Herkunft der Sumerer

Dieses Thema im Forum "Hochkulturen Mesopotamiens" wurde erstellt von Brenn, 3. Februar 2014.

  1. Brenn

    Brenn Neues Mitglied

    In den Büchern, die ich bis jetzt gelesen habe, steht immer, dass die Herkunft der Sumerer unbekannt sei. Da diese Bücher jedoch etwas älter sind, frage ich mich, ob das immer noch der aktuelle Stand des Wissens ist.
     
  2. Dieter

    Dieter Premiummitglied

  3. Brenn

    Brenn Neues Mitglied

    Ja, da steht ebenfalls, dass die Herkunft der Sumerer ungewiss ist:winke:
     
  4. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Ich denke auch in Zukunft wird die Herkunftsfrage nicht geklärt werden, da man dazu entweder ausreichend genestisches Material bräuchte oder entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch noch eine Sprachverwandtschaft in die eine oder die andere Richtung feststellen müsste. Und es gibt auch sicherlich interessantere Fragestellungen als die leidige Herkunft. Wie war ihr politisches System verfasst, was dachten sie über ihre Umwelt, wie über ihre Götter.
     
  5. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Es gibt natürlich Hypothesen über die Herkunft der Sumerer. Eine lautet, dass sich die Sumerer während der Obed-Kultur herausbildeten, die etwa von 5500 bis 3500 v. Chr. währte. Danach wären sie autochthon, also nicht zugewandert. Obed-Zeit ? Wikipedia

    Manche vermuten, die Vorfahren der Sumerer seien vom Zagros-Gebirge in die Flussebene hinabgestiegen, andere nehmen eine Einwanderung von Osten, also vom iranischen Hochland oder sogar aus dem Indusgebiet an, wo sich seit etwa 3000 v. Chr. die Indus-Kultur herausbildete.

    Eine von vielen Stimmen sagt dazu:

     
  6. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Nachtrag: Einen anderen Erklärungsansatz zur Herkunft der Sumerer fand ich hier:

     
  7. Frank75

    Frank75 Neues Mitglied

    **Die Befürworter können sich aber auch auf die Zugehörigkeit des Sumerischen zur agglutinierenden Sprachfamilie berufen.**

    Eine "agglutinierende Sprachfamilie" gibt es nicht. "Agglutinierend" bezeichnet einen morphologischen Sprachtypus, dem Sprachen ganz verschiedener Sprachfamilien angehören.
     
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  8. Muspilli

    Muspilli Aktives Mitglied

    Weißt du noch, woraus du "hier" zitiertest (ebenfalls Hrouda)?
     
  9. ZaZa

    ZaZa Neues Mitglied

    Das hört sich jetzt wahrscheinlich ein wenig "komisch" an, aber vielleicht waren sie schon "immer" dort?
     
  10. Muspilli

    Muspilli Aktives Mitglied

    @ Dieter: Hat sich erledigt: Antwort müßte "ja" lauten:
    Mesopotamien: die antiken Kulturen zwischen Euphrat und Tigris - Barthel Hrouda - Google Books

    Da drückt sich Hrouda tatsächlich falsch aus; ich würd's ihm als Versehen nachsehen.
     
  11. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Das hört sich keineswegs komisch an. Es gibt durchaus eine Fraktion von Wissenschaftlern, die vermutet, dass die Sumerer zur altansässigen Bevölkerung zählen. Nach dieser Hypothese gingen sie aus der Obed-Kultur hervor Obed-Zeit ? Wikipedia

    Wie man sieht, gibt es im Grunde drei zentrale Hypothesen:

    1. Die Sumerer sind aus einer altansässigen neolithischen Bevölkerung hervorgegangen, die ursprünglich aus den Zagrosbergen herabgestiegen ist,

    2. Die Sumerer sind aus dem Osten zugewandert und möglicherweise drawidischer Herkunft.

    3. Die Sumerer sind aus Asien zugewandert, möglicherweise über den Kaukasus.

    Sicher gibt es daneben noch weitere Spekulationen.
     
  12. ZaZa

    ZaZa Neues Mitglied



    Interessant aber ich hatte eigentlich an die nachfahren der "Göbekli Tepe-Menschen" gedacht wobei mir die "Zagros-Theorie" dann doch stimmiger vorkommt.
     
  13. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Es ist ja durchaus möglich, dass die Nachfahren von Göbekli Tepe zu den Vorfahren der Sumerer zählen. Der Fantasie sind in dieser Hinsicht keine Grenzen gesetzt.

    Die frühesten neolithischen Funde wurden im Zagrosgebirge, den Bergen im Norden Mesopotamiens und der Levante gemacht (fruchtbarer Halbmond). Landwirtschaft in diesen Regionen lässt sich bereits seit dem 10./9. Jahrtausend v. Chr. nachweisen, also zu einer Zeit, als die mesopotamische Ebene wenig besiedelt war und mesolithischen Charakter hatte. Die Verfechter einer autochthonen Herkunft der Sumerer gehen davon aus, dass die Besiedlung Mesopotamiens von diesen Bergzügen her erfolgte und sich dann allmählich die verschiedenen neolithischen Kulturstufen herausbildeten (u.a. Hassuna-Kultur, Samarra-Kultur, Halaf-Kultur, Obed-Kultur).
     
  14. Chan

    Chan Aktives Mitglied

    Ich bin zwar kein Fan von Bier, aber als Indikator für die sumerische Herkunft könnte es insofern etwas hergeben, als 1) im Iran mutmaßlich das Bier "erfunden" wurde und 2) die Sumerer von den historischen Belegen her das früheste biertrinkende Volk waren, sowie 3) für die Ubaid-Kultur meines Wissens kein Bier nachgewiesen ist. Das zusammengenommen könnte für eine iranische Herkunft der Sumerer sprechen. Wohlgemerkt: könnte.
     
  15. rena8

    rena8 Aktives Mitglied

    Hast du gerade Reichhoff gelesen? Evolution : Am Anfang war das Bier ? und nicht der Hunger - Nachrichten Wissenschaft - DIE WELT
     
  16. Chan

    Chan Aktives Mitglied

    Genau diese Fragen stehen im engen Zusammenhang mit der Herkunftsfrage. Laut Samuel N. Kramer (einer der bekanntesten Sumerologen) waren die Sumerer ein überaus gewalttätiges Volk, deren Kultur der unterworfenen und grundsätzlich friedlichen Ubaid-Kultur zum Zeitpunkt der Unterwerfung deutlich unterlegen war. Die ubaidische Religion war in Kontinutität zur prähistorischen Religiosität auf eine Göttin fokussiert, wie zahlreiche Statuettenfunde belegen, was in klarem Widerspruch zur sumerischen Religiosität steht, die zwar ebenfalls eine Zeitlang eine Göttin favorisierte (Inanna, der die meisten Tempel geweiht waren), bekanntlich aber auch männliche Götter verehrte von teilweise höchst kriegerischer Natur. Diesen Göttertypus fanden die Sumerer in Ubaid nicht vor, sondern mussten ihn mitgebracht haben. Damit dürfte sich auch die Theorie erledigen, dass die Sumerer ein indigenes Volk waren.
     
  17. Chan

    Chan Aktives Mitglied

    Nein, aber ich schreibe gerade an einer Studie ("Theistische Religionen und ihre Funktion als Stütze von Herrschaft", kommt dann ins academia.edu), in der es auch um den Drogenkontext der Religionsentstehung geht (Schamanismus). Übrigens produziert das menschliche Gehirn körpereigene Opiate, wenn es durch religiöse Rituale in einen bestimmten Zustand gerät (Studien von Frecska/Kulcsar). Dieser Befund wird Katholiken et al. natürlich nicht schmecken.
     
  18. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Das ist ja hochinteressant, was der Herr Reichholf so zusammenlabert.
    Die Völker des Fruchtbaren Halbmonds gehören also zu den Indoeuropäern und stammen folglich von den Ural-Altaiern ab. Völker = Gene = Sprachen, so einfach ist das. Da wollen wir ihm die Bierthese gern auch noch glauben.
    :prost:
     
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  19. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Auf dieser Spur ist die Neurologie/Neurotheologie schon länger.

    Zur Bierthese - sollte es da weiteren Diskussionsbedarf geben - geht es dann hier entlang: http://www.geschichtsforum.de/f22/der-vater-aller-dinge-23735/
     
  20. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Du glaubst aber nicht ernsthaft, dass du damit das Problem der umstrittenen Herkunft der Sumerer gelöst hast. Es ist höchstens eine weitere Hypothese.

    Über die Religion vorsumerischer Völker oder Stämme können wir keine verlässliche Auskunft geben, da die Quellen viel zu dürftig sind. Schriftquellen gibt es noch nicht und anhand einiger Statuetten oder Idole lässt sich wenig aussagen. Was das sumerische Pantheon betrifft, so finden wir zahlreiche weibliche Gottheiten in wichtigen Funktionen. So die Göttin Nammu und die Erdgöttin Uras bei der Schöpfung, die Getreidegöttin Ninlil als Gemahlin des Luftgottes Enlil und auch die Unterweltsgöttin Ereskigal. Die Fruchtbarkeitsgöttin Inanna steht mit an der Spitze des sumerischen Götterhimmels.

    Es kann also also keine Rede davon sein, dass weibliche Gottheiten bei den Sumerern unterrepräsentiert waren und Gegensätze zu schriftlosen vorangehenden Kulturen lassen sich ebenfalls nicht erkennen - sofern sich darüber überhaupt eine Aussage machen lässt.

    Die Sumerer waren weder besonders kriegerisch noch besonders unkriegerisch: Die zahlreichen Stadtstaaten bekämpften sich häufig und es ging dabei - wie das bei solchen politischen Systemen üblich ist - um Machterweiterung. Das ist aber nun keine spezielle Eigenart der Sumerer, sondern fand auch in nachfolgenden mesopotamischen bzw. babylonischen Kulturen statt, die von semitischen Bevölkerungen getragen wurden. Wie friedlich oder unfriedlich die Bevölkerungsgruppen der schriftlosen Halaf-, Samarra oder Obed-Kulturen waren, können wir überhaupt nicht sagen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 22. Mai 2014
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