Härtung von Bronzewerkzeug

Wsjr

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Moin

Die Frage interessiert mich zwar schon länger aber jetzt wo ich ein Referat für die Metallurgie der europäischen Bronzezeit vorbereiten muss, will ich es doch etwas genauer wissen.

Kupferlegierungen lassen sich auf zwei Arten härten. 1. durch Kalthämmern und zweitens durch Wärmebehandlung.
In der Literatur findet sich sehr wenig wenn es um die kombinierte Anwendung der beiden Härtungsarten geht.

A.F. Harding hat in seiner Monografie "European societies in the bronze age",Cambrigde (2000), gerade mal einen Satz für die ganze Thematik übrig :""Hammering would have been carrierd out to increase the hardness of objects, and hot forging to sharpen cutting edges" S.226

irgendwie irrietiert mich das mit dem Heißschmieden um Klingen zu schärfen. Mit Bronze hab ich nie gearbeitet, in dem Sinne dass ich mal was draus gegossen hätte, aber bei Eisen dient das heißt schmieden nur der groben Formung der Schneidekante. Richtig scharf wird danach mit der Feile und den Schleifsteinen gemacht.
Hat Harding da vielleicht eine etwas theoretische Sicht auf die ganze Sache oder hat Bronze wirklich so andere Materialeigenschaften als Stahl?

Über die Wärmebehandlung verliert er kein Wort. Ich weiß auch über den genaueren Ablauf nicht bescheid, lässt sich die Technik 1:1 vom Stahl übertragen? also rotglühen, abschrecken und anschließendes anlassen?
Wie steht diese Behandlung zum Kalthämmern, was kommt vorher, was kommt nachher?
Ich würde meinen das man nach der Wärmebehandlung hämmert, da sich die Molekularstruktur der Bronze bei Erhitzung ja wieder verändert und das kalthämmern umsonst war. Ich kann mich aber auch täuschen.
Würde das Kalthämmern das durch Abschrecken ohnehin schon spröder gewordene Material nicht noch spröder machen?
Würde man das anlassen, so es das überhaupt gibt bei der Bronze, nach dem Hämmern oder vorher vornehmen?

Ganz schön viele Fragen wie ihr seht, aber vielleicht können mir ja immerhin ein paar beantwortet werden.
 
Lies Dir mal in ruhe den Artikel bei Tante Wiki durch. Er beantwortet einige Deiner fragen. unten im Literaturverzeichnis steht auch ein halbwegs aktuelles Buch.
Bronze ? Wikipedia
Bronze ist genau wie Stahl nur ein Oberbegriff. Das solltest Du vielleicht von Anfangen klar heraus stellen.

Apvar
 
Stahl und Buntmetalle kann man so eigentlich nicht vergleichen.
Bei der Stahlhärtung findet eine Gefügeumwandlung statt, aus kubisch flächenzentriertem "gammaeisen" entsteht durch den gelösten Kohlenstoff ein tetragonal verspanntes kubisch Raumzentriertes Alphaeisen , der Martensit. Durch Anlassen wird dem Kohlenstof Gelegenheit gegeben, an die Korngrenzen zu wandern, so das die Verspannungen sich lösen können und so zum Teil ein kubisch raumzentriertes Gitter entstehen kann.

Bei vielen Buntmetallen und auch bei "Eisen" tritt durch Kalthämmern unterhalb der Rekristallisationstemperatur eine Verfestigung durch Wandern von kristallinen Versetzungen ein, die sich dann an bestimmten Stellen sammeln und gegenseitig am Wandern hindern. Nötig zur Formbarkeit ist ein kubisches Gitter. Reines Gold mit seinem kubisch flächenzentriertem Gitter und einige andere Metalle , wie Blei z.B., verfestigen bei Raumtemperatur nicht.

Ein Abschrecken von Buntmetallen von oberhalb der Rekristallisationstemperatur friert diesen Zustand ein, sie sind dann länger kaltformbar !

Liest sich jetzt viel, ist aber eigentlich nur eine sehr , sehr grobe Beschreibung der Formgebung bei Stählen und bei Buntmetallen.
 
Danke Wilfried.
Das erklärt schon mal einiges.
Was genau meinst du mit länger Kaltformbar?
Kann man nur eine begrenzte Zeit kalt formen?

Ist also das Abschrecken eher ein Mittel um die Kalthämmerung effizienter und besser zu gestalten?
 
Nun, die meisten Metalle sind nur in einem gewissen Umfang kaltformbar, denn mit der Umformung/Verfestigung geht auch eine Versprödung einher. Und irgendwann reißt der Werkstoff, statt zu fließen. Die Restdehnung geht dann gegen null.

Das Abschrecken von Buntmetall aus der Wärme oberhalb der Rekristallisationstemperatur vergrößert bei vielen, gerade Kupferhaltigen Werkstoffen die Restdehnung.
 
Gut, also eher für Formarbeiten als für das partielle Härten von Klingen zu geignet.
 
Härten von kupferhaltigen Werkstoffen ist durch Wärmebehandlung im Allgemeinen nicht möglich. Also Bronze , vorallem historische Bronzen, lassen sich nicht durch Erhitzen und Abschrecken, Diffusionsglühen etc härten. Eindiffusion von Arsen aus einem umgebenden Medium o.ä. ausgenommen.
Dies geht nach dem Guß eigentlich nur durch Verfestigung dank Kaltformen/kalthämmern.

Wer einen anderen Trick kennt, möge sich melden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Will das ganze mal auf ein konkretes Beispiel anwenden. In der nordischen Bronzeit hat man häufig die Beigabe von Rasiermessern. Von I-III sogenannte Pferdekopfrasiermesser, in IV-VI eher Schwanenhalsrasiermesser.
Nun wird oft angenommen, dass diese Rasiermesser einzig kultische Funktion hatten und überhaupt nicht scharf genug gewesen sind um sich zu rasieren.

Aber, hat man das jemals getestet? Kann sich das Molekulargefüge über die Jahrtausende verändern und Die Härtung ist wieder hinüber?

Was mich einwenig stutzig macht ist ist die Form. Die muss aus irgendetwas funktionalem abgeleitet sein, denn die ist der unserer heutigen Rasiermesser sehr ähnlich.
Wäre eine mit sagen wir mal 12% Zinn versetzte Bronzerasierklinge die an der Klinge kaltgehärtet wurde dazu in der Lage Haare zu rasieren, auch wenn man sie oft nachschärfen müsste?

Was sagen die Metallexperten?
 
Bischen Arsen in die Bronze und das Zeug wird knüppelhart (und spöde) Ansonsten, die Klinge nach dem Guß bis an und den Rand der Streckgrenze "ausziehen" (kaltschmieden), und es läßt sich rasiermesserscharf schleifen.

Ja, diese Behandlung lässt sich zum Teil nach mehren tausend Jahren nicht mehr im Gefüge nachweisen, da es sich bei Rekristallisation und Erholung um Diffusionsvorgänge handelt, die auch bei Normaltemperatur ablaufen. Nur sehr Stark verlangsamt Beim "Gefüge" handelt es sich nicht um ein Molekulargefüge, sondern um das Kristallgefüge. Wie die Kristalle im Werkstoff angeordnet sind und wieviel Kristalle es gibt, wie sie angeordnet sind etc. Je stärker die Verformung ist, um so schneller laufen diese Vorgänge ab. Eine Bronzeklinge zum Rasieren muß, richtig hergestellt, auch nicht mehr geschärft werden als eine Stahlklinge. Es gibt irgendwo Nachbauten, die ihren Zweck nicht besser und nicht schlechter als Klingen aus Stahl erfüllen.

UK Rasiermesser aus Bronze Seite 6
 
Wow, toll danke. Hast mir wirklich geholfen. Wir Archäologen sind manchmal recht unbeholfen wenn es um Werkstoffkunde geht :)

Ich denke jetzt ist der nächste logische Schritt der Eigennachbau.
 
Ich habe mal erklärt bekommen, dass es beim Bronze genau umgekehrt als bei Stahl/Eisen ist. Wenn man es langsam abkühlen lässt, wird es härter als bei einer Abschrekung. Hängt mit der Bildung der Kristalle zusammen was beim Bronze anscheinend Zeit braucht.

Was das Hämmern betrifft, führt dieses natürlich zu einer Verdichtung. Ende des 19. Jahrhunderts wurde von dem Österreichischen Oberst Uchatius (Franz von Uchatius ? Wikipedia) das so genannte Stahlbronze oder auch Hartbronze "erfunden". Dabei wurde ein Kanonenrohr aus Bronze gegossen in das eine kleinere Bohrung als das benötigte Kaliber praktiziert wurde. Dann presste man ein Stahlmantelrohr in den Lauf. Das führte zu einer Verdichtung des Materials und zu einer größeren Zähigkeit. Es ist im prinzip etwas ähnliches wie die Vorspannung von Bewehrungen im Stahlbetonbau. Man erhält dadurch bessere Materialeigenschaften.
 
Naja, Kaltformgebung ist was anderes als "Verdichten". Jeder Kristall hat Fehler, wenn einer verformt wird, bewegen sich auch die Fehler. Geht aber nur , bis maximal zur Aussenseite des Kristalls.. Irgendwann häufen sich diese "Fehler " an einer Stelle und es geht nicht mehr weiter, der Kristall kann nicht mehr verformt werden, ja er wird quasi geteikl. (Zwillingsbildung). Die Verformbarkeit ist am Ende, der Werkstoff maximal verformt, hart und spröde.

OT
Die Stahlkanonenrohre werden durch die Eigenspannungen des Bronzerohrs zusammen gepresst, und können sich so nicht so leicht ausdehnen, eine Wesentliche Katverformung der Bronze wäre hier nicht produktiv, da die Elastizität dabei abnähme. OT off
 
Naja, Kaltformgebung ist was anderes als "Verdichten". Jeder Kristall hat Fehler, wenn einer verformt wird, bewegen sich auch die Fehler. Geht aber nur , bis maximal zur Aussenseite des Kristalls.. Irgendwann häufen sich diese "Fehler " an einer Stelle und es geht nicht mehr weiter, der Kristall kann nicht mehr verformt werden, ja er wird quasi geteikl. (Zwillingsbildung). Die Verformbarkeit ist am Ende, der Werkstoff maximal verformt, hart und spröde.
...

Vielleicht ist der Begriff "Verdichten" nicht der korrekte, ich meinte aber das hier:

"Eine besondere Möglichkeit der Kaltumformung
von Kupfer-Zinn-Legierungen
ist das Ziehen von gegossenen oder
stranggepressten Vormaterialien zu Rohren,
Stangen und Drähten. Das gegossene
Vormaterial wird auf speziellen
Anlagen durch eine Ziehmatrize gezogen.
Dabei kommt es zu einer Knetumformung,
die eine Verfestigung im
Gefüge
zur Folge hat. ...Das Material
erhält dadurch ein äußerst feines,
homogenes Gefüge mit entsprechend
guten mechanischen Eigenschaften"


Aus einer Bröschüre des Deutschen Kupferinstitus: BRONZE –
unverzichtbarer
Werkstoff der
Moderne
 
Die verraten aber auch nicht alles, aber so in etwa stimmt das. Ein bis zwei maliges kurzes Rekristallisations glühen ist zur Kornfeinung nicht zu verachten :))
 
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