KarinWien

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Hallo allerseits!

Ich habe soeben das Buch "Im Schatten Homers. Kaiserin Elisabeth in Griechenland" vom Politologen Stefan Haderer fertiggelesen - eine Art historisches Sachbuch, sehr lebendig und kurzweilig geschrieben, wo auch die Beziehung des Habsburgerreiches und Deutschlands zum sich neu formierenden Griechenland des 19. Jahrhunderts angerissen wird. Ich habe z.B. nicht gewusst, dass die Schwester von Wilhelm II. von Deutschland auf dem griechischen Thron gesessen ist! Das alles wird in dem Buch erzählt und ich finde diese Verwicklungen unheimlich spannend.

Scheinbar dürfte Elisabeth (und ihr Heimatland Bayern) Griechenland aber weit näher gestanden sein als der österreichische Kaiser Franz Joseph, wenn man sich den Briefwechsel der beiden in den letzten Jahren durchliest. Franz Joseph stand eher auf Seiten der Türken und Kaiser Wilhelm II. eigentlich ja auch?

Das Buch ist recht biografisch und auf Elisabeth und ihre griechischen Zeitgenossen/Sprachlehrer und Begleiter fokusiert. Ich würde aber gern noch mehr zu den Beziehungen Griechenland - Habsburger oder Deutschland erfahren. Gibt es da noch weitere informative Sachbücher?

Danke für Infos
Karin
 
Franz Joseph stand eher auf Seiten der Türken und Kaiser Wilhelm II. eigentlich ja auch?

Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, wo man Wilhelm II da verorten kann. Es hängt wohl auch massiv davon ab, wie weit die privaten Vorlieben der einzelnen Persönlichkeiten sich hier von den machtpolitischen Gegebenheiten der Zeit trennen lassen.

Persönlich ist mir bekannt, dass Wilhelm II. sich wohl durchaus hobbymäßig mit Altertumskunde befasste und von dem her jedenfalls durchaus ein Interesse an der griechischen Antike zeigte, wobei dann hier auch vorsichig zu unterscheiden wäre, in wie weit, man das als tatsächliches fachliches Interesse am Altertum bezeichnen kann und inwieweit das dem 19. und frühen 20. Jahrhundert typisch, das eher antikisierende Phänome und Phantasien betraf.
Die Versuche der Nachahmung antiker Formen, sticht ja noch heute in Form der in dieeser Zeit errichteten neoklassiszistischen Monomentalbauten heraus, die das Bild der damaligen Hauptstädte Europas prägten. Aber jedenfalls ein gewisses Interesse an der griechischen Antike scheint beim II. Wilhelm durchaus dagewesen zu sein.

Inwiefern er da persönlich auch eine wie auch immer geartete emotionale Verbindung zum modernen Griechenland hatte, ist mir da nicht bekannt.

Auch im machtpolitischem Interesse war das Deutsche Reich insgesamt, vor allem nach der Jahrhundertwende daran interessiert das Osmanische Reich zu stabilisieren, zumal das einmal im Interesse des eigenen Bündnispartners Österreich-Ungarn lag, um dem russischen Machteinfluss, vor allem auf dem Balkan ein Stück weit entgegen zu wirken und auch, weil sich für deutsches Kapital und andere Formen informellen deutschen Einflusses dort Möglichkeiten zu eröffnen schienen, eigene imperiale Pläne zu entwickeln und das gewünschte, aber nicht wirklich vorhandene Weltreich dort ein wenig zu kompensieren.

Im Hinblick auf das Osmanische Reich ist, was Wilhelm angeht noch zu vermerken, dass er das osmanische Reich jedenfalls einmal bereiste:

https://de.wikipedia.org/wiki/Palästinareise_Kaiser_Wilhelms_II.

Sich mit dem damaligen Sultan wohl auch ganz gut verstand und sich gar in einer Episode darin verstieg sich selbst zum "Schutzherrn der Muslime" zu erklären.
Inwieweit sich daraus ehrliche Sympathien für das Land und dessen Bevölkerung ausdrückten, oder er sich eben einfach Privat mit dem Osmanischen Staatsoberhaupt ganz gut verstand und es sich beim Rest lediglich um überstilisierte Selbstdarstellung und imperiale Großmannssucht handelt, wird nicht ganz einfach auseinander zu bekommen sein.

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Sofern es die Beziehungen der Staaten zu einander betrifft, war man deutscherseits, wie gesagt, auch mit dem Zweck der Unterstützung österreichisch-ungarischer Interessen daran interessiert das Osmanische Reich so weit als möglich zu erhalten, eine Ausnahme stellt lediglich die Unterstützung der Österreichisch-Ungarischen Position in der Bosnischen Annexionskrise von 1908 dar.
Das veranlasste schon 1878 Bismarck dazu sich nach dem russisch-osmanischen Krieg und denn damit verbundenen außeroerdentlichen russischen Zugewinnen gegenüber dem osmanischen Reich, eine Position zu beziehen, die im Zusammenwirken, mit Österreich-Ungarn und vor allem auch Großbritannnien das Zarenreich dazu zwang bedeutende Teile des mit dem Osmanischen Reich geschlossenen Friedensvertrags von San Stefano wieder zu revidieren, weil dass sonst zu einseitig russische Positionen begünstigt hätte, während gleichzeitig die Grundlagen dafür geschaffen wurden Österreich-Ungarns Besetzung Bosniens und der Herzegowina zu legitimieren.

Das Verhältnis Deutschland und Österreichs, später dann Österreich-Ungarns zu Griechenland war wohl immer insofern ein kompliziertes, als dass die griechische Bevölkerung eine Orthodoxe ist und als das Grieechenland mitunter zu den Lieblingsprojekten der russischen Zaren gehörte.
Vorstellungen betreffend der Errichtung eines griechischen Staates und der "Befreiung" der orthodoxen Christen des Balkans gab es wohl schon bei Katharina II.
Deutlicher wird das bei der Rolle Russlands, im sich dann zuspitzenden Kampf um die griechische Unabhängigkeit, bei dem dann ja durchaus ein eigenständiger griechischer Staat herauskam, wenn dieser sich auch zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend auf den Süden des heitigen griechischen Festlands, sprich die Pelepones, Attika und Mittelgriechenland, so wie einige kleinere Inseln beschränkte, ohne Kreta und den Norden.

Aber in dieser Hinsicht musste Griechenland natürlich immer bis zu einem gewissen Punkt in dem Ruch stehen, von Russland protégiert zu werden und diesem gegenüber tendenziell loyal zu sein, vor allem so lange man auch griechischerseits auf den Zugewinn weiterer unter osmanischer Kontrolle stehender Gebiete hoffte, während das Zarenreich bekanntermaßen nach den Meerengen schielte.

Während des Krimkrieges in den 1850er Jahren wurde von russischer Seite her durchaus deutlich der Versuch unternommen , die orthodoxen Christen im Balkan gegen die Osmanische Herrschaft aufzustacheln, was es wiederrum in scharfen Gegensatz zu Österreich brachte, dass angesichts seiner eigenen südslawinschen Minderheiten weder eine solche Aufstandsbewegung, noch die vollständige Unabhängigkeit und eigene Handlungsfähigkeit, der bis dato (vom osmanischen Reich) abhängigen Fürstentümer Serbien, Walachei und Moldau nicht wünschen konnte.

Nun hatte Griechenland zwar nie eine slawische Bevölkerung, des es so wie die südslawischen Gebiete der Donaumonarchie, die serbischen und die bulgarischen Gebieten für panslawistische Vorstellungen besonders anfällig erscheinen lassen konnte, so dass es nicht in dem Maße wie diese Gegenden und die sich dort konstituierenden politischen Einheiten verdächtig war, letztlich vor allen russische Interessen zu stützen, allerdings arbeiteten die territorialen Aspirationen Griechenlands gegenüber dem Osmanischen Reich in letzter Konsequenz natürlich der Zersetzung der Osmanischen Herrschaft und und damit auch der potentiellen Stärkung der slawischen Fürstentümer durchaus zu.
In dieser Hinsicht musste natürlich Österreich mit seiner Haltung tendenziell die Osmanischen Interessen stützen um an Russland angelehnte slawische Balkanstaaten mit möglichen Interessen an österreichschem Gebiet zu verhindern oder diese, nachdem sie nicht mehr zu verhindern waren, möglichst klein zu halten, was natürlich dann in seiner Keonsequenz den griechischen Interessen, die das Osmanische Reich möglichst schwach sehen wollten, zuwider sein musste.
Deutschland wiederrum hatte ja zunächst keine originären Balkaninteressen, aber je mehr man, im Besonderen in der Wilhelminischen Zeit auf Österreich-Ungarn als Bündnisparnter verwiesen war, nachdem sich Frankreichs Zusammengehen mit Russland abzeichnete Großbritannien sich beiden annäherte und Italien als Bündnispartner immer fraglicher erschien, war man denn von deutscher Seite her einmal auch mehr und mehr dazu gezwungen österreichisch-ungarische Interessen im Balkan zu unterstützen.
Und das wiederrum bedeutete mit außnahme Bosniens und der Herzegowina, tendenziell so weit als möglich am Erhalt des Osmanischen Reiches mitzuwirken, was dann wiederrum gegen griechische Interessen ging, die ja im Falle des Niedergangs dieses Reiches auf Teile von dessen Konkursmasse abzielte und Anspruch erhob.

Das ganze wurde durch die Verwirrungen der Balkankriege dann noch komplizierter.

Immerhin der von russischer Seite inszenierte "Balkanbund" und der 1. Balkankrieg, brachte Griechenland zunächst in ein Bündnis mit Serbien und Bulgarien.

Mit Serbien verhielt es sich noch nicht so problematisch, wie dann unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg, weil zwar nach dem Sturz der Dynastie Obrenovic in Serbien und vor allem der Annexion Bosniens und der Herzegowina durch die Donau-Monarchie 1908, die Beziehungen zwischen beiden Staaten bereits massiv verschlechtert waren, andererseits aber bis hierher Russlands Lieblingsjuniorpartner noch das tendenziell mit Serbien rivalisierende Bulgarien war.
Dennoch war dieses Bündnis, mit Serbien und inszeniert von Russland natürlich alles andere, als im österreichischen Interesse.

Nach dem ersten Balkankrieg, kam es dann bekanntlich zum 2. Balkankrieg, der Griechenland faktisch auf die gleiche Seite mit Serbien und Rumänien gegen Bulgarien brachte.
Neben einer Stärkung Serbiens konnte den Herrschaften in Wien und Budapest wegen Siebenbürgen und der dortigen überwiegenden rumänischen Bevölkerung natürlich auch eine Stärkung Rumäniens nicht besonders in denn Kram passen, genau die kam aber dabei heraus, da Bulgarien am Ende des 2. Balkankrieges unterlag und Territorien in drei anderen Mächte abtreten musste, die natürlich daran interessiert waren, sich gegen eine Revanche von bulgarischer Seite abzusichern.

Das wiederrum musste Rumänien, Serbien und Griechenland in eine Art antibulgarischer Interessengemeinschaft verbinden, während sich Bulgarien, nachdem man sich dort von Russland fallengelassen fühlte und gegen die drei Nachbarstaaten auf Revanch sann, sich zunehmend Österreich-Ungarn annäherte.

Auch dieser Umstand konnte natürlich nicht zu besonders guten Beziehungen zwischen der Donaumonarchie und Griechenland führen.


Was das deutsche Kaiserreich angeht, wie gesagt, je mehr dieses auf Österreich-Ungarn als Bündnispartner verwiesen war, stützte es dessen Balkaninteressen und die wiederrum standen den außenpolitischen Interessen Griechenlands, da sie auf Stabilisierung und Erhalt des Osmanischen Reiches hinausliefen, tendenziell im Wege.
 
Wow, danke für diese ausführlichen Hintergrundinfos.

Dass Wilhelm II. sich als Hobbyarchäologe betätigt hat, steht auch in dem Buch "Im Schatten Homers". Außerdem ist noch zu lesen, dass vor allem Metternich der griech. Unabhängigkeitsbewegung (um 1820) feindlich gesinnt war, weil er selbst um die Einheit des Habsburgischen Vielvölkerstaates gefürchtet hat. Das schien sich auf Franz Joseph in gewisser Weise übertragen zu haben. Seine Frau Elisabeth eiferte wohl mehr mit ihren bayerischen Verwandten, von denen viele Philhellenen waren. Über ihre Reise nach Westgriechenland (damals osmanisch) habe man über politische Hintergründe und eine Unterstützung der Griechen spekuliert, hab ich gelesen.

Die persönlichen Beziehungen zw. den Monarchen und ihre Interessen erklären oft politische Handlungen und das kommt in dem Buch gut raus. War das griech. Königshaus nicht auch ins russische Zarenhaus eingeheiratet? Königin Olga (Frau des griech. Königs Georg I.) stammte doch aus Russland?

Es gibt ja auch die Hypothese, dass das Misstrauen unter den Cousins Wilhelm, Edward und Alexander so groß war, dass sie sich dann bekriegt haben im 1. WK. Glaube, ich habe das bei Christopher Clarke ("Die Schlafwandler") mal gelesen... Aber vielleicht lief Politik immer so - persönliche Interessen und Sympathien kann man nicht ganz wegdenken.
 
Erwähnenswert, ist vielleicht noch das Kaiser Wilhelm II. mit dem griechischem König verschwägert war. Wilhelm II. Schwester Sophie war mit König Konstantin verheiratet war.

Zum Berliner Kongress: Die Verluste Russlands wurden dort letzten Endes nur bestätigt, denn die Russen hatten schon in der Vorkonferenz in London eines großen Teils der Beute zugestimmt gehabt.
 
Hallo KarinWien...

Man stellt ja schnell fest dass die Hochwohlgeboren, also die sogenannten „Blaublütigen“ in Europa und wohl auch darüber hinaus alle miteinander verwandt und verschwägert waren bzw. sind.
Und wenn man da etwas recherchiert, ist man sogar erstaunt wie oft man jemanden vom „deutschen adligen Blute“ in dieser erlauchten europäischen Gesellschaft findet. Da geht es von Nord nach Süd, von Ost nach West. 2mal war eine Deutsche sogar russische Zarin.

Apropos Griechenland, daneben liegt Bulgarien.
Da fällt mir der Knjaz (Prinz) Alexander Josef von Battenberg aus dem Hause Battenberg ein.
Danach folgte in Bulgarien das Haus Sachsen-Coburg Gotha (Wettiner Linie).

Man könnte hier seitenweise Verwandtschaften auflisten.

Aber mal jemand von den ich bis vor kurzen nicht wusste das in ihm auch deutsches Blut fließt.

Ich meine einer der wohl größten Revolutionäre des 19. und 20. Jahrhunderts.
Sein Deckname entnahm er den großen russischen Strom der vom Baikal in die Laptewsee fließt – Lena = (Len (a) – in).

Also ich wusste bis vor kurzen nicht das seine Mutter Marija Alexandrowna Uljanowa die Tochter von Israel Blank ist. Israel Blank, ein Arzt aus Wolhynien, also sein Großvater mütterlicherseits. Israel Blank hat deutsche Wurzeln. Auch dessen Ehefrau, also seine Großmutter Anna Grosschopf mütterlicherseits war deutsch-schwedischer Abstammung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, im Balkan hat man scheinbar sehr viele Deutsche eingesetzt. In Griechenland Otto, in Bulgarien und Rumänen auch, in Serbien und Montenegro weiß ich es nicht. Das hat dann wahrscheinlich die Kluft zwischen Herrschern und Beherrschten verstärkt, wenn die Monarchen nicht mal der Landessprache mächtig waren. In dem Buch, das ich grad gelesen hab, stand z.B. dass Sisi besser Griechisch sprechen konnte als alle deutschen Königinnen auf dem Thron. Wie will man da erwarten, dass das Volk diese Monarchen überhaupt akzeptiert??

Die Habsburger konnten gut Ungarisch (Elisabeth und Franz Joseph zumindest) - am Ende half das aber auch nicht das Reich zusammenzuhalten und es gab dauernd Probleme, v.a. nach dem Badeni-Dekret.
 
Erwähnenswert zum Verhältnis Kaiser Wilhelms II. zu Griechenland ist sicherlich noch die Tatsache, dass er 1907 Sisis Palast Achilleion (Korfu) – Wikipedia für 600.000 Mark aus der Hinterlassenschaft kaufte und dort bis 1914 meist seine mehrwöchigen Frühlingsferien verbrachte.
Typisch für ihn, dass er Sisis Statue "sterbender Achill" gegen einen "siegreichen Achill" austauschte und die Skulptur Heinrich Heines entfernen ließ.
Literatur dazu im Wikipedia Artikel. Ein paar Fotos des Kaisers und der Kaiserin auf Korfu mit interessanten Fragen zum Zweck dieses Kaufs hier: Das Achilleion in Korfu | SchlossGenuss
 
Wow, danke für diese ausführlichen Hintergrundinfos.

Dass Wilhelm II. sich als Hobbyarchäologe betätigt hat, steht auch in dem Buch "Im Schatten Homers".
Wobei man man da wie gesagt wirklich aufpassen muss weil schwierig zu klären sein dürfte, was davon fachlich irgendwie sinnvoll war und was davon mehr Imagination. Deswegen ist es, meine ich recht schwierig zu sagen, ob es sich tatsächlich für die altgriechische Kultur interessiert oder nur für einen Abklatsch, den er fälschlicherweise dafür hielt und mit dem er gerne posierte.
Zumal die damalige Altertumskunnde damals so einige Kinderkrankheiten aufwies, die mehr von Sozialdarwinismus und "volkshygienischem" Wunschdenken zu tun hatten, als mit der Realität.


Außerdem ist noch zu lesen, dass vor allem Metternich der griech. Unabhängigkeitsbewegung (um 1820) feindlich gesinnt war, weil er selbst um die Einheit des Habsburgischen Vielvölkerstaates gefürchtet hat. Das schien sich auf Franz Joseph in gewisser Weise übertragen zu haben.

Gibt es da irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass da bei Fraanz-Josef irgendwas speziell gegen die griechische Unabhängigkeitsbewegung gewesen wäre?
Ich meine, der Mann hatte seiner Erfahrungen gemacht. 1848, als die Revolution ihm zwar auf den Wiener Thron verholfen, in Italien und Ungarn aber auch das Habsburgerreich fast zerlegt hätte und dann von 1859-1871 mit der Folge, dass die nationale Einigung Deutschlands und Italien auf Kosten Österreichs stattfand und die Ungarn mussten ebenfalls kompensiert werden.
Von dem her würde ich annehmen, dass dem Mann schon auf Grund dieser Erfahrungen ganz grundsätzliche Probleme mit jedem Nationalismus egal welcher Gestalt gehabt haben wird.


Seine Frau Elisabeth eiferte wohl mehr mit ihren bayerischen Verwandten, von denen viele Philhellenen waren. Über ihre Reise nach Westgriechenland (damals osmanisch) habe man über politische Hintergründe und eine Unterstützung der Griechen spekuliert, hab ich gelesen.

Naja, in Bayern zankte sich niemand mit Russland um Einflussgebite auf dem Balkan, in Wien eben schon, von dem her konnte man das möglicherweise anders betrachten.


Die persönlichen Beziehungen zw. den Monarchen und ihre Interessen erklären oft politische Handlungen und das kommt in dem Buch gut raus. War das griech. Königshaus nicht auch ins russische Zarenhaus eingeheiratet? Königin Olga (Frau des griech. Königs Georg I.) stammte doch aus Russland?
Was hier die Frage nach der Heirat angeht, muss ich sagen, dass ich eherlich gesagt überfragt bin. Das die Beziehungen zwischen Monarchen derartig ausschlaggebend gewesen wären, würde ich für die 2. Hälfte des 19. Jahrunderts definitiv nicht mehr unterschreiben, weil zu diesem Zeitpunkt mehr oder minder alle Staaten Zentral- und Westeuropas wenigstens rudimentäre Verfassungen hatten, wo zar Regierungenn noch munter ausgetauscht und Parlamente munter aufgelöst werden konnen, wo es aber nicht mehr möglich war, uneingeschränkt gegen den Willen der Bevölkerung zu regieren und das in eiener Zeit, in der es mittlerweile Massenmedien in Form von Zeitungen und einen öffentlichen Diskurs gab.
Vorher, in einer Zeit ohne Massenmedien und öffentlichen Diskurs, würde ich geneigt sein, dem zuzustimmen, aber hier nicht mehr.


Es gibt ja auch die Hypothese, dass das Misstrauen unter den Cousins Wilhelm, Edward und Alexander so groß war, dass sie sich dann bekriegt haben im 1. WK. Glaube, ich habe das bei Christopher Clarke ("Die Schlafwandler") mal gelesen... Aber vielleicht lief Politik immer so - persönliche Interessen und Sympathien kann man nicht ganz wegdenken.

Also das hat Clark jedenfalls so niemals geschrieben. Im Übrigen, als der 1. Weltkrieg losging, waren Edward VII. und Alexander II. überhaupt nicht mehr am Leben. In Großbritannien hatte George IV übernommen, der durch die Mechanismen der konstitutionellen Monarchie in Großbritannien so überhaupt nicht entscheidungsberechtigt war, in Russland regierte längst Nikolaus II., mit dem sich Wilhelm der Letzte eigentlich ganz gut verstand. Bezeichnend dafür sind die berüchtigten "Willy-Nicky-Depeschen", die am Vorabend des Weltkriegs noch hin und her gingen, mit dem Versuch das noch irgendwie durch monarchische Solidarität zu verhindern.
Die beiden hätten von sich aus niemals Krieg gegeneinander geführt, jedenfalls nicht unter solchen Bedingungen. Vielmehr hatten beide eine durch eine extreme nationalistische Presse augfgeheizte Öffentlichkeit hinter sich, Wilhelm seinen Generalstab und seinen Kriegsminister, die beide darauf drängten besser früher als später loszuschlagen, Nikolaus neben seinen Militärs noch sämmtliche Slawophilen und Panslawisten der russischen Politik, die auf dem Standpunkt standen Serbien in jedem Fall beizustehen.

Da spielten schon ganz andere Faktoren entscheidende Rollen. Ist auch im Forum breit diskutiert worden, lies dich da gerne mal durch. :)


Ja, im Balkan hat man scheinbar sehr viele Deutsche eingesetzt. In Griechenland Otto, in Bulgarien und Rumänen auch, in Serbien und Montenegro weiß ich es nicht.
Montenegro ist mir nicht bekannt, in Serbien nicht, da regierte zunächst die Dynastie Obrenovic, die dann Anfang des 20. Jahrhundert in etwas blutiger Weise durch die Karadjordjevic' abgelöst wurde.

Das man die deutschen Fürsten da hin exportiert hat, kann man vielleicht als eine Einrichtung sehen um allzu großem Einfluss Russlands auf die orthodoxen Bevölkerungen dort etwas vorzubauen und das Machtsystem auf dem Balkan nicht vollends zu sprengen.
Davon einmal abgesehenmuss man sich auch vor Augen führen, dass in Russland selbst ja spätestens seit Peter III. und Katharina II. durchaus Sprösslinge deutscher Fürstenhäuser Regierten. Insofern wir also etwa über die Hohenzollern-Sigmaringische Linie in Rumänien Reden, waren diese Könige auch entfernte Verwandte der russischen Zaren, der Battenberger, den man zum ersten ersten Fürsten von Bulgarien machte, war gleichzeitig eng mit den russischen Zaren Alexander II. verwandt.
Auf diese Art und Weise waren das einfach gut geeignete Kompromisskandidaten, die die machtpolitischen Veränderungen im Balkan sowohl für die russische, als auch die habsburgische Seite erträglich machten.
 
Das hat dann wahrscheinlich die Kluft zwischen Herrschern und Beherrschten verstärkt, wenn die Monarchen nicht mal der Landessprache mächtig waren. In dem Buch, das ich grad gelesen hab, stand z.B. dass Sisi besser Griechisch sprechen konnte als alle deutschen Königinnen auf dem Thron. Wie will man da erwarten, dass das Volk diese Monarchen überhaupt akzeptiert??

Die erste Frage wäre mal diejenige, ob das Volk überhaupt eine politische Größe darstellt und diesen Monarchen überhaupt irgendwann mal zu sehen und zu hören bekommt.
Das kam mit dem 19. Jarhundert, durch die steigende Alphabetisierung, die Liberalisierung der Presse, das Aufkommen von Massenmedien und das Aufkommen von öffentlichen Diskusplattformen, wie Parlamenten, wenn deren Rechte auch noch recht eingeschränkt waren, langsam auf. Mit der Eisenbahn, der Dampfschiffahrt und der Telegraphie erhöhte sich auch die alltägliche Reichweite der Bevölkerung deutlich.
Man muss sich dabei vor augen führen, dass der Großteil der Bevölkerung im 18. Jahrhundert in etwa eine Bewegungs- und Wahrnehmungsreichweite hatte, die sich so auf 1-2 Tagesreisen im Umkreis beschränkte und lesen und schreiben konnte diese Bevölkerung in weiten Teilen auch nicht, dafür hatte sich mit den verbliebenen Feudallasten (Hand- und Spanndienste, Schollenbindung etc.) zu kämpfen und war damit ausgelastet genug, als dass sie sich noch darüber hätte ereifern können, was irgendein Monarch in einer Hauptstadt, die man ohnehin nie im Leben zu Gesicht bekam, für eine Sprache sprach.

Im Vergleich dazu, was noch im 18. Jahrhundert für Manöver ausgeführt wurden um Herrschaften umzuverteilen, ist die Besetzung eines neugeschaffenen Thrones durch einen auswärtigen Fürsten nachgerade harmlos.

Da du dich für die Geschichte der Habsburger zu interessieren scheinst, mach dich z.B. mal darüber schlau, was in dieser Hinsicht alles passieren musste, damit Frankereich sein Placet zur "Pragmatischen Sanction" Karl VI. und zur Eheschließung eines gewissen Franz-Stephan von Lothringen, mit einer gewissen Maria-Theresia von Habsburg gab.

In der Kurzfassung lief es darauf hinaus, dass:

Franz-Stephan auf sein Herzogtum Lothringen verzichten musste, dieses zur Kompensation dem in Polen geschassten Stanislaw Leszczinski überlassen wurde, mit der Bedingung, das es nach dessen Tod an die französische Krone fallen solle, während man den Lothringer Ex-Herzog Franz-Stephan als Abfindung dafür auf den Toskanischen Thron setze, was möglich war, weil in der Toskana die Hauptlinie der Medici gerade ausgestorben war.

Das war noch im 18. Jahrhundert vollkommen normal und funktionierte im Übrigen. Schon deswegen, weil es eben überhaupt keine Grundlagen für einen öffentlichen Diskurs darüber gab, und der Großteil der Untertanen diesen Monarchen nie zu sehen oder zu hören bekam.
Funktionierte wie gesagt, dann ab dem 19. Jahrhundert nicht mehr so gut nur ist dann, was die Beispiele hier angeht auch zu bedenken, wir reden über Gegenden des Balkans, die in Sachen Technik, Infrastruktur, durchnittlicher Alpahbetisierung etc. im Vergleich zu weiten Teilen Westeuropas eher rückständig daher kamen und wo sowas noch etwas länger möglich bliebt.

Dann kommt bei der Besetzung von Thronen durch ausländische Fürsten dazu, dass man diesen in der Regel, durchaus auferlegte:

1. Wenn sie eine der Bevölkerung oder den Traditionen des Landes fremde Konfession hatten, zu konvertieren.
2. Sich darum zu bemühen die Landessprache möglichst zügig zu erlernen.
3. Sich einen Herrschernamen zuzulegen, der kulturell einigermaßen zu Land und Bevölkerung passte.
4. Auch in dem Land, dass man da regierenn wollte zu residieren und sich in das traditionelle Zeremoniell einzufinden.

Anders sah es mitunter aus, wenn verschiedene Länder in Personalunion miteinander regiert werden sollten, aber das wäre ein Thema für sich.

Und dann war natürlich, wenn eine solche Besetzung vorgenommen wurde, so lange es sich nicht um eine dezidierte Wahlmonarchie handelte, auch immer mit angedacht, dass die Kinder dieses Monarchen diesem einmal nachfolgen würden.
Die waren dann aber in der Regel am entsprechenden Hof erzogen, auf diese Rolle vorbereitet, und auch in der Landessprache erzogenn worden, so dass sich die Problematik mit dem Nichtbeherrschen der Sprache in aller Regel spätestens in der 2. Generation nicht mehr stellte, es sei denn es handelte sich bei den regierenden Fürsten um ziemliche Ignoranten.
Sofern sie sich wie solcher verhielten, saßen sie dann aber eben in der Regel auch nicht allzu lange auf dem Thron.

Die Habsburger konnten gut Ungarisch (Elisabeth und Franz Joseph zumindest) - am Ende half das aber auch nicht das Reich zusammenzuhalten und es gab dauernd Probleme, v.a. nach dem Badeni-Dekret.

Franz-Ferdinand nicht, der soll das Ungarische regelreht verflucht haben, weil er damit nicht zurecht kam. Von der Warte her wäre es spannend, was wohl passiert wäre, wenn der in die Verdrückung gekommen wäre den König von Ungarn zu spielen, aber dafür hätte er dann wohl 2 Jahre länger leben müssen.

Inwiefern hatte den die Österreichisch-Ungarische Monarchie ein tatsächliches Problem mit dem inneren Zusammenhalt?
Die ersten wirklich separatistischen Tendenzen mit Massenwirkung nach dem "Ausgleich" von 1867, sind doch meines Wissens nach erst ab Januar-Fabruar 1918 manifest geworden. Sprich nach mehr oder minder fast 4 Jahren eher subopitmal verlaufenden Krieg, meehreren Hungerwintern und einer katastrophalen Versorgungssituation.

Was war denn vorher groß an Separatismus?
Ein paar radikale Nationalisten, mit ein paar 1.000 bis 10.000 Anhängern vielleicht, aber nichts, was jetzt zangsläufig zum Auseinanderfallen des Staates geführt hätte.
Sicher gab es Gezänk unter den Nationalitäten, aber wann ging es da tatsächlich um irgendwelchen manifesten Separatismus?
So weit mir bekannt, ging es in aller Regel darum, welche Volksgruppe wo eine eigene Universität haben durfte, in welchen Gegenden welches die Unterrichtssprache sein sollte, welche Volksgruppe wie viele Schulen und Lehrer bekam und nach welchem Proporz in welcher Gegend lokale Beamte einzusetzen seien und welche Sprachen die beherrschen mussten und welche nicht.
Das waren doch mehr oder minder vor dem 1. Weltkrieg die Streitpunkte und die konnte man durchaus in den Griff bekommen.
 
Montenegro ist mir nicht bekannt, in Serbien nicht, da regierte zunächst die Dynastie Obrenovic, die dann Anfang des 20. Jahrhundert in etwas blutiger Weise durch die Karadjordjevic' abgelöst wurde.

In Montenegro regierten die Petrovic´s eine Dynastie die zuerst die Fürstbischöfe (Vererbung vom Onkel zum Neffen) und dann die Fürsten und Könige stellten. Sie stammen allerdings aus Bosnien, genauer gesagt aus Zenica.

Die Serben sind ganz stolz, dass alle ihre drei Dynastien einheimischer Natur waren. Karadjordje und Milos Obrenovic, die beiden Gründer, waren ja Rebellenführer.
 
@Shinigami: Du hast Recht mit Clarke, hatte das verwechselt und habe eigentlich "Nicky" gemeint und das Vorspiel zum 1. WK. Aber eine sehr komplexe Thematik. Ich bin nur interessiert an Geschichte und alles andre als eine Expertin. Vielleicht kennst du noch ein Buch, wo ich mich einlesen könnte?
Diese 4 Punkte für ausländische Herrscher, die du anführst, sind auch interessant - hast du da eine Quelle dazu?

Zu Franz Joseph: In dem von mir erwähnten Buch gibt es Auszüge aus seinen Briefen wo er zu den Aufständen auf Kreta (1897) klar Stellung gegen die Griechen und für die Türken bezieht. Das mag nichts heißen aber gewiss waren ihm solche Revolten zuwider. Interessant ist auch dass das Osmanische Reich ja fast zeitgleich mit dem Habsburger Reich zerfiel.
 
@Shinigami: Du hast Recht mit Clarke, hatte das verwechselt und habe eigentlich "Nicky" gemeint und das Vorspiel zum 1. WK. Aber eine sehr komplexe Thematik. Ich bin nur interessiert an Geschichte und alles andre als eine Expertin. Vielleicht kennst du noch ein Buch, wo ich mich einlesen könnte?

Zu welchem Thema suchst du genau ein Literaturtipp?

KarinWien schrieb:
Interessant ist auch dass das Osmanische Reich ja fast zeitgleich mit dem Habsburger Reich zerfiel.

Was ist denn daran interessant? Beide Reiche standen auf der Verliererseite des Weltkrieges.
 
Literaturtipp siehe mein erstes Posting und Titel: Griechenland und Habsburger bzw. Deutschland. Und zusätzlich ein Buch zu den politischen Zusammenhängen und Aufkommen des Nationalismus im Europa des 19. Jahrhunderts - eine Art historisches Überblicksbuch, in dem z.B. auch der Balkan behandelt wird, aber nicht ausschließlich. Davon gibt es sicher jede Menge, aber vielleicht habt ihr Tipps?
 
Neben einer Stärkung Serbiens konnte den Herrschaften in Wien und Budapest wegen Siebenbürgen und der dortigen überwiegenden rumänischen Bevölkerung natürlich auch eine Stärkung Rumäniens nicht besonders in denn Kram passen, genau die kam aber dabei heraus, da Bulgarien am Ende des 2. Balkankrieges unterlag und Territorien in drei anderen Mächte abtreten musste, die natürlich daran interessiert waren, sich gegen eine Revanche von bulgarischer Seite abzusichern.

Zu erwähnen ist, das Rumänien aber nichtsdestotrotz für Österreich-Ungarn von Bedeutung war. De jure war man ja noch verbündet und Rumänien war für den Fall eines Krieges für die Doppelmonarchie sehr wichtig.
 
Literaturtipp siehe mein erstes Posting und Titel: Griechenland und Habsburger bzw. Deutschland. Und zusätzlich ein Buch zu den politischen Zusammenhängen und Aufkommen des Nationalismus im Europa des 19. Jahrhunderts - eine Art historisches Überblicksbuch, in dem z.B. auch der Balkan behandelt wird, aber nicht ausschließlich. Davon gibt es sicher jede Menge, aber vielleicht habt ihr Tipps?

Zum Thema Balkan fällt mir spontan das Werk von Katrin Boekh, "Von den Balkankriegen zum Ersten Weltkrieg" ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Shinigami: Du hast Recht mit Clarke, hatte das verwechselt und habe eigentlich "Nicky" gemeint und das Vorspiel zum 1. WK. Aber eine sehr komplexe Thematik. Ich bin nur interessiert an Geschichte und alles andre als eine Expertin. Vielleicht kennst du noch ein Buch, wo ich mich einlesen könnte?
Was das Vorspiel zum Weltkrieg angeht, müsstest du bei Clark eigentlich fündig werden. Der Mann hat im übrigen auch eine ganz solide Geschichte Preußens und eine Biographie über Wilhelm II. verfasst, da wird man auch fündig, auch was die angesprochenen Depeschen kurz vor Kriegsbeginn angeht.

Außerdem wirst du in jedem soliden Werk über die Außenpolitik (zu dieser gibt es ein recht kompaktes Einführungswerk von Andreas Rose, Titel: "Die Außenpolitik des Wilhelminischen Kaiserreiches") des Wilhelminischen Deutschlands, einen Kleinen Abriss über diese Episode finden:
Vertrag von Björkö – Wikipedia

De facto waren noch 1905 sowohl Wilhelm, als auch Nikolaus bereit sich mit einander verbündeten und mussten unter einigen Mühen von ihren jeweiligen Regierungen und Beratern, denen das nicht in denn Kram passte, davon abgehalten werden.

Man kann den beiden Herren einiges an politischem Versagen vorwerfen. Das sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben, nicht zu einem zeitgemäßen Regierungsstil und Auftreten fähig waren und dass keiner von beiden am Ende den Mut dazu hatte in Sachen Krieg auf die Bremse zu treten, obwohl ohne ihr Placet keine Generalmobilmachung und keine Kriegserklärung veranlasst werden konnten.
Aber dass die beiden wirklich treibende Kräfte gewesen wären, die mit Gewalt darauf hingearbeitet hätten die Lage bis zum Krieg zuzuspitzen, entspricht einfach nicht den Tatsachen und schon gar nicht aus persönlicher Abneigung.

Diese 4 Punkte für ausländische Herrscher, die du anführst, sind auch interessant - hast du da eine Quelle dazu?
Ich wüsste jetzt keines, dass sich speziell an diesen Punkten abrarbeiten würde, aber das lässt sich eigentlich aus dem Biographien der entsprechenden "Importmonarchen" herleiten.

Ein recht bekanntes Beispiel für die Verpflichtung zur Konversion, ist z.B. August der Starke von Sachsen. Von Hause aus eigentlich protestant, musste er zum Katholizismus konvertieren um den polnisch-litauischen Thron besteigen zu können.

Auch etwa eine Katharina II. die ja eigentlich überhaupt nicht "Katharina", sondern "Sophie Auguste Frederike" mit vornamen hieß, legte sich nicht ganz ohne Grund den russischen Namen "Jekaterina" zu und konvertierte zum orthodoxen Glauben.
Ihrem Mann, Peter III. hat man in Russland nachhaltig übel genommen, dass er sich in die russische Gesellschaft nicht so besonders gut einfand und sich zu sehr mit Deutschen, vor allem aus seiner Heimat Holstein umgab, was dazu führte, dass die entsprechednen Persönlichkeiten zu weiten Teilen, freundlich, aber bestimmt, aus dem Land kompilmentiert wurden.

Das kann man etwas in Montefiores Abriss über die Romanow-Dynastie nachlesen.

In Sachen Residenz, hat man so weit mir bekannt (aber hier bin ich etwas unsicher), z.B. Karl V. als Grundbedingung dafür, auf den spanischen Thron zu kommen auferlegt, dass es sich regelmäßig auch in Spanien blicken ließ.

Die genauen Inhalte was ein "Importmonarch" in einem neuen Land zu beachten hatte, hingen natürlich vom Einzelfall des Vertrages ab, in dem Vereinbart wurde ihm den Thron zu überlassen, aber wenn solche Dinge eingefordert wurden, dann war das nicht untypisch, im Besonderen was Konversionen und Zeremoniell betrifft.

Zu Franz Joseph: In dem von mir erwähnten Buch gibt es Auszüge aus seinen Briefen wo er zu den Aufständen auf Kreta (1897) klar Stellung gegen die Griechen und für die Türken bezieht. Das mag nichts heißen aber gewiss waren ihm solche Revolten zuwider.
Naja, 1897 war das politische Verhältnis zwischen Österreich-Ungarn und Russland schon merklich im Eimer, dass war bereits spätestens mit dem Berliner Kongress 1878 mehr oder minder am Tiefpunkt und wurde nicht mehr wirklich besser.
Zu dem Zeitpunkt wird Franz-Joseph schlicht klar gewesen sein, dass es im Interesse der Donau-Monarchie lag, das Osmanische Reich so gut als mögllich zu stützen, weil dessen Niedergang unweigerlich auf die Stärkung entweder Russland oder der der Kleinstaaten auf dem Balkan hinausgelaufen wären. Um Bulgarien musste man sich da weniger Gedanken machen, in Ermangelung gemeinsamer Grenze und entsprechender Minderheiten, über Serbien und Rumänien aber sehr wohl.
Und auch wenn man die Bulgaren selbst eher weniger zu fürchten brauchte, konnte doch auch die Vorstellung eines bis auf ein paar Km vor Konstantinopel expandierenden, tendenziell mit Russland verbadelten Griechenland oder Bulgarien nicht im Interresse der Monarchie sein, weil es die Chance das Osmanische Reich in einem konflikt mit Russland effektiv stützen zu können, nicht unbedingt verbessert hätte.
Eine an einem erfolgreichen Aufstand sichtbar werdende innere Schwäche des Osmanischen Reiches, musste insofern als gefährlich erscheinen, weil das möglicherweise andere potentielle Interessenten zu solchen Expansionsversuchen hätte verleiten können.

Genau das passierte ja dann mehr oder minder ab 1911 nach dem für das Osmanische Reich katastrophal verlaufenden Krieg mit Italien in Form des 1. Balkankrieges.

Interessant ist auch dass das Osmanische Reich ja fast zeitgleich mit dem Habsburger Reich zerfiel.
Naja, letztendlich zerfielen beide, wie auch das russische Reich durch den 1. Weltkrieg und die Umstände, die er mit sich brachte.
Insofern finde ich das eigentlich nicht unbedingt so besonders bemerkenswert. Wie überlebensfähig sie ohne diesen Krieg gewesen wären, ist eine andere Frage, aber die ist einmal kontrafaktisch.
Wenn man sich auf einen Diskurs eines über Dekaden andauernden Zerfalls einlässt, macht man etwas den Fehler die Sache über zu determinierenund davon auszugehen, dass es am Ende so kommen musste und gar nicht anders kommen konnte. Aber warum?
Natürlich waren die zentrifugalen Kräfte die innerhalb dieser Vielvölkerreiche für Konflikte sorgte einmal in die Welt gekommen, aber ich meine, dass da zum einen ihre Wirkmächtigkeit mitunter überzogen wird (zu Österreich-Ungarn hatte ich mich da ja schon eingelassen), zum Anderen warum konnte es dafür keine Lösungen geben?

Wenn man das Modell eines langen Niedergangs bemühen wollte, könnte man auf den Gedanken kommen, dass das Kaiserreich China ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts auch in einer ähnlichen, wahrscheinlich noch wesentlich prekäreren Lage gewesen ist.
Es war ein Vielvölkerreich mit sehr verschiedenen Gruppenidentitäten, einer Dynastie, die einer der Minderheiten angehörte und nach den Demütigungen des 19. jahrhunderts in China selbst nicht mehr besonders populär war, es war wirtschaftlich rückständig, Teils von feindlich gesinnten Mächten umgeben, an die es Teils Territorien hatte abtreten müssen, es war, was seine Bevölkerung betrifft nicht minder multilingual und multireligiös und hatte ebenfalls schwierigkeiten mit der Demokratisierung des Staatswesens, dass mitunter auch daran zunächst zerbrach, was in einen recht üblen Bürgerkrieg ausartete.
Dieses Land, was vor 100 Jahren völlig am Boden und in Auflösung schin, ist heute das potentiell 2.-Mächtigste der Welt und hat, mindestens als Territorialverband die Wirren des 19. und 20. jahrhunderts weitgehend überstanden.
Genau so ist es Russland, wenn auch mit gewalttätigen Mitteln in der ersten in den Jahren unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg in seiner neuen Gestalt als RSFSR gelungen die schlimmsten Episoden des territorialen Zerfalls rückgängig zu machen, ausgenommen davon blieben im Wesentlichen nur die baltischen Staaten, Polen und Finnland (ob das zum Wohl der Menschen war, darüber kann man sich jetzt streiten).
Letztendlich möchte ich nur darauf hinaus, dass derartige Niedergangserzählungen oftmals überdeterminiert sind.

Sicherlich hatten sowohl Österreich-Ungarn, als auch das Osmanische Reich mit diesesn Reichsstrukturen keine dauerhafte Zukunft im 20. Jahrhundert mehr. Das bedeutet aber nicht, dass sie unreformierbar gewesen wären, oder dass man dort nicht auf der Grundlage einer Revolution auf dem mehr oder weniger identischen Gebiet eine ganz andere Gesellschaft hätte aufbauen können.
Ob das möglich gewesen wäre, wissen wir nicht.
 
Zu erwähnen ist, das Rumänien aber nichtsdestotrotz für Österreich-Ungarn von Bedeutung war. De jure war man ja noch verbündet und Rumänien war für den Fall eines Krieges für die Doppelmonarchie sehr wichtig.

Natürlich war Rumänien für Österreich-Ungarn nach wie vor wichtig, nur konnte es mit Hinblick auf Siebenbürgen und die guten rumänischen Beziehungen zu Serbien natürlich nicht unbedingt im Wiener Interesse sein, wenn dieses Land allzu handlungsfähig würde.
De jure war man verbündet, aber was dieses Bündnis am Ende de facto wert sein würde, dass konnte man ja durchaus achon vor der Julikrise in Zweifel ziehen, nicht zuletzt auch, nachdem man sich zeitgleich Bulgarien annäherte, was ja wieder gegen die rumänischen Interessen in der Dorbuja ging.
 
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Naja, 1897 war das politische Verhältnis zwischen Österreich-Ungarn und Russland schon merklich im Eimer, dass war bereits spätestens mit dem Berliner Kongress 1878 mehr oder minder am Tiefpunkt und wurde nicht mehr wirklich besser.

Das ist doch etwas übertrieben. Gerade eben1897, der türkisch-griechische Krieg war praktisch schon entschieden, besuchte Franz-Joseph mit seinem Außenminister und Generalstabschef den russischen Zaren. Dieser Besuch war ein voller Erfolg. Man beurteilte die Lage auf dem Balkan mehr oder weniger identisch und stellte fest, das man den Status Quo auf dem Balkan erhalten wolle und wenn Änderungen notwendig seien, keine territorialen Gewinne machen zu wollen. Konstantinopel und die leidige Meerengenfrage blieben aber ausgespart.
 
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