Google, Wikipedia und der Irrglaube etwas zu wissen...

hi, eumolp, klar ist die wiki viel umfangreicher, als die recht wenigen Artikel in der online-meyers-ausgabe.
Dafür sind diese aber einigermaßen neutral, wenn du z.B. "Kurden" oder "islamische Philosophie" eingibst. Zumindest in der Historie siehst du den ersten redaktionellen Eintrag.
 
Hallöchen lynxxx,

ich habe keineswegs die Behauptung aufgestellt, je mehr Fußnoten, desto besser der Artikel bei Wiki.

Das Überprüfen der Fußnoten muss jeder selbst vornehmen, aber das gilt ebenso für jedes Buch, das man in der Bibliothek holt. Um die eigene Arbeit und Auseinandersetzung mit den Quellen des Autors kommt niemand herum, so man denn seriös arbeiten soll. Auch das Überprüfen der angegebenen weiterführenden Links ist ratsam.

Jedoch ist ein Artikel der Wikipedia, der sich auf mehrere Quellen beruft, die nachprüfbar sind, meist seriöser und genauer einzuschätzen, als ein Artikel der nur eine oder gar keine Quellen vorweisen kann.

Den eigenen Verstand kann man nie ausschalten und sollte man auch nicht, wenn man wissenschaftlich arbeiten will. Das mit den Büchern will ich auch nicht abstreiten, jedoch hast du entweder meinen Beitrag nicht vollständig gelesen oder falsch verstanden, denn ich wies darauf hin, dass Bücher so oder so als die seriösere und genauere Quelle aufzufassen sind, eben WEIL nicht jeder daran mitschreiben kann und sie tiefer in einzelne Teile der Materie gehen als die Wikipedia es je könnte.

Was die Theorie der doppelten-Dünnschiss-Firewall angeht, möchte ich dir doch ein wenig widersprechen... ein Verlag achtet auch immer auf seine Verkaufszahlen. Auch rennomierte Verläge haben z.B. Erich von Däniken herausgebracht, OBWOHL seine Theorien keinesfalls seriös und wissenschaftlich sind. Sie klingen so, doch sind sie es nicht. Und jetzt erzähl mir nocheinmal etwas von einer doppelten-Dünnschiss-Firewall :D

Fakt ist leider, dass der Verlag, der ein Werk zugesendet bekommt, seine Editoren eigentlich dafür bezahlt, dass keine Stilblüten und Grammatikalischen Fehler vorhanden sind. Und dass die Rechtschreibung passt. Kein Verlag (auch die wissenschaftlichen nicht) kann es sich leisten, zu jedem Fachgebiet jeweils den richtigen Fachmann zu bezahlen, der das Werk liest, bevor es veröffentlicht wird. Das wäre geradezu utopisch. Zusätzlich dazu kommen noch die Überlegungen, ein Werk an den Mann (also Käufer) zu bringen.

Es ist also immer notwendig sein eigenes Gehirn mit einzuschalten, wenn man wissenschaftlich arbeiten will. Man muss eine Quelle nicht nur lesen sondern sie auch verwerten, ansonsten macht es ja keinen Sinn, sich überhaupt damit zu befassen.

Mein gesamtes Statement wie bereits im letzten Beitrag erwähnt ist folgendes: egal, wo man recherchiert, in Büchern oder im Internet (oder vielleicht sogar im Fernsehen, je nach Thematik) man muss jeder Quelle kritisch gegenüberstehen. Von Anfang an das Internet als unsichere Quelle zu verteufeln, ist nicht der richtige Weg, meiner Ansicht nach... man sollte lediglich zur Vorsicht mahnen, aber selbiges gilt nunmal auch für Bücher ;) um eine kritische Auseinandersetzung komme ich bei keiner Quelle herum!
 
Was wissen wir heute eigentlich und was glauben wir zu wissen? Wenn man sich viele Diskussionen heir anschaut, dann wird sehr oft, um seine eigenen Argumente zu untermauern das Internet befragt, bzw. es wird gegoogelt.

Bei Wikipedia geht das mittlerweile so: Man haut bei Google Books ein paar Stichwörter rein, entnimmt den Standpunkt, der einem in den Kram paßt und pappt dann im WP-Artikel hinter der entsprechenden Aussage ein halbes Dutzend Fußnoten als "Beleg". Anderweitige Meinungen läßt man weg. Macht unglaublich Eindruck und man kann ganze Artikel schnell runterschreiben, ohne von der Materie Ahnung zu besitzen.
 
Joseph Weizebaum (ich verlinke ihn jetzt mal nicht auf die Wikipedia) hat einmal über das Internet gesagt, es sei ein Misthaufen mit ein paar Perlen drin. Und (ungefähr) googeln habe nichts mit Bildung zu tun.
 
Joseph Weizebaum ... hat einmal über das Internet gesagt, es sei ein Misthaufen mit ein paar Perlen drin. Und (ungefähr) googeln habe nichts mit Bildung zu tun.
Eine Aussage, die man um 1600 auch über den damals explodierenden Büchermarkt hätte machen können.....

Jede Aussage über das Internet ist strikt zeitgebunden... In den letzten 8 Jahren hat sich die dort vorhandene Datenmenge etwa vertausendfacht...
 
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Eine Aussage, die man um 1600 auch über den damals explodierenden Büchermarkt hätte machen können.....

Jede Aussage über das Internet ist strikt zeitgebunden... In den letzten 8 Jahren hat sich die dort vorhandene Datenmenge etwa vertausendfacht...
Das ist ein sehr guter Vergleich. Ich bin selbst erstaunt, welch wenig unterhaltsame oder geistreiche Bücher damals einen Verleger fanden.

Heute ist das Ganze aber vielleicht noch ungehemmter. Um zu Publizieren stand im Zeitalter des Buches noch die Hürde des Verlags dazwischen. Natürlich war dieser nicht in allen Fällen günstig, sicherlich vereitelte er sogar ausgezeichnete Werke, nur da man sie für zu wenig lukrativ hielt. Aber diese Barriere hatte natürlich auch eine positive Funktion. Man könnte weiter bin hin zu den sich immer weiter im 18.Jh. etablierenden Bibliotheken gehen, welche natürlich auch wiederum von dem, was auf dem Büchermarkt war, nur einen gewissen Kreis aufnehmen konnten und wollten. Solche Kontrollfunktionen fehlen uns im Internetzeitalter kaum noch. Wer früher seine Memoiren oder dergleichen Audrücke der eigenen Meinungen, Stellungnahmen etc. abgewiesen fand, kann heute in einem recht uneingeschränkten Rahmen seine persönliche Meinung und auch seinen exebitionistischen Tendenzen freien Lauf lassen und in Blogs, My Space oder sonstwas seinen Lebensablauf minutiös darstellen. Also zumindest der Selbstdarstellung öffnet das Internet Tür und Tor (von den rechtlichen Problemen mal ganz abgesehen).

In dem Kontext würde ich auch unsere Überflutung mit richtigen oder falschen Daten sehen, die man selbst, da sie ständig auf uns einfließen, kaum filtern kann.
 
Zumal die mich dort rausgeschmissen haben, weil ich immer wieder Fernleihe wollte :D
 
Hier im Forum wird natürlich ganz oft Tante Wiki zitiert und dagegen ist auch wenig einzuwenden - sofern jedem klar ist, dass Wiki nicht im wissenschaftlichen Sinn zitierfähig ist, dass die Qualität der Informationen stark schwankt, vor allem aber, dass bei historisch oder politisch brisanten Themen manche Verfasser ihr tendenzielles oder ideologisches Süppchen kochen.

Jeder sollte also froh sein, wenn User aus seriösen Werken zitieren, deren Verfasser einen guten fachwissenschaftlichen Ruf besitzen - solche User haben wir zum Glück auch in unserem Geschichtsforum. :yes:
 
Weil ja oben drüber steht "how to use", will ich mal einen kleinen Handlungsleitfaden erstellen.

- Fußnoten/Literaturverzeichnis
Benutzt ein Artikel Fußnoten oder hat er ein Literaturverzeichnis?
Dann heißt das zwar noch lange nicht, dass die Auswahl der Literatur seriös ist, oder der Artikel sich tatsächlich aus den Informationen der angegebenen Literatur speist, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er glaubwürdig ist, ist größer.
- Mehrsprachigkeit nutzen
Die Mehrsprachigkeit bei Wikipedia ist ein tolles Kontrollmedium. Werden in den Artikeln in unterschiedlichen Sprachen dieselben Dinge geschrieben, oder unterscheidet bzw. widerspricht sich der Inhalt? Gut ist, wenn die Struktur der Artikel unterschiedlich aufgebaut ist, wenn die Artikel gleich strukturiert sind, kann man von Übersetzungen ausgehen; dann sind identische Informationen naturgemäß keine Bestätigungen eines Sachverhalts. Je mehr Sprachen man selbst beherrscht, desto unwahrscheinlicher wird die Möglichkeit einer breitangelegten Desinformation auf den Leim zu gehen.
- Versionshistorie
An der Versionshistorie kann man Edit Wars nachvollziehen und so evtl. Alternativen, die in der aktuellen Artikelvariante gerade fehlen, finden.
 
Der oben verlinkte Artikel ist ja insgesamt sehr negativ - logisch, er spricht die Probleme von Wikipedia an, mit denen wir uns hier ja auch beinahe täglich herumschlagen. Aber er übersieht leider auch die Qualität, die Wikipedia z.T. bietet, So sind z.B. die meisten regelmäßigen Mitarbeiter der deutschsprachigen Wikipedia Single-Männer um die 30 mit einem akademischen Grad. Das mag zwar menschlich schade sein, ist aber für die Wikipedia nicht so schlecht*. Im Übrigen haben manche Artikel teilweise eine bessere Qualität als die in professionell erstellten Lexika.
Ein weiteres Faszinosum an Wikipedia ist, dass man nur auf eine Zielsprache klicken muss, um den Artikel zum selben Thema in der Zielsprache zu erhalten. Auch dies ist vorteilhaft, nicht nur wg. des in meinem letzten Beitrag skizzierten Leitfadens, sondern auch, weil man so schnell überprüfen kann, wie andere Kulturen einen Sachverhalt bewerten.

*Wobei auch dies, wie alles bei Wikipedia, zwei Medaillenseiten hat: Wikipedia ist für ein Konversationslexikon häufig zu ausführlich oder zu akademisch.
 
Beim rumgoogeln bin ich auf folgenden, zumindest für mich interessanten, Beitrag aus der FAZ gestoßen:

Die Entwurzelung des Wissens (Thomas Thiel)

Wikipedia war gestern, Google Books ist angesagt. Wenn man bei Wiki einen Sachverhalt unermauern will, sucht man stichwortartig bei GB, selektiert die einem ins ideologische Programm passenden Quellenbelege und pappt das Ganze als 5er- oder 6er-Fußnote hinter die betreffende Aussage in Wikipedia. Macht meistens unheimlich Eindruck. Ich kenne Benutzer, die schreiben über die Stichwortsuche ganze Artikel, ohne wirklich zu verstehen, worum es geht.

Nur als Beispiel: http://en.wikipedia.org/wiki/Islamic_golden_age

Der Fußnotenapparat gibt dem Artikel einen unglaublich wissenschaflichen Anstrich, aber wehe man macht sich die Mühe, und überprüft die Richtigkeit der Einzelbelege...ich habs aufgegeben, soviel Unverstandenes, aus dem Kontext gerissenes und vor allem Tendenziöses ist enthalten.
 
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Ich will @El ausdrücklich beipflichten. Wiki ist eine der ganz großen Errungenschaften unserer Zeit. Wer von uns dem Teenageralter entwachsen ist, sollte mal daran denken wie es vorher war, um an äquivalente Informationen, die über "Meyers Lexikon" hinausgingen und vor allem den neuesten Stand widerspiegeln zu kommen.
Bei aller notorischen Nörgelei, es gibt nichts Besseres. Dass man Wikipedia nicht unkritisch reflektieren oder einfach nur mit copy + paste behandeln sollte, ist eine andere Sache.
Für einen ersten Überblick ist es perfekt und damit immer die erste Adresse, wenn ich eine Recherche beginne. Im Einzelfall mag es sogar schon reichen.
Ansonsten beherzigt den Tipp von @El, schaut mal in anderssprachige Versionen und seht euch auch die "anderen Google-Treffer" an.
 
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Bei aller notorischen Nörgelei, es gibt nichts Besseres. Dass man Wikipedia nicht unkritisch reflektieren oder einfach nur mit copy + paste behandeln sollte, ist eine andere Sache.

Klingt wie ein glatter Widerspruch: Es ist das Beste, aber man soll den Inhalt nicht zu ernst nehmen. Für Philosophie, um nur ein Beispiel zu nennen, ist WP ganz sicher nicht die erste Anlaufstelle, sondern u.a. diese Enzyklopädien:

The Internet Encyclopedia of Philosophy - IEP
Stanford Encyclopedia of Philosophy
 
Bei aller notorischen Nörgelei, es gibt nichts Besseres. Dass man Wikipedia nicht unkritisch reflektieren oder einfach nur mit copy + paste behandeln sollte, ist eine andere Sache.

Ganz so euphorisch wäre ich nicht. Denke z.B. an die vielen Fachlexika, deren Qualität Wiki oft nicht erreicht (z.B. das 9-bändige "Lexikon des Mittelalters", das mehrbändige "Lexikon Alte Kulturen", das profunde Handbuch "Deutsche Rechtsgeschichte" usw. usw.) und die zum Teil Schlagwörter haben, die in Wiki überhaupt fehlen.

Diese oft nur in Buchform vorliegenden Lexika und fachwissenschaftlichen Handbücher werden vielfach einfach ignoriert und ich kenne einen unserer User, der Unmengen Sekundärquellen bzw. Texte aus dem Internet einstellt, aber im Verlauf seiner zweijährigen Mitgliedschaft noch nie aus einem Buch zitiert hat.

Ob das nun der richtige Weg ist, allein aus dem Internet zu schöpfen?
 
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Moment mal, BB und ich sprachen eindeutig von Konversationslexika. Natürlich ist Wikipedia nicht der Pauly oder das LexMA oder ein anderes Fachlexikon, wo die Artikel meist von den Spezialisten selbst verfasst wurden.
 
Das hieße impliziert, hier in diesem Forum ginge es um Konversation, nicht um fachliches? Das wäre schade - wie umgedreht auch.
 
Das ist ein ziemlicher Gedankensprung. Hier geht es doch um Wikipedia, dessen große Stärken gleichzeitig auch seine großen Schwächen sind. Im Vgl. mit Konversationslexika ist Wikipedia (und Wikipedia versteht sich als Konversationslexikon) gut, den Vergleich mit Fachlexika kann ein Konversationslexikon nur verlieren.
 
Gut, aber ich sehe das so:

Wenn ich in gemütlicher Runde zusammensitze und ein bisschen Smalltalk betreibe, ist es relativ gleichgültig, woher ich meinen "Erzählstoff" nehme. Gerne auch aus der Boulevardpresse oder aus einem Konversationslexikon.

Wenn ich eine fachliche Diskussion auf einem ausreichend hohen Level "über" Smalltalk führen möchte, möchte ich die Fakten oder die Gedanken, die nicht originär von mir sind, belegen, sprich zitieren. So habe ich das auch mal im Studium gelernt und halte das für ausgesprochen vernünftig.

Wie gesagt - ICH möchte das, jeder andere darf das gern anders sehen.

Bei der Menge von Wiki-Links, mit denen hier um sich geschmissen wird, hiesse das nach Deinem eigenen Vergleich, daß sich diese Beiträge auf Konversationslexikon-Niveau bewegen. Soweit ist das ja auch in Ordnung. Darf ja jeder halten wie er will. Mir persönlich würde das für ein Fach-Forum (und für das halte ich geschichtsforum.de) nicht reichen. Wenn das nicht der Anspruch dieses Forums sein sollte und nur ich das so sehe, bin ich bisher anscheinend auf einem falschen Dampfer gewesen und sollte meine Ansprüche relativieren.
 
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