Goldene Bulle und ihre Folgen für das Heilige Römische Reich

KarlIV

Neues Mitglied
Hallo,
ich suche Information über die Folgen bzw. unmittelbaren Wirkung der Goldenen Bulle von 1356 für das Heilig Römische Reich.
Hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.
mfg Karl
 
Meines Wissens regelte sie, dass Kurfürsten nur eine Kur innehaben durften, obgleich zwei Pfälzer Friedrich V., als Kurfürst der Pfalz und König von Böhmen, wie auch später Carl Theodor als Kurfürst der Pfalz und von Bayern dagegen verstießen. Letzterer nahm dann, glaube ich, aber nur noch eine Kur in Anspruch, womit die 8. Kur erlosch, während die 9. (die von Braunschweig-Lüneburg sprich Hannover) weiter existierte.
Jedenfalls führte diese Klausel durchaus dazu, dass wie von Kaiser Karl IV. selbst nicht zwei Kuren zugleich beansprucht wurden (Böhmen und Brandenburg), sondern er sich für die andere (Brandenburg) einen Ersatzmann (aus seiner Familie) aussuchen musste.
Ein bisschen was darüber steht in dem Buch, das ich hier kurz andeutete: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=220459&postcount=442
 
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Danke für deine Antwort, mich interesieren aber eher die Folgen der ersten beiden Kapitel der Goldenen Bulle (Kurfürsten wählen den König).
 
Vielleicht findest Du was in dem Ausstellungskatalog zur Ausstellung in Magdeburg zum HRR, die im Dezember 2006 zuende gegangen ist.
Ich denke mal, dass es verboten sein sollte, dass die Kurfürsten mehrere Kuren versammelten hat, relativ eng auch etwas mit der Königs bzw. später Kaiserwahl zu tun. Thema: Erwählter Römischer Kaiser als Titel...

Wenn Dir vielleicht jemand anders noch besser Antwort geben konnte, wäre ich daran interessiert, wie auf eine Aushebelung bzw. Umgehung der Bestimmungen der Goldenen Bulle im Späten Mittelalter bzw. in der Neuzeit (siehe meine Beispiele) reagiert wurde.
 
Ich denke mal, dass hier fürs erste die Wikipedia ausreicht:

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Bulle

Hier findet sich ein eigenes Kapitel über die unmittelbaren Auswirkungen. Sollte Karl noch vertiefte Fragen haben, kann er sie ja gerne stellen.

Meines Wissens regelte sie, dass Kurfürsten nur eine Kur innehaben durften, obgleich zwei Pfälzer Friedrich V., als Kurfürst der Pfalz und König von Böhmen, wie auch später Carl Theodor als Kurfürst der Pfalz und von Bayern dagegen verstießen. Letzterer nahm dann, glaube ich, aber nur noch eine Kur in Anspruch, womit die 8. Kur erlosch, während die 9. (die von Braunschweig-Lüneburg sprich Hannover) weiter existierte.

Kurz vor Ende des Reichs kam es nochmal zu einer Umverteilung der Kurstimmen. Die geistlichen Kürfürstentümer wurden 1803 aufgelöst, nur noch die Mainzer Kurstimme (jetzt aus Regensburg) blieb erhalten. Württemberg, Hessen-Kassel, Baden und Salzburg bekamen neue Kurstimmen, die ihnen jedoch nichts mehr brachten.

Als einen "Verstoß" würde ich das Zusammenfallen der pfälzischen und bayerischen Kur nicht bezeichnen. Nach Hausrecht erbte Karl Theodor den bayerischen Thron und die Stimmen fielen zusammen, ohne, dass es da irgendwelche Schwierigkeiten gegeben hätte.
 
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Auswirkung der "Golden Bulle" auf das Heilige Römische Reich deutscher Nation

Durch die goldene Bulle wurde die Macht das Papst eingeschränkt, denn der gewählte König hatte das Recht zum römischen Kaiser krönen zu lassen und mußte diese nicht mehr erkämpfen. Außerdem wurde die Macht der Kurfürsten gestärkt und eine starke zentrale Gewalt verhindert.
Es gab keine erbliche Monarchie der zentralen Gewalt und jeden Kaiser konnten die Kurfürsten eine neues "Regierungsprogramm" abverlangen.

Vielleicht dazu interessant, die Ausstellung in Frankfurt "Vivat ! Es lebe der Kaiser - Schauplätze von Wahl und Krönung in Frankfurt"
Grüße aus der Stadt, in der die Goldene Bulle aufbewahrt wird !
Dyo
 
Als einen "Verstoß" würde ich das Zusammenfallen der pfälzischen und bayerischen Kur nicht bezeichnen. Nach Hausrecht erbte Karl Theodor den bayerischen Thron und die Stimmen fielen zusammen, ohne, dass es da irgendwelche Schwierigkeiten gegeben hätte.
Ich kann mich nur daran entsinnen, dass ich mal gelesen habe, Karl IV. hätte die Brandenburgische Kur abgegeben an seinen Umkreis, weil man nicht zwei Kurfürstentitel hätte vereinen dürfen. (Böhmen und Brandenburg) Gibt es keinen Passus, welcher diesen Punkt regelt, was passiert, wenn ein Kurfürst einen anderen beerbt. Bei den Wittelsbachern war diese Möglichkeit ja immer wieder vorhanden.
 
Ich kann mich nur daran entsinnen, dass ich mal gelesen habe, Karl IV. hätte die Brandenburgische Kur abgegeben an seinen Umkreis, weil man nicht zwei Kurfürstentitel hätte vereinen dürfen. (Böhmen und Brandenburg) Gibt es keinen Passus, welcher diesen Punkt regelt, was passiert, wenn ein Kurfürst einen anderen beerbt. Bei den Wittelsbachern war diese Möglichkeit ja immer wieder vorhanden.

Nein, eine greifende Regelung für diesen Fall gab es bei den Wittelsbacher nicht. Im Hausvertrag von Pavia, dem Hausvertrag der Wittelsbacher, war geregelt, dass die bayerische und die pfälzische Linie die Kurwürde abwechselnd tragen durften; in der Goldenen Bulle wurde die Kur dann ja nur den Pfälzern zugesprochen. Dass die bayerischen Wittelsbacher auch einmal eine Kur bekommen würden, konnte ja zu dem Zeitpunkt noch niemand wissen und deshalb gehe ich auch nicht davon aus, dass es zu dieser Möglichkeit explizite Regelungen gibt. Wenn, dann müssten eine Regelung für Wittelsbach aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen. Ich mach mich mal kundig und wenn ich etwas herausbekomme, geb ich dir Bescheid.

Was die Reichsebene betrifft, so fehlt mir momentan die Zeit, da großartige Nachforschungen anzustlelen. Da wäre ich euch dankbar, wenn ihr danach suchen könntet.
 
Dass die bayerischen Wittelsbacher auch einmal eine Kur bekommen würden, konnte ja zu dem Zeitpunkt noch niemand wissen und deshalb gehe ich auch nicht davon aus, dass es zu dieser Möglichkeit explizite Regelungen gibt. Wenn, dann müssten eine Regelung für Wittelsbach aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen. Ich mach mich mal kundig und wenn ich etwas herausbekomme, geb ich dir Bescheid.


Ich melde mich etwas sehr spät erneut zu Wort, was ich zu entschuldigen bitte, Brissotin. Eine derartige Regelung gibt es und sie findet sich (Tamtaratam, Trommelwirbel) dort, wo man sie vermutet: In den Acta Pacis Westphalicae.

[Art. IV,9 IPO = § 17 IPM] Quod si vero contigerit lineam Guilhelmianam masculinam prorsus deficere superstite Palatina, non modo Palatinatus Superior, sed etiam dignitas electoralis, quae penes Bavariae duces fuit, ad eosdem superstites Palatinos interim simultanea investitura gavisuros redeat octavo tunc electoratu prorsus expungendo; ita tamen Palatinatus Superior hoc casu ad Palatinos superstites redeat, ut haeredibus allodialibus electoris Bavariae actiones et beneficia, quae ipsis ibidem de iure competunt, reservata maneant.
Acta Pacis Westphalicae. Supplementa electronica, 1

[Art. IV,9 IPO = § 17 IPM] § 9. Wenn es sich aber zutrüge, daß der Mannsstamm der Wilhelmischen Linie vollständig erlöschte, während die pfälzische Linie weiterbestünde, dann soll nicht allein die Oberpfalz, sondern auch die Kurwürde, welche die Herzoge von Bayern gehabt haben, an die überlebenden Pfalzgrafen, die inzwischen der Gesamtbelehnung teilhaftig sein werden, zurückfallen und gleichzeitig die achte Kur gänzlich aufgehoben werden; so jedoch soll die Oberpfalz in diesem Fall an die überlebenden Pfalzgrafen zurückfallen, daß den Allodialerben des Kurfürsten von Bayern ihre Ansprüche und Vorteile, die ihnen dort von Rechts wegen zukommen, vorbehalten bleiben.
Acta Pacis Westphalicae. Supplementa electronica, 1
 
Ich melde mich etwas sehr spät erneut zu Wort, was ich zu entschuldigen bitte, Brissotin. Eine derartige Regelung gibt es und sie findet sich (Tamtaratam, Trommelwirbel) dort, wo man sie vermutet: In den Acta Pacis Westphalicae.

[Art. IV,9 IPO = § 17 IPM] Quod si vero contigerit lineam Guilhelmianam masculinam prorsus deficere superstite Palatina, non modo Palatinatus Superior, sed etiam dignitas electoralis, quae penes Bavariae duces fuit, ad eosdem superstites Palatinos interim simultanea investitura gavisuros redeat octavo tunc electoratu prorsus expungendo; ita tamen Palatinatus Superior hoc casu ad Palatinos superstites redeat, ut haeredibus allodialibus electoris Bavariae actiones et beneficia, quae ipsis ibidem de iure competunt, reservata maneant.
Acta Pacis Westphalicae. Supplementa electronica, 1

[Art. IV,9 IPO = § 17 IPM] § 9. Wenn es sich aber zutrüge, daß der Mannsstamm der Wilhelmischen Linie vollständig erlöschte, während die pfälzische Linie weiterbestünde, dann soll nicht allein die Oberpfalz, sondern auch die Kurwürde, welche die Herzoge von Bayern gehabt haben, an die überlebenden Pfalzgrafen, die inzwischen der Gesamtbelehnung teilhaftig sein werden, zurückfallen und gleichzeitig die achte Kur gänzlich aufgehoben werden; so jedoch soll die Oberpfalz in diesem Fall an die überlebenden Pfalzgrafen zurückfallen, daß den Allodialerben des Kurfürsten von Bayern ihre Ansprüche und Vorteile, die ihnen dort von Rechts wegen zukommen, vorbehalten bleiben.
Acta Pacis Westphalicae. Supplementa electronica, 1
Erstmal dankeschön Lukrezia Borgia. Egal wie lange ich gewartet habe, bei Dir lohnt es sich, auch mal etwas länger zu warten.

Demnach ging es in den 1770ern in den vor den Großmächten geheim gehaltenen Verhandlungen zwischen Max III. und Carl Theodor nur noch um Detailfragen.

Dazu schrieb ich schon ganz grob was: http://www.geschichtsforum.de/352068-post4.html
 
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In der Goldenen Bulle von 1356 wurde festgelegt, dass 7 kurfürsten den deutschen Kaiser wählen. Vorher war Deutschland ein Territorialstaat, nach dem Beschluss nicht mehr.
 
Man sollte die Goldene Bulle aber nicht überbewerten. Großteils kodifizierte sie nur bereits geltendes Gewohnheitsrecht und beseitigte ein paar Unklarheiten. Die Zersplitterung des Reiches in einen Haufen Territorien war bereits Jahrhunderte davor erfolgt und spätestens seit Friedrich II. unumkehrbar. Ein "Territorialstaat", wie Du es offenbar meinst, war Deutschland nie gewesen.
 
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