Großer Aufmarsch Ost - praktikabel?

Klar, das gehört dazu. Denn wenn die Deutschen im Osten angreifen, dann brauchen die Franzosen einen Plan ob und wie sie angreifen und für die Engländer stellt sich die Frage wo eingegriffen werden kann und soll.

Solwac
 
Wäre die Grenze zu Frankreich überhaupt militärisch sinnvoll zu halten gewesen (im Elsass wurde ja auch im Schlieffenplan ein Zurückweichen einkalkuliert)?
Das Zurückweichen wurde aber aus strategischen Gründen einkalkuliert, um die franz. Truppen herauszulocken und ihnen dann von Belgien aus in den Rücken zu fallen. Meines Wissens gab es im Elsaß eine starke deutsche Festungslinie, die sich hätte verteidigen lassen.

Interessant finde ich die Frage, was die anderen Kriegsteilnehmer im Falle eines deutschen Ostaufmarschs geplant hatten. Dem Anschein nach rechneten die Russen fest mit einem Westaufmarsch der Deutschen, denn ansonsten wären die russischen Angriffstruppen in Ostpreußen ja direkt in die Katastrophe marschiert (was sie so natürlich auch sind).
Frankreich konnte seinen Plan 17 so oder so durchziehen, GB scheint dagegen fest mit dem Marsch durch Belgien gerechnet zu haben, jedenfalls hat es dafür geplant.
 
Frankreich konnte seinen Plan 17 so oder so durchziehen, GB scheint dagegen fest mit dem Marsch durch Belgien gerechnet zu haben, jedenfalls hat es dafür geplant.

Wo kann man denn dazu detailliert nachlesen?


Der Bemerkung zum "Zurückweichen" würde ich zustimmen. Dass ist nur im Gesamtplan verständlich, allerdings wegen der Rheinlinie für die militärische Kraft des Reiches für einen kurzen Zeitraum unproblematisch.

In einem längeren Abnutzungskrieg dürfte der Verlust des Saarlandes und von Lothringen für das Reich problematisch sein, wegen der industriellen Bedeutung.
 
Das Zurückweichen wurde aber aus strategischen Gründen einkalkuliert, um die franz. Truppen herauszulocken und ihnen dann von Belgien aus in den Rücken zu fallen. Meines Wissens gab es im Elsaß eine starke deutsche Festungslinie, die sich hätte verteidigen lassen.
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Stark ist wie immer relativ.
Schwächer als die franz. Festungslinie in jedem Fall.
Es gab sofort ernsthafte Gefechte auf deutschem Boden.
Die erste Eroberung einer franz. Kanone des 1.WK machte das 126. IFR (natürlich Württ.) bei Schlettstadt. (es wartete zu der Zeit auf den Abtransport nach Belgien)
Die Artillerie des Isteiner Klotzes griff im August in die Kämpfe um Mühlhausen ein. Die einzigen scharfen Schüsse mW des 1.WK die rechtsrheinisch auf Bodenziele abgegeben wurden.
 
Im August 1914 standen die fünfte, die sechste und die siebte Armee an der Grenze zu Frankreich und wurden teilweise sogar offensiv. Also hätten mindestens vier Armeen im Osten aufmarschieren können, oder? Damit wären dort mehr Truppen verfügbar gewesen als im tatsächlichen Verlauf. Auch wenn die russischen Truppen als nicht so schwach eingeschätzt werden konnten (oder waren Munitionsmangel, falsche und zu wenig Artillerie und die Art der Führung nicht zumindest teilweise bekannt?), so hätten diese Truppen doch Russland massiv bedrängen können und so das Bündnis Paris-St. Petersburg sprengen können. Zumindest hätte so eine militärische Planung zum Handwerkszeug gehören müssen und bis 1913 gab es sie ja wohl auch. :grübel:

Leider kenne ich sie nicht. :(

Solwac
 
so hätten diese Truppen doch Russland massiv bedrängen können und so das Bündnis Paris-St. Petersburg sprengen können. Zumindest hätte so eine militärische Planung zum Handwerkszeug gehören müssen und bis 1913 gab es sie ja wohl auch. :grübel:

Leider kenne ich sie nicht. :(

Solwac

Es ging der Führung darum, einen von 2 Gegnern frühzeitig entscheidend zu schlagen, bevor der andere aktiv werden konnte.
Als die russische Absicht erkannt wurde, östlich der Weichsel aufzumarschieren, sah man dafür im Osten keine Aussicht mehr.
 
Es ging der Führung darum, einen von 2 Gegnern frühzeitig entscheidend zu schlagen, bevor der andere aktiv werden konnte.
Als die russische Absicht erkannt wurde, östlich der Weichsel aufzumarschieren, sah man dafür im Osten keine Aussicht mehr.
Das wäre für mich der Anlass, einen bestimmten von mehreren Plänen zu wählen, hier gab es aber keine Wahl. Wenn jetzt die russische Planung wieder einen Aufmarsch weiter vorne geplant hätte, sollte dann die ganze Planung wieder von vorne beginnen?

Der Plan Nr.19 von Suchomlinow aus dem Jahr 1910 sollte doch entweder in Berlin bekannt gewesen sein oder aber die Annahme einer defensiven russischen Haltung (Aufmarsch nur östlich der Weichsel) kann nicht so sicher gewesen sein. In beiden Fällen ist aber ein Aufmarsch Ost als Planspiel wichtig, selbst wenn es dann nicht dazu kommen sollte.

Deswegen finde ich es auch so merkwürdig, dass im August 1914 die beiden Reservekorps aus dem Westen in den Osten verladen wurden. Selbst wenn die russische Mobilmachung überraschend schnell war, so früh in einem Krieg darf sich doch kein derartiger Planungsfehler zeigen.

Solwac
 
Einmal einige Gedanken zu einigen Anmerkungen...

Es ging der Führung darum, einen von 2 Gegnern frühzeitig entscheidend zu schlagen, bevor der andere aktiv werden konnte.

Genau; der Plan beinhaltete einen entscheidenden Sieg gegen Frankreich, um danach dann die Armeen gen Osten zu verlegen und Rußland zu schlagen.
Dies konnte nur unter zwei Bedingungen funktionieren, mit denen man auf deutscher Seite aber offenbar fest rechnete:
1. das französische Hauptheer konnte in einem "klassischen" Bewegungskrieg eingeschlossen und besiegt werden - dies wiederum unter der Voraussetzung, daß Belgien kaum nennenswerten Widerstand bot
2. die russische Mobilmachung war so langsam, daß die russischen Armeen erst aufmarschieren konnten, als der entscheidende Sieg gegen Frankreich bereits erfolgt war

Daß sich dies in der Realität vollkommen anders gestaltete, lag also eher daran, daß man die Lage doch etwas verkannt hatte.

Deswegen finde ich es auch so merkwürdig, dass im August 1914 die beiden Reservekorps aus dem Westen in den Osten verladen wurden. Selbst wenn die russische Mobilmachung überraschend schnell war, so früh in einem Krieg darf sich doch kein derartiger Planungsfehler zeigen.

Es ist aber so.
Durch die bedeutend schnellere russische Mobilmachung - in Verbindung damit, daß man im Westen zudem langsamer vorankam als geplant bzw. auf größere Gegenwehr stieß als erwartet - geriet der Plan in eine entscheidende Schieflage.
Daß man auf deutscher Seite im Osten nach dem russischen Einmarsch jedes Korps brauchte, steht dabei wohl außer Frage (s.a. die folgenden Anmerkungen).

Dem Anschein nach rechneten die Russen fest mit einem Westaufmarsch der Deutschen, denn ansonsten wären die russischen Angriffstruppen in Ostpreußen ja direkt in die Katastrophe marschiert (was sie so natürlich auch sind).

Natürlich wußte man in Rußland mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, daß es in Ostpreußen als Gegner nur die deutsche 8. Armee, einige Festungen und Landwehrverbände gab, weil der größte Teil der deutschen Armeen im Westen aufmarschierte bzw. aufmarschiert war. Alles, was die deutsche Seite im Osten diesbezüglich aufbieten konnte, reichte dabei nicht an die Gesamtstärke auch nur einer der beiden russischen Armeen heran.
Genaugenommen war es nicht nur riskant, sondern zudem auch mit relativ wenig Erfolgswahrscheinlichkeit gesegnet, daß Tannenberg funktionierte. Da mußten die Russen "mitspielen" - sprich: die Fehler machen, die sie dann eben auch machten (hier ist auch insbesondere die mangelhafte taktische Aufklärung zu nennen).
 
Das wäre für mich der Anlass, einen bestimmten von mehreren Plänen zu wählen, hier gab es aber keine Wahl. Wenn jetzt die russische Planung wieder einen Aufmarsch weiter vorne geplant hätte, sollte dann die ganze Planung wieder von vorne beginnen?

Der Plan Nr.19 von Suchomlinow aus dem Jahr 1910 sollte doch entweder in Berlin bekannt gewesen sein oder aber die Annahme einer defensiven russischen Haltung (Aufmarsch nur östlich der Weichsel) kann nicht so sicher gewesen sein. In beiden Fällen ist aber ein Aufmarsch Ost als Planspiel wichtig, selbst wenn es dann nicht dazu kommen sollte.

Deswegen finde ich es auch so merkwürdig, dass im August 1914 die beiden Reservekorps aus dem Westen in den Osten verladen wurden. Selbst wenn die russische Mobilmachung überraschend schnell war, so früh in einem Krieg darf sich doch kein derartiger Planungsfehler zeigen.

Solwac

Die Russen wollten ja angreifen, nur eben an den Flanken, nicht im Zentrum. Zwischen Posen und Warschau hat sich ja dann 1914 auch ein fröhlicher Bewegungskrieg entwickelt.

Der ganze Plan war auf der schnelleren deutschen Mobilmachung aufgebaut.
Als die Russen dann im Juli "verdeckt" mobilisierten, kam die verhängnissvolle Dynamik in die Sache.
 
Der ganze Plan war auf der schnelleren deutschen Mobilmachung aufgebaut.
Als die Russen dann im Juli "verdeckt" mobilisierten, kam die verhängnissvolle Dynamik in die Sache.

Hierbei muß allerdings eingeräumt werden, daß v.a. die langsamere russische Mobilmachung keine so unrealistische Grundannahme war. Es zeigte sich nämlich während der ersten Kriegsmonate durchaus, daß die Mobilmachung bei den Russen eher "mit der heißen Nadel gestrickt" denn "optimal" war.
 
Es ist aber so.
Durch die bedeutend schnellere russische Mobilmachung - in Verbindung damit, daß man im Westen zudem langsamer vorankam als geplant bzw. auf größere Gegenwehr stieß als erwartet - geriet der Plan in eine entscheidende Schieflage.
Daß man auf deutscher Seite im Osten nach dem russischen Einmarsch jedes Korps brauchte, steht dabei wohl außer Frage (s.a. die folgenden Anmerkungen).
Aber wenn man denn die Korps im Osten brauchte, warum wurden sie dann im Westen als (einzige) Reserve mobilisiert?

Natürlich wußte man in Rußland mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, daß es in Ostpreußen als Gegner nur die deutsche 8. Armee, einige Festungen und Landwehrverbände gab, weil der größte Teil der deutschen Armeen im Westen aufmarschierte bzw. aufmarschiert war. Alles, was die deutsche Seite im Osten diesbezüglich aufbieten konnte, reichte dabei nicht an die Gesamtstärke auch nur einer der beiden russischen Armeen heran.
Genaugenommen war es nicht nur riskant, sondern zudem auch mit relativ wenig Erfolgswahrscheinlichkeit gesegnet, daß Tannenberg funktionierte. Da mußten die Russen "mitspielen" - sprich: die Fehler machen, die sie dann eben auch machten (hier ist auch insbesondere die mangelhafte taktische Aufklärung zu nennen).
Klar wissen wir heute, dass im Osten die Russen schneller als erwartet aufmarschierten und nur durch Glück, gute Taktik und Fehler der Russen noch größere Probleme verhindert wurden.

Die entscheidende Frage ist aber bisher immer noch nicht angekratzt worden: Warum?

War es mangelnde Aufklärung? Und warum konnte der Generalstab solch wichtige Dinge wie Planungen in verschiedene Richtungen nicht vornehmen (das Argument der Kapazität mag so genannt worden sein, letztlich ist es aber doch ein Armutszeugnis)?

Und wenn die Russen in ihrer Planung so fest von einem Westfeldzug der Deutschen ausgehen konnten, warum konnte dann Österreich Rückendeckung für einen Zweifrontenkrieg gegeben werden (Serbien/Russland). Die mangelnde Rüstung in Wien musste doch bekannt sein.:grübel:

Solwac
 
Aber wenn man denn die Korps im Osten brauchte, warum wurden sie dann im Westen als (einzige) Reserve mobilisiert?

Klar wissen wir heute, dass im Osten die Russen schneller als erwartet aufmarschierten und nur durch Glück, gute Taktik und Fehler der Russen noch größere Probleme verhindert wurden.

Die entscheidende Frage ist aber bisher immer noch nicht angekratzt worden: Warum?

War es mangelnde Aufklärung? Und warum konnte der Generalstab solch wichtige Dinge wie Planungen in verschiedene Richtungen nicht vornehmen (das Argument der Kapazität mag so genannt worden sein, letztlich ist es aber doch ein Armutszeugnis)?

Und wenn die Russen in ihrer Planung so fest von einem Westfeldzug der Deutschen ausgehen konnten, warum konnte dann Österreich Rückendeckung für einen Zweifrontenkrieg gegeben werden (Serbien/Russland). Die mangelnde Rüstung in Wien musste doch bekannt sein.:grübel:

Solwac

Man ist 1914 davon ausgegangen, dass ÖU die Russen wesentlich stärker beschäftigen würde. Die schweren Niederlagen steckten die ÖU-Truppen ja im Angriff ein. Angriffe, die sie vereinbarungsgemäß unternahmen, um den Deutschen Luft zu verschaffen.
Ich denke mal, dass auch hierfür verantwortlich ist, dass zu diesem Zeitpunkt den Militärs aller Seiten noch nicht klar war, dass die Verteidigung zZ(1914-1918) dem Angriff weit überlegen war.

Für falsch halte ich es, wenn, wie hier immer wieder gemacht, den Militärs jener Zeit "Dummheit" oder ähnliches unterstellt wird. Das kann meinswejen der eine General dem anderen, auch kein guter Stil, aber OK.
Aber in der historischen Betrachtung bringt das nicht weiter.
Man kann nach Ursachen und Gründen fragen, OK, aber ob diese Ursachen und Gründe dann zwingend waren, kann hier schon keiner mehr beurteilen. (Ich wüsste jedenfalls nicht, dass schon einer der Forenmitglieder größere Truppenverbände kommandiert hat. )
 
Aber wenn man denn die Korps im Osten brauchte, warum wurden sie dann im Westen als (einzige) Reserve mobilisiert?

Das hatte ich doch eigentlich geschrieben: man wollte im Osten erst mit dem Kampf beginnen, wenn man im Westen (erfolgreich) fertig war. Dies war die grundsätzliche Planung.
Anm.: Die Korps, welche im Westen abgezogen wurden, fehlten dann dort ja auch (Stichwort: Marne). Dementsprechend gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszurechnen, was bei Abzug größerer Truppenteile als Reserven für den Osten geschehen wäre...

Klar wissen wir heute, dass im Osten die Russen schneller als erwartet aufmarschierten und nur durch Glück, gute Taktik und Fehler der Russen noch größere Probleme verhindert wurden.

Die entscheidende Frage ist aber bisher immer noch nicht angekratzt worden: Warum?

War es mangelnde Aufklärung? Und warum konnte der Generalstab solch wichtige Dinge wie Planungen in verschiedene Richtungen nicht vornehmen (das Argument der Kapazität mag so genannt worden sein, letztlich ist es aber doch ein Armutszeugnis)?

Wie ich in meinem vorigen Beitrag bereits auf Repo geantwortet hatte: so unrealistisch war es gar nicht. Die Russen machten schneller mobil als erwartet; doch damit war eben auch verbunden, daß deren Mobilmachung eben nicht "optimal" verlaufen war.
Anm.: Die russischen Fehler sind übrigens ein ganz entscheidender Aspekt bei diesen Betrachtungen, denn wozu die Russen bei effizienter militärischer Führung fähig waren, zeigten bspw. die Aktivitäten und Erfolge eines Alexej Alexejewitsch Brussilow.

Und wenn die Russen in ihrer Planung so fest von einem Westfeldzug der Deutschen ausgehen konnten, warum konnte dann Österreich Rückendeckung für einen Zweifrontenkrieg gegeben werden (Serbien/Russland). Die mangelnde Rüstung in Wien musste doch bekannt sein.:grübel:

Dies wiederum ist ziemlich komplex...
Hier ist der entscheidende Punkt, sich vor Augen zu halten, ab wann wir wirklich von einer Rückendeckung i.S.v. militärischer Unterstützung bzw. wirklich gemeinsamer Aktivitäten der Verbündeten sprechen können. Erst für die Karpatenschlacht kann man das doch wohl so charakterisieren, wiewohl sich hier bereits die Problematik bzgl. Österreich-Ungarn auch deutlich offenbarte.
Ob man dieses Faktum, daß Österreich-Ungarn die Russen aus eigener Kraft kaum in die Schranken verweisen konnte, nicht sogleich erkennen wollte, sei einmal dahingestellt. Fest steht aber, daß die Entwicklungen des Jahres 1916 (Offensiven von Brussilow) es dann unmittelbar und für jeden erkennbar zeigten...
 
Dies wiederum ist ziemlich komplex...
Hier ist der entscheidende Punkt, sich vor Augen zu halten, ab wann wir wirklich von einer Rückendeckung i.S.v. militärischer Unterstützung bzw. wirklich gemeinsamer Aktivitäten der Verbündeten sprechen können. Erst für die Karpatenschlacht kann man das doch wohl so charakterisieren, wiewohl sich hier bereits die Problematik bzgl. Österreich-Ungarn auch deutlich offenbarte.
Ob man dieses Faktum, daß Österreich-Ungarn die Russen aus eigener Kraft kaum in die Schranken verweisen konnte, nicht sogleich erkennen wollte, sei einmal dahingestellt. Fest steht aber, daß die Entwicklungen des Jahres 1916 (Offensiven von Brussilow) es dann unmittelbar und für jeden erkennbar zeigten...

Das ist mW Teil der Aufmarschplanung gewesen, dass ÖU die Russen angreift, und umfassend beschäftigt, bis die Masse des deutschen Heeres aus dem Westen verlegt werden kann.
Kann ich aber gerne nochmals nachlesen.
 
1914 ist doch aber schon zu spät! Die Ursachen liegen doch in den Jahren zuvor, wie mangelnde eigene Rüstung, Aufgabe von Planungen im Generalstab usw.

Andererseits muss Berlin doch ohne enge Zusammenarbeit mit Wien die militärische Stärke dort irgendwie eingeschätzt haben. Und wenn man nicht vollkommen blauäugig ist, dann muss doch die Schwäche der österreichischen Armee ins Auge gefallen sein.

@Repo: Was hat die eigene Erfahrung in Bezug auf Truppenführung damit zu tun? Es geht ja gerade nicht um taktische Fehler, die alle Parteien gemacht haben, es geht um strategische Fehler, die vom Schreibtisch her entstanden sind. Und bei einer Nachbetrachtung wie hier im Strang ist eine Schuldzuweisung müssig, aber die Ursachen möchte ich gerne kennen und verstehen.

@Timo: Ich versuche es mal aus meiner Sichtweise, die leider einige Kenntnislücken aufweist:
1905 haben wir eine Situation, wo bereits der Rüstungsrückstand beim Heer bekannt ist, die Flotte Gelder erhält und der Generalstab irgendwelche Pläne in der Schublade hat (leider weiß ich nicht welche). Dann hinterlässt Schlieffen seine Denkschrift aus der acht Jahre später von Moltke ein alternativloser Aufmarschplan entwickelt wird. In diesen acht Jahren wird die nötige Heeresvermehrung nur politisch ungeschickt durchgeführt, es wird außenpolitisch an anderer Stelle weiteres Porzellan zerschlagen und Wien als einzig verbliebener Partner im Range einer Großmacht wird offenbar militärisch deutlich überschätzt.

Das passt alles nicht so richtig zusammen, vor allem wenn man dann die Kriegsschuldfrage betrachtet. Würden die alliierten Vorwürfe sich nur auf die Kriegszeit beziehen, dann könnte ich das nachvollziehen, aber so fehlt mir die Verbindung Militarismus vor 1914 (z.B. Zabern) -> Kriegstreiberei.

Solwac

P.S. Neben der Kostenfrage ist die Heeresvermehrung ja wohl auch an der militärischen Führung gescheitert. Eine Ausweitung des Offizierskorps hätte ja aus bürgerlichen Kreisen kommen müssen...
 
@Repo: Was hat die eigene Erfahrung in Bezug auf Truppenführung damit zu tun? Es geht ja gerade nicht um taktische Fehler, die alle Parteien gemacht haben, es geht um strategische Fehler, die vom Schreibtisch her entstanden sind. Und bei einer Nachbetrachtung wie hier im Strang ist eine Schuldzuweisung müssig, aber die Ursachen möchte ich gerne kennen und verstehen.


Da spielt doch so vieles rein.
Die Salpeterbestände waren lächerlich gering. Warum? Man ging davon aus, dass über die Neutralen alles eingeführt werden könnte. Londoner Seerechtsabkommen. Das die Briten dann nicht ratifizierten. Häschen...

Mit den Russen wäre man wohl vor 1914 eher zu einem Ausgleich gekommen, aber zB war man der Meinung, dass man den konflikt mit den Russen bräuchte, da sonst die SPD nicht mitmachen würde. Der Zar war für die SPD der Beelzebub wie der Kaiser für die Amis des Jahres 1917.

Nur 2 Beispielpunkte.
 
Da spielt doch so vieles rein.
Man ging davon aus, dass über die Neutralen alles eingeführt werden könnte. Londoner Seerechtsabkommen. Das die Briten dann nicht ratifizierten. Häschen...

Und Bethmann war nur noch grenzenlos erstaunt darüber, mit welcher Härte die Briten auf See zur Sache gingen.
 
Was hat jetzt aber Salpeter mit dem Thema des Stranges zu tun? Die Versorgung über die Neutralen sollte ja wohl nach Plan immer stattfinden, unabhängig von der gewählten Mobilmachung. :S

Was immer noch fehlt, dass sind Alternativen zum Schwerpunkt im Westen. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann gab es solche Planspiele bis 1913. Wie sahen diese Planspiele im Detail aus und wie sahen die Pläne der anderen Mächte für so einen Fall aus?

Solwac
 
Nur eine Anmerkung zu einer Sache, da auch mir ein kompletter Detailüberblick fehlt...

1905 haben wir eine Situation, wo bereits der Rüstungsrückstand beim Heer bekannt ist, die Flotte Gelder erhält und der Generalstab irgendwelche Pläne in der Schublade hat (leider weiß ich nicht welche). Dann hinterlässt Schlieffen seine Denkschrift aus der acht Jahre später von Moltke ein alternativloser Aufmarschplan entwickelt wird. In diesen acht Jahren wird die nötige Heeresvermehrung nur politisch ungeschickt durchgeführt, es wird außenpolitisch an anderer Stelle weiteres Porzellan zerschlagen und Wien als einzig verbliebener Partner im Range einer Großmacht wird offenbar militärisch deutlich überschätzt.

Das passt alles nicht so richtig zusammen, vor allem wenn man dann die Kriegsschuldfrage betrachtet. Würden die alliierten Vorwürfe sich nur auf die Kriegszeit beziehen, dann könnte ich das nachvollziehen, aber so fehlt mir die Verbindung Militarismus vor 1914 (z.B. Zabern) -> Kriegstreiberei.

Hierbei müssen wir mE zwischen dem "Säbelrasseln" bis 1914, der Zuweisung der Kriegsschuld nach dem Krieg und der tatsächlichen Verteilung der Kriegsschuld unterscheiden.
Zudem ging man wohl zu Kriegsbeginn noch davon aus, daß man den Krieg noch im Stile von 1870/71 führen und dabei die Gegner nacheinander besiegen sowie einen zweiten Gegner durch den Verbündeten in Schach halten könne...
 
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