Gesundheitspflege der Azteken

SRuehlow

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Zahllose Götter wurden von den Azteken für Erkrankungen und Gesundung, sowie für den Erhalt der Gesundheit verantwortlich gemacht. So ist z.B. Tzapotlatena die Göttin der Pharmazie, ebenso die Erdgöttin Tonantzin, die für Heilpflanzen zuständig ist. Xipetótec ist der Patron der Ärzte und schützt zugleich vor Hauterkrankungen jeglicher Art.

Die Azteken unterhielten zahlreiche Einrichtungen für die öffentliche Gesundheitspflege. Es gab neben Hospitälern für Kriegsveteranen auch Krankenhäuse für arme Leute, an denen Chirurgen wirkten. Hier erhielten die Notleidenden Nahrungsmittel, insbesondere das Grundnahrungsmittel Mais. Behinderte Menschen werden staatlich um- und versorgt. König Montezuma II. (1467-1520) richtet eine effektvolle Seuchenabwehr ein, mit quarantäneartigen Maßnahmen und eine Isolierstation für ansteckende Krankheiten. Damit beendet er den Brauch, Unheilbare oder Menschen mit ansteckenden Krankheiten den Priestern zum Götteropfer zu übergeben.
Räucherungen (insbesondere Pinienharze) dienen zur rituellen Reinigung, aber auch zum Schutz vor ansteckende Krankheiten. Es gibt botanische und zoologische Gärten, in denen Ärzte Erfahrungen mit der Herstellung von Arzneien gewinnen.
Tenochtitlan, die Hauptstadt, wird über ein kilometerlanges Aquädukt mit frischem Wasser versorgt. Die Leitung wird peinlich genug sauber gehalten. Ebenso gibt es überall öffentliche Latrinen. Die Körperhygiene ist für die Azteken von besonderer Bedeutung: Tägliches Baden und Waschen, häufige Dampfbäder (temazcal) und die Anwendung von Seifen und Parfümen sind üblich.

Es gab zwei Arten von Heilkundigen: Der traditionelle Schamane oder tictl verwendete in erster Linie magische Praktiken; der empirisch arbeitende Arzt, tepati, sezte, z.T. als Priesterarzt, vor allem Arzneimittel ein und behandelte als Spezialist Kranke auf dem Gebiet der Chirurgie, der inneren Medizin und der Psychartie. :fs:
 
Es ist schon beeindruckend, wie sehr schon die alten Kulturen Mesoamerikas auf Hygiene geachtet haben. Wenn man sich im vergleich dazu Europa im Mittelalter, der Renaissance und sogar noch im Zeitalter der Aufklärung anschaut ist es nicht schwer zu erraten warum es z.B. bei den Azteken nie zum Ausbruch solch verheerender Seuchen wie die Pest kam. Erst als die Europäer 1519 unbekannte Krankheiten wie Syphilis oder die Pocken einschlepten brachen bei den Azteken Seuchen aus. Das war uch einer der Hauptgründe, warum sie den Spaniern letztendlich unterlagen.
 
KFdG schrieb:
Es ist schon beeindruckend, wie sehr schon die alten Kulturen Mesoamerikas auf Hygiene geachtet haben. Wenn man sich im vergleich dazu Europa im Mittelalter, der Renaissance und sogar noch im Zeitalter der Aufklärung anschaut ist es nicht schwer zu erraten warum es z.B. bei den Azteken nie zum Ausbruch solch verheerender Seuchen wie die Pest kam. Erst als die Europäer 1519 unbekannte Krankheiten wie Syphilis oder die Pocken einschlepten brachen bei den Azteken Seuchen aus. Das war uch einer der Hauptgründe, warum sie den Spaniern letztendlich unterlagen.

"Zur Zeit, da das Fest Tepeilhuitl gefeiert wurde, fing es an,
daß ein großes Unheil über die Leute kam. Einige waren wie
mit einer Kruste überzogen, überall hin legte sich der Aus-
schlag, auf das Gesicht, auf den Kopf, auf die Brust. Es war
eine verderbliche Krankheit,viele starben daran, sie konnten
nicht mehr gehen, lagen nur auf ihren Lagern, ihren Schlaf-
stätten, sie konnten sich nicht bewegen, nicht rühren, nicht
regen, sich nicht auf die Seite legen, nicht mit dem Gesicht
nach unten legen, nicht auf dem Rücken liegen. Und wenn sie
sich bewegten, schrien sie sehr.
Sehr verderblich war der den ganzen Leib bedeckenden Aus-
schlag. Viele Leute starben daran, und viele starben des Hungers,
gänzlich starben die Leute Hungers, denn niemand kümmerte
sich mehr um die Kranken, niemand gab sich mehr mit ihnen ab."

So beschrieb eine indianische Quelle die Pocken, kurz nachdem sie von den Eroberern ins Herz des Aztekenreich, Tenochtitlan, eingeschleppt worden war.
Navarez Männer hatten die Seuche mitgebracht. Die spanischen Berichte erzählen von einem jungen Schwarzen, der sie angeblich mitgebracht hatte. Den Pocken fielen zehntausende zum Opfer, darunter auch Cuitlahuac, der die Nachfolge Montezumas angetreten hatte. Seine Regierungsspanne reichte kaum drei Monate. Spanische Quellen berichten:

"Die erste Plage waren die Pocken, und sie begannen so: als
Cortés schon längere Zeit im Lande war, traf Panfilo de Nar-
várez ein, und auf einem seiner Schiffe war ein Neger, der die
Pocken hatte. Diese Krankheit hatte es bisher in diesem Land
nicht gegeben, und so war damals Neuspanien dicht besiedelt.
Als aber die Pocken auf die Indiander übergriffen, endstanden
daraus eine so große Seuche, daß in den meisten Provinzen
des Landes mehr als die Hälfte der Bevölkerung starb, während
es in andern nicht viel weniger waren. Denn da sie kein Heil-
mittel kannten und es Brauch bei ihnen ist, oft zu baden und
zwar Gesunde und Kranke gemeinsam, und da sie davon nicht
abließen, starben sie wie die Fliegen. Viele starben auch an
Hunger, denn da sie alle auf einmal erkrankten, konnte keiner
den anderen pflegen, und es gab niemand, der sie mit Essen
versorgte.
Vielerorts geschah es, daß alle Bewohner eines Hauses straben,
und da sie sie nicht so schnell begraben konnten, warfen sie sie
einfach, um den Gestank der Toten zu entgehen, auf die Dächer,
so daß ihre Häuser zugleich ihre Gräber waren. Die Indianer nannten
die Seuche Huezáhuatl, was soviel wie Lepra heißt, denn die Pocken
entstellten sie so, daß sie wie Leprakranke aussahen, und noch
heute kann man einige sehen, die zwar die Krankheit überstanden,
aber überall mit Pockennarben übersät sind.
Elf Jahre vergingen, da kam ein Spanier ins Land, und der hatte die
Masern. Er steckte die Indianer an, und wenn man diesmal nicht
sorgsam darauf geachtet hätte, nicht zu baden und andere Heilmittel
anzuwenden, wäre die Seuche ebenso verheerend gewesen wie die
vorherige, obwohl auch dieses mal viele straben. Das Jahr, in dem dies
geschah nannten sie diesmal Tepitonzáhuatl, was kleine Lepra heißt."

90 Prozent der Ureinwohner Mexicos, wie auch in den anderen spanisch-eroberten Gebieten fielen den Seuchen zum Opfer. Oftmals musste es nicht eine Pocken- oder Masernepedemie sein - ein einfacher Schnupfen oder eine leichte Grippe genügte, um ganze Dörfer auszulöschen. Vor dem Einfall der Europäer hat es solche Krankheiten in der Neuen Welt nicht gegeben, deshalb hatten die Meschen auch keine Abwehrstoffe. Nacheinander folgten auf die Pocken und Masern, Epedemie auf Epedemie. Typhus und Gelbfieber entvölkerten Mittelamerika. In Europa waren diese Krankheiten bei weitem nicht so schlimm. Man schätzt, dass die einstmals 1,5 Millionen Ureinwohner Mittelamerikas vom Eintreffen der Spanier bis ins 17. Jahrhundert auf 70000 drastisch reduzierte. Eine vergleichbare Prozentzahl hatte selbst in Europa noch nicht einmal die Pest hervorgerufen.
 
Bei den übrigen präkolumbischen Völkern spielte der Medizinmann eine wichtige Rolle und konnte sogar Stammeshäuptling werden. Anders bei den Azteken, hier hatte die Spezialisierung in der Heilkunst ihren Einzug gehalten und damit büßten Heiler einen Teil ihres Ansehens ein. Deutlich wird dies in einem Bericht des Fray Bernardino de Sahagún, in welchem er Ärzte und Hebammen mit Schreinern und Köchinnen auf eine Stufe stellt. Über den Arztberuf, der auch von Frauen (aber erst nach den Wechseljahren!) ausgeübt werden konnte, schreibt Bernandino:

„In der Regel behandelt und heilt der Arzt die Krankheiten. Der gute Arzt versteht sein Handwerk, kennt die Eigenschaften der Kräuter und Wurzeln genau und weiß, welches Mittel anzuwenden ist. Zum Beispiel muss er sich auf die Wiederherstellung von Knochen verstehen, er muss Darmverstopfungen beseitigen, zur Ader lassen, schneiden und nähen und vor allem die Menschen von der Tür des Todes entfernen können. Dem schlechten Arzt mangelt es an Ernsthaftigkeit, und weil er ungeschickt ist, verschlimmert er, statt zu heilen, den Zustand der Kranken mit einem Gebräu, das er sie einnehmen lässt, und manchmal nimmt er Zuflucht zu Zauberei und Aberglauben, um vorzuspiegeln, er wende gute Behandlungsmethoden an.“

Weiter ist erwähnenswert, dass Sahagún uns eine Unmenge an anatomsichen und pathologischen Begriffen überliefert hat. (In der amerikanischen Ausgabe der Werke Sahagúns von 1963 umfasst diese Liste stolze 40 Seiten.) Dieser terminologische Reichtum zeigt, wie genau pathologische Phänomene beobachtet wurden und wie unglaublich weit die Anatomie entwickelt war – was die Azteken wohl der Menschenopferung und dem rituellen Kannibalismus verdanken.

SRuehlow schrieb:
Es gab zwei Arten von Heilkundigen: Der traditionelle Schamane oder tictl verwendete in erster Linie magische Praktiken; der empirisch arbeitende Arzt, tepati, sezte, z.T. als Priesterarzt, vor allem Arzneimittel ein und behandelte als Spezialist Kranke auf dem Gebiet der Chirurgie, der inneren Medizin und der Psychartie.
Diese beiden Gruppen sind die Wichtigsten. Mit am faszinierendsten bei den Azteken finde ich jedoch, dass es eine unglaubliche Fülle von Spezialmedizinern gab. Hier eine kleine Auswahl ihrer Aufgaben: Massieren, Austreiben einer Krankheit durcuh Saugen an der Wunde, Behandlung von Augenleiden, Geburtshilfe, Extrahierung von „Augen- und Zahnwürmern“, Diagnose durch Wasserbeobachtung, Aderlass, uvm.
 
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