine Falschmeldung in der Zeitung bezeichnet. Mit „Zeitungsente“ werden sowohl bewusste Fälschungen bezeichnet (so genannte Tatarenmeldungen), als auch Irrtümer.


Übrigens war vom Heckerzug in den vorigen Ausgaben keine Rede und auch in der Meldung wird der Hecker nicht erwähnt. Ich denke es bezieht sich auf etwas anderes.

Vom "Heckerzug" kann gar nicht die Rede sein, der begann, wie gesagt am 12. April, der kann es bis zum 14. gar nicht in die Wormser Zeitung schaffen.


Aber trotzdem, das war doch ein Korrespondenten-Bericht, die waren damals in aller Regel datiert. Ich besitze etliche kpl. Zeitungsjahrgänge ab 1842, und wie gesagt die K-Berichte sind im 19. Jahrhundert mit dem Ort und dem Datum der Erstellung des Berichts gekennzeichnet.
 
Ich habe nach wie vor keine Hinweise auf eine badische Militär-Meuterei im März-April 1848 gefunden.
Aber:
Die Hessen (Gagern) waren ja bereits vor Ort. Württemberger standen an der Grenze in Bereitstellung, Bayern waren im Anmarsch.

Einen Grund muss das ja gehabt haben.
 
Die Zeitung ist vom 14. April, also muss die Meldung von diesem Tag oder jünger sein. Da war ja noch kein Heckerzug, genau mein Problem, weshalb ich irgendeinen anderen Aufruhr vermute...
Naja...ich bin leider auch noch nicht schlauer geworden.

Wo ich grade Gagern lese: Interessant, dass die beiden Brüder so unterschiedlich waren oder?
 
Fakt ist der:
Bay. Truppen waren am 9. April bereits in Saulgau eingerückt, kurz vor der bad. Grenze bei Pfullendorf.
Württ. waren grenznah aufgestellt.
Hessen waren schon in Baden eingerückt.
Hört sich an wie eine "Bundesexekution"
Aber warum?

Zuvor gab es die "Bauernunruhen", aber in Württemberg wie in Baden, auch in Thüringen, ob das der Grund war? Für das nach Freiburg gesandte Gericht stark zu vermuten. Müsste man mal nachsehen wo da zuvor in Südbaden Militär gegen Bauern eingesetzt war. Hotzenwald?

Dann marschierten die Freischärler (Herwegh) seit Ende März von Paris zum Rhein. Die Hysterie vom Franzosen-Sonntag ist ja bekannt. Überhaupt war in Fürstenkreisen bis in den Spätsommer die Angst vor dem Eingreifen einer franz. Revolutionsarmee groß.
Und hier würde ich den Grund für die "fremden" Truppen sehen.
 
Da gab es am 28.3.1848 eine Karlsruher Konferenz:
Vertreter von Bayern, Baden, Württemberg und des Großherzogtums Hessen beschließen gemeinsame militärische Verteidigungsmaßregeln gegen den befürchteten Einmarsch von republikanischen Arbeitern aus Frankreich. Das 7. und das 8. Bundesarmeekorps sollen sich im Raum Heidelberg-Rastatt konzentrieren und die Schwarzwaldpässe besetzen.

Sauer, Paul: Das württembergische Heer in der Zeit des Deutschen und des Norddeutschen Bundes. Stuttgart: Kohlhammer, 1958. - XIX, 227 S. (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen;5) (Bearbeiterin: Sabrina Müller)

https://lisa.mmz.uni-duesseldorf.de/histsem/revolution/s/Karlsruher_Konferenz_Baden.htm
 
Da gab es am 28.3.1848 eine Karlsruher Konferenz:
Vertreter von Bayern, Baden, Württemberg und des Großherzogtums Hessen beschließen gemeinsame militärische Verteidigungsmaßregeln gegen den befürchteten Einmarsch von republikanischen Arbeitern aus Frankreich. Das 7. und das 8. Bundesarmeekorps sollen sich im Raum Heidelberg-Rastatt konzentrieren und die Schwarzwaldpässe besetzen.

Sauer, Paul: Das württembergische Heer in der Zeit des Deutschen und des Norddeutschen Bundes. Stuttgart: Kohlhammer, 1958. - XIX, 227 S. (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen;5) (Bearbeiterin: Sabrina Müller)

https://lisa.mmz.uni-duesseldorf.de/histsem/revolution/s/Karlsruher_Konferenz_Baden.htm


Das bestätigt Blos in seiner "Geschichte der dt. Revolution".

Bin ich noch auf ein, wie ich meine, interessantes Detail gestoßen.
Als die Gruppe um Hecker über den Ort diskutierten, wo sie die geplante Volkserhebung auslösen wollten, war Württemberg erste Wahl.
Mögling als Württemberger schätzte das revolutionäre Potential aber gering ein, (was bestimmt zutraf) und riet ab.
Worauf Hecker Konstanz und den Seekreis ins Gespräch brachte, und auch durchsetzte. Wobei Hecker offensichtlich kein zutreffendes Bild über die revolutionären Möglichkeiten hatte.
Blos sieht (1895) die Person Hecker in ihrer Bedeutung für 48/49 als erheblich Überschätzt an, was für heute bestimmt genauso gilt.

Der Heckerzug und auch der Struvezug im September ähneln mir sehr der anfänglichen Oktober-Revolution. Eine Intellektuellen-Clique, die "weiß was das Volk braucht und will" und wenn das Volk was anderes will.....
Wer weiß, ob die bei gewissen Erfolgen nicht auch abgedriftet zum Terror wären. OK, ist was wäre wenn...
 
Heckerzug

Der Heckerzug und auch der Struvezug im September ähneln mir sehr der anfänglichen Oktober-Revolution. Eine Intellektuellen-Clique, die "weiß was das Volk braucht und will" und wenn das Volk was anderes will.....
Wer weiß, ob die bei gewissen Erfolgen nicht auch abgedriftet zum Terror wären. OK, ist was wäre wenn...

Ich sehe das etwas anders. Sowohl Hecker als auch Struve hatten durchaus einen Draht zum "einfachen" Volk und ich unterstelle beiden durchaus auch "hehre" Absichten. Keinesfalls kann man von einer "Intellektuellen" Clique reden. Es handelte sich schliesslich um durchaus gekonnte Maßnahmen der Rekrutierung und der militärischen Ausbildung.

Und zum Thema "Terror": Terror heisst Macht. pUNKT. Kann man in jedem Wörterbuch nachschlagen. Wenn du damit meinst, dass beide in ihrem Tun so weit hätten gehen können, wie die französische Revolution, dann gebe ich dir recht. Aber die Notwendigkeit von Terror lässt sich nur vor dem Hintergrund der jeweiligen Zeit beurteilen. Keinesfalls darf man allein aufgrund der Annahme des Wortes die Bewegung negativ vorverurteilen. Ausserdem ist "was wäre wenn" eine zutiefst unhistorische Fragestellung.
 
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