Gleichschritt

Neddy

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Wie schnell man von preußischen Generalen, die zu früh in Vergessenheit geraten sind, als dass sie als Namensgeber für kaiserliche Schlachtkreuzer hätten dienen können, bei Fragen zur Antike landen kann::fs:

Kannten die in geschlossener Formation kämpfenden Heere der Antike - insbesondere die römische Legion, aber auch die griechischen und hellenistischen Heere - eigentlich eine Form von Gleichschritt?

Ich meine jetzt keinen Paradeschritt, sondern eine standardisierte Schrittregulierung, um kompakte Formationen im Gefecht durchs Gelände zu bewegen, ohne, dass sie durcheinander kamen oder gar auseinander rissen. Die Alternative dazu wäre m. E., dass jeder einzelne Kämpfer sich eine einigermassen exakte Position zwischen Vorder-, Neben- und Hintermännern zurechthoppeln musste, was sicherlich wenig effizient war.

Falls es das gab, wie wurde der Schritt reguliert? Gab es eine Standardschrittlänge oder eine Standardschrittzahl? Oder gar standardisierte Marscharten wie langsamer oder schneller Marsch, Trab/Jog, Laufschritt etc.? Oder folgte man hier schlicht der Geschwindigkeit, die der jeweilige Einheitsführer vorlegte?
 
Marcus Junkelmann (Die Legionen des Augustus, S. 216), sagt, kaum. Er mutmaßt zwar, dass die vielen Musikanten, die für die Armee bezeugt sind, nicht nur Schlacht-, Weck- oder sonstige Signale bliesen, sondern sondern auch für einen halbwegs einheitlichen Tritt (wie sonst sollte eine Kampfeinheit in Formation vorrücken?). Er führt aber auch an, dass die Reliefs, die marschierende Soldaten zeigen, keinen Gleichschritt erkennen lassen, schon ein starkes Indiz dagegen. Außerdem sei das bei Triumphen überlieferte Sangesgut rhythmisch nicht zum Marschieren geeignet.

(Man vergleiche nur "Links! Zwo! Drei! Vier!" mit "Sinistro! Duo! Tres! Quattuor!") :D

Verschiedene Marscharten hat es schon gegeben; Gewalt- und Eilmärsche sind, samt durchschnittlichen Wegstrecken, für die Antike bezeugt. Die normale Marschleistung hieß iter iustum (gerechter/angemessener Weg) und lag bei 30 km/Tag, beim iter magnum waren es 36. Im Gewaltmarsch, dem iter maximum, konnten laut Junkelmann schon mal 50 km erreicht werden. Angeblich soll C. Claudius Nero 207 v. Chr. zur Schlacht am Metaurus durchschnittlich etwa 70 km in Eilmärschen zurückgelegt haben - in vier Tagen von Apulien - aber das wird stark bezweifelt.

"Im Normalschritt" hieß militari gradu, "im Geschwindschritt" pleno gradu (mit vollem Schritt). Auch Junkelmann, S. 233.
 
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Eine Phalanx ohne Gleichschritt läßt sich schwer vorstellen. Die Griechen hatten Flöten- und Pfeifenspielern, nach denen die Hopliten marschierten. Mir ist jetzt nicht bekannt nach welcher Schrittfrequenz und -länge.
 
Wie schnell man von preußischen Generalen, die zu früh in Vergessenheit geraten sind, als dass sie als Namensgeber für kaiserliche Schlachtkreuzer hätten dienen können, bei Fragen zur Antike landen kann::fs:

Kannten die in geschlossener Formation kämpfenden Heere der Antike - insbesondere die römische Legion, aber auch die griechischen und hellenistischen Heere - eigentlich eine Form von Gleichschritt?

Ich meine jetzt keinen Paradeschritt, sondern eine standardisierte Schrittregulierung, um kompakte Formationen im Gefecht durchs Gelände zu bewegen, ohne, dass sie durcheinander kamen oder gar auseinander rissen. Die Alternative dazu wäre m. E., dass jeder einzelne Kämpfer sich eine einigermassen exakte Position zwischen Vorder-, Neben- und Hintermännern zurechthoppeln musste, was sicherlich wenig effizient war.

Falls es das gab, wie wurde der Schritt reguliert? Gab es eine Standardschrittlänge oder eine Standardschrittzahl? Oder gar standardisierte Marscharten wie langsamer oder schneller Marsch, Trab/Jog, Laufschritt etc.? Oder folgte man hier schlicht der Geschwindigkeit, die der jeweilige Einheitsführer vorlegte?

Mit großer Sicherheit war den Griechen die psychologische Wirkung einer sich synchron bewegenden Phalanx bewusst. Dabei war das Marschtempo allerdings begrenzt, um den Zusammenhalt der Formation zu erhalten. Nach Herodot sorgten die Athener Hopliten bei Marathon für Aufsehen, als sie es als erste wagten, den Gegner im Laufschritt anzugreifen, um den Pfeilhagel der Bogenschützen zu unterlaufen. Auf griechischen Vasenmalereien, die Hopliten in Formation ist oft ein Flötenspieler neben einer Phalanx abgebildet, der den Takt vorgab, ähnlich wie in den Linearformationen des 18. Jahrhunderts.
 
Schon der Umstand, dass man beim Marschieren durchaus von selbst in einen Gleichschritt verfallen kann, macht einen antiken Gleichschritt wahrscheinlich. Dafür, dass das Militär bei den Römern eine so große Rolle spielte ist sehr wenig über dessen Kultur und Leben geschrieben worden, letztlich ist der Gleichschritt auch nichts, was bei berittenen Offizieren ankam – rein passen tut es noch. Der Gleichschritt ist auch eine Schreckwaffe: römische Autoren haben längst nicht alle Waffen, die wir aus Funden kennen, beschrieben.
Trotzdem ist es sicher auch richtig, dass das preußisch-nordkoreanische Millimetermaß bei den Römern zumindest keine Relevanz hatte. Bzgl. der Signale: Reenactors füllen die Lücke mit allen möglichen Abkürzungen, dabei kräuseln sich mir die Ohren. Die antiken Marschlieder sind allerdings verloren (und hatten vermutlich in der Antike auch eher Gebrauchs- bzw. Improcharakter), alte osmanische Märsche zeigen aber, dass Marschmusik durchaus was anderes sein kann als linkszwolinkszwolinkszwodreivier. In keinem Fall würde ich annehmen, dass ein Optio während des Gleichschritts auf den "richtigen Fuß" achtet und die Abweichler zusammenschnauzt; zuallerletzt würde ich bei einem festlichen Triumph oder einer Pompa nach Gleichschritt suchen, dessen militärische Schönheit wohl erst mit dem Aufkommen regulärer Uniformen erkannt wurde. Die Uniformität römischen Militärs hat hier vermutlich für eine falsche oder zumindest überzogene Rückableitung gesorgt.
 
Eine Phalanx ohne Gleichschritt läßt sich schwer vorstellen. Die Griechen hatten Flöten- und Pfeifenspielern, nach denen die Hopliten marschierten. Mir ist jetzt nicht bekannt nach welcher Schrittfrequenz und -länge.

Das sehe ich auch so.

Es ist zwar ein weithergeholter Vergleich, sucht aber bei "Deinrohr" mal nach Kriegstänzen von Amazonasindianern. Ich habe eine Szene in Erinnerung, bei denen mit Keulen und Speeren Bewaffnete Krieger in der Reihe nach Flöten- und Trommelklängen in einen Rhytmischen Gleichschritt verfallen.

Bei den Zulus sieht man dass auch, und diese kämpften auch noch mit Schild und (kurz)Speer. Ein Kampf in enger Formation mit Schildern ist ohne gleichschritt m.E. gar nicht möglich.

Beim Marsch ist es auch ein wichtiges Element um bestimmte Geschwindigkeiten zu erreichen. Ob dabei immer derselbe Fuß bei allen vorne ist, ist fraglich, ein gleicher Rhytmus ist aber zwingend erforderlich. Allein die Bezeichnungen bei den Römern für die Marschgeschwindigkeiten deuten auf so etwas hin.
 
Vegetius schreibt im 9. Kapitel seines ersten Buches der Epitoma rei militari ('Abriss des Militärwesens'):
Primis ergo meditationum auspiciis tirones militarem edocendi sunt gradum. Nihil enim magis in itinere uel in acie custodiendum est, quam ut omnes milites incedendi ordinem seruent. Quod aliter non potest fieri, nisi assiduo exercitio ambulare celeriter et aequaliter discant. Periculum enim ab hostibus semper grauissimum sustinet diuisus et inordinatus exercitus.
Ich erlaube mir, hierfür die ÜS von Friedhelm Müller (Stuttgart 1997) zu zitieren:
Von den allerersten Übungen an muss man den Rekruten einen militärischen Schritt beibringen. Denn auf nichts ist auf dem Marsch oder in der Schlachtordnung mehr zu achten, als dass alle Soldaten den Gleichschritt einhalten. Das kann allein dadurch geschehen, dass sie in ständigem Exerzieren rasch und gleichmäßig zu marschieren lernen. Denn stets die äußerste Gefährdung durch die Feinde hat ein zersplittertes und ungeordnetes Heer auszuhalten.
 
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Eine mögliche Andeutung des Gleichschritts findet sich auch bei Strabon, der in 10,4,20 über die Sitten der alten Kreter schreibt, u. a. über das Kriegstraining der Jugend:
τακταῖς δέ τισιν ἡμέραις ἀγέλη πρὸς ἀγέλην συμβάλλει μετὰ αὐλοῦ καὶ λύρας εἰς μάχην ἐν ῥυθμῷ, ὥσπερ καὶ ἐν τοῖς πολεμικοῖς εἰώθασιν
Aber an irgendwelchen festgesetzten Tagen zieht Schar gegen Schar mit Flöte und Lyra in den Kampf im Rhythmus, wie sie auch in den Kriegen gewohnt waren.
 
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