Großbritanniens "splendid isolation"

jschmidt

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Da kein Widerspruch gekommen ist, stelle ich mir die Frage, ob es dann zulässig ist, das Großbritannien mit seiner Beendigung der Splendid Isolation und der dann erfolgten Bündnispolitik davon zu sprechen, das diese "nur" eine Reaktion auf die ungeschickte und auch aggressive Außenpolitik des Kaiserreichs gewesen war?
Zu dem mit "splendid isolation" bezeichneten Sachverhalt und den Gründen für dessen Beendigung wurde hier schon eine Reihe von Tatsachen & Thesen angeführt. Beispiel:
Was ich dazu gelesen habe ist, dass die Briten den Burenkrieg wegen der Bodenschätze und wegen der geplanten Eisenbahn "vom Cap bis Kairo" angefangen haben. Und dass sie die splendid isolation wegen der ernüchternden militärischen Pleite im Burenkrieg aufgegeben haben.
Für Großbritannien war aus vielerlei Gründen eine Politik der Splendid Isolation nicht mehr durchführbar. An zu vielen Punkten des Empires gab es Konfliktstoff mit anderen Großmächten.
Würde man die Glaskugel 1890 bemühen, könnte sich Folgendes, natürlich rein hypothetisch ergeben:
- Großbritannien wird durch die aufstrebenden Mächte und die fortwährenden Konforntationen an der Peripherie des Empires mittelfristig zur Aufgabe der "splendid isolation" gezwungen sein (Perspektive, zugleich eine Belastung aus der derzeitigen Mächtekonstellation?)
Großbritannien war nach dem mühsamen Sieg schon fast traumatisiert, denn wenn es schon so große Probleme bereitet 40.000 Buren zu besiegen, wie soll man denn gegen eine eurppäische Großmacht bestehen können. Ich glaube, das hier der Ausgangspunkt für die Beendigung der Splendid Isolation zu suchen ist.
England gab seine splendid isolation in kleinen Schritten gegen diverse Gegenleistungen auf. Sämtliche Veränderungen waren nicht durch den deutschen Gegensatz getrieben bzw. direkt veranlasst, sondern wurden aus britischer Sicht rational zur Absicherung des Empire in Afrika, dem Mittleren und Fernen Osten eingegangen.
Zu diesen Hinweisen assoziiere ich das Schlagwort der sog. "strategischen Überdehnung" und stelle mir vor, dass das Deutsche Reich hierbei zwar auch eine Rolle spielt, aber nicht die ausschlaggebende. In den folgenden "Snippets" wird das anders nuanciert:
Hier einige weitere Beiträge zur Rezeptionsgeschichte des deutschen Flottenbaus in Großbritannien:
April 1904: Entente Cordiale, Aufgabe der britischen "splendid isolation"
Die Entscheidung für die Lagerbildung aus britischer Sicht fiel 1896-1902, nachdem sich Friktionen und gescheiterte Fühlungnahmen mit dem Deutschen Reich ereignet hatten. Um 1900 war die Aufgabe der britischen "splendid isolation" klar...
Ein naiver Betrachter wie ich könnte nun das Ganze vereinfacht so deuten, dass man sich Deutschlands wegen in "Koalitionen" geflüchtet habe, was deutscherseits als "Einkreisung" verstanden wurde und dann einmündete in den Krieg zweier "Lager" 1914.

Was die Bündnispolitik betrifft, finde ich eine Formulierung von Jürgen Osterhammel [1] ganz plausibel:
"Wenn Großbritannien am Ende des Jahrhunderts dennoch zu diplomatischen Übereinkünften gelangte - dem Bündnis mit Japan 1902, der Entente Cordiale mit Frankreich 1904, der Asien-Konvention mit Russland 1907 -, dann waren sie nie so formuliert, dass sich daraus ein Beistandsautomatismus im Kriegsfalle herleiten ließ. Noch in den ersten Weltkrieg trat das Empire ... nicht wegen einer fatalen Bündnismechanik ein, sondern aus eigenen Willensentschluss."
"Splendid" war die Politik immer noch, könnte man sagen, aber Sorge ums Empire verlangte gewisse Kompromisse. Oder?


[1] Die Verwandlung der Welt. Liz. Bonn 2010, S. 656.
 
Zuletzt bearbeitet:
[/INDENT]"Splendid" war die Politik immer noch, könnte man sagen, aber Sorge ums Empire verlangte gewisse Kompromisse. Oder?

Das trifft den Kern!

Die "isolation" bis 1902 konnte gewählt und realisiert werden, weil die britischen Machtpositionen (Positionen im weitesten Sinn, auch wenn es häufig um oder den Zugang zu Indien und China ging) rund um den Globus gegen die regional und überregional auftretenden Konkurrenten behauptet werden konnten. Solange war der Stärkste am mächtigsten allein.:D

Diese Lage wechselte für die "nur-"Seemacht Großbritannien langsam in den Jahrzehnten vor 1902/07. Das führte nun nicht zur völligen Umarmung der interessierten Partner, sondern die britsche Politik war auch insoweit nur darauf ausgerichtet, mit dem minimalsten Mitteleinsatz die direkte, vitale Bedrohung für Großbritannien und die Kolonien oder Verkehrsadern zuverlässig auszuschalten. Dieser letzte Aspekt der Realpolitik beschreibt insoweit die von jschmidt skizzierten Kompromisse.
 
jsschmidt schrieb:
"Splendid" war die Politik immer noch, könnte man sagen, aber Sorge ums Empire verlangte gewisse Kompromisse. Oder?

Ja, die Politik war immer noch "Splendid", denn Großbritannien hatte, im Gegensatz zum Deutschen Reich, die Option zu wählen. Und bei der Wahl wurde die traditionelle Balance of Power Politik verlassen, denn man trat den mutmaßlich stärkeren Zweibund zwischen Frankreich und Russland, aber ohne militärische Verpflichtungen, zumindest zum Zeitpunkt des Abschlusses, bei, da hier insgesamt die stärkere Entlastung für Großbritannien zu erwarten war. Die Briten waren sich auch sehr wohl über die problematische geostrategische Lage des Deutschen Reiches bewußt. Das Bild, welches vom Deutschen Reich in Großbritannien gemalt wurde, die Hysterie hinsichtlich einer deutschen Landung oder der angeblichen unzähligen deutschen Spione dürfte deshalb auch reichlich, möglicherweise auch bewußt, übertrieben worden sein.

Dann ist es aber wohl doch etwas übertrieben, das Großbritanniens Kompromisse in der auswärtigen Politik eine direkte Reaktion auf die wenig glücklich agierende deutsche Außenpolitik war.
 
Dann ist es aber wohl doch etwas übertrieben, das Großbritanniens Kompromisse in der auswärtigen Politik eine direkte Reaktion auf die wenig glücklich agierende deutsche Außenpolitik war.

Ich würde den Kompromiss an sich nicht als Folge deutschen Agierens werten, eher schloss sich Deutschland als Partner einer Interessenregelung aus und verblieb auf der "Gegenseite".

Die britische Bereitschaft für Interessenregelungen (mit den in den vitalen Interessengebieten bestehenden Hauptkontrahenten) war ein Notopfer,
Wettlauf um Afrika ? Wikipedia
The Great Game - Wikipedia, the free encyclopedia
Open Door Policy - Wikipedia, the free encyclopedia
Anglo-Japanese Alliance - Wikipedia, the free encyclopedia

weil man die drei Bälle nicht länger allein jonglieren konnte, wie auch der Burenkrieg erwies. Da mussten realpolitisch ein paar Bälle aus dem Spiel.
 
Zustimmung.

Großbritannien hatte die unvorteilhafte geopolitische Lage Berlin vollkommen korrekt eingeschätzt.

Man ging in London davon aus, durchaus zutreffend, dass Berlin im Zweifelsfalle für das Interesse Wiens, nämlich den Erhalt des Status Quo an den Meerengen, eintreten würde. So wurde eben auch das Osmanische Reich gegen Russland gestützt, ohne das London dafür etwas tun musste. Des Weiteren ging man davon aus, dass das Deutsche Reich der Unterstützung Großbritannien bedurfte und nicht unbedingt umgekehrt.


Der Burenkrieg hat aber auch bewiesen, dass es zwar international viel Gepöbel gegeben hatte, aber es kam eben nicht zu einer gegnerischen Koalition, die Großbritannien in ernste Bedrängnis hätte bringen können.

Es war also nicht die Stärke des Deutschen Reiches, die Großbritannien in die Arme des französisch-russischen Zweibund trieb, sondern eher das Gegenteil.
 
Splendid Isolation zu früheren Zeiten?

Der Wikipedia-Kurzartikel definiert "splendid isolation" als "die Vergegenwärtigung und die Nutzung der geographischen Insellage Großbritanniens in dessen Außenpolitik im späten 19. Jahrhundert bis zu Ausbruch des Ersten Weltkriegs, mit dem Hauptziel der Aufrechterhaltung des europäische [sic] Mächtegleichgewichts."

Über die geographische Insellage muss man nicht groß muss man nicht diskutieren - so gesehen unterscheidet sich Großbritannien (GB) fundamental vom "Land der Mitte", d.h. von Deutschland.:) [1]

In zeitlicher Hinsicht frage ich mich, ob die Eingrenzung auf das "späte 19. Jh." gerechtfertigt und zweckmäßig ist. Man könnte versuchsweise an den Anfang des 18. Jahrhunderts zurückgehen: Unter der Überschrift "Die [britische] Gleichgewichtspolitik nach 1715" schreibt Kluxen [2], diese habe "eine lenkende Rolle [gespielt], die nicht von allen verstanden, aber von diplomatischen Virtuosen wie Lord Stanhope ... als esoterische Kunst gehandhabt wurde. Er und seine Nachfolger suchten die ständig einbrechenden Konflikte im englischen Sinne des europäischen Gleichgewichts einzugrenzen oder zu lenken."

Diese Politik musste nach 1740 zeitweise aufgegeben werden, um vitale Interessen auf dem Kontinent wahrzunehmen, die wiederum wegen der Kolonien weltpolitische Belange berührten. Typischerweise bildete sich, was den Kontinent betrifft, die sog. "Subsidien-Kriegführung" heraus, wie es am Beispiel des Siebenjährigen Krieges deutlich wird. Was auf dem Kontinent an Soldaten "gespart" wurde, konnte auf hoher See, in Nordamerika, Südostasien und sonstwo effektiver eingesetzt werden. Man kommt wiederum nicht umhin, diese Politik als in höchstem Maße rational zu bezeichnen, und zwar allein schon wegen der Begrenztheit der britischen Humanressourcen: Um 1750 hatte GB kaum 8 Mio Einwohner, Spanien etwas mehr, aber Frankreich 23 Mio - Preußen nur 3,5 Mio.

Wie schätzt Ihr die Vergleichbarkeit zum 18. und zur ersten Hälfte des 19. Jh. ein?


[1] Man wird wohl sagen dürfen, dass die "Invasionshysterie", von der Turgot zur Zeit des Burenkriegs sprach, keinen realen Hintergrund hatte; bei Bedarf können wir aber noch darauf zurückkommen.
[2] Geschichte Englands. Stuttgart 1968, S. 416
 
jsschmidt schrieb:
Der Wikipedia-Kurzartikel definiert "splendid isolation" als "die Vergegenwärtigung und die Nutzung der geographischen Insellage Großbritanniens in dessen Außenpolitik im späten 19. Jahrhundert bis zu Ausbruch des Ersten Weltkriegs, mit dem Hauptziel der Aufrechterhaltung des europäische [sic] Mächtegleichgewichts."

Dem würde ich so nicht uneingeschränkt zustimmen, denn mit dem Abschluß der Entente Cordale und insbesondere des Ausgleichs mit Russland, also 1907, hat Großbritannien seine Balance of power Politik aufgegeben gehabt. Denn wenn es Großbritannien um ein Mächtegleichgewicht gegangen wäre, hätte es sich dem Dreibund, Salisbury hatte ja noch eine lockere Anlehnung praktiziert, anschließen müssen. Durch diese Bündnisse war es aber vorbei mit dem Gleichgewicht der Mächte. Und diese Entwicklung, dieser Prozess, begann eigentlich schon mit dem unter Mühen, aber einer überragenden logistischen Leistung, gewonnen Burenkrieg im Jahre 1902.

jsschmidt schrieb:
Man wird wohl sagen dürfen, dass die "Invasionshysterie", von der Turgot zur Zeit des Burenkriegs sprach, keinen realen Hintergrund hatte; bei Bedarf können wir aber noch darauf zurückkommen.

Hier stimme ich dir zu. Diese ganze Thematik wurde doch von der rechtsraikalen Presse hochgekocht und die liberalen Imperialisten haben jenen Redakteuren auch noch ihr Ohr geschenkt. Grey und Maxse waren beispielsweise im selben Londoner Club und standen auch zur Zeit Greys als Außenminister im lebhaften Meinungsaustausch.
 
... mit dem Hauptziel der Aufrechterhaltung des europäische [sic] Mächtegleichgewichts."

Dass der Artikel unausgegoren ist, zeigt bereits der Widerspruch zur nachfolgenden Erläuterung:

"Charakteristisch für die splendid isolation war eine äußerste Zurückhaltung bei der Beteiligung an dauerhaften Allianzen oder anderen Verpflichtungen gegenüber anderen Weltmächten bei gleichzeitigem Ausbau der überseeischen Kolonien, Protektorate und abhängigen Gebiete."

Abgesehen davon war die Isolation nicht immer unbedingt das logische Mittel für den Kontinent, dortige für die Insellage gefährliche Entwicklungen einzudämmen.

Die Kontinentalsperre Napoleons lag 1870 2-3 Generationen zurück, allerdings dürfte die Situation, einem Hegemonialblock auf dem Kontinent gegenüber zu stehen, durchaus präsent gewesen sein, ebenso die Erfahrung der Navy als entscheidendes Rückgrat.

Beide Argumente führen auf einen wichtigen Aspekt britischer Machtstellung: die Schwäche als Landmacht nach 1815, die sich durch die Entwicklungen 1866/1871 und auf dem Balkan weiter zuspitzten. Im Burenkrieg wurde ua auch zu Lasten der "indischen Verteidigung" nahezu alles mobilisiert, was marschieren konnte. Der Burenkrieg hatte dabei über den eigentlichen (lokalen) Kriegsschauplatz hinaus in Großbritannien eine ernüchternde Erkenntnis: man wäre zu Lande nicht in der Lage gewesen, gleichzeitig einen zweiten "Krisenherd" zu bedienen (zB Indien - das ist ein "scare", der dem "navy scare" voranging). Das ist die Basis für die Einsicht, mit bestimmten Kontrahenten zur Interessenregelungen zu kommen.

Schaut man sich die Verträge an, wäre die Diskussion über Abstufungen in der Bindungswirkung interessant: von Japan über Frankreich nach Rußland verläuft das gefühlt degressiv.
 
Zuletzt bearbeitet:
silesia schrieb:
Der Burenkrieg hatte dabei über den eigentlichen (lokalen) Kriegsschauplatz hinaus in Großbritannien eine ernüchternde Erkenntnis: man wäre zu Lande nicht in der Lage gewesen, gleichzeitig einen zweiten "Krisenherd" zu bedienen (zB Indien - das ist ein "scare", der dem "navy scare" voranging). Das ist die Basis für die Einsicht, mit bestimmten Kontrahenten zur Interessenregelungen zu kommen.

Das war sicher auch u.a. der Einsicht geschuldet, das nach dem kostspieligen Burenkrieg die Einführung der Wehrpflicht, die ja in der öffentlichen Diskussion gefordert worden war, finanziell zu jener Zeit nicht zu schultern war.
 
Das war sicher auch u.a. der Einsicht geschuldet, das nach dem kostspieligen Burenkrieg die Einführung der Wehrpflicht, die ja in der öffentlichen Diskussion gefordert worden war, finanziell zu jener Zeit nicht zu schultern war.
Neben der kostspieligen Marine im Two-Power-Standard war auch finanziell wohl kaum mehr möglich.

Wenn man es zuspitzt, beruhte der Luxus britischer isolation weniger auf einem Mächtegleichgewicht in Kontinentaleuropa (wie es gerne die deutschen Literaturstellen betonen), sondern vielmehr auf der Zerstrittenheit der europäischen Großmächte bis 1894.

Das russich-französische Militärbündnis war da der erste Schock, fanden doch die beiden global gefährlichsten Gegner zusammen. Als zweite Folge des nun vorliegenden Patts in Europa sieht Monger (Entente 1900-1907) die Umlenkung der europäischen Machtpolitik auf die "Peripherie" und die Flottenrüstung. Somit hatte es eine einschneidende Veränderung der britischen Risikolage gegeben.

1. Mit dem Bündnis mußte Großbritannien im Ernstfall von einer Vereinigung der beiden Flotten im Mittelmeer ausgehen, wodurch die britische Überlegenheit in dieser Region gefährdet war. Die Admiralität lehnte 1901 sogar ausdrücklich Planungen gegen eine Vereinigung der frz.-russ. Flotte ab, weil man einer Übermacht entgegen treten müßte. Bereits 1881 brachten nüchterne Lageanalysen die Erkenntnis, dass man eine russische Besetzung der Dardanellen gegen Frankreich nicht mehr verhindern könne. Damit konzentrierten sich die britischen Bemühungen unter Lansdowne auf Österreich, die aber bereits 1897 scheinbar Abreden getroffen hatten.

2. Die britische Schwäche während der Burenkrieges nutzte Frankreich geschickt, um sich strategisch wichtige Gebiete zwischen Marokko und Algerien einzuverleiben. Trotz der Bedrohung von Gibraltar konnte GB dem nichts entgegensetzen, um keinen parallelen Krisenherd aufzumachen. Frankreich hatte sich außerdem Italiens Wohlwollen erkauft, indem man Italien gestattete, gegen Tripolis aktiv zu werden.

3. Spanien schien in Richtung FRA/DEU/RUS Kontakte zu unterhalten, was die Bedrohung Gibraltars von der Landseite weiter offen ließ. Im März 1901 gab es Gerüchte, es werde sich dem frz.-russ. Bündnis anschließen.

4. Die russische Kolonisation in Turkestan, der Bahnlinienbau entlang der persischen Grenzen und die Aktivitäten in Persien verstärkten die direkte Landbedrohung Indiens durch Rußland. Man rechnete 1901/02 mit der Fertigstellung der Linie Orenburg-Taschkent 1904/05, damit wäre Indien von der Landseite her verwundbar. Die Entwicklung in Persien wurde damit zu einem akuten Problem: nach der Ermordung des Schahs Nasir-ed-Din 1896 versank das Land zunehmend in Anarchie. Curzon trat 1899 die Notbremse, erklärte Nordpersien als abgeschrieben und verlangte die Sicherung des Golfs und der Mittleren Zone zu Russland, "solange es noch Zeit ist". Während die Briten mit den Buren beschäftigt waren, gab es große russische Anleihen nach Persien, quasi refinanziert durch Frankreich.

5. Während des Burenkrieges wurde Russland auch in Afghanistan verstärkt aktiv, es drohte durch die Intensivierung der Handelsbeziehungen über Turkestan auch hier die Teilung der Interessenzonen.

6. Zusätzlich wurde man in den verstärkten Wettlauf um China einbezogen, wobei sich die deutschen Aktivitäten in der region verstärkt hatten (1897) und das Land durch den Krieg mit Japan geschwächt war (1895). Die scheinbar klare Teilung in Interessensphären entsprach nicht britischer Zielsetzung, die russische Besetzung der Mandschurei verschärfte die "chinesische Frage".

Selborne stellte 1900 lakonisch zum Hauptkontrahenten im Mittleren und Fernen Osten fest: "Verglichen mit unserem Empire ist ihres (Rußland) unverwundbar. Wir müssen bei einem Kampf in der Defensive bleiben, weil es ... keinen Teil seines Gebietes gibt, wo wir es schlagen könnten. Die Ausdehnung seines Reiches schließt nicht die Verrpflichtungen ein, die uns die Ausdehnung unseres Reiches auferlegt. ... Seine Verbindungen sind sicher, es braucht nicht einmal nach rückwärts zu blicken."

7. 1901 stellte man in finanzieller Hinsicht fest, dass die weitere Anspannung der Finanzen nicht mehr möglich sei (Hicks Beach, Schatzkanzler unter -Gladstone). Das Armeebudget war durch den Burenkrieg von 18 auf 30 Mio. GBP gestiegen, das Marinebudget von 19 auf 30 Mio. Dabei war der Zweimächte-Standard 1894/1904 nur so gerade gehalten worden. da außerdem in dem Zeitraum die USA, DEU und JAP als Flottenmächte ernsthaft auf den Plan traten, schlug Selborne 1901 sogar vor, den "Two-Power-Standard" zu modifizieren. Er sollte ausschließlich gegen FRA/RUS "gerechnet" werden.

Es war also eine Kombination: Zusammenbruch alter Machtpositionen (zB China, Persien, Marokko etc.) plus neue Machtkonzentration (FRA/RUS) plus verstärkte imperialistische Engagements der alten und neu wachsenden Mächte an der Peripherie. Das Deutsche Reich ist - nachdem man sich in Afrika um 1900 ordentlich engagiert hatte und nach der Krüger-Depesche auch nur mehr ein Mediensturm das britische Vorgehen gegen die Buren begleitete (nicht dagegen eine aktive politisch-militärische Unterstützung) - nur ein winziger Baustein in dieser schrittweise Aufgabe der isolation, die zuvor ihre globalen Vorzüge aus Konflikten auf dem europäischen zog.

Wenn man das entstandene Gleichgewicht in Europa 1894 aus Auslöser eines verstärkten imperialen Interesses an der Peripherie wertet (quasi die "Plätze" an der Sonne), anderseits die wertvollsten Brocken verteilt waren (Indien) bzw. zur Verteilung anzustehen drohten (China), dann ist das britische Problem nicht allein auf das Deutsche Reich zu beziehen. An der langfristigen britischen Kalkulation änderte auch der jap./russ. Konflikt nichts. Er wurde taktisch geschickt vielmehr als Basis für eine schnelle Interessenregelung genutzt.
 
silesia schrieb:
Neben der kostspieligen Marine im Two-Power-Standard war auch finanziell wohl kaum mehr möglich.

Genau! Irritierend ist da nur, das die Armee nach der blamablen Vorstellung im Burenkrieg auf eine Erhöhung der Mittel beharrte und als Argument wurde im C.I.D. die Invasionsgefahr, entweder Frankreich oder das Deutsche Reich, bemüht. Das wurde durch Kontakte zur Presse durch entsprechende Begleitmusik in der Presse unterstützt. Die Admiralität konnte sich den Mund fusselig reden, wie unwahrscheinlich das von der Armee skizzierte Szenario auch war, so hat es Zeit und personelle Wechsel im Ausschuss bedurft, um in dieser Frage endlich Ruhe reinzubekommen. Nur das ausgerechnet das Deutsche Reich als Invasionsmacht bemüht wurde, war natürlich Wasser auf die Mühlen der Befürworter eines Bündnisses mit Russland und Frankreich.


silesia schrieb:
1. Mit dem Bündnis mußte Großbritannien im Ernstfall von einer Vereinigung der beiden Flotten im Mittelmeer ausgehen, wodurch die britische Überlegenheit in dieser Region gefährdet war. Die Admiralität lehnte 1901 sogar ausdrücklich Planungen gegen eine Vereinigung der frz.-russ. Flotte ab, weil man einer Übermacht entgegen treten müßte

Volle Zustimmung. Es wäre jetzt ja nicht unvorstellbar gewesen, das man sich mit dem Deutschen Reich arrangiert hätte, welches ja gerade dabei war eine Flotte zu bauen und darüber hinaus eine sehr starke Landmacht war. Nur war man aus britischer Sicht wohl möglicherweise ein wenig der Meinung, dass das Reich zum Nulltarif zu haben sei. Die deutsche Außenpolitik hat sich aber auch nicht gerade geschickt verhalten!

Nach dem öffentlich bekannt wurde, das Großbritannien mit Japan ein Bündnis abgeschlossen hatte, war man in Petersburg nicht gerade begeistert. In London hat man möglicherweise auch die Entschlossenheit unterschätzt, mit der Tokio ein Krieg gegen das Zarenreich wollte. Interesant ist, das Petersburg doch gegeüber dem Deutschen Reich Fühler austreckte, ob man nicht gegen Großbritannien, möglicherweise kriegerisch, gedacht war an russischerseit in China und Frankreich und Deutschland "beschäftigen" die Navy, von Berlin mit einer Absage quittiert wurde. Delcasse konnte sich als der einzig wahre Verbündete präsentieren. London bekam "umsonst" die deutsche Unterstützung.

silesia schrieb:
Zusätzlich wurde man in den verstärkten Wettlauf um China einbezogen, wobei sich die deutschen Aktivitäten in der region verstärkt hatten (1897) und das Land durch den Krieg mit Japan geschwächt war (1895). Die scheinbar klare Teilung in Interessensphären entsprach nicht britischer Zielsetzung, die russische Besetzung der Mandschurei verschärfte die "chinesische Frage".

In dieser Frage wollte Großbritannien ja das Deutsche Reich einspannen und hatte zu diesem Zwecke angefragt, ob man in Berlins willens sein, gemeinsam wegen des Nichtabzuges der russischen Truppen zu protestieren. Das AA mutmaßte, wohl nicht ganz zu unrecht, das London Deutschland gegen Petersburg vorschieben wollte. Tatsächlich steckte Japan hinter der ganzen Frage, da man London mehrfach in dieser Frage "genervt" hatte. Im Ergebnis wurde nichts daraus und zurück blieb sicherlich keine Zufriedenheit.

Deine Ausführungen zeigen sehr schön auf, von woher für Großbritannien die größte Gefahr kam. Wie man sich dann in Whitehall entschieden hat, das ist bekannt.
 
Es gab noch einen weiteren Krisenherd, den es galt zu bwältigen und das war Venezuela. Als Venezuela seine internationalen Verbindlichkeiten nicht mehr bediente, die Hauptgläubiger waren Großbritannien und das Deutsche Reich, kam es zu einer deutsch-britischen Kooperation. Die beiden Mächte verhängten eine Seeblockade. Venezolanische Forts beschossen deutsche Schiffe und die Panther hat die Festung San Carlos zerlegt. Die USA, namentlich Roosevelt, fanden das überhaupt nicht witzig, denn sie billigten den europäischen Mächten schlicht nicht zu, sich in ihrer Hemisphäre (Monroe-Doktrin) einzumischen.

Roosevelt wollte zur Abschreckung gegen das Deutsche Reich die US Flotte aus Puerto Rico vorfahren lassen, scheiterten dies doch an dem britischen Engagment, denn Botschafter Hay informierte die USA darüber, das mit dem Deutschen Reich zusammenarbeiten werde. Das war den USA sicher nicht angenhem, aber trotzdem richtete sich Roosevelts Zorn primär gegen das Deutsche Reich.
 
Genau! Irritierend ist da nur, das die Armee nach der blamablen Vorstellung im Burenkrieg auf eine Erhöhung der Mittel beharrte und als Argument wurde im C.I.D. die Invasionsgefahr, entweder Frankreich oder das Deutsche Reich, bemüht. Das wurde durch Kontakte zur Presse durch entsprechende Begleitmusik in der Presse unterstützt.

Tatsächlich wurden gerade 1901 die interessantes Fühler aus London Richtung Berlin ausgestreckt, die wir noch gesondert betrachten müssten. Dass diese erfolglos blieben, dürfte man wohl Berlin als Sollstellung aufbuchen.;) Den Aufruhr der Presse zum Burenkrieg muss man sorgfältig von den politischen Stellungnahmen trennen.

Roosevelt wollte zur Abschreckung gegen das Deutsche Reich die US Flotte aus Puerto Rico vorfahren lassen, scheiterten dies doch an dem britischen Engagment, denn Botschafter Hay informierte die USA darüber, das mit dem Deutschen Reich zusammenarbeiten werde.
Die deutsch-britische "Kooperation" hast Du beschrieben. Für beide Mächte dürfte es wohl eine ernüchternde Überraschung gewesen sein, dass die aufstrebende Seemacht USA mit mehr Schiffen vor Venezuela aufmarschierte, als die beiden zusammen detachiert hatten.:D


Nochmal zur Frage der Aufgabe der isolation, und die Gewichtung der Ursachen. Ein großer Katalog an Aspekten ist inzwischen zusammengetragen, aber die Schwerpunkte wechseln je nach Studie. Ich würde gerne noch Otte erwähnen (The China Question - Great Power Rivalry and British Isolation 1894-1905). Otte sieht die Chinesische Frage (und britische Schwäche, nebst russischen Ambitionen in der Mandschurei) einerseits als Katalysator für die deutsch-britischen Gepräche (zumal es nun in Afrika keine direkten Reibungen auf der politischen Ebene gab), andererseits konstatiert er völliges Unverständnis für die beiderseitigen "Ziele". Als die Erfolgsaussichten schwanden, wandte man sich kompromisslos Japan zu ((Bertie, ab der zweiten Jahreshälfte 1901), in die sich ab September auch Selborne von der Admiralität einmischte. Der hatte die Marinekosten im Blick, und die Neutralisation der Flotten der Großmächte in Fernost durch die japanische Seerüstung (was Großbritannien in den Luxus bringen würde, den eigenen Fernost-Flottenteil deutlich zugunsten der anderen hotspots zu reduzieren). Dieses Bündnis verhieß Großbritannien die klare anti-russisch/anti-französische Ausrichtung, an der es die Sondierungen mit dem Deutschen Reich (bzgl. Russlands) scheitern ließ. Otte verortet daher die Aufgabe der isolation bei den Problemen mit Rußland und (ein wenig) Frankreich, mit dem Schwergewicht auf China/Fernost.

Das ist sicher ein wenig dem Schwerpunkt der Studie geschuldet, andere mit dem Fokus auf weitere Regionen sehen das mit anderen Gewichtungen.

Vermutlich war es eine Mischung von allem (-> Monger)
 
A propro Marinekosten.

Gerne wird ja auch die umfängliche Verlegungsaktion der Royal Navy von China und dem Mittelmeer als Antwort in Sachen Flottenrüsten gegen das Deutsche Reich gedeutet.

Tatsächlich hatte aber Fisher diese Maßnahme damit verkauft, um die exorbitanten Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. (1)

Fisher wollte die Struktur der fünf Schlachtflotten beibehalten, aber eben näher an Großbritannien heranholen. Das Deutsche Reich scheint in Fishers Überlegungen keine Rolle gespielt zu haben.

(1) Excubitor (Hurd) Our Position of Naval peril, FR 8/1907, S.241-252
 
@silesia, @Turgot,
Ihr büxt mir ständig ins 20. Jh. aus, während ich noch im 18. und 19. herumkrebse... :rotwerd:

Zur Frage, wie die S.I. entstand und was sie bedeutet, ist sicher das Jahr 1815 von Bedeutung: Die fünf europäischen Hauptmächte (GB, FR, RU, ÖS, PR) schufen in Wien eine Machtkonstellation, die langfristig berechnet war und die Schaffung bilateraler Vereinbarungen oder gar die Bildung von "Lagern" überflüssig machte.

Die Besonderheit Großbritanniens bestand darin, dass es, seine Insellage konsequent ausnutzend, "ein Land (war), das seine heimischen Staatsfinanzen besser organisierte als irgendein anderes in der Welt und dessen politische Elite beschlossen hatte, große und kontinuierliche Investitionen in eine Königliche Flotte zu tätigen [1]" - und gleichzeitig unter der Losung "No standing armies!" auf Entwicklung und Unterhaltung einer starken Landstreitmacht zu verzichten.

An dieser Stelle möchte ich mit Osterhammel [2] versuchsweise einen anderen Begriff einführen: "Pax Britannica". Über die "zivilisationsmissionarische Grundierung" lässt sich streiten, aber jedenfalls leuchtet mir die These ein, dass GB nach 1815 für die Idee des Liberalismus stand; für die zweite Jahrhunderthälfte bezeichnet der Autor das Empire als "ein weltumspannendes System kapitalistischer Ermöglichung". In bestimmtem Sinne war GB wirklich der unangefochten mächtigste Staat der Erde: Es "beherrschte" die Welt nicht, aber es war in der Lage, als "maritime Straßenpolizei" zu fungieren [3] bzw. die Freiheit des Welthandels (und der Wege zu den sich vermehrenden britischen Territorien überall in der Welt) zu sichern, und zwar ohne dass es dazu der ständigen Mitwirkung anderer Mächte bedurft hätte.

So gesehen, hätte ich keine Hemmungen, die Zeit nach 1815 als "Glanzzeit der splendid isolation" zu bezeichnen, auch wenn dieser Begriff noch gar nicht erfunden war. Ob dann die Ereignisse um 1850 eine Zäsur bildeten oder nur ein Intermezzo darstellten, wäre zu diskutieren.


[1] Osterhammel, S. 649
[2] aaO, S. 646
[2] aaO, S. 648; Zitat bei Schumpeter entlehnt.
 
@silesia, @Turgot,
Ihr büxt mir ständig ins 20. Jh. aus, während ich noch im 18. und 19. herumkrebse... :rotwerd:

Oh, die Zeit des Schaltens und Waltens, jedenfalls nach 1815. Britannia rules the Waves (in Abwandlung des nunmehr realisierten Imperativs der Hymne), die Früchte des Niederringes Frankreichs.

Du hast recht, wir haben bislang die Aufgabe der isolation fokussiert.

Die Besonderheit Großbritanniens bestand darin, dass es, seine Insellage konsequent ausnutzend, "ein Land (war), das seine heimischen Staatsfinanzen besser organisierte als irgendein anderes in der Welt
Die britischen Staatsfinanzen wiesen 1815 eine katastrophale Lage aus; irgendwo im Forum gab es dazu mal eine Grafik im Vergleich zum Ersten Weltkrieg. Trotz verschiedener Krisen konnte man dieses stetig konsolidieren, aufgrund der (neudeutsch: ) cash flows aus dem Kolonialreich und der Erfolge der Industrialisierung.

Von Ausnutzung der Insellage ist da mE wenig zu sehen. Man könnte diese Hypothese natürlich darauf eingrenzen, dass neben der Navy im Vergleich zu anderen Nationen eine kostengünstigere Landstreitmacht unterhalten wurde. Die Rüstungsausgaben kumuliert dürften aber anderen Ländern nicht nachstehen, damit trägt die These nicht weit.

Die imperialen/kolonialen Ambitionen im 19. JH waren nun in erster Linie - eben außerhalb Kontinentaleuropas - auf die Marine gestützt. Wer global agieren wollte, brauchte dazu Linienschiffe und Fregatten an den Brennpunkten der Welt. Mit dem Kollaps von Frankreich, und lange nach Spanien und den Niederlanden, lagen die übrigen Nationen hinten an. Die SI ist somit eine logische Folge der britischen Seemacht ab 1815. Und das Ende der SI 1901 ist wiederum von veränderten Rahmenbedingungen der Machtverhältnisse zur See geprägt, kombiniert mit erstmaligen Landbedrohungen des Kern des Empire-Reichtums.
 
Die SI ist somit eine logische Folge der britischen Seemacht ab 1815.
Soweit Konsens.

Was die Entwicklung selber betrifft: Dass die Staatsfinanzen 1815 "katastrophal" waren, kann nach 40 Jahren Krieg - von Lexington bis Waterloo sozusagen - nicht verwundern. Ich denke, die zitierte These bezieht sich auf Umfang und Geschwindigkeit der Konsolidierung. Interessant wäre wohl auch, die Relationen zwischen Rüstungsausgaben und Sozialprodukt zu betrachten, dabei müsste GB auch gut wegkommen.

Zum Argument mit dem "cash flow aus dem Kolonialreich" verweist mein Gewährsmann auf Davis & Huttenback [1], die "mit großem empirischen Aufwand zu dem Ergebnis gekommen (waren), das Empire sei letzten Endes ein riesiger Akt der Geldverschwendung gewesen" [2]; für den Spezialfall Indien gelte dies freilich nicht. Ich lasse das aber dahinstehen - das wäre einen eigenen Thread wert, in dem man auch andere Kolonialmächte in den Blick nehmen könnte (falls nicht bereits geschehen).

Von Ausnutzung der Insellage ist da mE wenig zu sehen.
Nun, die Insellage ermöglichte - unbestritten - eine starke Marine und ein kleines Heer, und man war "nicht an Nachbarn, die man sich nicht aussuchen konnte, auf natürliche Weise gebunden".

Das Stichwort "Landbedrohungen" drehe ich mal um: Eben wegen der maritimen Prioritäten musste GB irgendwann in eine Situation kommen, in der seine Armee nicht in der Lage war, eine große Kontinentalmacht ernsthaft in Gefahr zu bringen. Diese Situation trat mit dem Krimkrieg ein. (Man sieht, es geht voran.:D)


[1] Mammon (1986) - Mammon and the pursuit of empire ... - Google Books
[2] Osterhammel, aaO, S. 655
 
[...]
Die imperialen/kolonialen Ambitionen im 19. JH waren nun in erster Linie - eben außerhalb Kontinentaleuropas - auf die Marine gestützt. Wer global agieren wollte, brauchte dazu Linienschiffe und Fregatten an den Brennpunkten der Welt. Mit dem Kollaps von Frankreich, und lange nach Spanien und den Niederlanden, lagen die übrigen Nationen hinten an. Die SI ist somit eine logische Folge der britischen Seemacht ab 1815. Und das Ende der SI 1901 ist wiederum von veränderten Rahmenbedingungen der Machtverhältnisse zur See geprägt, kombiniert mit erstmaligen Landbedrohungen des Kern des Empire-Reichtums.

Wenn Ihr das außenpolitische Handeln Großbritanniens in dem Zeitraum von 1815 bis ins 20. Jahrhundert betrachtet, hinken die Vergleiche im Zusammenhang mit der Marine von Anfang des 19. zum Anfang des 20.Jahrhunderts.

Einen entscheidenden Moment bei der Entwicklung der britischen Marine als Primärwaffe zur Landesverdeitigung ist die technologische Entwicklung 1.) von dem Segelkriegsschiff zum Dampfkriegsschiff und 2.) die Strategische Umorientierung ab der Panzerschiffära.
Diese Problematik spielt stark in die allgemeine Entwicklung der Marinen aller Nationen ein, allen voran der 1.Seemacht, Großbritannien.

Somit leiten weniger die außenpolitischen Aktionen und Verstrickungen in Europa oder am Rand der kolonialen Interessensphären die Position Großbritanniens in den 100 Jahren, vielmehr spielt der strategische Standpunkt einer Marine bzw. der Flotte eine zentralere Rolle, die letztlich das britische außenpolitische Moment steuert.

Beispiele für politische Wendepunkte Großbritanniens, innen, wie außenpolitisch:
- das Flottenwettrüsten mit Frankreich ab den 1830/40iger Jahren
- Umorientierung zum Panzerschiffbau ab den 1850/60iger Jahren
- "Das Finstere Mittelalter der Navy" in den 1870/80iger Jahren
- Flottenbauprogramme ab den 1890iger Jahren
- Umorientierung zum Großkampfschiffbau ab 1905
 
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Großbritanniens Denken und Hadneln war nach dem Sieg über Napoleon von der Balance of power Politik geprägt. Entsprechend handelte Castlereagh, Metternich übrigens sah das ganz ähnlich, auf dem Wiener Kongress und lehnte beispielsweise eine Abtretung von Elsaß und Lothringen, wie sie hier und dort von den Deutschen gefordert worden war, ab. Die Politik eines Castlereagh war rational und nicht emotional, das war bei den späteren britischen Staatsmännern nicht immer der Fall. In der Sache sah es so aus, das Frankreich eben nicht durch Gebietsabtretungen so geschwächt werden durfte, so dass das Zarenreich zur europäischen Hegomonialmacht werden könnte. Gleichzeitig galt es aber auch eine erneute französische Vormachtstellung zu verhindern. Preueßn sollte wieder den Status einer Großmacht erhalten, damit es sowohl gegenüber Frankreich als auch Russland als Bollwerk dienen konnte. So sah die Architektur Europas nach Napoleon aus, die Großbritannien maßgeblich mit entworfen hat. So war Alexander auch nicht übermäig von den Ergebnissen begeistert, weil seine Ansprüch hinsichtlich Polen sich nicht verwirklichen ließen.

Alexander hat 1815 die sogenannte Heilige Allianz begründet, deren ersten Mitglieder Österreich und Preußen waren. Das Christum sollte hierbei als Grundlage politischen Handelns dienen. Hier blieb Großbritannien außen vor, denn der englische Prinzregent trat zwar für seine Person, aber eben nicht als Staatsoberhaupt von Großbritannien bei. Das eigentliche Staatsoberhaupt George III. lag zur jener Zeit auf dem Sterbebett.
In der Folgezeit traten viele weitere Staaten Europas dieser Allianz bei. Nicht uninteressant ist, dass das Osmanscihe Reich dabei außen blieben musste, da ja nur christliche Mitglieder akzeptiert wurden und der Papst diese Allianz ablehnte.


1818 auf dem Aachener Kongress wurde Frankreich wieder im Kriese der Großmächte aufgenommen. Das ging in der Tat sehr schnell. Die Besatzungstruppen wurden aus Frankreich abgezogen, die Großmächte begannen Frankreich wieder zu vertrauen. Damit war Großbritannien Ziel erreicht, denn man sah das Gleichgewicht der Mächte áls gegeben an.

So lehnte Großbritannien 1820 eine Intervention in Spanien ab, die das Zarenreich energisch von den Mächten forderte. Die Revolte in Spanien war gerade dabei sich in eine Revolution zu entwicklen.

Ähnliches geschah in Neapel, als dort die Revolution tobte. Castlereagh sah es nicht als Aufgbae der Pentarchie an, Revolten niederzuschlagen.

1822 auf dem laobacher Kongress fiel dann die Entscheidung zur Intervention in Spanien, gegen Großbritannien Einspruch.

Der hierbei verursachte Riss in der Pentarchie veranlasste Großbritannien sich für die nächsten Jahre sich in seine "Splendid Isolation" zurückzuziehen.

Burg, Wiener Kongress
 
... Relationen zwischen Rüstungsausgaben und Sozialprodukt ... eine starke Marine und ein kleines Heer ...

Durch ein anderes, aber verwandtes Thema - La Gloire – Der Anfang vom Ende der französischer Seemacht - Geschichtsforum.de - Forum für Geschichte - bin ich auf interessante Zahlen gestoßen, die ich hier kurz einflechten möchte:

  • Zwischen 1815 und 1900 haben in Großbritannien die Ausgaben für die Seemacht nur in sehr wenigen Jahren die 20-%-Marke, gemessen am gesamten Budget, übertroffen. [1]
  • Zwischen 1865/66 und 1880/81 war der Anteil für die Ausgaben der Armee anderthalbmal so hoch. [2]
Ich hatte etwas andere Relationen vermutet. :rotwerd:

[1] British naval policy in the ... - Google Books S. 58
[2] S. 56
 
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