Grundlegendes zur Populationsgenetik

deSilva

Aktives Mitglied
Ich habe in den letzten Monaten viel zu diesem Thema in verschiedenen Threads geschrieben. Aber natürlich gibt es immer wieder (meist die gleichen) Fragen zu diesem Themenkomplex.

Gut verständlich ist z.B. diese Vorlesung:
Index of /~thomas/eth/3_semester/oekologie_II_populations_und_evolutionsbiologie_WS_2004_2005/unterlagen
Solche Texte finden sich manchmal nicht auf den Originalplätzen sondern als Kopie...
Der Inhalt:
2. Prinzipien der Evolution und makroevolutive Muster
3. Populationsgenetik: Gene und ihre Frequenzen
4. Änderung von Genfrequenzen
5. Quantitative Genetik
6. Grundlagen der Populationsbiologie
7. Das Studium der Adaptation
8. “Life history” Theorie
9. Evolutionsstabile Strategien
10. Selektionsregimes
11. Inklusive Fitness und Soziobiologie
12. Rekonstruktion der Phylogenese
13. Der Mensch und die Evolutionsbiologie


"Richtige" gute Bücher sind:
Ha
  • rtl und Clark: Principles of Population Genetics, 4. Auflage (2007)
  • Hedrick: Genetics of Populations, 3. Auflage (2004)
  • Halliburton: Introduction to Population Genetics (2003)
  • Gillespie: Population Genetics: A concise guide (2004)
Hier Folien einer Vorlesung ("Einführung in die Populationsgenetik", Karl Schmid, IPK Gatersleben; David G. Heckel, MPI für Chemische Ökologie, Jena), die auch einen schnellen Überblick verschaffen:
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture02.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture03.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture05.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture06.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture07.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture08.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture09.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture10.pdf
http://www.uni-jena.de/data/unijena...ik/Teaching/PopGenHeckel/PopGen-Lecture11.pdf
(Die Teile 1 und 4 waren nicht zu finden.)

Für Englisch sprechende auch hier etwas ( David McDonald ):
Index - Gen. Markers
 
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Im Bemühen sehr löblich, freilich fürchte ich, dass es in den hiesigen Diskussionen nur als Linksammlung nützt.
 
Einfacher geht es aber nicht... Vielleicht interessiert sich ja der/die Eine oder Andere wirklich mal ernsthaft dafür. Besonders schwierig ist es eigentlich nicht, wenn man mal Bio in der Schule hatte....
 
Ich habe in den letzten Monaten viel zu diesem
Thema in verschiedenen Threads geschrieben. Aber natürlich gibt es immer
wieder (meist die gleichen) Fragen zu diesem Themenkomplex.
Auch Molekularbiologie ?
Ich habe etliche Fragen zu den Y-Chromosom Haplogruppen
Frequenzen und Abweichungen (variance).
 
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Stupid am I,:autsch: overlooked it.
Die Y-chromosome sind, wie ich das verstehe, die Träger von
Informationen, die der Vater am Sohn vererbt.
Die Y-chromosome Hg unterscheiden sich an Hand von Mutationen. Dabei
können wir bestimmen, welcher Gen in welcher geografischen Region am
häufigsten vorkommt und folglich auf seine Herkunft deuten.
Neben den Prozentzahlen kann man auch das Alter der Gene bestimmen,
wodurch ein und der selbe Gen wieder in verschiedenen Gruppen
einzuordnen ist, die wiederum verschiedene Herkünfte haben .
Dieses führt dazu, dass wir durch die Genanalyse, bestimmen können,
wann und wo eine Völkerwanderung stattgefunden hat. Indem das Gen,
das typisch für ein Urvolk ist, identifiziert wird, können wir schlußfolgern
wer die Nachfahren sind.
Is das OK ?
 
Grundsätzlich ja - ABER:

Wenn ein heutiger Mensch im Y-Genom das, nun sagen wir mal Muster ABC aufweist, ist das EINE Linie im Verzweigungsbaum seiner Vorfahren. Nämlich die direkte männliche Linie, die sich wie der Familienname vererbt. Die Verzweigung unserer Vorfahren (2 Eltern, 4 Großeltern, 8 Urgroßeltern usw.) splittert sich aber, ähnlich wie bei dem bekannten Gleichnis mit dem Schachbrett und den Getreidekörnern, millionenfach auf. Man kann untersuchen, wie die Häufigkeitsverteilungen in den einzelnen geographischen Regionen sind, indem man eine größere Stichprobe untersucht. Im Einzelfall besagt so ein Ergebnis nicht viel, außer vielleicht dass EINER deiner Millionen männlichen Vorfahren wahrscheinlich in grauer Vorzeit vermutlich aus Nordafrika, Skandinavien oder dem Iran stammte.
Ähnlich ist es in der weiblichen Linie mit der mt-DNA mit dem Unterschied, dass man beide Geschlechter untersuchen kann.
 
Das stimmt, aber ich seh das auch so:
- wir können beweisen, dass ein bestimmtes Urvolk in bestimmte Regionen
anwesend war.
- wir können beweisen, ab wann oder wie lang eine bestimmte Region +-
besiedelt war.
- wir können bestimmte Urvölker besser auseinander halten.
- beweisen, dass bestimmte Urvölker nicht dezimiert sondern assimiliert
sind.
Oder liege ich da falsch?
 
Die Angelegenheit ist recht diffizil und alle Schlüsse haben einen indirekten Charakter. Man kann zwar schätzen, wie alt eine (Y oder mtDNA ) Mutation ist, aber nicht, wann sie durch eine Wanderung einer kleinen Gruppe verbreitet wurde und sich (durch Gen-Drift und Gründer-Effekt) irgendwo durchgesetzt hat.

Hierzu muss man Folgendes beachten:
(1) Die untersuchten DNA-Sequenzen haben keinen bekannten selektiven Vorteil. Wenn man jetzt also Mutationen dieser Sequenzen betrachten, dann sollte der Anteil von Individuen mit dieser Mutationen eigentlich extrem gering und unbedeutend sein.
Beispiel: Wir haben vor 70.000 Jahren (nach dem hypothetischen "Flaschenhals") eine Gruppe von 1000 HSS Individuen, die alle die gleiche DNA-Sequenz an den untersuchte Stellen haben: unsere MRCAs ("most recent common ancestors")
Y-chromosomal Adam - Wikipedia, the free encyclopedia

Wir nennen diesen Zustand mal "A".
Bei einem Individuum entsteht nun eine Mutation "BT". Dieses Ereignisse sollte weiter keine Konsequenzen haben (1:1000). Wenn jetz t eine Gruppe "auswandert", dann sollte in dieser Gruppe die DNA-Sequenz "A" weiterhin den allergrößten Anteil ausmachen.

(2) Jedoch mag es vorkommen, dass nun gerade diese Familie mit der Mutation "BT" auswandert. Durch ihre Verbreitung wird die Mutation "BT" sich also in der "Neuen Heimat" besonders verbreiten.

(3) Dieses Scenario ist natürlich äußerst unwahrscheinlich. Man muss - um die Wahrscheinlich zu erhöhen - davon ausgehen, dass es in der - sagen wir mal 1000 köpfigen - Urpopulation schon mehr Allele als nur "A" und "BT" gab, eventuell eben 500 verschiedene. 498 davon sind inzwischen verschwunden! Das ist ein ganz normaler Vorgang: Sie verschwinden genauso wie Familiennamen. Ich habe dazu in einem "Familiennamen-Thread" bereits einige Hinweise zu gegeben. Es mögen sich in der angesprochenen Wanderung auch mehrere dieser 448 Mutationen ausgebreitet haben, von denen dann vor allem eine überlebt hat (Gen-Drift).

(4) Man muss auch beachten, dass wir nur sehr wenige DNA Proben haben; viele seltene Mutationen sind einfach gar nicht bekannt. Nehmen wir wieder das Beispiel von Familiennamen: Man wird bei einer kleinen Stichprobe sehr schnell herausbekommen, dass es die Namen "Meier", "Schmidt" und "Schulze" gibt. Der Rest kommt dann später....

Solche "Migrationsvorgänge" wiederholen sich jetzt in Zeitrahmen der ausgehenden Würm-Eiszeit.
http://en.wikipedia.org/wiki/Human_Y-chromosome_DNA_haplogroups

(5) Die Theorie ist, dass sich diese Wanderung in HSS freie Gebiete erstrecken. Das sind dann die von Dir so freundlich "Urvölker" genannte Gruppen; es können aber kaum mehr als "Famillien" sein, 10 oder 20 Individuen.

(6) Später - beginnend ab vor etwa 8.000 Jahren - finden dann die "sekundären Vermischungen" statt, aus denen man AUCH Wanderungen erschließen kann. Aber Vorsicht! In der ersten Ausbreitungsphase in den "menschenleeren Raum" müssen nicht notwendigerweise "reinerbige" Populationen entstanden sein.

Die englische Wikipedia gibt einen guten Überblick über die einzelnen - hypothetischen - Ausbreitungen, s. die angegebenen Links.
http://en.wikipedia.org/wiki/Human_Y-chromosome_DNA_haplogroups

Die Genanalyse am Y-Chromosom ist allerdings unzuverlässiger als an der mtDNA, weil die Mutationsrate kleiner und variabler ist, doch mal ein Crossing-Over stattfinden mag, und es Korrrekturmechanismen gibt....

Hier einer der vielen etwas technischeren Artikel darüber:
http://hpgl.stanford.edu/publications/Science_2000_v290_p1155.pdf
 
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@Edinburgh, in dieser Absolutheit deiner Aussage - allein durch Genetik nein. Sie kann ein sehr wichtiges Hilfsmittel sein, von dem wir vor 20 Jahren noch nicht zu träumen wagten. Der Stein der Weisen ist sie nicht und immer im Kontext mit anderen Disziplinen der Geschichtsforschung zu sehen.

EDIT: Ich sehe gerade, @deSilva ist geduldiger, diese Sachverhalte zum wiederholten Male zu posten.
 
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