"Gesundheitssystem" ?

hyretic

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Moin

Was taten, oder was für Wissen hatten die Germanen, um ihre Gesundheit zu erhalten oder wieder herzustellen?
Meine Vermutung, bin kein Historiker, darum bitte um Verständnis, ist, das sie eine bestimmtes Grundwissen über Kräuter hatten, aber wußten sie noch mehr?
Oder gibt es darüber so gut wie keine Erkenntnisse?
 
Naja, ich denke mal, so grundsätzliches Wissen werden sie wohl gehabt haben, z.B. dass Weidenrinde schmerzstillend wirkt etc.

Wie weit fortgeschritten dieses Wissen allerdings war und welche Krankheiten man hat behandeln können, finde ich eine sehr schwierige Frage, zumal man das ja auch innerhalb eines zeitlichen Rahmens setzen muss - die Germanen als Bevölkerungsgruppe(n) haben ja nun über Jahrhunderte hinweg existiert, da wird sich sicher Einiges an Wissen angesammelt haben - ein Zeitabschnitt, auf den diese Frage hinzielt, wäre also schon sehr hilfreich, um es besser eingrenzen zu können.
 
naja, das ist mal wieder eine richtig globale Frage. Welches Grundwissen und was für Wissen haben denn die Germanen heute?

Siehste, da geht das Überlegen schon an, welche Germanen wo und wer sind sie?

Jetzt noch dazu die Frage :wann und welche Schicht? Also die sogenannten gebildeten Germanen des 16jhdts hatten definitiv ein sehr geringes medizinisches Wissen, bis hinein ins 19.Jhdt/20. Jhdt, auch Wundhygiene sowie Kenntnisse in der Wundversorgung ist auch bei den Ärzten der Germanen heute nicht allgemein verbreitet, es ist viel Wissen bei den gebildeten Ständen nicht angekommen.

Wann und wo im Verbreitungsgebiet der Germanen welche medizinischen Kenntnisse der "Volksmedizin" bekannt war, ist schlecht nachvollziehbar
 
Oder gibt es darüber so gut wie keine Erkenntnisse?
Leider gibt es keine germanischen Sprachzeugnisse zur Medizin aus der Zeit vor dem frühen Mittelalter, und die frühmittelalterlichen althochdeutschen und altenglischen Texte geben nicht viel her (Zaubersprüche gegen Hexenschuß, Knochenbrüche, Würmer usw.) -- ob eine Runeninschrift aus dem 4. Jh. lina laukaR (Leinen und Lauch) nicht allein heidnisch-religiös sondern eventuell auch "medizinisch" ist, weiß man nicht.
 
Danke erstmal für die Antworten, und damit wir uns nicht mehr über die heutigen medizinischen Kenntnisse und Fertigkeiten der Germanen unterhalten müssen, obwohl das amüsant zum Lesen war :yes:, grenze ich das mal alles zeitlich und räumlich ein.
Es geht um die mitteleuropäischen Germanen: sprich Ubier, Cherusker, Friesen etc. und zwar von ca. 50 v.Chr. bis Jahre 100.
Kannten die zum Beispiel so etwas wie Schwitzhütten? Wenn es medizinisches Grundwissen gab, wer "hütete" es, wer gab es weiter?
 
Schwitzhütten sind mir jetzt nur von den Skythen durch Herodot bekannt, es wird sie auch anderweitig gegeben haben. Was die Germanen angeht, aber das gilt gleichermaßen für alle anderen Völker nördlich der Donau und östlich des Rhein, ist, dass unser Wissen über sie doch nur sehr punktuell ist, abhängig von dem, was römische und griechische Historiographen zu überliefern wussten, überliefern konnten und überliefern wollten. In der ur- und frühgeschichtlichen Literatur wäre evtl. mal nach archäologischen Funden zu fahnden, die Auskunft über Kenntnisse in Heilkräuterkunde o.ä. geben könnten.
 
Es geht um die mitteleuropäischen Germanen: sprich Ubier, Cherusker, Friesen etc. und zwar von ca. 50 v.Chr. bis Jahre 100.
Kannten die zum Beispiel so etwas wie Schwitzhütten? Wenn es medizinisches Grundwissen gab, wer "hütete" es, wer gab es weiter?
Zumindest mit Quellen schaut es da leider schlecht aus. Weder Caesar in seinem Germanenexkurs noch Tacitus in seiner "Germania" machten Angaben zur Medizin der Germanen, auch bei Strabon wurde ich nicht fündig.
 
Caesar erwähnt an einer Stelle, das die Suebenfrauen die Wunden der Krieger versorgten und irgendwo steht auch , das die die Wunden nähten. Zahnheilkunde war nicht verbreitet. Weidenrinde ist oben schon erwähnt, die antiseptische Behandlung von Eigenurin und Moos dürfte bekannt gewesen sein.
Welche Erkrankungen gabs dennsonst noch? Wundstarrkrampf kein Mittel
Alles andere ziemlich unbekannt, weil die ansteckenden Infektionskrankheiten sich eben bei wenig Bevölkerung schlicht tot laufen
 
Als Prophylaxe: Bei Tacitus Germanenbeschreibung spielt das baden (in Flüssen) eine gewisse Rolle, und ich glaub mal gelesen zu haben, die Germanen hätten schon eine Art Seife zur Körperpflege verwandt.

Aus der "Wikingerzeit" gibt es die Beschreibung, dass Kämpfern mit schwere Leibwunden Zwiebeln bzw Zwiebelsuppe eingeflösst wurde; rochen die Wunden nach einer Weile nach Zwiebeln soll das ein Zeichen gewesen sein, dass Magen oder Darm verletzt waren, was wohl zumeist einem Todesurteil gleichkam...
 
naja, nicht eine Art Seife sondern Seife, ein ziemlich basisches Zeug, das bei infizierten Wunden, so es sich um Schmierseife handelt, die Heilung fördert.

Ob Magen oder Darm verletzt sind, da braucht man keine Zwiebelsuppe für, das merkt man am Gebrüll, dem Temperaturanstieg und dem Ableben nach ca 4 Stunden.

Im Gegensatz u den Griechen waren sie aber wohl der Ansicht, das eiternde Wunden nicht gesund sind
 
Caesar erwähnt an einer Stelle, das die Suebenfrauen die Wunden der Krieger versorgten und irgendwo steht auch , das die die Wunden nähten.
Ich habe das weder in der Schilderung des Krieges gegen Ariovist im 1. Buch noch im Suebenexkurs im 4. Buch gefunden. Der Suebenexkurs geht aber zumindest indirekt auf die Gesundheit ein, indem es heißt, dass sie den Weinimport verbieten, weil der Genuss sie schwächen würde.
 
Ob Magen oder Darm verletzt sind, da braucht man keine Zwiebelsuppe für, das merkt man am Gebrüll, dem Temperaturanstieg und dem Ableben nach ca 4 Stunden.

Ich hab mich ja auch immer gefragt, wo bei dieser Methode der Sinn sein soll; wenn man feststellt, das eine solche tiefe Wunde vorliegt, was macht man (bzw frau) dann? Keine weitere gute Suppe an den Patienten "verschwenden"?

Allerdings kann man auch solche Wunden länger überleben; wenn der Darm bspw nur angeritzt ist, führt dies nicht nach 4 Stunden zum Tod, sondern die Infektionen brauchen durchaus etwas länger. Und Brüllen und Fiebern taten damals auch viele der Patienten, die Wunden erhalten hatten, die mit etwas Glück durchaus zu überleben waren... ;)

Zur Quelle: Stammt wohl aus der Saga von Olaf Tryggvesson

Icelanders in the Viking age: the ... - William R. Short - Google Bücher

Zum Rezept: Trebeta - Das Hlynsbakkaætt (Wikinger Rezepte Zwiebelsuppe)

(kA wie historisch... ;))
 
ich glaub mal gelesen zu haben, die Germanen hätten schon eine Art Seife zur Körperpflege verwandt.
Plinius der Ältere erwähnt in seiner Naturgeschichte (28. Buch), dass die Germanen eine Art Seife aus Talg und Asche verwendeten, und zwar die Männer häufiger als die Frauen: "Prodest et sapo, Galliarum hoc inventum rutilandis capillis. Fit ex sebo et cinere, optimus fagino et caprino, duobus modis, spissus ac liquidus, uterque apud Germanos maiore in usu viris quam feminis."
 
Insgesamt gibt es wenig zu dieser Zeit L
IM FMA ist einiges überliefert, Im Neanderthal Museum liegt ein gut gerichteter & verheilter Bruch aus dem 6. Jahrhundert, auch sind Bruchbänder etc. überliefert.
Im HMA scheint es dann wieder schlechter mit der Versorgung geworden zu sein.
Im 1. Jahrhundert herrschte allgemeinen die Verbrennung als Grabsitte vor, also sind kaum Knochen vorhanden, wo man so etwas ablesen kann.
Eine Ausnahme hier mit Tumor:
http://oldtiden.natmus.dk/udstillingen/aeldre_jernalder/kvinden_fra_juellinge/language/uk/
Auch gibt es ein paar Untersuchungen zur Nahrungsversorgungslage mit Knochen Stichwort Harris Linien.
http://de.wikipedia.org/wiki/Harris-Linien
Die bei dem ein oder anderen Fund aufgetreten sind.
 
Plinius der Ältere erwähnt in seiner Naturgeschichte (28. Buch), dass die Germanen eine Art Seife aus Talg und Asche verwendeten, und zwar die Männer häufiger als die Frauen: "Prodest et sapo, Galliarum hoc inventum rutilandis capillis. Fit ex sebo et cinere, optimus fagino et caprino, duobus modis, spissus ac liquidus, uterque apud Germanos maiore in usu viris quam feminis."

Seife wird eben aus "Asche" genauer Pottaschenlauge und Fett gemacht.
Seifenherstellung
die Lauge wirkt bleichend und ist ziemlich ätzend. Aber auch desinfizierend.

Lauge wurde ja auch früher um Wäschewaschen genutzt.

Wenn man sich also die Haare mit Mutters Waschlauge gebleicht hat, dann Fett in die Haare, weil brennt wie Teufel, entsteht am Kopf ... Seife.

Das Spülwasser der Haare wird allerdings, so Fett reichlich in den Haaren ebenfalls Seifenlauge. Das das Zeug saubermacht und nicht brennt an den Fingern, naja, man muß nicht besonders helle sein, um das zu bemerken und den Prozeß zu optimieren. Und so wird Seife heute noch aus "einer Art Asche" gemacht ;-). Mit Pottasche gibts Schmierseife
 
Das germanische Wort, von dem unser Wort für Seife stammt - saipôn, daraus lat. sapo, saponis > span. jabón, frz. savon, ital. sapone, und dies wiederum arabisiert zu ṣābūn bedeutete allerdings nicht unsere Seife zum waschen. Unsere Seife zum Waschen wurde im Orient erfunden. Das germanische saipôn ist wohl mehr eine Art Haartönung gewesen.

 
Das germanische Wort, von dem unser Wort für Seife stammt - saipôn, daraus lat. sapo, saponis > span. jabón, frz. savon, ital. sapone, und dies wiederum arabisiert zu ṣābūn bedeutete allerdings nicht unsere Seife zum waschen. Unsere Seife zum Waschen wurde im Orient erfunden. Das germanische saipôn ist wohl mehr eine Art Haartönung gewesen.


Woraus schließt Du, dass es sich vorwiegend um ein Haarfärbemittel gehandelt haben soll? Eine Vorstellung von Hygiene werden die Leute schon gehabt haben. In den römischen Quellen tauchen diese Beschreibungen vielleicht nur deshalb auf, weil die römischen Methoden anders waren. Spielten da nicht Öle, Schaber und Dampfbäder eine Rolle? Weiß ich nicht mehr so genau.

Unabhängig davon gibt es diverse archäologische Belege dafür, dass die Menschen damals in medizinischer Hinsicht nicht völlig ahnungslos waren. Schon aus der Steinzeit sind Skelettreste bekannt, die erkennen lassen, dass schwere Wunden zum Heilen gebracht wurden, dass man Knochen nach Brüchen richten konnte und dass offenbar sogar "medizinische Eingriffe" an verletzten Schädeln vorgenommen wurden. Ich habe sogar mal was von Belegen für Zahnbehandlungen in der Steinzeit gelesen. Der Zusammenhang zwischen Entzündungen und (damals nicht sichtbaren) Mikroorganismen war den Menschen natürlich nicht bekannt. Ich würde aber meine Hand dafür ins Feuer legen, dass sie wussten, dass eine saubere Wunde eher heilt als eine verdreckte.

Die Menschen lebten damals in harten Zeiten. Trotzdem haben sie überlebt. Die Sterblichkeit war zweifellos höher als heute. Aber man kannte auch damals mit Sicherheit Methoden, die Sterblichkeitsrate zu senken.

MfG
 
El Quijote, die Orientalen habens erfunden und ein germanisches Wort dafür benutzt?

Wie gesagt, man muß schon reichlich dämlich sein, um nicht zu merken, was passiert, wenn man sich das Fett mit Lauge aus den Haaren wäscht. Deshalb glaube ich, das Seife an mehreren Orten erfunden wurde.
 
Woraus schließt Du, dass es sich vorwiegend um ein Haarfärbemittel gehandelt haben soll? Eine Vorstellung von Hygiene werden die Leute schon gehabt haben. In den römischen Quellen tauchen diese Beschreibungen vielleicht nur deshalb auf, weil die römischen Methoden anders waren. Spielten da nicht Öle, Schaber und Dampfbäder eine Rolle? Weiß ich nicht mehr so genau.

Unabhängig davon gibt es diverse archäologische Belege dafür, dass die Menschen damals in medizinischer Hinsicht nicht völlig ahnungslos waren. Schon aus der Steinzeit sind Skelettreste bekannt, die erkennen lassen, dass schwere Wunden zum Heilen gebracht wurden, dass man Knochen nach Brüchen richten konnte und dass offenbar sogar "medizinische Eingriffe" an verletzten Schädeln vorgenommen wurden. Ich habe sogar mal was von Belegen für Zahnbehandlungen in der Steinzeit gelesen. Der Zusammenhang zwischen Entzündungen und (damals nicht sichtbaren) Mikroorganismen war den Menschen natürlich nicht bekannt. Ich würde aber meine Hand dafür ins Feuer legen, dass sie wussten, dass eine saubere Wunde eher heilt als eine verdreckte.

Die Menschen lebten damals in harten Zeiten. Trotzdem haben sie überlebt. Die Sterblichkeit war zweifellos höher als heute. Aber man kannte auch damals mit Sicherheit Methoden, die Sterblichkeitsrate zu senken.

MfG

Ich habe nicht geschrieben, dass die Menschen ahnungslos oder unhygienisch gewesen wären. Aber die Seife ist nun mal eine orientalische Erfindung. Auch, wenn die Araber dafür - unter anderen - ein germanisches Lehnwort benutzen.

El Quijote, die Orientalen habens erfunden und ein germanisches Wort dafür benutzt?

Wie gesagt, man muß schon reichlich dämlich sein, um nicht zu merken, was passiert, wenn man sich das Fett mit Lauge aus den Haaren wäscht. Deshalb glaube ich, das Seife an mehreren Orten erfunden wurde.
Wortgeschichte ist manchmal ein seltsames Kapitel. Da wird dann schon mal aus einer Orangenblüte ein Glücksritter. Ja, das Wort saipôn wurde bis ins Arabische entlehnt und dort dann für die Seife, so wie wir sie heute kennen, verwendet. Ob nun die Vermittlersprache das Lateinische war, oder vielleicht auch - Kreuzzugszeit - das Altfranzösische, das weiß ich nicht.
 
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