Hallstatt-Fürst - Gelungene Darstellung?

Eben erst entdeckt - ich bitte für die "Threadnekromantie" um Entschuldigung!:rotwerd:

Ein sehr gelungenes Buch zum Thema:

Salz - Reich, 7000 Jahre Hallstatt 280190

Es beschreibt sehr ausführlich und detailliert, garniert mit liebevoll gezeichneten Lebensbildern die Umstände des Salzabbaus bei Hallstatt und die damit verbundenen Kulturen.

Auf einer der Zeichnungen ist eine Begräbnisszene zu sehen, auf welcher eine Art Ehrenwache die hier dem vom "Salzherren" gezeigten Helm tragen - ansonsten Lanze, Schild und die für Hallstatt üblichen Kurzschwerter/ Langdolche (schwankt immer so um die 40cm). Die Textilien sind anders - und meiner Meinung nach für eine alpine Region plausibler - umgesetzt. Unter anderem mit Beinkleidern. Solche sind meines Wissens am Riesenferner Paß gefunden worden vor einigen Jahren.

Aber die Sachen auf den Fotos sind sehr schön gemacht. Der kann was!

Ach ja, zur physique de rol:

Ich habe mich schon mal mit Prof. Markus Egg vom RGZM unterhalten zu den Panzern. Er nannte den Panzer von Kleinklein in der Steiermark als Beispiel. Dessen Träger dürfte nicht soooo klein und soooo schmal gewesen sein, denn der Herr Professor hatte eine Anprobe vorgenommen und er ist selbst nicht schwach gebaut. DEN muskelbepackten Krieger muss es nicht generell gegeben haben - aber auch!:devil:

Ein solcher Darsteller in der auf den Fotos gezeigten Ausstattung wäre natürlich ein Hingucker.
 
Um noch mal auf die Frage der fehlenden Hosen zu kommen:
Wenn es die nicht gab,wie schützte man dann im Krieg und im Alltag die Beine vor oberflächlichen Verletzungen,Auskühlung etc.
Brombeerhecken,Brenessel Disteln,Schilf, Kletten und stechende und beissende Bodenbewohner gab es ja bereits damals en masse.Und in kurzen Hosen im weglosen Gelände ist das Verletzungsrisiko relativ groß.
lange Wickelgamaschen ,hohe Stiefel oder so ne Art Chaps wären da neben Hosen eine praktikable Lösung. Ist so was aus irgendwelchen Funden bekannt ?
 
Wie gesagt:

Am Riesenferner Pass fand man - angeblich sauber zusammengelegt und deponiert - eine Art Beinlinge oder "Gamaschen" und Innenschuhe aus Wolle. Datiert werden diese auf die frühe Eisenzeit.
 
Der Panzer im Link ist aus zwei Teilen ganzschalig wie eine Glocke getrieben,er war sicherlich ein Staatsgeschenk eines Italer-Fürsten an einen Hallstatt Potentaten,Krieger der Zeit tragen eher Kompositions-Panzer.Starkes Leder mit sich überlappenden Metallplatten beschlagen.Damit das nicht beim Kampf auf der verschwitzten Haut scheuerte unten drunter ein überlanges Stoff oder Lederhemd.Damit man sich nicht die Familienjuwelen abfror,eine feste Stoffhose.
 
Kompositionspanzer fand man fand man so gut wie nie,weil sie vom Nachfoger,Sohn,Verwandten bis zum Auseinanderfallen repariert und weitergetragen wurden.Wer von euch kann sagen,ab wann die Kelten Kettenhemden trugen als zusätzliche Schutzbewaffnung.Seit der Frühlatene oder erst später.
 
Soweit ich mich entsinne ist in der Frühlaténezeit die Nutzung von Kettenhemden nicht belegt, wohl aber in der fortgeschrittenen Mittellaténezeit und in der Spätlatènezeit.
 
Dass die Kelten zu der Zeit einen Lederkompositpanzer trugen vermuten eigentlich die wenigsten...

allgemein geht man heute davon aus ,daß die keltischen Darstellungen eine mitteleuropäische Variation des Linotorax zeigen.

Leinenpanzer ? Wikipedia
 
Ich kann dir dazu jetzt leider keine Quellen nennen, aber in einem reenactment Forum in dem ich einmal war hatten wir eine Linothorax-Diskussion, da ging es letztendlich darum aus welchem Material dieser bestand und die meisten waren sich einig ,daß es für den mitteleuropäischen Raum keine Funde gibt die bestätigen ,daß es einen Lederthorax gab, einige dort waren zwar der Meinung ,daß ein lederner Thorax theoretisch möglich sei, die meisten bevorzugten es jedoch die Bilddarstellungen als Linothorax griechischen Typs zu deuten - aus Leinen.
 
Wie Andrix8888 zu seinen Aussagen in Bezug auf den Kompositpanzer kommt, ist mir unklar.
Vielleicht noch mal zu den archäologischen Fakten.
Schutzbewaffnung liegt für die Hallstattzeit nur im Osthallstattkreis in Form Helm und Muskelpanzer vor. Schilde, auch deren Beschlagteile fehlen.
Im Westhallstattkreis haben wir überhaupt keine Hinweise. Auch etwaige Bruchstücke von Muskelpanzern lassen sich nicht nachweisen.

Das Fach war sehr überrascht, als sich mit den Glauberger Statuen die Verwendung von Kompositpanzer auch im keltischen Bereich nachweisen ließ. Der springende Punkt an den Statuen ist, dass hier ein Kompositpanzer zusammen mit eindeutig keltischen La-Tene A Ausstattungen (Schild, Schwert) gezeigt wird.
Weitere Statuen stammen aus Frankreich, vom Glauberg liegt eine Schnabelkanne mit der Darstellung eines „Kriegers“ vor. Die Reiter, welche auf der Schwertscheide aus Schwertgrab 994 in Hallstatt dargestellt sind, werden nach dem Fund vom Glauberg jetzt auch als mit Kompositpanzer ausgestattet interpretiert.

Das war es.
Reste eines Kompositpanzers liegen nicht vor, auch keine Metallteile (Schuppen, Verschlüsse etc.)
Er scheint sich auf LtA und LtB zu beschränken, für die Hallstattzeit und Lt C und D liegen keine Hinweise vor.

Die Annahme des Leders als Material ist ein solche, mehr nicht. Für den großgriechischen Raum wird weiterhin Leinen als Material angenommen. Es liegen keine Originalfunde vor, sodass jede Aussage zur wirklichen Konstruktion Spekulation bleibt.

M.E. sprechen die Mehrzahl der Überlegungen für eine Übernahme der großgriechischen Konstruktionsmethode (welche die auch immer war..) für die Keltike.
Auch wenn sich die „keltischen“ Panzer im Detail von den griechischen unterscheiden, sie verfügen z.b. über eine zusätzliche Panzerung des Rücken und des Nackens, würde ich deshalb keine gesonderte Konstruktionsmethode fordern.
Ein Argument der Reenactmentszene, nämlich, dass Leder einen größeren Schutzwert hätte, ist sicher nicht richtig. Der Punkt am Kompositpanzer ist die mehrlagige Leinenkonstruktion, die wohl sogar eine bessere Schutzwirkung als eine einlagige Lederschicht bietet. Irgendwelche Ideen, das Leder zu härten (Wachs etc.) stammen aus dem Mittelalterreenactment und basieren nicht auf eisenzeitlichen Nachweisen.

Kurz. Der Leinenpanzer ist eine Übernahme aus dem großgriechischen Raum. Es gibt keinen Grund eine eigene keltische Grundkonstruktion zu fordern. Das Fach geht von einer Leinenkonstruktion aus, die wohl auch innerhalb des La-Tene-zeitlichen Gebietes übernommen wurde.

Nur meine zwei Leinenstreifen.

Thomas

PS. Andrix8888 erwähnt den Glockenpanzer als „Geschenk eines italischen Herrn“ .
Es gibt keinen Hinweis, der gegen eine keltische Herstellung spricht.
 
was mir noch auffiel beim durchlesen:

Ich habe hier einige Repliken von Bronzedolchen bei denen müsste ich mir den kleinen bzw auch noch den Ringfinger abschneiden damit ich die richtig voll anfassen und halten könnte ...
Daran kann man schon sehen das die nicht sollche "Pranken" hatten wie manch einer heute ...

Ich wurde von Marburger Frühgeschichtlern darauf hingewiesen ,daß man von hallstattzeitlichen Schwertgriffen nicht auf die grösse der Hand des Trägers schliessen sollte ,da wir nicht wissen wie man damals gefochten und die Klingen genau gehalten hat, durchaus möglich ,daß der kleine Finger garnicht am Griff war.
 
http://www.taranis-kelten.de/pics/sc...denkrieger.jpg Vielleicht gibt eines Tages ein Hallstätter Salzstollen die gutkonservierten Reste eines gepanzerten Hallstattkriegers frei.Dann wird man vielleicht sehen können,ob der Panzer aus Leinenlagen gewickelt oder vernieteten Lederlappen oder einer ganz anderes organisches Komposit war.Es ist sowieso alles rein spekulativ,bis zum ersten Fund.
Auf die Idee eines Leder Kompositen kam ich wegen der auf den Abildungen sichbaren regelmäßigen Segmentierungen der Panzerungen.Eine griechische Lösung,Leinen Fischleim,ist in unseren Breiten nicht mein Favorit.
 
Wobei zu bezweifeln bleibt, ob ein so reich ausgestatteter hallstattzeitlicher Bergwerksbesitzer im teuersten Staat eingefahren ist.:autsch:

Woher kommt die fixe Idee mit dem Leinen plus Fischleim?

Es ist widersinnig, aus vielen, schwer zu durchtrennenden Schichten mittels eines Leims wieder eine einzelne, leichter zu durchschlagende Schicht zu schaffen.

Mehr Sinn macht da eine mehrschichtige Konstruktion, welche bei Einsatz mit Flüssigkeit (Essig, Wasser, oder ein Gemisch) getränkt wird. Derlei appretiertes Leinen erhöht die Elastizität und den Faserquerschnitt, was sich als schnitthemmend erweist, Essig wirkt desinfizierend und zudem kühlt die Rüstung durch die Verdunstungskälte, was ein Glockenpanzer nun mal nicht tut und zudem je nach Materialstärke und eingesetzte Waffe leichter zu perforieren ist!

Hierüber habe ich mich 2006 in Manching bei der Museumseröffnung mit einem Bronzezeit-Darsteller unterhalten. Macht für mich wirklich mehr Sinn als diese Leim-Geschichte. (Und der erfüllte auch die "physique de role"!:yes:)
 
Zuletzt bearbeitet:
1:
Wobei zu bezweifeln bleibt, ob ein so reich ausgestatteter hallstattzeitlicher Bergwerksbesitzer im teuersten Staat eingefahren ist.:autsch:

2:Woher kommt die fixe Idee mit dem Leinen plus Fischleim?

3:Es ist widersinnig, aus vielen, schwer zu durchtrennenden Schichten mittels eines Leims wieder eine einzelne, leichter zu durchschlagende Schicht zu machen...

1. Der Leinenlinothorax wäre die billige Variante sozusagen die ökologisch nachwachsende Rüstung aus der Flachspflanze,jeder Hallstätter hätte sich das leisten können.
2.Fischleim oder Pech in Kombination mit vielschichtigen Leinenlagen eventuell sogar in nach außen sichtbaren Mustern abgesteppt.
3.Warum soll sowas einschichtig sein.
Gibt es Reste eines griechischen LINOTHORAX;WENN JA;DANN WO !

Ich wollte nur sagen,sollte mal ein Hallstätter in zeitgenössischer Schutzbewaffnung gefunden werden,so kann das hinsichtlich konservatorischer Gründe in dieser Gegend nur in einem Salstock der Fall sein,So würde ich mich über den Fund freuen, egal ob im Leinenpanzer mit ner Flasche Essigwasser,als auch im Lederkomposit,mehrschichtig mit überlappenden Lederlappen.
 
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1. Lein ist keineswegs "billig" in der Herstellung. Und für einen Linothorax benötigt man einige Meter an Leintuch. Ergo sind riesige Anbauflächen nötig. Jeder konnte sich das nicht leisten - wenn, dann einige (von vielen).

2. Pech ist denkbar ungeeignet als Flächenkleber.

3. Weil man aus mehreren textilen Schichten mittels Klebstoff wieder eine macht, welche der Keilwirkung einer Schneidwaffe weniger entgegen zu setzen hat als viele einander folgende Faserbündel!

Nein, man hat noch keinen organischen oder textilen Linothorax gefunden, nur einen eisernen, welcher einen Lino nachempfunden ist.

Und man hat stellenweise sehr gute Fundbedingungen auf dem Dürrnberg, in Hallein oder Hallstatt - wo aktuell wieder mit modernstem Gerät gegraben wird -aber nach wie vor findet man keine Schutzwaffen aus Leder oder Textilem. Ramsauer hat auch nie welche erwähnt. Auf seinen Aquarellen sind keine dargestellt. Im gesamten hallstattzeitlichen Bereich gibt es keinerlei Funde solcher Leder-Panzerungen. Sie werden lediglich seitens einiger Wissenschafter im Vergleich zur Mittelalterforschung (weil´s hier wohl Funde gibt) postuliert.
 
Das von Haerangil gebrachte Beispiel find ich klasse.Ohne den Leim wärst du zum Boris Karloff der Schlachfelder geworden.Leute seit doch nicht so verbissen.Ich trinke gerade ein Gläschen Chateauneuf du Pape und schaue mir grade einen Parisii stater classe V an.
 
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