Gesundheitswesen im Marxismus

K

KriJes

Gast
Also wie der Titel schon sagt, geht es um das Gesundheitswesen im Marxixmus (mehr oder weniger), wir haben dazu in einem Semiar Fragen bekommen. Sie sind auf englisch gestellt, ich werde sie mal einfach übernehmen & bei Bedarf kann ich sie auch übersetzen ;)

Using the Marxist approach to health: What is the nature of the link between political forces & the distribution of health & disease?
How adequately does the approach take into account the gendered nature of the distribution of health & disease?

Wir brauchen gar nicht unbedingt genaue Antworten auf die Fragen selbst, sondern eher zum ersten Teil "using the Marxist approach to health" - was versteht man darunter? Wie war Marx Einstellung/Ansatz bezüglich Gesundheitswesen?

Vielen Dank schon mal im Voraus für alle hilfreichen Erklärungen :)
 
Marx' Ansatz oder der marx'sche Ansatz, ist etwas anderes, als der marxistische Ansatz. Ersteres ist der Ansatz einer Einzelperson, letzteres der Ansatz im System einer Ideologie.
 
Karl Marx war Wirtschaftswissenschaftler, Sozialphilosoph oder wie auch immer man seine Tätigkeit beschreiben will. Er war zwar ziemlich gebildet, ich glaube aber nicht, dass er sich detaillierte Gedanken über ein zukünftiges Gesundheitswesen gemacht hat.
Ansonsten kannst du das natürlich selbst herausfinden, indem du seine Bücher liest. :rofl: Die sind vielleicht etwas trocken, aber da musst du durch. :devil:

Der Marxistische Ansatz unterscheidet sich von Marx' Ansatz insofern, als das der Marxismus erst nach Marx Tod entstanden ist, umgehend um den Leninismus erweitert und die herrschende Ideologie östlich der Mauer wurde. Im Detail kannst du die theoretischen marxistischen Positionen zum Thema Gesundheitswesen wohl nur herausfinden, indem du die diesbezüglichen Beschlüsse der Parteitage der SED durcharbeitest. Auch das ist eine angenehme und spannende Bettlektüre. :still:
Danach solltest du die Gesundheitssysteme anderer damals sozialistischer Länder untersuchen, vorzugsweise das der UdSSR, weil dort sozusagen die ideologischen Wegbereiter saßen.
In der Praxis kann ich dir aber aus eigener Erfahrung sagen, dass es in der DDR mehr oder weniger flächendeckend Krankenhäuser gab. Außerdem gab es praktizierende Ärzte wie in der BRD auch, meistens Allgemeinmediziner und Zahnärzte, und dann kamen noch die Polikliniken dazu. Was das ist bzw. war, verrät dir Google.
Generell hinkte das Gesundheitssystem der DDR in der technischen Ausstattung, Forschungsstand und Erfolg dem der BRD um zehn bis zwanzig Jahre hinterher. Operationen, die in der DDR unmöglich waren, liesen sich in der Bundesrepublik durchführen, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Das lag allerdings nicht an der schlechteren Ausbildung der Ärzte, sondern am fehlenden technischen Fortschritt.

Ansonsten bitte die Frage etwas konkreter stellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

dürfte ich Kuba in die Diskussion einwerfen? sofern das noch als marxistisch durchgeht.
Dort gab es eine positive Entwicklung des Gesundheitswesens seit Batista gestürzt wurde.

gruß
corto
 
Ich verstehe die englischen Fragen etwas anders. Ich lese daraus weniger eine Frage nach dem Gesundheitswesen in den sozialistischen Ländern als vielmehr eine danach, welche Verbindung die marxistische Theorie zwischen den politischen/gesellschaftlichen Bedindungen und der (klassenspezifischen?) Verbreitung von Gesundheit und Krankheit postuliert. Zumal ja in der zweiten Frage darauf abgehoben wird, ob eine solche Theorie auch geschlechtsspezifische Aspekte erklären kann bzw. diese berücksichtigt.

Mag mich irren, wäre vielleicht hilfreich zu wissen, in welchem Seminar die Frage gestellt wurde.
 
Ich lese daraus weniger eine Frage nach dem Gesundheitswesen in den sozialistischen Ländern als vielmehr eine danach, welche Verbindung die marxistische Theorie zwischen den politischen/gesellschaftlichen Bedindungen und der (klassenspezifischen?) Verbreitung von Gesundheit und Krankheit postuliert.

Noch nicht so ganz:

Using the Marxist approach to health: What is the nature of the link between political forces & the distribution of health & disease?
How adequately does the approach take into account the gendered nature of the distribution of health & disease?

Wenn man die marxistische Einstellung zur Gesundheit anwendet/ heranzieht: Wie ist der Charakter der Verbindung zwischen politischen Kräften und der Verteilung von Gesundheit und Krankheit?
Wie adäquat bezieht diese Einstellung den "gendered" Charakter der Verteilung von Gesundheit und Krankheit ein?
 
@ El Quijote: Ja okay, die Unterscheidung zwischen Einzelperson & System hab ich mal großzügig weggelassen, weil ich eh bezweifel, dass das hier [Tansania] jemanden so genau nimmt ;)

@ Dackelhasser (interessanter Name btw): Danke für den Tip mit den Büchern! Und ja, er hat sich vllt nicht unbedingt direkt mit Gesundheitswesen befasst, aber wie michaell -meiner Meinung nach- richtig rausgelesen hat, gehen die Fragen auch nicht explizit darum, sondern eben um den Zusammenhang von ökonomischen Ressourcen & Krankheitsverbreitung.
Allerdings sind wir uns über diesen Zusammenhang im Sinne des "Marxist approach" nicht völlig im Klaren, weil das Seminar uns durcheinander gebracht hat: Es war auf ein mal von Profitmaximierung die Rede, was zur Folge hat, das medizinische Versorgung nicht (nur) auf Genesung, sondern auch auf Gewinn abzielt... entspricht eher Kapitalismus oder? Inwiefern passt das denn zum "Marxist approach" - vllt sollte ich das lieber die Dozentin fragen...

@ corto: Jo, an Kuba haben wir auch schon als Beispiel gedacht, gut, dass da noch einer so denkt ;) Merci :)

@ michaell: Sieht schon mal meine Antwort für Dackelhasser & es ist das Seminar "Society, Culture & Health"

Vermutlich habe ich alle jetzt nur noch mehr verwirrt, wenn ihr genauso wenig schlau draus werdet, wie mein Kumpel & ich, danke ich dennoch für den Versuch!
 
Beim real existierenden Sozialismus auf der Grundlage der Theorie des Marxismus/Leninismus war die Kategorie „Profitmaximierung“, „Profit“ und ähnliche Kategorien ein Terminus der untergehenden kapitalistischen Gesellschaft, die sich in ihren letzten Stadium, dem Imperialismus befand :).

Es gab allerdings die volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Kategorie: „Gewinn“.
Zur VW- und BW-Kategorie „Gewinn“ hier in diesen Thread etwas zu schreiben, spreng den Rahmen, und passt auch nicht zu diesen Thema.

So weit mir bekannt ist, stand in der DDR die gesundheitliche Versorgung der Menschen im Vordergrund.
Das Handicap war dabei nicht das Fachwissen der Ärzte und das Engagement der Schwestern, das Handicap war – wie hier schon sehr richtig gesagt – die materiellen Ressourcen und die Umsetzbarkeit des wissenschaftlichen-technischen Fortschrittes.
Was soll anbetracht einer solchen Situation noch die Kategorie „Gewinn“?

Eindeutig, die bessere Medizin (Qualität und Menge) hatte der Westen und auch die besseren medizinischen Instrumente. Das schließt die Existenz von Leuchttürmen – so sagten wir damals – nicht aus.
Die Medizin ist ein weites Feld und da gab es sicher hier und da auch mal einen Leuchtturm.

Ich bin 71. wie man ja meinem Profil entnehmen kann.
Als ich letztens bei meinen Zahnarzt (bei ihm bin ich schon seit 1975) eine Behandlung über mich ergehen lassen musste (altersbedingt) sagte er zu mir, so Herr … das Provisorium was ich ihnen hier verpasse war, wie sie wissen, die Endlösung in der DDR.
Und meine praktische Ärztin (bei der bin ich auch seit 1975) änderte bei mir ab 1990 die Medikamente.

Hier habe ich noch was von Polikliniken gelesen.
Die gibt es inzwischen wieder.
Hier mal ein Artikel mit Bild aus Erfurt -> Klick.
 
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Vermutlich habe ich alle jetzt nur noch mehr verwirrt, wenn ihr genauso wenig schlau draus werdet, wie mein Kumpel & ich, danke ich dennoch für den Versuch!

@KriJes

Marx hat sich meines wissens nach nicht explizit und ausführlich über das Gesundheitswesen geäußert, das war ja auch nicht sein Thema.

Hinsichtlich der Einordnung des Gesundheitswesens in die Gesellschaft, schau mal hier, danach dürfte das Gesundheitswesen Bestandteil des "Überbaues" sein.

Basis und Überbau ? Wikipedia

Dort findest Du auch viele weiterführende Literaturhinweise.

Das Gesundheitswesen in der ökonomischen, ideologischen und politischen Widerspiegelung im Marxismus/Leninismus, da müßtest Du Dich wirklich durch Lenin/Stalin und die Parteitagsbeschlüsse der sozialistischen/kommunistischen Parteien "durchquälen", da das Gesundheitswesen eher als Marginalie betrachtet wurde.

M.
 
zu Kuba: Ja natürlich hat es dort einen Forschritt seit dem Sturz Batistas gegeben. Das ist schließlich ziemlich lange her. Es wäre aber denkbar, dass in anderen Ländern der Fortschritt größer war. Die implizit mitschwingenden Behauptung, der Fortschritt in Kuba sei inzwischen größer gewesen, als er gewesen wäre, wenn dort ein aneres soziales und wirtschaftliches System herrschte, würde ich als nicht belegt bezeichnen.

zum Profit in der Medizin: Der Vergleich macht z.B. zwischen DDR und BRD wenig Sinn, da das BRD-Gesundheitssystem im Wesentlichen planwirtschaftlich organisiert ist. In der politischen Debatte in der BRD zum Thema hat immer das Prinzip dominiert, dass die Qualität einer medizinischen Behanldung nicht vom Geldbeutel abhängen darf. Da die medizinische Behandlung in Industriestaaten einen recht großen Teil des BIP beansprucht, ist die Frage deshalb nicht so sehr programmatisch als mehr eine Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Systems. Das wird ja nun leider in armen afrikanischen Ländern sehr deutlich.

Andererseits kann natürlich auch bei erheblicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft nur relativ wenig Geld in die medizinische Versorgung der Massen geleitet werden. In manchen westlichen Industriestaaten ist tatsächlich die medizinische Qualität der Versorgung (die Hotelleistungen finde ich da weniger wichtig) deutlich vom Geldbeutel abhängig. Das gilt mKn zB in Großbritannien oder den USA.
 
Bitte zur historischen Fragestellung, zum marxistischen Ansatz im "Public Health" zurückkehren.

Die Diskussion gerät sonst in Gefahr, in tagespolitische bzw. die erwähnten programmatisch-politischen Fragen des Gesundheitswesens abzugleiten.
 
Um mal von der Theorie weg zu kommen, natürlich gab es sowas wie Profitinteressen und es besteht auch ein Zusammenhang mit der Gesundheit, oder anders ausgedrückt, die Gesundheit der Belegschaft ging den Parteioberen in der Praxis am A.... vorbei.
Als Beispiel sei hier die Wismut genannt. Dort konnte man sehr gut verdienen, aber viele Menschen starben vorzeitig an Krebs, weil Uranabbau ohne irgendwelche Schutzanzüge halt nicht besonders gesund ist.
Oder die mangelnden Umweltschutzmaßnahmen in den industriellen Ballungsgebieten um Leipzig und Halle, Bitterfeld usw. Dort stank es dermaßen, weil sich kein Mensch um Luftreinhaltung kümmerte. Sicherlich waren die Zusammenhänge zwischen Luftverschmutzung und Atemwegserkrankungen bekannt. So bescheuert konnte wirklich niemand sein, um den Zusammenhang nicht zu erkennen. Das hat man wohl in Kauf genommen.
 
Hallo Hans-forscht,

ich wollte da keine implizite Behauptung vermitteln.
ich bezog mich rein auf meine Erinnerung.

ich hab das ganze auch im Wiki-Artikel zu Kuba bestätigt gefunden:
Zitat wikipedia:
"Die sozialen Menschenrechte sind in Kuba teilweise gut umgesetzt. So gilt zum Beispiel das Recht auf Bildung für die Region als vorbildlich, ebenso die Gesundheitsversorgung. Der allgemeine Lebensstandard ist hingegen, gemessen nach dem Standard industrialisierter Länder, auf niedrigem Niveau. "

gruß corto
 
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