Grenzgangfest

Nie gehört. Wozu macht man das? :grübel:

Hallo,

Das Grenzgangfest
Schon im 17. Jahrhundert gab es Grenzbegehungen in Buchenau. Sie waren notwendig, um den grossen und wertvollen Waldbesitz der Gemeinde zu sichern, um Grenzstreitigkeiten mit den benachbarten Gemeinden an Ort und Stelle zu bereinigen, und die Grenze durch natürliche Zeichen festzulegen. An den Grenzbegehungen beteiligten sich alle Bürger des Ortes, für sie war der Grenzgang ein wichtiges Ereignis, das sie im Laufe der Zeit zu einem Heimatfest ausgestalteten und alle sieben Jahre feierten. Wie aus vorhandenen Unterlagen hervorgeht, fand bereits im Jahre 1665 einen Grenzbegehung statt.
Als man alle Gemarkungs- und Waldgrenzen abgesteint hatte, waren die Grenzbegehungen nicht mehr durch die Behörde vorgeschrieben. Freiwillig begehen die Buchenauer Einwohner seit dieser Zeit ihre Grenze.
Seit wann nun Grenzgangfeste in ihrer heutigen Form in Buchenau gefeiert werden lässt sich nicht mehr genau nachweisen. Schriftliche Aufzeichnungen liegen nicht vor. Die ältesten Einwohner erzählen noch heute von den Grenzgängen ihrer Eltern und Großeltern. Schriftlich erwähnt ist erstmals ein Grenzgangfest aus dem Jahr 1886; damals gründeten auch die Buchenauer Bürger einen Grenzgangverein.

Jetzt klar ist es ein Volksfest. :winke:
 
gibt es im Rest des Landes auch solche Veranstaltungen oder ist das nur auf engen Raum begrenzt.

Ich schätze mal, das ist tatsächlich eine mittel- (u. nord)hessische Tradition. Ein Beispiel aus meiner "Nachbarschaft": Die Orte Allendorf-Eder, Rennertehausen, Battenfeld u. Haine sind 1971 zur Gemeinde zusammengeschlossen worden. Seitdem begehen sie einen gemeinsamen Grenzgang: http://www.allendorf-eder.de/cms/fileadmin/templates/Grenzgang/2011/2011-06-23._bis_25._-_10.Grenzgang.pdf. Ich schätze allerdings, dass schon lange vorher jeder dieser Orte für sich einen Grenzgang veranstaltete.

Aus Wollmar, Viermünden und Dodenau ist mir das Grenzgangsfest auch bekannt.
 
Das kommt aus dem Mittelalter.Im Mittelalter gab es wenig Pläne und kein Kadaster.Alle paar Jahre schritt nun die Gerichtsbarkeit die Grenze ab.Über dies Gänge wurde genau Protokoll geführt.Der Istzustand genau mit dem vorherigen verglichen.

Als Grenzmarkierungen dienten uralte Bäume,besondere Steine mit Markierungen.

Sehr oft benutzte man auch den Verlauf von prähistorischen Wegen zur Grenzziehung.

Ich studiere sehr viel von diesen Protokollen zwecks Auffinden von Menhiren und Steinritzungen die als Marke verwendet wurden.

Falls ihr noch den alten Weg benutzt,und nicht nur auf der kürzesten Linie von Wirtshaus zu Wirtshaus läuft,könnte man da manches finden.

Puchenau: Bauernland, Bildstöcke und alte Grenzmarken
 
Zuletzt bearbeitet:
Das kommt aus dem Mittelalter.Im Mittelalter gab es wenig Pläne und kein Kadaster.Alle paar Jahre schritt nun die Gerichtsbarkeit die Grenze ab.Über dies Gänge wurde genau Protokoll geführt.Der Istzustand genau mit dem vorherigen verglichen.
Ganz genau! Und wenn auch dann noch nicht klar war, was wem gehörte, dann mussten die Beteiligten schwören, dass sie auf eigenem Grund und Boden stehen... So war das. Man munkelt, dass manche der Beteiligten sich vor dem erwähnten Schwur Erde aus dem heimischen Garten in die Schuhe gefüllt haben, um ohne Meineid Beute machen zu können... :devil:
Wo war das noch gleich? Hommertshausen?

MfG
 
Das kommt aus dem Mittelalter.Im Mittelalter gab es wenig Pläne und kein Kadaster.Alle paar Jahre schritt nun die Gerichtsbarkeit die Grenze ab.Über dies Gänge wurde genau Protokoll geführt.Der Istzustand genau mit dem vorherigen verglichen.[/URL]

Das ist klar, aber meine Frage war gibt es sowas auch anders wo in Deutschland, oder nur hier mitten in Hessen.
 
... Im Mittelalter gab es wenig Pläne und kein Kadaster. Alle paar Jahre schritt nun die Gerichtsbarkeit die Grenze ab. Über dies Gänge wurde genau Protokoll geführt. Der Istzustand genau mit dem vorherigen verglichen. ...
Hallo Isleifson

Vor allem ging es bei diesen regelmässigen Grenzumgängen darum, die genaue Lage der Grenze und die Besitzverhältnisse im Bewusstsein zu behalten. Also eine Art mündliche Überlieferung.
Bei uns gab es den "Brauch" zu den Grenzumgängen einige Knaben mitzunehmen. Bei bestimmten Grenzpunkten gab man denen eine Ohrfeige, damit sie sich den Ort für alle Zeit einprägen.
Der Ausdruck "sich etwas hinter die Ohren schreiben" soll daher kommen. :grübel:

Gruss Pelzer
.
 
Hallo Isleifson

Vor allem ging es bei diesen regelmässigen Grenzumgängen darum, die genaue Lage der Grenze und die Besitzverhältnisse im Bewusstsein zu behalten. Also eine Art mündliche Überlieferung.
Bei uns gab es den "Brauch" zu den Grenzumgängen einige Knaben mitzunehmen. Bei bestimmten Grenzpunkten gab man denen eine Ohrfeige, damit sie sich den Ort für alle Zeit einprägen.
Der Ausdruck "sich etwas hinter die Ohren schreiben" soll daher kommen. :grübel:

Gruss Pelzer

.

Der Brauch mit der Ohrfeige gefällt mir eigentlich gut.Am Anfang war das alles sicher mündlich.

So wie die Richter unter dem Baum zuerst die Gesetze mündlich vorgetragen haben.

Später allerdings schriftlich.Diese Protokolle liebe ich.
 
Ich schätze mal, das ist tatsächlich eine mittel- (u. nord)hessische Tradition. Ein Beispiel aus meiner "Nachbarschaft": Die Orte Allendorf-Eder, Rennertehausen, Battenfeld u. Haine sind 1971 zur Gemeinde zusammengeschlossen worden. Seitdem begehen sie einen gemeinsamen Grenzgang: http://www.allendorf-eder.de/cms/fi...g/2011/2011-06-23._bis_25._-_10.Grenzgang.pdf. Ich schätze allerdings, dass schon lange vorher jeder dieser Orte für sich einen Grenzgang veranstaltete.

Aus Wollmar, Viermünden und Dodenau ist mir das Grenzgangsfest auch bekannt.

Das gibt es auch in etlichen Dörfern des Taunus, wobei es mir hier eine neuere Tradition zu sein scheint. Üblicherweise gehen die Leute dort die Stellen ab, wo noch Grenzsteine sichtbar sind.
 
Hallo Isleifson

Vor allem ging es bei diesen regelmässigen Grenzumgängen darum, die genaue Lage der Grenze und die Besitzverhältnisse im Bewusstsein zu behalten. Also eine Art mündliche Überlieferung.
Bei uns gab es den "Brauch" zu den Grenzumgängen einige Knaben mitzunehmen. Bei bestimmten Grenzpunkten gab man denen eine Ohrfeige, damit sie sich den Ort für alle Zeit einprägen.
Der Ausdruck "sich etwas hinter die Ohren schreiben" soll daher kommen. :grübel:

Gruss Pelzer
.

Das ist genau richtig. In vielen hessischen Dörfern stellten die Gemeinden so genannte Feldschützen oder Feldgeschworene noch bis ins 20. Jahrhundert ein, welche die Gemeindegrenzen kontrollierten, und auch die Grenzen der Flurstücke. Meist örtliche Bauern, die diesen Job nach einem gewissen Turnus an andere abgaben. Außerdem ahndeten sie die so genannten "Feldfrevel", besonders das unerlaubte Überqueren von Fluren und Wegen. Das gab es sicher auch in anderen Gegenden.
 
Das gibt es auch in etlichen Dörfern des Taunus, wobei es mir hier eine neuere Tradition zu sein scheint. Üblicherweise gehen die Leute dort die Stellen ab, wo noch Grenzsteine sichtbar sind.

Bei den neueren Gängen,geht es nur von Wirtshaus zu Wirtshaus.Das bringt aber nix für den Lokalhistoriker,der Wirt allerdings findet es gut.
 
Bis ins 19.Jahrhundert waren diese Grenzumgänge auch in meiner Heimatgemeinde üblich,wobei die "Feldgeschworenen" und der Rat die Leitung hatten.Auch hier wurden die Buben des Ortes mitgenommen,die zwischen den Grenzsteinen Wettläufe veranstalteten ,wobei Bretzel oder Gelstücke als Siegerlohn winkten.Die Sache mit der Ohrfeige ist aber auch überliefert.
besondere politische Brisanz hatte der Umgang ,weil der Ort im Grenzgebiet von Kurpfalz,Kurmainz,Bistum Worms und Stadt Worms lag und alle diese Herrschaften davon mehr oder weniger tangiert waren.Deshalb wurde der Umgang von den Beteiligten auch nur bewehrt,also bewaffnet ausgeführt und die Grenzsteine waren mit Geheimzeichen gegen Versetzen gesichert. Diese bestanden aus kleineren Schieferbrocken,die in einer bestimmten Anordnung unter dem Grenzstein vergraben wurden und so die Vermarkung doppelt absicherten.
Das ganze war aber nur gegen Ortsfremde wirksam ,wie eine Ortssage um einen grenzsteinversetzenden Feldgeschworenen zeigt, der dafür seither zur Strafe als Gespenst in mondlosen Nächten mit einem Grenzstein auf dem Rücken die Gemarkungsgrenze ablaufen muß.:angsthab:
Feldschützen gab es noch bis in die siebziger Jahre bei uns,wobei deren Aufgabe in erster Linie darin bestand,uns Buben am Äüpfelklauen auf den Streuobstwiesen zu hindern- erfolglos wie ich bestätigen kann :scheinheilig::fruchtgrapscher:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich lese und höre hier davon zum ersten Mal. Deshalb würde ich mal vermuten, dass es das bei uns nicht gibt und wahrscheinlich auch nicht gab: Hannover und Umland.
 
Auch in Westfalen gibt es Grenzgänge, die allerdings nach dem Wort Schnade für Grenze Schnadgang oder Schnatgang heißen. Grenzen wurde oft durch Ritzungen in Bäumen oder Steinen, sowie absichtlich zu verkrüppeltem Wuchs erzogenen Bäumen markiert. Hier gab es z.B. den "kruse Beerbaum" als Grenzmarkierung. Daher käme es vom altsächsischen 'Snada' für Wundmal, wie ich in den 80ern in der Schule lernte. Heute hört man auch, dass es mit dem Wort Schneise verwandt sei, da die Grenze erst hätte freigeschnitten werden müssen.

Da ihnen die Volksfeste zu ausgelassen waren, wurden sie von den Preußen verboten, oft aber wenige Jahre später wieder aufgenommen. Viele Orte haben aber erst wieder im 20.Jh. damit begonnen. Außerhalb Westfalens und Hessens ist mir der Brauch nur aus Osnabrück bekannt.

In einigen Orten, z.B. Brilon ist er mit dem Schützenfest verbunden.

Ein dazugehöriger Brauch ist das Poaläsen, welches aus Poal=Pfahl und Ääs=Hinterteil gebildet ist. An jedem der wichtigen Grenzpunkte wird ein Neubürger hochgehoben und mit dem Äs 3mal auf die Grenzmarkierung herabgelassen. Mitunter wird dazu oder danach ein Plattdeutscher Spruch zu Gehör gebracht. Oder der Delinquent muss eine Frage zur Grenze beantworten, z.B. mit "Allet use!" (Alles unser!)

An einigen Orten werden heute nur prominente Mitbürger wie Schützenkönig, Pfarrer oder Bürgermeister in festgelegter Reihenfolge gepoaläst.
 
An einigen Orten werden heute nur prominente Mitbürger wie Schützenkönig, Pfarrer oder Bürgermeister in festgelegter Reihenfolge gepoaläst.

Wettläufer und Mohr
Unter Peitschenknallen laufen die Wettläufer neben dem Zug her und suchen sich Bürger und Gäste aus, um ihnen gründlich die Grenze zu zeigen. Unter dem Tusch der Kapelle werden die Grenzgänger dreimal hochgehoben und wieder sanft auf den Grenzstein zurückgesetzt. Der Mohr sagt dazu den Satz: „Der Stein, die Grenze, in Ewigkeit“. Als Dank für diese Ehre gibt man dem Mohren eine Geldspende in die Kasse. Dieses „Zeigen der Grenze“ ist eine Funktion, während eine andere Deutung berichtet, dass mit dem Mohren und den peitschenknallenden Wettläufern die bösen Geister von der Grenze vertrieben werden sollen. Wieder andere Deutungen stellen heraus, dass die beiden Wettläufer mit ihrem Peitschenknallen vor allem Eindringlinge verscheuchen und den Zug auf der Grenze halten sollen.

Es gibt hier auch festgelegte Punkt wo sich der Grenzgang und die Abordnungen der umliegenden Dörfer treffen. Dort wird das Grenzgang/Komitee durch den Ortsvorsteher begrüßt und es wird Schnaps gereicht. Anschließend werden die Oberen des Dorfes auf dem Grenzstein gehopst.

123523_1_galleryorg_IMG_0034_2_.jpg
 
Solche Grenzbegehungen gab es aber auch noch deutlich nach dem MA, sogar im offiziellen Kontext. Ich habe im Rahmen einer Arbeit im Archiv mal eine zeitgenöss. Abschrift eines Vertrages zwischen dem preußischen König und dem Vizekönig von Hannover transkribiert, in dem genau das abgehandelt wurde. Die Beamten beider Staaten waren einen Teilabschnitt der Grenze entlang marschiert und haben diese genau beschrieben, wo sie dem Verlauf eines Weges, eines Baches, einer Weidebegrenzung etc. folgte, Vizekönig und König haben diesen Grenzverlauf dann per Unterschrift bestätigt.
 
Zurück
Oben