Historische Literatur der DDR

Die einzige wirklich freie Zirkustruppe war "Probst". Weil meine damalige Freundin dort Stallmeisterin war, bin ich im Urlaub immer mitgezogen. Über das, was da so hinter den Kulissen ablief, könnte ich ein Buch schreiben, ist aber bestimmt nix für Tierfreunde...

Wir haben den Affen die Bananen geklaut.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde, Veröffentlichungen der DDR zur napoleonischen Zeit sind besonders interessant, wenn sie russischen Ursprungs sind, da die Historiker sich Archiven bedienen konnten, auf die andere so keinen Zugriff hatten.

Erinnert sei da an Tarlé mit seinem "Napoleon" oder "Talleyrand", vor allem mit dem ausgezeichneten "1812" oder auch an A.S. Manfred, dessen Napoleonbiografie ich für eine der besten überhaupt halte. Sicher ist eine Marxistische Wertung unübersehbar, was aber auch so tragisch nicht ist, bekommt Marx, was den Kapitalismus betrifft, dieser Tage ja wieder eine größere Bedeutung ...

Grüße
excideuil
 
Die Belletristik, die vom Militärverlag stammte. Ideologisch überfrachtet, schlechtes Deutsch, Sex and crime - einfach haarsträubend ...
 
Diese Aussage, undifferenziert hier in den Raum gestellt, ist schlichtweg Tinnef. Auch betr. Belletristik.

Mag sein.

Meine Ex ist Bibliothekarin. Ich habe einige hundert ausgesonderte Bücher von ihr. Darunter auch etliche von jenem Verlag. Vlt. habe ich nur die minderwertigen erwischt oder mein Anspruch ist zu hoch :)

Das ist alles sehr subjektiv. Aber wenn du lesenswerte schöngeistige Literatur aus jenem Verlag kennst, dann stelle doch bitte die Titel einfach ein :devil:
 
[OT]

Der Militärverlag wird hier wohl noch öfter auftauchen. Dabei war Schund- und Schmutzliteratur doch verboten?! Oder bezog sich das nur auf die Einfuhr?

Sorry, aber ich halte eine solche Pauschalaussage, die zudem erst nach Nachfrage von dir relativiert wurde für eine Diffamierung des Militärverlages.

In meinem Besitz befindet sich ein Exemplar des "Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte" von 1985, eine zweibändige Ausgabe in Kunstleder im Schuber zum Preis von 87 DDR-Mark. Auf über 1100 Seiten werden sachlich militärische und militärhistorische Themen behandelt. Sicherlich sind DDR/UdSSR-Themen nicht ideologisch wertfrei behandelt, aber das macht die Ausgabe weder sachlich unrichtig noch weniger historisch wertvoll.

Berechtigt mich dieses eine Buch, eine Wertaussage über einen Verlag zu treffen? Wohl kaum.

Was nun die Aussonderungen von Bibliotheken angeht, ist mir noch nie ein Treffer gelungen. Was die Qualität dessen angeht, magst du sogar recht haben.

Grüße
excideuil
 
@Köbis17

Gekonnt werden Sachverhalte falsch bezeichnet und es werden aus kleinen Dingen große Dinge und aus großen kleine Dinge.

Die Geschichte wird entweder verdreht oder es werden Ereignisse anders interpretiert als wirklich geschehen, oder sie werden einfach weg gelassen.

Eine solche demagogisierte Darstellungsweise ist typisch für kommunistische Propaganda insgesamt und nicht nur für den Militärverlag der DDR. Und mal ehrlich: manche/r Zeitgenosse/in hat sich da heute noch eine kräftige Scheibe abgeschnitten.
Mir fällt das immer besonders auf, wenn ich lese, dass Geschehnisse der Geschichte aus ihrem geschichtlichen Entstehungskontext gerissen werden und unzulässig nach heutigen Maßstäben beurteilt werden.
Schließlich kann man auch hier lesen, warum "Napoleon reaktionär" war.

Verdrehungen sind ein probates Mittel kommunistischer Propagande.
Da wird aus einer Minderheit von Kommunisten schon mal die Bolschewiki (Mehrheit) und der übrige Rest Russlands, der gegen die Kommunisten in Moskau und St. Petersburg kämpfte die Menschewiki (Minderheit).
Das war schon ziemlich clever.;)
Oder das Parteiorgan gleich Prawda (Wahrheit) zu nennen.
Was für ein Marketingcoup!=)
Denn wer möchte schon nicht die Wahrheit wissen?

Erst vor Kurzem hatte ich in der Hoffnung, dass ja doch mal etwas Brauchbares darin stehen könnte, bei ebay das Machwerk "das Pferd im Militärwesen" erstanden.

Vom Pferd der assyrischen Reiter über die Kavallerie Roms, das Mittelalter und der friderizianischen Zeit Preußens, macht das Buch plötzlich einen großen thematischen Ochsersprung über die Zeit der französischen Revolution bis zum revolutionären Russland. Wobei der Autor mit der wenigstens bildhaften Erwähnung der preußischen Kavallerie in heroischen Skizzen des unvermeidlichen Herrn Knötel, wenigstens beim Zeitsprung einen Barren des Ochsers abräumt.;)

Weiter gehts so:

Russland galt zu dieser Zeit (um 1900), vor allem in seinem europäischen Teil (so ein Schwachsinn), als ein riesiges Pferdezuchtgebiet mit einem Bestand von über 15 000 000 Pferden (jedem Bauern sein Pferd =)) Jeder Kommandeur eines Kavallerieregimentes kaufte die Pferde für seine Truppe selbst zu dem dafür vom Staat zur Verfügung gestellten Betrag.
Russische Militärpferde standen acht Jahre lang im Dienst, was auf eine ausgezeichnete erbliche Konstitution im Pferdebestand und auf eine sehr artgerechte Behandlung (in Russlaaand =)) der Pferde schließen lässt. Vergleichsweise werden unsere heutigen Sportpferde für das Springen im Durchschnitt 5 Jahre genutzt.

=)Ich krieg mich gar nicht wieder ein!=)
Vielleicht lag es ja eher daran, dass die Pferde zu oft das 8. Dienstjahr gar nicht überlebten, dass sie schon mit 12 Jahren (denn erst im 4. Jahr sollte man frühestens mit dem Bereiten beginnen) in den Gulaschtopf wanderten.

Ich glaub eher, da haben zur Ausarbeitung des Textes, ein paar trinkfeste Offiziere der Moskauer Militärakademie, einem jungen NVA - Leutnant mit jeder Menge Wodka, beim Brasnik ordentlich nicht nur die Taschen gefüllt!

Liest man nämlich Dokumente der Zeitgeschichte, kommen da nur die russischen Garderegimenter auf Orlowtrabern oder ähnlichen hochwertigen Rassen daher. Bei allen übrigen ließ das Aussehen auf einen Bauernhof schließen aber keinesfalls auf eine gezielte Zucht noch auf eine europanahe Herkunft.
Was nicht heißen soll, dass Don - oder Kubanpferde schlecht sind, im Gegenteil! Aber die traditionellen Haltungsbedingungen und der grobe Umgang (vor allem beim Militär) mit ihnen ist eben mit eurpäischen Maßstäben nicht vergleichbar.
Beschönigt bleibt natürlich auch der innerrussische Bürgerkrieg bis 1922, bei dem es natürlich nur um den legendären General Budjonny ging.
Dessen Erfolg mit der 1. Reiterarmee führte man darauf zurück dass:

62 % Bauern waren, 20 % Arbeiter, 14 % arme Kosaken (was ist denn das ? haben die keinen Beruf) und 4 % Intellektuelle.

Man berichtet auch, dass durch Veranlassung von (nun) Marschall Budjonny ein neues Pferd gezüchtet wurde. Ein Spitzenhengst dieser Rasse soll unter dem Reiter 309 km in 24 Stunden und 1800 km in 15 Tagen gelaufen sein.
Ob er danach noch ein "Spitzenhengst" war verschweigt das Büchlein-fein.

Ich hab mich entschlossen, in meinem Bücher - Humidor eine Giftecke einzurichten, in der ich solche wertvollen Zeugnisse der Zeitgeschichte ihrem Dasein überlasse.;)
 
Erst vor Kurzem hatte ich in der Hoffnung, dass ja doch mal etwas Brauchbares darin stehen könnte, bei ebay das Machwerk "das Pferd im Militärwesen" erstanden.

Vom Pferd der assyrischen Reiter über die Kavallerie Roms, das Mittelalter und der friderizianischen Zeit Preußens, macht das Buch plötzlich einen großen thematischen Ochsersprung über die Zeit der französischen Revolution bis zum revolutionären Russland.
Tja, irgendwie mußte die ruhmreiche Sowjetunion halt in jedem Kontext vorkommen.

Ich habe mir vor etwa 30 Jahren ein DDR-Lexikon zur Antike gekauft. In weiten Bereichen ein recht ordentliches Werk, insbesondere bei der Berücksichtigung von Alltagsleben oder Handwerk. Und zwischen allen möglichen antiken Stichworten gab es da den Eintrag "Sowjetunion". Die im üblichen Verständnis vor 2000 Jahren noch nicht wirklich vorhanden war ...

Wie also löste der Autor das Problem, zu diesem offenbar von oben vorgegebenen Stichwort einen Eintrag zu fabrizieren?
Er führte a) auf, welche Völker in der Antike auf dem Gebiet der späteren SU lebten und b) stellte er die besonderen Verdienste der sowjetischen Geschichtswissenschaft heraus. Ähnliche Verweise zu anderen modernen Staaten fehlten natürlich.
 
Ich wurde Ende 1989 von der HU Berlin promoviert und habe meine Dissi irgendwann im Sommer 1989 eingereicht. Mein Prof. und Doktorvater hat mir eingeschärft, ab in die Archive. Die Themenwahl für unsere Diplomarbeiten und Dissis haben wir in Abstimmung mit den Betreuern so vorgenommen, daß wir möglichst keinen politischen Zeitbezug haben, also möglichst kein Thema nach 1933, kein Thema zur Arbeiterbewegung, soziohistorische Themen usw. Historische Themen die DDR betreffend waren natürlich auch Tabu, weil keine oder nur beschränkte Akteneinsicht in den Archiven.

Am Ende steht immer das Vorwort und da mußte ein Bezug zu den Klassikern rein, oder irgendein Zitat aus den Dokumenten der SED, möglichst letzter Parteitag. Selbst zu meinem Thema, Finanz- und Zollpolitik, habe ich da was gefunden bzw. "an den Haaren herbeigezogen".

Tja, und so kommen Beiträge zur Sowjetunion auch in ein ansonsten ziemlich vernüftiges und historisches Wörterbuch der Antike.

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als Doktorandin habe ich von den Arbeiten einiger DDR-Historiker profitiert. Zu nennen wären Ludwig Elm und das Lexikon zur Parteiengeschichte und hier vor allem der Band 2 über die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände zwischen 1789 und 1945. Die Linke in der Paulskirche, etwa die Fraktion "Donnersberg", wurde dort ausführlich behandelt oder die "Demokratische Vereinigung", eine radikaldemokratische Splitterpartei vor dem Ersten Weltkrieg. Sehr hilfreich waren die Hinweise zu weiter führender Literatur oder zu gedruckten Quellen.

Was den Inhalt angeht: Natürlich folgten die Autoren dem Interpretationsrahmen der marxistisch orientierten Geschichtswissenschaft. Die Linksliberalen des Kaiserreiches sind gutwillige Kleinbürger, die objektiv nicht ihren Klassenstandpunkt gefunden hatten.

Ein Beamter des Bundesarchives meinte mal etwas schmunzelnd zu mir, wenn Elm und seine Kollegen da gewesen wären, hätte auch ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes im Lesesaal gesessen. Immer, wenn die DDR-Forscher in Koblenz waren, hatte er als Lesesaalauskunft mit Benutzern zu tun, die sich nur umsahen und wenig Interesse an den von ihnen bestellten Materialien zeigten...
 
Man soll alte DDR-Bücher, oft für `n Appel und n`Ei auf dem Trödelmarkt zu bekommen, nicht unterschätzen. Im Gegenteil, wenn ich z.B. an Herrmann "Die Germanen" oder "Die Slawen in Deutschland" denke. Das ist solide, zitierbare Arbeit.
 
Da lassen sich wohl noch mehr Beispiele finden. Mir ist vor einigen Wochen Walter Markovs "Grand Empire - Sitten und Unsitten der Napoleonzeit" in die Hände gefallen, ein sprachlich mitreißender und wunderbar ausgestatteter Prachtband. Sehr erstaunt war ich als ich erfuhr, dass der Band nicht nur in Leipzig sondern im selben Jahr in Stuttgart erschienen ist. Wohl ein Zeichen, dass DDR-Historiker sich durchaus nicht verstecken mussten.

Grüße
excideuil
 
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