Hexenjagden gab es nicht nur in der frühen Neuzeit …

Die Wirkmächtigkeit der Idee des Dämonenpaktes / Teufelspaktes von Thomas von Aquin ist für das Hochmittelalter an den Ketzerprozessen, insbesondere den Waldensprozessen (nicht bei den deutschen Waldensern, sondern den französischen und italienischen) und ansatzweise schon bei den Katharern nachweisbar. Und für diese "echten Ketzer" war die hochmittelalterliche Dämonologie auch gedacht.
Natürlich kann Thomas von Aquino nichts dafür, dass die Inquisitoren "seine" Dämonologie auf die "erfundene" Hexensekte übertrugen und dass Kramer sie im "Hexenhammer" zitiert auch nicht. Aber falsch zitiert hat Kramer nicht, und der einzige, der Aquin in diesem Zusammenhang zitiert hat, war er ebenfalls nicht.
Und ab dem 16. Jhr. gibt es kaum einen Hexenprozess in dem der Teufelspakt keine entscheidende Rolle spielt (kann in den einzlnen Gerichtsakten nachgelesen werden). Und dieser Teufelspakt/Dämonenpakt hat eben Thomas von Aquin (nicht als einziger Scholastiker aber als massgeblichster) ausdefiniert (das kann bei ihm selbst nachgelesen werden).
Ich verstehe jetzt wirklich nicht, weshalb es Schwierigkeiten machen sollte, die Wirkmächtigkeit der "scholastischen" Dämonologie Aquins auf die Hexenprozesse nachzuweisen - das hat doch Kramer und Konsorten bereits erledigt. Dazu braucht es doch wirklich keine Fähikgeiten, wie man sie den Hexen und Unholdinnen nachgesagt hat -:).
Im Übrigen: Die Gegner der Hexenverfolgung oder auch diejenigen, die mässigend auf die Hysterie einzuwirken versuchten, haben sich auf den frühmittelalterlichen "Canon Episcopi" Burchard von Worms berufen - also auf eine noch ältere Autorität als Aquin.

Zunächst mal Herzlich willkommen zurück an Bord, @Armer Konrad! Vielen Dank auch für die Quellenverweise!
Teufelspakt und sogenannte "Teufelsbuhlschaft" waren Standardvorwürfe in Hexenprozessen. Nicht nur das, das Eingeständnis von Teufelspakt und Teufelsbuhlschaft führten in der Regel zu einer sicheren Verurteilung.

Es ist aber doch ein sehr weiter Weg von Augustinus De Civitate Dei bis zum Hexenhammer, bis zu den großen Verfolgungswellen in Frankreich, der Schweiz und den deutschen Ländern. Thomas von Aquin hat zweifellos dazu beigetragen, dass Vorstellungen von Teufelspakt als gültige Lehrmeinung akzeptiert wurden, er hat das Konstrukt einer mächtigen Sekte befördert, hat Vorstellungen von Incubi und Sucubi geteilt und durch seine Autorität Gültigkeit verschafft, und er hat zweifellos, ähnlich wie Augustinus ein sehr negatives Frauenbild befördert, hat Frauen im Grunde nur als Objekt zur Fortpflanzung einen Wert zugemessen.

Bei der Begründung seines geradezu pathologischen Frauenhasses greift der Verfasser des Hexenhammers immer wieder auf Zitate Thomas von Aquins, auch von Augustinus und Chrysostomus zurück.

Der Teufel erscheint in mittelalterlichen Quellen, zumal in Schwänken oft als ein "Teufel in den Flegeljahren". Da ist der Teufel alles andere, als ein eloquenter Libertin wie Mephisto, sondern eher ein Teufel wie im Kasperle-Theater, ein durchaus dummer Teufel, den selbst ein Bauer prellen und überlisten kann, dem man mit etwas Weihwasser beikommen kann. Thomas von Aquin hat Vorstellungen einer Ketzer/Teufelsverschwörung eines Superverbrechens geteilt, und er hat sie befördert, hat mit seiner Dämonologie-Lehre sicher auch einen gewissen Anteil am theoretischen Fundament des Hexenwahns. Er hat die These vertreten, dass Teufelspakt nötig sei für Schadenszauber, dass ohne Teufelspakt keine Magie möglich sei. Er hat damit zweifellos dazu beigetragen, dass diese Verschwörungstheorie so wirkmächtig werden konnte.

Das kann man nicht bestreiten. Er hat aber wie gesagt keine Hexenverfolgung gefordert, er hat vor Häretikern, nicht vor Hexen gewarnt, und er gehört auch nicht zu den Autoren, die als Hexentheoretiker in den üblichen Standardwerken genannt werden: Da sind vor allem Nicolas Jaquier, Johannes Nider, Peter Binsfeld, Martin Delrio zu nennen.

Jaquier war der Erste, der Vorwürfe, die man schon aus den Templerprozessen kannte, Teufelspakt und Sexorgien, weiterentwickelte und von einer Zaubersekte berichtete, die Schadenszauber betrieb und ganz neu erst aufgetreten sei.

Joseph Hansen führt in seiner Geschichte des Hexenwahns aus der Zeit von 1258-1526 insgesamt 46 päpstliche Erlasse und sonstige Publikationen an, die sich mit Zauberei und Hexenwesen beschäftigen:
Arnoldus von Villanova, De maleficiis, Zanchinus Ugolini Super materii de haereticorum, Bertramus Teuto, De ilusionibus daemonorum, Raimundus Tarrega, De invocatione daemonum, Nikolaus von Jauer, Tractatus de superstionem, Johannes Nider, Formicarius, Johannes Wunschilburg, Johannes de Mechlinea, Nicolaus Jaquierus, Flagellum haereticorum, Hyronimus Vicecomes, Petrus Marmoris, Marianus Socinus, Tractatus de sortilegiis, , u, v. a.

Der/die Verfasser des Hexenhammers Ausgabe von 1598 Frankfurt zitiert folgende Autoren in dieser Reihenfolge:

Dionysius Areopagata, Johannes Chrysostomus, Johannes Cassianus, Johannes Damaszenus, Heraklit, Hilarius, Augustinus, Aristoteles,
Papst Gregor I., Isidor, Itineris Clementis, Remigius, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Bernadus Abbas, Bonaventura, Petrus Damianus, Nicolaus de Lyra, Nicolaus Jaquierus Paulus von Burgos, Magister Historianum, Magister Sententiarum, Vincentius Beluacensis, Vincentius Parisienis, Petrus de Palude, Petrus de Tarentia, Scotus, Guido Carmelita, Alexander des Ales, Johannes Nider, Rabbi Moses, Boetius, Gratianus, Caesarius von Heisterbach.

Es lässt sich das theoretische Fundament des Hexenwahns nicht auf zwei Autoren reduzieren. Augustinus und Thomas von Aquin werden im Hexenhammer sehr häufig zitiert, und ihre Vorstellungen von Dämonen und Teufelspakt haben zweifellos zum theoretischen Fundament beigetragen, und sie sind auch ergiebige Fundgruben für frauenfeindliche Äußerungen.

Das bestreite ich keineswegs, was ich bestreite, das ist, dass von der Civitas Dei des Augustinus eine direkte Traditionslinie zu Hexenverfolgungen 1000-1200 Jahre nach seinem Tod nachweisbar ist, dass Augustinus oder auch Thomas von Aquin vor allem es waren, die zur Entwicklung des Hexenwahns das theoretische Fundament legten, dass ihre Schriften einen beträchtlichen Anteil daran hatten, dass Hexenverfolgung ohne sie und ihre Schriften undenkbar gewesen wäre.

In einschlägigen Werken zur Hexenverfolgung werden im Zusammenhang mit Hexentheoretikern immer wieder die "üblichen Verdächtigen" genannt: Johannes Nider, Nicolas Jaquier, Peter Binsfeld, Heinrich Institoris, Nicolaus Remigius Martin Delrio, i.w. S. vielleicht noch Konrad von Marburg, Benedikt Carpzow, Jean Bodin.

In keinem mir bekannten Werk zu Hexenwahn und Hexenverfolgung habe ich je gelesen, dass Augustinus und Thomas von Aquin das theoretische Fundament des Hexenwahns entwickelt haben oder dass ihnen und ihren Schriften dabei ein entscheidender Anteil zukommt, dass Hexenverfolgung ohne ihren Anteil völlig undenkbar gewesen wäre.
 
Befragen? Wo steht dieses "befragen"?

Das steht übereinstimmend bei Andreas Flurschütz da Cruz, den ich soeben zitiert habe:

Dasselbe steht auch bei Andreas Flurschütz da Cruz, Hexenbrenner, Seelenretter - Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617) und die Hexenverfolgungen im Hochstift Würzburg, Bielefeld 2017, S. 81f: "... bis vor den Fürsten, der am 28. November 1615 Kunigundas Gefangennahme und die Befragung nach der Ursache des Frevels anordnete", der dazu eine Archivsignatur angibt und demnach die Quelle wohl selbst eingesehen haben dürfte.
... und bei Robert Meier, Die Hexenprozesse in der Würzburger Zent Gerolzhofen:
"Dem Zentgraf wird befohlen, sie möglichst bald einzuziehen und zu befragen."​


Allein dadurch, dass du ein starkes Wort durch ein harmloseres ersetzt hast, wird klar: Du willst um jeden Preis den Fürstbischof von jeder Schuld freisprechen für den Beginn der Hexenverfolgungen in Gerolzhofen und Umgebung.

Du liest weder, was bei Meier steht noch, was ich aus Flurschütz da Cruz zitiert habe, Du liest auch nicht, was ich Dir fünf Beiträge lang zu verdeutlichen versucht habe, Du konstruierst nur einen absurden Vorwurf nach dem anderen, an wen auch immer.


Egal, was du jetzt dazu sagst: Ich will das nicht weiterverfolgen...

Dass Du nicht lesen willst, was ich schreibe, hast Du schon öfter gezeigt.

Solange Du Deine Vorwürfe weder korrekt belegst noch zurücknimmst, disqualifizierst Du Dich für jede sachliche Diskussion.
 
Meine Frage war so formuliert:

und mir käme das übertrieben vor (Etüde für spätere Verfahrensweisen)
Bezog sich z.B. Thomas von Aquin mit seiner "Erfindung" der Hexensekte explizit auf Katharer, Waldenser etc? Ich weiß es nicht (ein paar scholastische Texte kenne ich, aber zu einem ganz anderen Thema)
Nein, Aquin bezog sich ganz allgemein auf Ketzerei. Es ging ihm primär darum, festzustellen, dass Zauberei nur mit der Hilfe des Teufels (oder Dämonen) möglich sei. Und aus diesem Grund war für Aquin Zauberei auch mit Ketzerei gleichzusetzen (s. oben beim beim "stillschweigenden Teufelspakt").
Die Haltung der Scholastiker gegenüber Zauberei war übrigens ambivalent. Albertus Magnus veröffentliche als Erster eine Liste von "Grimoires" (Zauberbücher) die er gelesen hatte während natürlich Aquin, aber auch Alexander von Hales und Ramon Lull die Grimoires verurteilten, da die beschriebenen Praktiken einerseits unwirksam seien, und wenn nicht, sie nur durch Dämonenhilfe resp. Teufelshilfe funktionieren würden. Das Lehrbuch der Zauberei, die "Ars notaria", wurde aus diesem Grund auch von der Sorbonne 1324 (von den Theologiemagistern) deswegen auch mit dem Kirchenbann belegt. Das hat aber viele Kleriker, darunter auch einige Päpste, nicht davon abgehalten, sich mit Magie zu beschäftigen. Und dieser Umstand scheint auch schon Zeitgenossen bekannt gewesen zu sein. Walter von der Vogelweide über den Papst: Nun mag es ihm sein schwarzes Buch, sein Zauberbuch, lehren, das ihm der Teufel gegebenhat, und aus diesem mag er sein Rohr herauslesen.

Der Grund, weshalb man den Katharern mit Rückgriff auf Aquin Zauberei und damit Teufelspakt unterstellte, dürfte - meine Hypothese - mit ihrem Erfolg zu tun gehabt haben. Man hat geglaubt, man könnte den zeitweiligen Zulauf zu ihnen damit stoppen, dass man sie beim Volk als Zauberer diffamierte.
Der Übergang von der Ketzerverfolung zur Hexenverfolung (die Hexen waren ja auch Ketzer) erfolgte wie gesagt aber hauptsächlich über die Waldenser. Deshalb tauchen die ersten frühen Hexenverfolgungen (mit Anfängen des Hexensterotyps) auch dort auf, wo früher Waldenser verfolgt wurden. Das ist im Piemont, der Westschweiz (vauois), Savoyen und der Dauphiné der Fall. Das Wallis ist diesbez. eine Ausnahme, aber es lag immerhin im Randgebiet der Waldenserverfolung. Die ersten Hexenverfolgungen fanden also nicht im heutigen Deutschland statt (dort dominierten zu jener Zeit noch die "reinen" Zaubereiprozesse). Der Grund besteht möglicherweise darin, dass der dort zuständige Inquisitor Peter Zwicker die Waldenser als reine Ketzer behandelte und nichts vom Teufelspakt wissen wollte (hingerichtet hat er sie natürlich trotzdem).

PS: Es geistert gelegentlich immer noch die Ansicht herum, dass es, im Anschluss an die Verfolgung der Katharer, in Südfrankreich noch zu früheren Hexenverfogungen gekommen sei, so etwa in Carcassonne und Toulouse. Solche Meldungen sind aber allesamt auf die Fälschungen des Romanschreibers Lamothe-Langon (gest. 1864) zurückzuführen (dies nur falls man hier darauf verweisen will).
 
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Teufelspakt und sogenannte "Teufelsbuhlschaft" waren Standardvorwürfe in Hexenprozessen. Nicht nur das, das Eingeständnis von Teufelspakt und Teufelsbuhlschaft führten in der Regel zu einer sicheren Verurteilung.

Es ist aber doch ein sehr weiter Weg von Augustinus De Civitate Dei bis zum Hexenhammer, bis zu den großen Verfolgungswellen in Frankreich, der Schweiz und den deutschen Ländern. Thomas von Aquin hat zweifellos dazu beigetragen, dass Vorstellungen von Teufelspakt als gültige Lehrmeinung akzeptiert wurden, er hat das Konstrukt einer mächtigen Sekte befördert, hat Vorstellungen von Incubi und Sucubi geteilt und durch seine Autorität Gültigkeit verschafft, und er hat zweifellos, ähnlich wie Augustinus ein sehr negatives Frauenbild befördert, hat Frauen im Grunde nur als Objekt zur Fortpflanzung einen Wert zugemessen.

Bei der Begründung seines geradezu pathologischen Frauenhasses greift der Verfasser des Hexenhammers immer wieder auf Zitate Thomas von Aquins, auch von Augustinus und Chrysostomus zurück.

Der Teufel erscheint in mittelalterlichen Quellen, zumal in Schwänken oft als ein "Teufel in den Flegeljahren". Da ist der Teufel alles andere, als ein eloquenter Libertin wie Mephisto, sondern eher ein Teufel wie im Kasperle-Theater, ein durchaus dummer Teufel, den selbst ein Bauer prellen und überlisten kann, dem man mit etwas Weihwasser beikommen kann. Thomas von Aquin hat Vorstellungen einer Ketzer/Teufelsverschwörung eines Superverbrechens geteilt, und er hat sie befördert, hat mit seiner Dämonologie-Lehre sicher auch einen gewissen Anteil am theoretischen Fundament des Hexenwahns. Er hat die These vertreten, dass Teufelspakt nötig sei für Schadenszauber, dass ohne Teufelspakt keine Magie möglich sei. Er hat damit zweifellos dazu beigetragen, dass diese Verschwörungstheorie so wirkmächtig werden konnte.

Das kann man nicht bestreiten. Er hat aber wie gesagt keine Hexenverfolgung gefordert, er hat vor Häretikern, nicht vor Hexen gewarnt, und er gehört auch nicht zu den Autoren, die als Hexentheoretiker in den üblichen Standardwerken genannt werden: Da sind vor allem Nicolas Jaquier, Johannes Nider, Peter Binsfeld, Martin Delrio zu nennen.

Jaquier war der Erste, der Vorwürfe, die man schon aus den Templerprozessen kannte, Teufelspakt und Sexorgien, weiterentwickelte und von einer Zaubersekte berichtete, die Schadenszauber betrieb und ganz neu erst aufgetreten sei.

Joseph Hansen führt in seiner Geschichte des Hexenwahns aus der Zeit von 1258-1526 insgesamt 46 päpstliche Erlasse und sonstige Publikationen an, die sich mit Zauberei und Hexenwesen beschäftigen:
Arnoldus von Villanova, De maleficiis, Zanchinus Ugolini Super materii de haereticorum, Bertramus Teuto, De ilusionibus daemonorum, Raimundus Tarrega, De invocatione daemonum, Nikolaus von Jauer, Tractatus de superstionem, Johannes Nider, Formicarius, Johannes Wunschilburg, Johannes de Mechlinea, Nicolaus Jaquierus, Flagellum haereticorum, Hyronimus Vicecomes, Petrus Marmoris, Marianus Socinus, Tractatus de sortilegiis, , u, v. a.

Der/die Verfasser des Hexenhammers Ausgabe von 1598 Frankfurt zitiert folgende Autoren in dieser Reihenfolge:

Dionysius Areopagata, Johannes Chrysostomus, Johannes Cassianus, Johannes Damaszenus, Heraklit, Hilarius, Augustinus, Aristoteles,
Papst Gregor I., Isidor, Itineris Clementis, Remigius, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Bernadus Abbas, Bonaventura, Petrus Damianus, Nicolaus de Lyra, Nicolaus Jaquierus Paulus von Burgos, Magister Historianum, Magister Sententiarum, Vincentius Beluacensis, Vincentius Parisienis, Petrus de Palude, Petrus de Tarentia, Scotus, Guido Carmelita, Alexander des Ales, Johannes Nider, Rabbi Moses, Boetius, Gratianus, Caesarius von Heisterbach.

Es lässt sich das theoretische Fundament des Hexenwahns nicht auf zwei Autoren reduzieren. Augustinus und Thomas von Aquin werden im Hexenhammer sehr häufig zitiert, und ihre Vorstellungen von Dämonen und Teufelspakt haben zweifellos zum theoretischen Fundament beigetragen, und sie sind auch ergiebige Fundgruben für frauenfeindliche Äußerungen.

Das bestreite ich keineswegs, was ich bestreite, das ist, dass von der Civitas Dei des Augustinus eine direkte Traditionslinie zu Hexenverfolgungen 1000-1200 Jahre nach seinem Tod nachweisbar ist, dass Augustinus oder auch Thomas von Aquin vor allem es waren, die zur Entwicklung des Hexenwahns das theoretische Fundament legten, dass ihre Schriften einen beträchtlichen Anteil daran hatten, dass Hexenverfolgung ohne sie und ihre Schriften undenkbar gewesen wäre.

In einschlägigen Werken zur Hexenverfolgung werden im Zusammenhang mit Hexentheoretikern immer wieder die "üblichen Verdächtigen" genannt: Johannes Nider, Nicolas Jaquier, Peter Binsfeld, Heinrich Institoris, Nicolaus Remigius Martin Delrio, i.w. S. vielleicht noch Konrad von Marburg, Benedikt Carpzow, Jean Bodin.

In keinem mir bekannten Werk zu Hexenwahn und Hexenverfolgung habe ich je gelesen, dass Augustinus und Thomas von Aquin das theoretische Fundament des Hexenwahns entwickelt haben oder dass ihnen und ihren Schriften dabei ein entscheidender Anteil zukommt, dass Hexenverfolgung ohne ihren Anteil völlig undenkbar gewesen wäre.
Du hast schon recht, es war eine langer Weg: Aber lassen wir Augustinus mal aussen vor. Das gesamte theoretische Fundament des Hexenwahns hat Aquin nicht entwickelt, aber doch, wie Du selbst sagst, Teufelspakt sowie Incubi und Succubi. Und darauf haben seine Nachfolger aufgebaut. Und der Weg zu Aquin ist eigentlich nicht so lang, wenn Du berücksichtigst, dass die Gegner der Hexenverfolgung mit dem "Canon Episcopi" argumentierten (Taten der Hexen seien nur Einbildung) und dieser ist etwas älter als Aquin.

Im Grunde sind viele deiner Argumente richtig, Du verkennst allerdings dass es sich bei den Hexen nach damaligen Verständnis ebenfalls um Ketzer und Häretiker gehandelt hat - gerade wegen dem Teufelspakt.
Für die Motivation weshalb man Ketzern den Teufelspakt und Zauberei unterstellte bieten sich immerhin einige plausible Erklärungen an. Beispielweise ist denkbar, dass man den Zulauf zu den Ketzersekten unterbinden wollte, indem man sie als "Teufelsanbeter", blutrünstige Kindertöter (änlich der unterstellten Ritualmorde der Juden) und Zauberer diffamierte.
Für die Motivation weshalb man nach der Vernichtung der realen Ketzersekte der Katharer und Waldenser dazu überging, aus den bis dahin von der weltlichen Justiz verfolgten Zauberer und Magier eine imaginäre häretische Hexensekte zu machen, hat man aber bis heute keine wirklich stichhaltige Erklärung. Die etwas plumpe Erklärung, dass die mit dem Ende von Katharer und Waldenser eigentlich überflüssig gewordenen Inquisitoren ihre Arbeit nicht verlieren wollten, greift nicht - denn sie hätten sich schliesslich an die gerade aufgetauchten Hussiten halten können und keine imaginäre Hexensekte kreieren müssen.

Eine sinnvolle Erklärung dazu ist, dass man bereits in der späteren Waldenserverfolung bereits soviele Hexereisterotype integriert hatte, dass daraus bereits eine imaginäre Sekte entstanden war. Das lässt sich jedenfalls nachvollziehen resp. punktuell auch nachweisen. Gerade im Piemont, wo im Verlauf des 14. Jahrhunderts gleichzeitig neben den Waldenserprozessen auch einige mehr oder weniger zahlreiche "reine" Zaubereiprozesse durchgeführt wurden, tauchen schon früh diesbezügliche Überschneidungen auf. So wurden ihnen nicht nur Teufelspakt und unapetitliche Zaubereien unterstellt, sondern in den Gerichtsakten werden die heimlichen Zusammenkünfte der Waldenser auch als "Synagogen" bezeichnet - unverkennbar die Vorlage für den späteren "Hexensabbat". Um das ganze noch etwas komplizierter zu machen, scheint es bei den "romanischen" Waldensern des Piemonts auch katharische Glaubensinahlte gegeben zu haben.
Auch ausserhalb des Piemonts ist der Übergang der Häresie der Ketzer zur Häresie der Hexen - nicht von ungefähr wurden in den Westalpen die Hexen als "Vaudois" / "Waldenser" bezeichnet - zu beobachten. Bei den beiden letzten Waldenserprozessen 1429 und 1430 in Freiburg / Fribourg handelte es sich noch um reine Ketzerprozesse (und die Angeklagten kamen sogar mit Bussen oder Enteignungen davon, es gab keine Todesurteile), aber bei zwei Waldenserinnen wurde dennoch bereits nach einem Hexenmal gesucht. In der drauffolgenden ersten Hexenverfolung von Freiburg (1438 - 1442) befand sich unter den auf dem Scheiterhaufen hingerichteten Hexen eine gewisse Itha Stucki, welche bereits 1429 und 1430 als Waldenserin vorgeladen worden war. Auch hier eine deutlicher Hinweis darauf, dass der Ursprung der Hexenprozesse zum Mindesten seine Hauptwurzel in der Waldenserverfolung der Westalpen hat.

Ob Nicolas Jaquier der erste war, der von einer Hexensekte berichtet müsste m.M nach noch mit einschlägigen Gerichtsakten verglichen werden. Dass er einer der frühesten war, der von einer Hexensekte berichtet passt jedenfalls ebenfalls ins Bild: er war 1459 Zeuge der Waldenserverfolgung von Arras.
 
Du verkennst allerdings dass es sich bei den Hexen nach damaligen Verständnis ebenfalls um Ketzer und Häretiker gehandelt hat - gerade wegen dem Teufelspakt.

Nun bemüht sich aber gerade Kramer in seinem "Hexenhammer", den Hexereivorwurf vom Häresievorwurf abzukoppeln: Wer den Dämonen opfere, sei deswegen noch lange kein Ketzer und damit auch kein Fall für die Inquisition. Die folgende Stelle habe ich oben bereits in Übersetzung zitiert:
Quo iterum stante, sequitur, quòd omnia inducta per glossatores, Canonistas &Theologos, vt Dæmones inuocare, eis sacrificare, &c. vt suprà tactum est, nisi ex vitio Hæresis processerint, Inquisitores se non debent intromittere, sed suis Iudicibus, vt suprà, relinquere. Quo iterum stante, cùm præfata sæpißimè sine vitio Hæresis fieri possunt, in quo casu talia facientes non sunt vt hæretici habendi, aut condemnandi, subscriptis probatur auctoritatibus & rationibus.

Die Argumentation ist abenteuerlich, aber er dekliniert das durch: König Salomo habe zwar den Götzen geopfert, sei aber im Herzen gläubig geblieben, also kein Ketzer, so könne auch eine Hexe aufgrund des Teufelspakts noch nicht als Ketzerin bezeichnet werden:
Prætereà sicut Salomon Dijs suarum vxorum reuerentiam exhibuit propter complacentiam, nec tamen propterea Apostasiam perfidiæ incurrebat, quia mente fidelis, & veram fidem semper retinuit : ita & Maleficæ propter reuerentiam quam exhibent Diabolo, propter pactum initum, mente fidem retinentes, non sunt propterea Hæreticæ nuncupandæ.

Und sogar, wenn Hexen den Glauben mit Verstand und Seele ableugnen, seien sie zwar Apostatinnen, aber immer noch keine Ketzerinnen, folglich die Inquisition nicht für sie zuständig:
Prætereà, si dicatur, quòd omnes Maleficæ fidem habent abnegare, vnde & Hæreticæ iudicandæ. Contrà, quia in casu quo etiam mente & corde abnegarent, adhuc non Hæreticæ, sed Apostatæ nuncupantur, & cùm sit differentia inter Hæreticum & Apostatam, & Hæretici Inquisitorum iudicio subijciuntur, vtique Maleficæ eorum iudicium subterfugere habent.
 
Mir ist kein Hexenprozess aus dem 16. Jahrhundert bekannt bei dem der Teufelspakt eine sekundäre oder gar keine Rolle gespielt hätte.

Bei Richard van Dülmen, Die Dienerin des Bösen - Zum Hexenbild in der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für Historische Forschung 18 (1991) wird einer beschrieben:

"1540 wurde in Tirol die Unholdin Barbara Pachler wegen 'Zauberey' angeklagt und zum Tode verurteilt. Sie hatte 30 Jahre zuvor in einer Pfingstnacht von ihrer Mutter die Zauberkunst erlernt, damit sie reich würde und viel Gutes erhalte. Dafür mußte sie Gott, allen seinen Heiligen sowie dem christlichen Glauben abschwören und sich dem Teufel mit Leib und Seele ergeben; während sie sich durch Zauberei zu bereichern suchte, schädigt sie ihre Nachbarn. Vom Teufel erhielt sie eine Salbe, mit der sie einen Besenstiel einrieb, um damit überallhin, wohin sie wollte, zu fliegen. Zunächst betrieb sie die Zauberei allein, dann aber gewann sie weitere Frauen, die sie in ihre Kunst einführte und dem Teufel übergab. Gelegentlich traf sie sie sich an Pfingsttagen mit ihrer 'Gespielschaft', um gemeinsam mit dem Teufel reichlich Mahlzeit zu halten. Gelegentlich buhlte sie mit dem Teufel, der hier als der böse Feind erscheint, ohne daß aber weiter von einem Teufelspakt die Rede ist. Ihre Salbe hatte sie zu Hause verborgen, zu ihrem Zauberzeug zählten außerdem eine Büchse schwarzen Pulvers, das Bein eines kleinen Kindes, ein Menschenhaarbüschel, eine Nadel und ein Lärchen- und Eichenbüschel. Dies alles brauchte sie, um mit ihren Gespielinnen umherzufliegen und allerlei Schaden zu stiften, an dem sie ihre Freude hatten. Das Protokoll enthält eine große Liste begangener Vergehen: zwar wurden auch hier Kühe und Kinder durch Zauber getötet, nicht zuletzt, um sie bei den Treffen zu verzehren, vor allem aber bewirkte die Hexe große Mäuseplagen, die das Getreide zerstörten, ebenso schlechtes Wetter mit Hagel. Selbst ein verheerender Schneefall im Sommer wurde der Unholdin angelastet. Auch in diesem Fall geht es primär um die verschiedenen und zahlreichen Schäden, deren die Pachler bezichtigt wurde. Durch ihre Hinrichtung sollte weiterer Schaden vom Land genommen werden. Zwar hat auch sie die Hexerei bzw. Zauberei erlernt, so wie sie ihre Kunst anderen Frauen beibrachte, ohne Einfluß des Teufels, der aber nun doch stärker in den Vordergrund tritt. Ein eigentlicher Pakt mit dem Teufel fehlt, ihre böse Macht und Kraft erwuchs nicht aus einer Verbindung mit ihm, doch konnte sie mit seiner Unterstützung rechnen; er besorgt ihr die Salbe, er fliegt mit und, was neu ist, er feiert gemeinsam mit den Zauberinnen die Pfingstnacht. Es gibt reichlich zu essen, Beutegut von den Schadenflügen der Frauen. Ebensowenig wie die Teufelsbuhlschaft bereits ein zentraler Anklagepunkt ist, tritt auch das Abschwören von Gott nicht als Hauptverbrechen in den Vordergrund. Denn nicht wegen Gotteslästerung und Sodomie steht die Hexe vor Gericht, sondern ausschließlich als Schadensstifterin, als Zauberin."​
 
Dabei geht Kramer so weit, auch einen Pakt mit Dämonen nicht für identisch mit dem Tatbestand der Ketzerei zu erklären:

"Und in derselben Weise (ist zu handeln) von denjenigen, welche den Dämon anbeten und ihm opfern. Denn wenn sie das in dem Glauben tun, in den Dämonen sei etwas Göttliches, oder in dem Glauben, daß ihm der Kultus der Latrie darzubringen sei, oder daß sie auf jeden Fall infolge der Darbringung eines solchen Kultus erlangten, was sie vom Teufel fordern, ohne daß Gottes Verbot oder auch Zulassung entgegen stände, so wären solche Leute Ketzer. Aber wenn sie das tun, ohne vom Dämon so zu denken, sondern (in dem Wunsche), auf Grund irgend eines Paktes mit dem Dämon durch jene (Handlungen) leichter von ihm zu erreichen, was sie beabsichtigen, so sind solche (Leute) der Natur der Sache nach keine Ketzer, mögen sie auch schwer sündigen."​

In diesem Abschnitt hast du recht – hier wird Kramer äusserst spitzfindig: So wie ich das verstehe, sind – anders formuliert – diejenigen keine Ketzer sondern nur schwere Sünder welche glauben, dass sie von den Dämonen durch Opferung sowieso nur etwas bekommen wenn Gott es zulässt - ansonsten glauben sie ohnehin nicht dass der Dämon etwas Göttliches sei und sie sind auch nicht der Meinung dass der Dämon anzubeten sei.

Ich tendiere bei diesem Geschwurbel allerdings eher zur Meinung, dass bei dieser einschränkenden Dämonenopferung Kramer den Tatbestand des Paktes nicht erfüllt sieht und deshalb auch keine Ketzerei vorliegt. Denn der Teufelspakt ist für Kramer das Non-plus-Ultra der Ketzerei:

…so übertreffen auch nach der Sünde Luzifers die Werke der Zauberer alle anderen Sünden sowohl an Scheusslichkeit, da sie den Gekreuzigten verleugnen, als auch an Geilheit, da sie fleischliche Schändlichkeiten mit den Dämonen treiben und an Verstandesblindheit, da sie sich in wilder Lust auf jegliche Schädigung sowohl der Seelen wie auch der Körper der Menschen und des Viehs, ganz von Bosheit beseelt, stürzen, wie aus dem Gesagten klar geworden ist.

Das zeigt auch nach Isidor (Isidor, Etymologiae 8,9,9) der Name: Sie heissen nämlich Übeltäter (Malefici) wegen der Ungeheuerlichkeit ihrer üblen Taten [36vb] etc., wie oben 48 gezeigt wurde.

Es wird auch davon hergeleitet: Zwei [Dinge] sind in der Sünde, der Abfall [von Gott] und der Übertritt [zum Teufelsdienst], nach jenem [Wort] des Augustinus (Augustinus, De libero arbitrio 1, 11 ?) »Eine Sünde ist es, in Verachtung des unwandelbar Guten wandelbaren Dingen anzuhängen.« Und die Abkehr von Gott selbst sei gleichsam das Formale so wie die Umkehr (conversio) selbst gleichsam das Materielle sei. Deswegen ist eine Sünde um so schwerer, je mehr der Mensch sich selbst von Gott trennt. Und weil sich durch die Ungläubigkeit der Mensch am meisten [von ihm] sondert, deswegen ist auch der Schadenszauber aus Unglauben schlimmer als alle [anderen] Sünden. Und dies wird erklärt durch den Namen Ketzerei, was Apostasie vom Glauben ist und gleichfalls dadurch, dass ihr [der Apostaten] ganzes Leben eine Sünde ist.

Der obige Abschnitt stammt aus: [I,14] Es wird erklärt, dass die Sünden der Zauberer schwerwiegender sind als die Sünden der bösen Engel und der ersten Eltern, weshalb, wie die Unschuldigen wegen der Schuld der Eltern, so auch jetzt viele Unschuldige wegen der Sünden der Zauberer verdammt und durch Zauberei geschädigt werden. Die vierzehnte Frage ist auch insgesamt Predigtstoff.


Und sogar bei der "Ketzerei der Hexen" könne die Kirche, im Unterschied zu anderen Ketzereien, sich heraushalten und die Sache den bürgerlichen Gerichten überlassen:

"Es scheint auch, daß in der Ketzerei der Hexen, wenn auch nicht in anderen Ketzereien, auch die Diözesanen selbst ihre Rolle beim Erkennen und Urteilen auf dem bürgerlichen Forum abzutreten imstande sind; einmal, wie in den Argumenten berührt wird, weil dies Verbrechen der Hexen nicht rein geistlich, sondern im Gegenteil wegen der zeitlichen Schädigungen, die (von den Hexen) angetan werden, mehr bürgerlich ist, dann auch, weil man sieht, daß besondere Gesetze zur Bestrafung der Hexen bezüglich des ganzen Herganges der Bestrafung herausgegeben worden sind.​
Es scheint endlich, daß dieser Hergang sehr viel zur Ausrottung der Hexen und zur größten Erleichterung der Ordinarien dienen würde, wenn ein in der Öffentlichkeit zu fürchtender Richter da ist [...]"​

Wer den ganzen diesbezüglichen Sermon durchlesen will, 3. Teil, Seiten 1-30:

Ich interpretiere das eher so, dass Kramer aufgrund des Schadenzaubers auch den weltlichen Gerichten zutraut, Ketzerei zu erkennen (da sind keine theologischen Kenntnisse nötig) und – ebenfalls meine Interpretation – er den weltlichen Gerichten ein konsequenteres Durchgreifen im Falle von Hexerei zutraut: Hat er doch selbst mit seinen klerikalen Standesgenossen diesbezüglich (Bischof von Brixen, Georg Golser) nicht die besten Erfahrungen gemacht.
 
Bei Richard van Dülmen, Die Dienerin des Bösen - Zum Hexenbild in der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für Historische Forschung 18 (1991) wird einer beschrieben:

"1540 wurde in Tirol die Unholdin Barbara Pachler wegen 'Zauberey' angeklagt und zum Tode verurteilt. Sie hatte 30 Jahre zuvor in einer Pfingstnacht von ihrer Mutter die Zauberkunst erlernt, damit sie reich würde und viel Gutes erhalte.​

Dafür mußte sie Gott, allen seinen Heiligen sowie dem christlichen Glauben abschwören und sich dem Teufel mit Leib und Seele ergeben;​

Das ist doch ein Teufelspakt (Standard beim Teufelsapkt: Abschwörung Gottes und aller Heiligen)

während sie sich durch Zauberei zu bereichern suchte, schädigt sie ihre Nachbarn. Vom Teufel erhielt sie eine Salbe, mit der sie einen Besenstiel einrieb, um damit überallhin, wohin sie wollte, zu fliegen. Zunächst betrieb sie die Zauberei allein, dann aber gewann sie weitere Frauen, die sie in ihre Kunst einführte und dem Teufel übergab. Gelegentlich traf sie sie sich an Pfingsttagen mit ihrer 'Gespielschaft', um gemeinsam mit dem Teufel reichlich Mahlzeit zu halten.​

Gelegentlich buhlte sie mit dem Teufel, der hier als der böse Feind erscheint, ohne daß aber weiter von einem Teufelspakt die Rede ist.​

Teufelsbuhlschaft war eine Form des Teufelspaktes.

Ihre Salbe hatte sie zu Hause verborgen, zu ihrem Zauberzeug zählten außerdem eine Büchse schwarzen Pulvers, das Bein eines kleinen Kindes, ein Menschenhaarbüschel, eine Nadel und ein Lärchen- und Eichenbüschel. Dies alles brauchte sie, um mit ihren Gespielinnen umherzufliegen und allerlei Schaden zu stiften, an dem sie ihre Freude hatten. Das Protokoll enthält eine große Liste begangener Vergehen: zwar wurden auch hier Kühe und Kinder durch Zauber getötet, nicht zuletzt, um sie bei den Treffen zu verzehren, vor allem aber bewirkte die Hexe große Mäuseplagen, die das Getreide zerstörten, ebenso schlechtes Wetter mit Hagel. Selbst ein verheerender Schneefall im Sommer wurde der Unholdin angelastet. Auch in diesem Fall geht es primär um die verschiedenen und zahlreichen Schäden, deren die Pachler bezichtigt wurde. Durch ihre Hinrichtung sollte weiterer Schaden vom Land genommen werden. Zwar hat auch sie die Hexerei bzw. Zauberei erlernt, so wie sie ihre Kunst anderen Frauen beibrachte, ohne Einfluß des Teufels, der aber nun doch stärker in den Vordergrund tritt. Ein eigentlicher Pakt mit dem Teufel fehlt, ihre böse Macht und Kraft erwuchs nicht aus einer Verbindung mit ihm, doch konnte sie mit seiner Unterstützung rechnen; er besorgt ihr die Salbe, er fliegt mit und, was neu ist, er feiert gemeinsam mit den Zauberinnen die Pfingstnacht. Es gibt reichlich zu essen, Beutegut von den Schadenflügen der Frauen.​

Ebensowenig wie die Teufelsbuhlschaft bereits ein zentraler Anklagepunkt ist, tritt auch das Abschwören von Gott nicht als Hauptverbrechen in den Vordergrund. Denn nicht wegen Gotteslästerung und Sodomie steht die Hexe vor Gericht, sondern ausschließlich als Schadensstifterin, als Zauberin."​
Ausschliesslich als Schadensstifterin ? Warum dann die Erwähnung der Abschwörung, der Buhschaft und der Besenflug ?
Und warum die anderen Frauen - Stichwort Hexensekte - mit hineinziehen ?
Das gehört doch alles zum Hexereiverbrechen, d.h. zur Anklage als Hexe.
Aus welchen Gründen sollte die "Unholdin" denn sonst diese Elemente des Hexereisterotyps gestehen ?
In einem Zaubereiprozess hochmittelalterlicher Art wären diese Elemente des "kumulativen Hexenbegriffs" nie erwähnt worden.
Im Übrigen haben ich den Fall der "Pachler-Zottel" (um die handelt es sich hier) auch schon anders interpretiert gelesen - demnach soll sie, ungeachtet ihres Eingangs in die volkstümliche Kultur - eine absolute Aussenseiterin gewesen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich interpretiere das eher so, dass Kramer aufgrund des Schadenzaubers auch den weltlichen Gerichten zutraut, Ketzerei zu erkennen (da sind keine theologischen Kenntnisse nötig) und – ebenfalls meine Interpretation – er den weltlichen Gerichten ein konsequenteres Durchgreifen im Falle von Hexerei zutraut: Hat er doch selbst mit seinen klerikalen Standesgenossen diesbezüglich (Bischof von Brixen, Georg Golser) nicht die besten Erfahrungen gemacht.

Mit der zweiten Interpretation bist Du in guter Gesellschaft: "... und dies dürfte der Inquisitor auch im Hinterkopf gehabt haben: Mußten sie sich nämlich vor einem kirchlichen Gericht verantworten, so hatten sie erheblich größere Überlebenschancen als vor einem zivilen, denn nach einem ehernen Rechtsgrundsatz der Kirche hatten reumütige Ersttäter Anspruch auf eine relativ milde Strafe. Das 'staatliche' Recht kannte aber in dieser Hinsicht kein Pardon." (Rainer Decker, Die Päpste und die Hexen, Darmstadt 2003, S. 49)

Für die erste Interpretation sehe ich keinen Anhaltspunkt, im Gegenteil: Schadenzauber ist, so abgrundtief böse er auch sein mag, in Kramers Argumentation eben keine Häresie. Seine Konsequenz lautet sogar, die Inquisitoren dürften sich gar nicht einmischen: "Inquisitores se non debent intromittere".
 
Du hast schon recht, es war eine langer Weg: Aber lassen wir Augustinus mal aussen vor. Das gesamte theoretische Fundament des Hexenwahns hat Aquin nicht entwickelt, aber doch, wie Du selbst sagst, Teufelspakt sowie Incubi und Succubi. Und darauf haben seine Nachfolger aufgebaut. Und der Weg zu Aquin ist eigentlich nicht so lang, wenn Du berücksichtigst, dass die Gegner der Hexenverfolgung mit dem "Canon Episcopi" argumentierten (Taten der Hexen seien nur Einbildung) und dieser ist etwas älter als Aquin.

Im Grunde sind viele deiner Argumente richtig, Du verkennst allerdings dass es sich bei den Hexen nach damaligen Verständnis ebenfalls um Ketzer und Häretiker gehandelt hat - gerade wegen dem Teufelspakt.
Für die Motivation weshalb man Ketzern den Teufelspakt und Zauberei unterstellte bieten sich immerhin einige plausible Erklärungen an. Beispielweise ist denkbar, dass man den Zulauf zu den Ketzersekten unterbinden wollte, indem man sie als "Teufelsanbeter", blutrünstige Kindertöter (änlich der unterstellten Ritualmorde der Juden) und Zauberer diffamierte.
Für die Motivation weshalb man nach der Vernichtung der realen Ketzersekte der Katharer und Waldenser dazu überging, aus den bis dahin von der weltlichen Justiz verfolgten Zauberer und Magier eine imaginäre häretische Hexensekte zu machen, hat man aber bis heute keine wirklich stichhaltige Erklärung. Die etwas plumpe Erklärung, dass die mit dem Ende von Katharer und Waldenser eigentlich überflüssig gewordenen Inquisitoren ihre Arbeit nicht verlieren wollten, greift nicht - denn sie hätten sich schliesslich an die gerade aufgetauchten Hussiten halten können und keine imaginäre Hexensekte kreieren müssen.

Eine sinnvolle Erklärung dazu ist, dass man bereits in der späteren Waldenserverfolung bereits soviele Hexereisterotype integriert hatte, dass daraus bereits eine imaginäre Sekte entstanden war. Das lässt sich jedenfalls nachvollziehen resp. punktuell auch nachweisen. Gerade im Piemont, wo im Verlauf des 14. Jahrhunderts gleichzeitig neben den Waldenserprozessen auch einige mehr oder weniger zahlreiche "reine" Zaubereiprozesse durchgeführt wurden, tauchen schon früh diesbezügliche Überschneidungen auf. So wurden ihnen nicht nur Teufelspakt und unapetitliche Zaubereien unterstellt, sondern in den Gerichtsakten werden die heimlichen Zusammenkünfte der Waldenser auch als "Synagogen" bezeichnet - unverkennbar die Vorlage für den späteren "Hexensabbat". Um das ganze noch etwas komplizierter zu machen, scheint es bei den "romanischen" Waldensern des Piemonts auch katharische Glaubensinahlte gegeben zu haben.
Auch ausserhalb des Piemonts ist der Übergang der Häresie der Ketzer zur Häresie der Hexen - nicht von ungefähr wurden in den Westalpen die Hexen als "Vaudois" / "Waldenser" bezeichnet - zu beobachten. Bei den beiden letzten Waldenserprozessen 1429 und 1430 in Freiburg / Fribourg handelte es sich noch um reine Ketzerprozesse (und die Angeklagten kamen sogar mit Bussen oder Enteignungen davon, es gab keine Todesurteile), aber bei zwei Waldenserinnen wurde dennoch bereits nach einem Hexenmal gesucht. In der drauffolgenden ersten Hexenverfolung von Freiburg (1438 - 1442) befand sich unter den auf dem Scheiterhaufen hingerichteten Hexen eine gewisse Itha Stucki, welche bereits 1429 und 1430 als Waldenserin vorgeladen worden war. Auch hier eine deutlicher Hinweis darauf, dass der Ursprung der Hexenprozesse zum Mindesten seine Hauptwurzel in der Waldenserverfolung der Westalpen hat.

Ob Nicolas Jaquier der erste war, der von einer Hexensekte berichtet müsste m.M nach noch mit einschlägigen Gerichtsakten verglichen werden. Dass er einer der frühesten war, der von einer Hexensekte berichtet passt jedenfalls ebenfalls ins Bild: er war 1459 Zeuge der Waldenserverfolgung von Arras.

Die Hexenverfolgung steht ideengeschichtlich natürlich schon in der Tradition der Ketzerverfolgungen.

Kramer wollte dann aber Hexerei noch einmal als besonders perfides Sonder-Sonderverbrechen verstanden wissen. Dabei widersprach er sich streckenweise selbst. Er zitiert das Beispiel von König Salomo, dieser habe zwar Götzen geopfert, sei aber im Herzen gläubig geblieben und habe sich damit noch keiner Häresie schuldig gemacht.

Nach seiner eigenen Logik ist jede Form von Zauberei automatisch Häresie, an anderer Stelle gibt er aber Ratschläge, wie Gegenzauber mächtig werden kann, wie man Wetterzauber bekämpft.

Thomas von Aquin hat Vorstellungen von Teufelspakt, von Incubi und Succubi, von Dämonen Gültigkeit verschafft, lange Zeit hatte die Kirche das als Aberglauben abgelehnt. Zu Thomas von Aquins Zeiten war das noch heftig umstritten. Die Peripatetiker hatten das verworfen, die Platoniker bejaht. Sexuelle Kontakte mit Dämonen, widernatürliche Unzucht- das war schon in den Templerprozessen ein Standard-Vorwurf.
Die ersten Abbildungen von Frauen, die auf Besen durch die Luft reiten- damit waren keine Hexen, sondern Waldenserinnen gemeint.

Die ersten Berichte von Incubi und Succubi finden sich bei Caesarius von Heisterbach. Caesarius von Heisterbach war auch Hauptquelle von Johannes Nider. Nider bediente sich aus den Berichten des Zisterziensers Caesarius von Heisterbach Caesarius von Heisterbach, den Joseph Hansen einmal als "leichtgläubigen Anekdotensammler" bezeichnete, berichtete in Dialogum miraculorum u.a. von einer Frau aus Hasselt, die der Teufel zu einem Rundflug einlud, von einem Glöckner, dem der Teufel in Gestalt eines schwarzen Ochsen erschien, zu einem Rundflug einlud und anschließend in Isenburg absetzte und von einem Kreuzfahrer, den der Teufel per Zauberpferd binnen einer Stunde von Jerusalem nach Lüttich flog.

Jordanis führte die Existenz der Hunnen zurück auf Paarung von Dämonen mit gotischen Hexen.


Kritiker der Hexenverfolgung wie Christian Thomasius oder Augustin Lerchheimer setzten sich mit führenden Hexentheoretikern auseinander und versuchten deren Argumente stück für Stück zu widerlegen, dokumentierten auch deren Quellen und stellten heraus wie leichtgläubig sie Aussagen übernahmen, auch wie Quellen verfälscht wurden, Aussagen geglättet, um das eigene Narrativ zu retten.

Bei Thomasius ist es aber nicht Thomas von Aquin oder Augustinus gegen die argumentiert wird, sondern eben Leute wie Nicolas Jaquier, Johannes Nider und Petrus Binsfeld.
 
Solange Du Deine Vorwürfe weder korrekt belegst noch zurücknimmst, disqualifizierst Du Dich für jede sachliche Diskussion.
Ich muss Abbitte leisten. Weil ich übersehen habe, dass Robert Meier mal "verhaften und verhören" schreibt, und mal "einzuziehen und zu befragen." Er schreibt das in Bezug zu der Beschuldigten Weingartsmann in 2 verschiedenen Veröffentlichungen.

Für mich ist ein Verhör etwas anderes als eine Befragung. Aber andererseits stimmt auch, was @dekumatland schreibt, nämlich dass es damals den Begriff „peinlicher Befragung“ gab; darunter wurde ein Verhör unter Zuhilfenahme der Folter verstanden.

Insofern tut es mir Leid, dich @Sepiola, so hart angegriffen zu haben.

In Bezug auf meine Aussage, Fürstbischof Echter hätte explizit die Folterung der ersten (vermeintlichen) Hexe angeordnet, bin ich jetzt unschlüssig, weil es da 2 Aussagen von Robert Meier gibt, wie oben dargestellt. Ich fürchte, wir werden da nicht weiterkommen, es sei denn, wir bitten Robert Meier oder sonst jemand, der Zugriff auf die Originalakte hat, diese zu zitieren.
 
In Bezug auf meine Aussage, Fürstbischof Echter hätte explizit die Folterung der ersten (vermeintlichen) Hexe angeordnet, bin ich jetzt unschlüssig, weil es da 2 Aussagen von Robert Meier gibt, wie oben dargestellt.

Zum nunmehr fünften Mal:

Robert Meier schreibt nirgends, Fürstbischof Echter hätte explizit die Folterung der ersten (vermeintlichen) Hexe angeordnet. Du beziehst da fälschlicherweise einen Satz, der in erkennbar anderem Zusammenhang steht, auf die Anweisung bezüglich Verhaftung und Befragung/Verhör der Frau Weingartsmann. Hier nochmal der direkte Zusammenhang - Du wirst doch wohl auch nicht behaupten wollen, dass Frau Weingartsmann von Hausherr "auf eigene Faust" inhaftiert wurde:

Der Zentgraf entwickelte dabei eine beträchtliche Eigeninitiative bis hin zu Inhaftierungen auf eigene Faust. Das Vorgehen wurde allerdings „von oben“ unterstützt. Julius Echter stärkte den Zentgrafen und das Gerolzhöfer Gericht in ihrem Tun, er akzeptierte die Geständnisse und Beweise aus Gerolzhofen und ordnete den Einsatz der Folter an.

Im Aufsatz über die Gerolzhöfer Hexenprozesse schreibt Meier:
"Die besondere Rolle des Zentgrafen Valentin Hausherr für die Gerolzhöfer Verfahren ist bereits angedeutet worden. Er inhaftierte und verhörte auf eigene Faust. Durch die Informationen, die er nach Würzburg schickte, konnte er die Verfahren steuern. Dies zeigt sich bereits bei der Verhaftung der dann am 9. Februar hingerichteten Margaretha Wagner: 'Als er zum ersten Mal über den Fall nach Würzburg berichtet, hat Hausherr das Verhör der alten Wagnerin bereits durchgeführt, zwei von ihr bezichtigte Frauen hat er ebenfalls festgesetzt und im Haus der Tochter hat Hausherr Hexenschmiere gefunden. Hausherr hat alle relevanten Dinge bereits erledigt und nennt so viele relevante Indizien, dass der Prozess praktisch schon gelaufen ist.'"​
 
Dass Zentgraf auf eigene Initiative Beschuldigte festsetzte und folterte habe ich nie ins Abrede gestellt. Aber das tat er wohl erst später, nicht bei der ersten Beschuldigten Weingartsmann, mit der alles weitere ins Rollen kam: Da hat der Zentgraf erst die Anweisung von Fürstbischof abgewartet, in der dann stand, Weingartsmann zu verhaften und zu verhören. Das heißt, die Weingartsmann war nach der ersten Befragung durch Zentgrafen, in der sie den Hostienfrevel zugegeben hatte, auf freien Fuß gesetzt worden, sonst ergibt die Anweisung "verhaften und verhören" keinen Sinn.
Sind wir uns da einig?
Wenn ja, dann ist nur noch strittig, ob dieses "Verhören" bzw. "Befragen" Folter beinhaltete oder nicht.
 
Aber das tat er wohl erst später, nicht bei der ersten Beschuldigten Weingartsmann, mit der alles weitere ins Rollen kam: Da hat der Zentgraf erst die Anweisung von Fürstbischof abgewartet

Ich muss wohl jedes Mal nachfragen, ob Du gelesen hast, was ich bisher dazu geschrieben habe.
Hast Du gelesen, dass es über ein halbes Jahr gedauert hat, bis Würzburg überhaupt erst von dem "Hostienfrevel" erfuhr? Wissen wir denn, was da in der Zwischenzeit gelaufen ist?
 
Nein, dass wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass Fürstbischof nach einem halben Jahr die Verhaftung und Verhör der Weingartsmann angeordnet hatte - nach meinem Verständnis müsste sie in diesem halben Jahr auf freiem Fuß gewesen sein. Oder siehst du das anders?
 
Nein, dass wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass Fürstbischof nach einem halben Jahr die Verhaftung und Verhör der Weingartsmann angeordnet hatte - nach meinem Verständnis müsste sie in diesem halben Jahr auf freiem Fuß gewesen sein. Oder siehst du das anders?

Flurschütz da Cruz sieht das so:
"In jedem Fall aber dürften diese Monate nicht ungenutzt verstrichen sein, sondern boten den Berfolgungsbefürwortern sowie den persönlichen Feinden Kunigunda Weingartsmanns vor Ort erheblichen zeitlichen Spielraum, um den Prozess gegen die Schallfelderin hieb- und stichfest vorzubereiten, sich eventuell sogar abzusprechen, Stimmung in der Umgebung zu machen oder bereits erste, unautorisierte Verhöre durchzuführen, um der fürstbischöflichen Regierung zusammen mit der verzögerten Anzeige gleich erste Ergebnisse und 'Beweise' vorlegen zu können."​
Ich kann dazu nur sagen, dass das alles Spekulation ist.
Als die Sache nach Würzburg gemeldet wurde, lag zumindest folgendes vor: Das Geständnis der Frau, die Hostie aus dem Mund genommen zu haben, der Widerruf des Geständnisses, Aussagen von Zeuginnen, die die Sache angeblich beobachtet hatten sowie eine Anzeige wegen Schadenszauber.
 
* Obwohl unter Verantwortung des Johann von Schönenberg die schlimmsten Hexenverfolgungen in Kurfürstentum Trier stattfanden, erwähnt die deutsche Wikipedia nur seine Verdienste um die Eindämmung der Hexenprozesse. Und zu Hexenprozessen selbst wird nur gesagt – Zitat:

In diesem Kontext kam es im Trierer Land auch zu schrecklichen Hexenverfolgungen, die jedoch ein konfessionsübergreifendes und zeitbedingtes Phänomen darstellten.

Das ist nicht falsch, aber eben entschuldigend, schließlich war von Schönenberg derjenige, der die Verfolgung der Hexen (und der Protestanten und der Juden) angeordnet hatte.


*** Zitat aus Wikipedia zu Johann Adam von Bicken: Das Bild des jungen, auf Sicherung und Ausbau des katholischen Bekenntnisses bedachten Kurfürsten ist dadurch stark getrübt, dass er Bestrebungen zur Hexenverfolgung nachgab. Der Erzbischof ließ nämlich, wie sein Nachfolger Johann Schweikhard von Cronberg, Hunderte Hexenprozesse in Kurmainz durchführen. Von 1601 bis 1604 fanden unter Kurfürst Johann Adam von Bicken im ganzen Hochstift 650 Hinrichtungen vermeintlicher Hexen statt.

Das mit dem Nachgeben ist wohl ein Witz, denn wäre er zu den Hexenprozessen quasi gezwungen gewesen, hätten in Mainz nicht so viele Menschen auf dem Scheiterhaufen brennen dürfen – es gibt ja Beispiele von Fürsten, die Hexen eben nicht oder nicht solchem Umfang verfolgen ließen.


. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es bei der Wikipedia Autoren gibt, die die Rolle der Fürstbischöfe - und -äbte bei den Hexenverfolgungen kleinreden wollen.
Der Wikipedia-Artikel zu Johann von Schönenberg ist ja wirklich sehr kurz.
Ich kann ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, dass du unbedingt jedem an die Karre fahren willst, der auch nur Irgendetwas veröffentlicht, das nicht so ganz zum Narrativ der fanatischen Hexenbischöfe und der von ganz oben angeordneten und forcierten Hexenverfolgung passt, so auch den Wikipedia-Autoren.

Es genügt eben nicht, einfach nur auf die Regierungszeit zu blicken und die Verantwortung des Kurfürsten zu konstatieren.

Es gab unter Johann von Schönenberg in Kurtrier zahlreiche Hexenprozesse. Johann von Schönenberg teilte die Angst vor Hexen, er hielt grundsätzlich die Forderung, gegen Schadenszauber vorzugehen für legitim, was man ihm vorwerfen kann, dass war, dass er nicht energischer gegen Hexenverfolgung sich stark machte, dass seine Bemühungen nur die Eindämmung von Prozessen zum Ziel hatten, dass seine Hexenprozessordnung sich gegen Auswüchse der Hexenverfolgung, gegen Rechtsbrüche und Willkür von Hexen-Kommissaren und Amtmännern richteten, von Schönenberg aber keineswegs grundsätzlich Hexerei und Maßnahmen gegen Schadenzauber ablehnte.

Man kann ihm vielleicht auch vorwerfen, dass seine Bemühungen konterkariert wurden durch untere Behörden, dass die sich einfach über und seine Hexenprozessordnung hinwegsetzten und er letztlich mit seinen Bemühungen Hexenprozesse einzudämmen und höhere Anforderungen durchzusetzen letztlich wenig erfolgreich war, nicht zuletzt auch deshalb, weil Kurtrier längst noch kein straff zentralistisch absolutistischer Staat war, und von Schönenberg schlicht und einfach gar nicht die tatsächliche Macht besaß, Edikte und Mandate durchzusetzen.

Das alles kann man Johann von Schönenberg vorwerfen, durchaus auch mit Recht. Er war aber keineswegs die treibende Kraft bei der Hexenverfolgung in Kurtrier. Es war immer wieder zu Übergriffen, Willkür und Rechtsbrüchen gekommen, und das hatte sich durchaus herumgesprochen. Johann von Schönenberg war nicht grundsätzlich gegen Hexenprozesse, sah aber dass dabei immer wieder gesetzliche Regularien gebrochen wurden. Von Schönenberg erließ deshalb bereits 1591 eine Hexenprozessordnung herausgegeben, um Prozesse einzudämmen, um die Hürden zu erhöhen und die Macht von Ausschüssen und Kommissionen auf unterer Ebene besser zu kontrollieren.

"Der Erlaß Schönenbergs hatte aber nur wenig Wirkung. Die starke gemeindliche Verfassung setzte sich gegen die schwache Landesherrschaft durch und Offizial-Prozesse wie in Schönenbergs Hexenprozessordnung gefordert waren eher die Ausnahme"

Ein Vertrauensmann von Johann von Schönenberg, der Jurist, Stadtschultheiß und Ratsherr Dietrich Flade, dem es lange gelungen war, Hexenprozesse einzudämmen, wurde schließlich selbst denunziert und exekutiert. Danach nahm die Hexenverfolgung Fahrt auf. Bei Flades Verurteilung und auch bei den Prozessen spielte Weihbischof Peter Binsfeld eine bedeutende Rolle.

Binsfeld war ein bekannter Hexentheoretiker, der in Trier große Popularität genoss.

 
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