Hätte, hätte, Fahrradkette

Fred-Erik

Neues Mitglied
Hallo!

Ich weiß, dass viele Menschen diese "Was wäre wenn..."-Geschichten blöde finden. Trotzdem finde ich sowas oft recht interessant - und habe auch direkt eine Frage.
Im deutsch-deutschen Krieg haben Preußen und seine Verbündeten ja gegen Österreich und dessen Verbündete, wie etwa Hannover, gekämpft. Nun wurde ja gut 30 Jahre vor dem Krieg die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover beendet, meines Wissens stand Victoria auf der Seite Preußens (nun war ja ihre Tochter auch mit dem Kronprinzen verheiratet), was ja aber keine Auswirkungen auf den Krieg hatte, da Großbritannien ja nicht intervenierte. Aber angenommen in Hannover wären Frauen genau wie in Großbritannien bei der Thronfolge berücksichtigt worden und Victoria wäre somit auch Königin von Hannover geworden: Was wären die Folgen gewesen? Wäre Hannover neutral geblieben, hätte es sich auf eine Seite geschlagen, hätte Victoria vielleicht sogar britische Truppen geschickt, wenn auch nur, um Hannover zu schützen? Die Annektion Hannovers durch Preußen wäre doch eine Blamage für die britische Königin gewesen, oder?
Was glaubt ihr?
 
Naja, hätte, hätte Fahrradkette...
Nach der verlorenen Schlacht von Langensalza hat der König von Hannover den Volkskrieg gegen Preußen verboten. Braunschweig hat sich rausgehalten, was der Bevölkerung ebenfalls sooo nicht gepasst hat.
Sinn und Zweck war eben, Blutbäder zu vermeiden. Die hätte es gegeben, hätte Georg den "Guerillakrieg" nicht verboten. Der passive Widerstand sowohl der Braunschweiger als auch der Hannoveraner ist ja hinreichend dokumentiert. Und die Geschichte hat nach vielen Irrungen ja dem König von Hannover recht gegeben. Es gbt das Land Niedersachsen und Preußen hat sich im Groben selbst zerlegt. Hannover blieb auch unter Preußen recht selbstständige Provinz und Braunschweig wurde zwischenzeitlich Freistaat...
Und längere Kämpfe unter britischer Beteiligung hätten eventuell den 1.WK vorgezogen. Mit ungewissem Ausgang
 
Aber angenommen in Hannover wären Frauen genau wie in Großbritannien bei der Thronfolge berücksichtigt worden und Victoria wäre somit auch Königin von Hannover geworden: Was wären die Folgen gewesen?

Ein Fortbestehen der Personalunion England-Hannover hätte möglicherweise zu einem ganz anderen Szenario geführt. Das Königreich Hannover hätte vermutlich seine Neutralität erklärt und Preußen es nicht gewagt, diese Neutralität zu verletzen.

... hätte, hätte, hätte :confused:
 
Letzteres wäre angesichts der Rechtstreue Preußens und der miserablen Nachschublage Hannovers zu bezweifeln.
Der Kriegsgrund war knapp ein Jahr alt, der ganze Krieg dauerte 7 Wochen. Der Deutsche Bund hat damals schlicht geschlafen und auf einen Krieg eigentlich wohl kaum vorbereitet. Quasi aus dem Stand einer Armee wie der Preußischen, die ja noch nicht ganz wegen des deutsch-dänischen Kriegs demobilisiert war, paroli zu bieten ...

Dazu wäre auch das Empire nicht in der Lage gewesen. Und Bismrck wußte das
 
Du sagst es ja selbst, viel bzw. nur Spekulation, aber das wuerde ich ausschliessen. Die Briten waren schon immer geizig mit ihren Soldaten im Ausland.

Ansonsten tippe ich auf Neutralitæt.

Gruss, muheijo
Ich denke auch, Hannover wäre neutral geblieben und wäre aber auch vorher im Bundestag anders aufgetreten. Schließlich wäre das Königreich Hannover nicht selbstständig gewesen und ob England sich wirklich auf die Seite Österreichs hätte stellen wollen.

Allerdings hätte sich insgesamt die Situation an der Nordseeküste anders dargestellt, da neben den deutschen Staaten und Dänemark auch direkt die Briten mit am Tisch befunden hätten.
 
Ich denke auch, Hannover wäre neutral geblieben und wäre aber auch vorher im Bundestag anders aufgetreten. Schließlich wäre das Königreich Hannover nicht selbstständig gewesen und ob England sich wirklich auf die Seite Österreichs hätte stellen wollen.

Ich vermute auch, dass sich das so ähnlich abgespielt hätte. Bismarck, der seine Möglichketen stets realistisch einschätzte, hätte nicht gewagt, England durch eine Annexion Hannovers heruaszufordern. Sein primäres Ziel war der Ausschluss Österreichs aus dem Deutschen Bund, weitere Verwicklungen mit Britannien hätten unabsehbare und schwer einzuschätzende Folgen gehabt.
 
Entscheidend und ausschlaggebend ist doch einfach die Tatsache, das die Gestaltung der auswärtigen Politik in der Hand des Foreign Office lag. Der König/ die Königin konnte versuchen Einfluss zu nehmen in dem Sie ihre Meinung vorstellten und Wünsche formulierten. Victoria und ihr Sohn Edward haben das ja auch versucht, aber das war es denn auch schon.

1866 hätte sich nichts groß bewegendes geändert in der Außenpolitik.

Edit: Ich würde einen etwas aussagekräftigeren Threadtitel wählen und den vorhandenen durch die Moderation ändern lassen.:winke:
 
1866 hätte sich nichts groß bewegendes geändert in der Außenpolitik.

Die zentrale Frage lautete, wie sich Großbritannien im Deutschen Krieg verhalten hätte, wenn es mit Hannover noch durch die Personalunion verbunden gewesen wäre.

Darauf ist eine Antwort zu finden und das haben wir versucht.
 
Die zentrale Frage lautete, wie sich Großbritannien im Deutschen Krieg verhalten hätte, wenn es mit Hannover noch durch die Personalunion verbunden gewesen wäre.

Darauf ist eine Antwort zu finden und das haben wir versucht.

Ja, und ich glaube nicht, siehe oben, dass das Großbritannien der Non Intervention Außenpolitik eingegriffen hätte.
 
Ja, und ich glaube nicht, siehe oben, dass das Großbritannien der Non Intervention Außenpolitik eingegriffen hätte.

Die erste Frage, die sich hier stellt, ist: Wäre ein mit England in Personalunion verbundenes Hannover in einen Krieg gegen Preußen eingetreten.

Die zweite Frage ist: Hätte England einer - möglichen - Annexion Hannovers durch Preußen tatenlos zugesehen.

Die dritte Frage ist: Wäre Bismarck überhaupt das Risiko eingegangen, ein neutrales Hannover zu annektieren, das mit England durch eine Personalunion verbunden war.

Auf diese zugegebenermaßen sehr spekulativen Fragen wären Antworten zu finden.
 
Georg V. war Mitglied der britischen Königsfamilie, er war ein Cousin von der britischen Königin Victoria, und darüber hinaus eine bestimmte Zeitspanne sogar der Zweite Anwärter auf dem englischen Thron. Georgs Schicksal und das von Hannover konnte dem britischen Königshaus also bestimmt nicht egal sein!

Und was hat Großbritannien 1866 konkret unternommen? Und in der Folgezeit? Nach der Niederlage sucht Georg nicht in London, sondern in Wien Exil und träumte von der Wiederherstellung seines Königreiches.

Und, auf die Gefahr der Wiederholung hin: Das britische Königshaus hatte rechtlich keine Möglichkeiten zur Gestaltung der britischen Außenpolitik. Ich glaube, das wird hier im Thread möglicherweise etwas überschätzt.
 
Und, auf die Gefahr der Wiederholung hin: Das britische Königshaus hatte rechtlich keine Möglichkeiten zur Gestaltung der britischen Außenpolitik. Ich glaube, das wird hier im Thread möglicherweise etwas überschätzt.
Ich mische mich selten in die Zeit des dt. Kaiserreiches ein, aber hier kann, besser muss ich unbedingt zustimmen, denn die Aussage von Turgot gilt auch schon für die Napoleon-Zeit. Sicherlich konnte der Kronprinz, der spät. Georg IV. Wünsche haben, entscheidend waren Mehrheiten im Unterhaus, die zuständigen Minister und nicht ganz unwichtig die öffentliche Meinung.

Grüße
excideuil
 
Nun, hätte Bismarck/Preußen ein neutrales , unter britischer Hoheit stehendes Hannover irgendwie annektiert???
Ja, denn das hat er mit Schleswig -Holstein, dänisch, ja auch gemacht. Unter deutschnationaler Flagge...
Ein nicht britisches, neutrales Hannover?Am Ende auch, vielleicht erst nach Beendigung der Auseinandersetzung mit Österreich, als Vasallenstaat o.ä...
Hannover lag einfach "im Weg"...
Wie ernst Preußen die Annexion war, sieht man an den Versuchen, "preußisches" im "hannöverschen " auch gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen.

Liest man die Erzählungen/Berichte über die Einstellung der Bevölkerung in Hannover (und Braunschweig) zu Preußen, kann man eigentlich nur von Haß sprechen. Trotzdem hat der preußische Staat seine Art durchsetzen wollen und auch durchgesetzt. Es wäre ein leichtes gewesen, in beiden Ländern eine Art Vasallenstaaten einzurichten.
(Braunschweig hat man ja die relative Selbsständigkeit belassen)
Dies hat man eben von Seiten Preußens in Hannover nicht getan, weil die "Arrondierung" Preußen wichtiger war als Ruhe in Hannover.
Und Großbritannien konnte Hannover nicht helfen, ohne das Land Hannover als Land zu ruinieren....
Einen Volkskrieg hatten weder die Welfen noch die Preußen als Option auf dem Plan.
Bei beiden galt: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.
 
Wilfried schrieb:
Nun, hätte Bismarck/Preußen ein neutrales , unter britischer Hoheit stehendes Hannover irgendwie annektiert??? Ja, denn das hat er mit Schleswig -Holstein, dänisch, ja auch gemacht. Unter deutschnationaler Flagge...
Ein nicht britisches, neutrales Hannover?Am Ende auch, vielleicht erst nach Beendigung der Auseinandersetzung mit Österreich, als Vasallenstaat o.ä...
Hannover lag einfach "im Weg"...
Ich denke nicht. Ursprünglich sah Bismarcks und Wilhelms Programm die vollständige Annexion Schleswig-Holsteins und Sachsens vor, Hannover und Kurhessen sollten nur einen Teil ihrer Gebiete abtreten müssen. Von der Annexion Sachsens wurde dann aber abgesehen, weil man das gegenüber Frankreich niemals hätte durchsetzen können. Napoleon lehnte die Einverleibung Sachsens und Kurhessen kategorisch ab. Auf Sachsen wurde schließlich verzichtet, stattdessen wurde dann auf ganz Kurhessen zusätzlich zu ganz Hannover ausgewichen.

Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Bismarck irgendetwas unternommen hätte, England in den Krieg gegen Österreich hineinzuziehen, wo doch auch noch Frankreich im Westen lauerte, und nur Russland einigermaßen preußenfreundlich eingestellt war.
 
Nun, hätte Bismarck/Preußen ein neutrales , unter britischer Hoheit stehendes Hannover irgendwie annektiert???
Ja, denn das hat er mit Schleswig -Holstein, dänisch, ja auch gemacht. Unter deutschnationaler Flagge...

Das kleine Dänemark ist allerdings ein ganz anderes Kaliber, als das British Empire - eine Weltmacht. Es ist sehr fraglich, ob Bismarck das Risiko eingegangen wäre, ein unter britischer Oberhoheit stehendes Königreich Hannover zu annektieren, was ein schwer abzuschätzendes Risiko bedeutet hätte. Einmal vorausgesetzt, ein "britisches" Hannover hätte sich im Streit Preußen-Österreich für neutral erklärt, was zu erwarten gewesen wäre. Ein Krieg Preußens gegen Österreich und England stand sicher nicht auf Bismarcks Agenda.

Liest man die Erzählungen/Berichte über die Einstellung der Bevölkerung in Hannover (und Braunschweig) zu Preußen, kann man eigentlich nur von Haß sprechen.

Diese negative Einstellung welfentreuer Bevölkerungsgruppen gegenüber Preußen entstand allerdings erst nach der preußischen Annexion Hannovers. Bis dahin gab es vielfältige familiäre Bande zwischen Welfen und Hohenzollern. Noch Friedrichs des Großen Ehefrau war die Welfenprinzesin Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel - auch wenn die Arme ihr Dasein unberührt verleben musste (sofern sich kein Stallbursche gefunden hat). :D

(Braunschweig hat man ja die relative Selbsständigkeit belassen)

Im nachinein wäre die Eingliederung des Herzogtums Braunschweig in den preußischen Staat für Braunschweigs wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung weitaus besser gewesen - setzt man die lokalpolitische Brille einmal ab.
 
Wer die Frage, ob Großbritannien eingegriffen hätte, beantworten will, muss sich mit der damaligen innen- und außenpolitischen Situation Großbritanniens auseinandersetzten.

Es ist eindeutig nicht zu übersehen, das seit dem Ende des Krimkrieges die Neigung zur Intervention auf dem Kontinent in Großbritannien praktisch nicht vorhanden war. Der Krimkrieg wurde ganz allgemein als verhängnisvoll empfunden. Das Land hatte sowohl im Inneren, Stichwort Wahlrechtsreform, so wie reichhaltige außenpolitische Problemfelder, die es zu lösen galt. Außenpolitisch galt es unter dem Gesichtspunkte der innen- wie außenpolitischen Belastbarkeit die British interests neu zu definieren und man kam eben zu dem Ergebnis, das außenpolitische Fragestellungen mit größter Zurückhaltung zu behandeln sein.

Von daher würde ich mit der Meinung, Großbritannien wäre für Hannover, im Falle einer angenommenen Personalunion, in den Krieg gezogen, sehr vorsichtig.
 
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Von daher würde ich mit der Meinung, Großbritannien wäre für Hannover, im Falle einer angenommenen Personalunion, in den Krieg gezogen, sehr vorsichtig.

Dem ist zu zustimmen, in den Krieg wegen Hannover wäre UK in diesem Zeitraum bestimmt nicht gezogen. Wahrscheinlich hätte man sich bei der Bundesexekution im Kgr. Hannover auch nicht beeilt. Wie dem auch sei, nicht der Krieg sondern der abzuschließende Frieden wäre das Problem für Bismarck gewesen. Eine Annektion bei realiter bestehender Personalunion mit UK wäre undenkbar gewesen. Damit wäre eine kleindeutsche Einigung Deutschlands nur unter tatsächlichem Einfluß UK machbar gewesen - ein englischer Gesandter im Bundenrat des Norddeutschen Bundes bzw. des DR mit Stimmrecht(?). Undekbar. Die deutsche Einigung wäre dann unter ganz anderen Auspizien erfolgt.

M. :winke:
 
Wenn es zu einer Einigung Deutschlands gekommen wäre, dann hätte auch ein britisches Hannover nicht außen vor bleiben können. Allerdings dürfte dann ein wesentlich komplizierteres Konstrukt als das Deutsche Reich die Folge gewesen sein. Also wirtschaftlich eine engere Zusammenarbeit und eine ganze Reihe anderer Abkommen, aber ohne Aufstand wohl immer noch die britische Oberhoheit. Zugleich wäre dann der Deutsche Bund unter preußischer Führung umgekrempelt aber eben nicht aufgelöst worden.
 
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