Herzog Ferdinand von Braunschweig, Kommandeur der britisch-hannovrschen Armee

Scorpio

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Herzog Ferdinand von Braunschweig Wolfenbüttel Bevern (1721-1792) war einer der erfolgreichsten Kommandeure des Siebenjährigen Krieges. Er war sowohl mit dem britischen, wie dem preußischen Königshaus verwandt. Ferdinand war der Schwager des Preußenkönigs und lange Jahre sein Protege´. Er hatte sich als einer der jüngsten preußischen Generale in den Schlesischen Kriegen ausgezeichnet und besaß die höchsten Auszeichnungen, den Hosenbandorden und den Schwarzen Adlerorden. Herzog Ferdinand war ein aufgeklärter Fürst, der Bruder des regierenden Herzogs Karl I., Kosmopolit, sehr freigiebig und ein begeisterter Freimaurer. Das Merkwürdigste aber war, daß der eigenwillige Herzog sich bei seinen Feldzügen von einem etwas obskuren Abenteurer beraten ließ, einem gewissen Christian Westphalen. Dieser war der Sohn eines Postmeisters. Er war Sekretär, Gesellschafter und zugleich Historiograph des Herzogs. Westphalen mußte die Verbindung zum Offizierskorps koordinieren und die Feldzugspläne des Herzogs ausarbeiten. Er muß wirklich ein begabter Stratege gewesen sein, denn dieses merkwürdige Gespann war erstaunlich erfolgreich.

Der Siebenjährige Krieg war in Wirklichkeit schon ein Weltkrieg mit Kriegsschauplätzen in Nordamerika, Mitteleuropa und Indien. Eigentlich waren es zwei parallele Kriege. In Nordamerika war der Französisch indianisce Krieg schon 1754 ausgebrochen. Frankreich verfügte dort mit Arkadien und Louisiana über ansehnliche Besitzungen und mit dem St. Lorenz und dem Missisippi auch über zwei schöne Verkehrsverbindungen. Die 13 amerikanischen Kolonien hatten aber bereits ca. 3 Millionen Einwohner, während nur ca 0,5 Millionen Franzosen in Nordamerika lebten. Die verfügten aber über einen einheitlichen Oberbefehl und hatten ein glücklichere Hand bei den Verhandlungen mit den indianischen Stämmen.

Herzog Ferdinand übernahm das Oberkommando der alliierten britisch-hannoverschen Armee in verzweifelter Lage. Oberbefehlshaber war zunächst Wilhelm Augustus, Herzog von Cumberland. Dieser war der zweite Sohn Georg II. August. Er hatte seinen größten Erfolg am 16. April 1746 erzielt, als er mit hessischen und hannoverschen Söldnern die aufständischen Schotten unter Charles Eduard Stuart alias Bonny Prince Charly bei Inverness geschlagen hatte. Cumberland hatte nur 27 Mann Verluste gehabt, während die Schotten mehr als 1500 Tote zu bklagen hatten. Wegen seiner Brutalität, vor allem gegen Zivilisten hatte er sich aber den Beinamen "Butcher of Culloden" erworben.

Doch die französische Armee war ein Gegner anderen Kallibers, als die schlecht bewaffneten Schotten. Cumberlands Armee wurde dann auch in einer einzigen Schlacht 1757 bei Hastenbeck an der Weser geschlagen. Die hessischen und braunschweigischen Söldner hatten sich eigentlich gut geschlagen, das Treffen war unentschieden und die Franzosen, die fast doppelt so hohe Verluste hatten, wollten sich schon zurückziehen. Doch Cumberland hatte als erster die Nerven verloren und das Feld geräumt, daraufhin schnitten die Franzosen der alliierten Armee die Nachschublinien über Hamburg ab, worauf Cumberland die Kapitulation von Kloster Zeeven schloß, womit er das Herzogtum Braunschweig und Hannover preisgab.

In dieser verfahrenen Lage übernahm Ferdinand das Kommando. Die alliierte britisch-hannoversche Armee, die wenig Briten unter sich hatte und fast ausschließlich aus Hessen, Hannoveranern und Braunschweigern bestand, wurde also von einem braunschweigischen Prinzen kommandiert, der wiederum preußischer General war. Um die Sache noch komplizierter zu machen, trugen diese Truppen nicht etwa französische und englische Uniformen, sondern ihre gewohnten Braunschweiger und hessischen Monturen. Kommandosprache war Deutsch, während man sich innerhalb des Offizierskorps auf Französisch geeinigt hatte. Kein Wunder also, daß diese Armee in vielen Handbüchern und Links zu einer preußischen mutiert.

Herzog Ferdinand konnte seine frustierten Landser motivieren und den Franzosen 1758 bei Krefeld eine schwere Niederlage zufügen. Der Feldzug 1758 war ein voller Erfolg und der Herzog hatte dabei auch weit weniger Verluste aufzuweisen, als sein preußischer Schwager im gleichen Jahr. Er konnte allerdings nicht verhindern, das eine zweite Armee unter dem Duc de Broglie nach Hessen vorstoß und Kassel eroberte. Hessen und Westfalen waren jahrelang Aufmarschgebiet und Kassel wechselte fast ein Dutzend Mal den Besitzer. 1759 mußten die alliierten am Karfreitag den13. April gegen de Broglie bei Bergen eine Niederlage hinnehmen. Die Franzosen hatten aber wieder doppelt so hohe Verluste aufzuweisen. Bei Minden an der Weser konnte dann wieder Herzog Ferdinand einen Erfolg vorweisen und ihnen am 1, August bei Minden eine der schwersten Niederlagen des Krieges zufügen. Eindeutig die Oberhand konnte auf dem westlichen Kriegsschauplatz aber keine Partei mehr gewinnen. 1760 stießen die Franzosen nach Hessen und Thüringen vor und diesmal konnten sie sich das erste Mal dauerhaft im Rechtsrheinischen behaupten. 1761 starteten die Alliierten wieder eine Gegenoffensive und verdrängten die Franzosen wieder. 1762 konnte Ferdinand die Franzosen bei Wilhelmsthal schlagen und Kassel befreien. Doch inzwischen waren alle Seiten erschöpft und Großbritannien hatte inzwischen die Franzosen in Nordamerika geschlagen, hatte kurzzeitig sogar Havanna besetzt und auch in Indien, vor allem in Bengalen die Vorherrschaft gewonnen. Dezember 1762 schlossen beide Parteien den Präliminarfrieden von Fontainebleu, der den Französisch-Indianischen Krieg beendete. Großbritannien hatte auf der ganzen Linie gesiegt, seine Dominanz wurde schon daran deutlich, daß sich die Franzosen freiwilligd aus Deutschland zurückzogen. Die Franzosen verloren Quebec, das Ohiotal und Louisiana und bekamen nur Guadeloupe, Martinique und Dakar- Gorre zurück, lukrative Posten für den Sklavenhandel. Das Renversement de alliances hatte sich nicht ausgezahlt für sie. Großbritannien sollte aber bald Ärger in den amerikanischen Kolonien bekommen. 1763 brach der Pontiac Indianeraufstand aus und 1776 erklärten sich die selbstbewußt gewordenen 13 Kolonien für unabhängig. Einige Monate später schlossen auch Preußen und Österreich in Hubertusburg Frieden. Rußland hatte sich ohne Gebietsgewinne aus dem Krieg verabschiedet. Mit Preußen und Östereich als Komplizen verleibte sich Rußland 1772 in der ersten Polnischen teilung alles Land östlich von Düna und Djenpr ein, so daß auch Rußland als Gewinner betrachtet werden muß.

Diese Erfolge aber waren nur möglich gewesen, weil die alliierten hannoversch-hessischen Regimenter jahrelang die weit überlegenen französischen Armeen gebunden hatten. Herzog Ferdinand zog sich 1767 aus der preußischen armee zurück und widmete sich seinen literarischen und freimaurerischen Interessen. Er starb 1792.

Literatur: Demandt, Geschichte Hessens, Wellenreuther, H. Aufbruch und Krise Bd1, Bd2 Nordamerika im 16.-18.Jahrhundert. Westphalen C. Geschichte der Feldzüge Herzog Ferdinands von Braunschweig- Wolfenbüttel 3 Bd. Berlin 1859.
Links. www. preußenweb.dewww. hessenmilitär.de
 
Zu Ferdinand von Braunschweigs Beitrag im Siebenjährigen Krieg ist soeben eine neue Monographie erschienen:

Mediger, Walther/Klingebiel, Thomas: Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg und die alliierte Armee im Siebenjährigen Krieg (1757 - 1762), Hannover, 2011
 
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