Hitler und die Slawen

Kalojan

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Grüß euch!

Ich hätte da mal eine Frage:

In der Schule wird oft gelehrt, das für die Nazis die Slawen "Untermenschen" waren. Aber auf der anderen Seite, hatte Hitler oft genug Bündnisse mit den Slawen (Bulgarien, Vlassov-Russen, Kosaken, slawische SS-Einheiten etc.)

Wie war nun das Verhältnis der Nazis zu den Slawen tatsächlich?
 
Grüß euch!

Ich hätte da mal eine Frage:

In der Schule wird oft gelehrt, das für die Nazis die Slawen "Untermenschen" waren. Aber auf der anderen Seite, hatte Hitler oft genug Bündnisse mit den Slawen (Bulgarien, Vlassov-Russen, Kosaken, slawische SS-Einheiten etc.)

Wie war nun das Verhältnis der Nazis zu den Slawen tatsächlich?

Wenn ich mich recht entsinnen kann, ist die Vlassov-Armee eher ohne großes Zutun von seiten Himmlers protegiert worden. Viele dieser Einheiten waren in der SS aktiv, die sich im Kriegsverlauf ja auch immer weiter Hitler entzogen hat.

Ich glaube kaum, dass die Slawen in Hitlers Zukunftsplanung irgendeinen Platz hatten. Sie standen hierarchisch für Hitler zwar vor den Juden, wurden aber trotzdem als minderwertig erachtet, was sich ja auch in der brutalen Besatzungspolitik, auch gegenüber anfangs entgekommenden slawischen Völkern wie in der Ukraine, zeigt. Die Slawen sollten deportiert werden, damit "Germanen" dort ansiedeln konnten. Ca. 3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene verhungerten einfach durch die deutsche Behandlung. Da erscheint die Vlassov-Armee recht marginal gegen.

Viele von den "fremdländischen" Truppen, die du anführst, gerade in der SS, waren fast immer sogenannte "Volksdeutsche" oder Gruppen, die als höherwertig angesehen wurden, da "nordisch", z.B. Belgier. Da kam es dann vor, dass ein aus heutigem Verständnis Slawe aufgrund bestimmter Merkmale zum Arier umdeklariert wurde.

Zudem wurde aus NS-Sicht die SS zum Kriegsende hin immer weiter "aufgeweicht", sprich der anfangs "rassepolitisch elitäre" Anspruch konnte mit der sich immer verschlechternden Kriegslage nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Trotz dieser gewissen partikularen Integrationsversuche, die meiner Meinung nach als Ausnahmefälle angesehen werden müssen, war die Hitler´sche NS-Machtpolitik, wie in "Mein Kampf" vorhersehbar, strikt anti-slawisch und strebte trotz temporärer Zweckbündnisse immer eine Vernichtung der Slawen an.
 
Die Slawen wurden als "Helotenvölker" angesehen, d.h. sie sollten für ihre germanischen "Herren" arbeiten, im Übrigen sollte ihnen eine höhere Bildung verwehrt bleiben. Dies galt in erster Linie für Polen, Ukrainer, Russen und Tschechen.
 
Alle diese kruden Gedanken waren eigentlich für die Zeit nach dem "Endsieg" gedacht. Ein Teil ("rassisch einwandfrei") sollte germanisiert werden, der Rest bestenfalls nach Sibirien. Es gibt ein Zitat von Himmler betr. die Tschechen, aber das finde ich gerade nicht.
 
Meinst du das:

"Wie es den Russen geht wie es den Tschechen geht ist mir total gleichgültig. Das, was in den Völkern an gutem Blut unserer Art vorhanden ist, werden wir uns holen, indem wir ihnen, wenn notwendig, die Kinder rauben und die bei uns grossziehen. Ob die andern Völker in Wohlstand leben, oder ob sie verrecken vor Hunger, das interessiert mich nur insoweit, als wir sie als Sklaven für unsere Kultur brauchen anders interessiert mich das nicht".


Dies sagte Himmler 1943.
 
Die Slawen wurden als "Helotenvölker" angesehen, d.h. sie sollten für ihre germanischen "Herren" arbeiten, im Übrigen sollte ihnen eine höhere Bildung verwehrt bleiben. Dies galt in erster Linie für Polen, Ukrainer, Russen und Tschechen.

Die "Arbeit" war für diejenigen außerhalb der sog. "Zuschußgebiete" gedacht, also für die industrialisierten Bereiche (zB Ostukraine, Landwirtwirtschaft), wie sich zB aus der "Grünen Mappe" und den "Lebensraum"-Planungen der Ostgebiete ergibt:
Grüne Mappe ? Wikipedia
Gerlach, Christian: Kalkulierte Morde
Wasser, Bruno: Himmlers Raumplanung im Osten Der Generalplan Ost in Polen 1940-1944
Daneben sah die "Raumplanung" Siedlungsgebiete vor, die durch Vertreibung und Morde geräumt wurden bzw. werden sollten.

Aus Hitlers "Bündnissen" und Verträgen lassen sich keine Strategien oder Prinzipien ableiten. Sie sind überwiegend situativ bedingt und durch kurzfristige Vorteile geprägt. Dafür lassen sich eine Reihe von Beispielen bilden (zB auch Rumänien).

Wie oben von @rheinländer ausgeführt, ist die SS wieder ein eigener Bereich. Die Entwicklung der Wlassow-Truppen, Kosaken, Kalmücken etc. ist auch vor dem Hintergrund des Kriegsverlaufs zu sehen, die Urspünge sind wenig planmäßig gesetzt.
 
Nein @ursi, das Zitat meinte ich nicht, obwohl es auch ganz passend ist. Sinngemäß lautet es, man könnte 50% der Tschechen eindeutschen und den Rest deportieren und im "Sibirjakentum" aufgehen lassen. Bin mir nicht mal sicher, ob es von Himmler oder einem Satrapen stammt.
Es war im DDR-Geschichtsbuch gedruckt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Weg zur Vertreibung 1938-1945 ... - Google Bcher

Dort S. 65, Oktober 1941.
Brandes, Der Weg zur Vertreibung 1938-1945. Pläne und Entscheidungen zum Transfer.

Ähnliche Gedanken (mit offenem "Prozentsatz" der Eindeutschung, aber im Prinzip die gleiche Aussage) gab es bereits in der Denkschrift Heydrichs vom September 1940, in Wildt: Generation des Unbedingten - das Führungskorps des RSHA, dort S. 532 und 617.
 
Also waren die Slawen im Allgemeinen davon gefährdet, das sie als "Menschen Zweiter Klasse" als Sklaven eingesetzt werden. Und zwar alle, Russen, Tschechen, Ukrainer, Polen, Jugoslawen und Bulgaren. Hab ich das richtig zusammengefasst?
 
Also waren die Slawen im Allgemeinen davon gefährdet, das sie als "Menschen Zweiter Klasse" als Sklaven eingesetzt werden.

Nicht ganz, sofern wir von den Ostgebieten sprechen.

Es ging nicht nur um Arbeit, sondern ebenso um Verdrängung (geplante deutsche Siedlungsgebiete im Osten) sowie um Vernichtung (Menschen in den so genannten "Zuschussgebieten").
 
Also Versklavung und schlimmeres? (Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es was schlimmeres gibt als Versklavung)
 
Also Versklavung und schlimmeres? (Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es was schlimmeres gibt als Versklavung)

Schlimmer als Versklavung? Das Verhungernlassen womöglich, auf das Silesia ja bereits hingewiesen hat.

Allerdings - und da schließe ich mich ebenfalls meinen Vorpostern an - war die Behandlung der slawischen Bevölkerungsgruppen durch "pragmatische Ambivalenz" geprägt.

Vernichtung einerseits als auch die von Dir genannten "Bündnisse" gab es nebeneinander - ohne dass dies die grundsätzliche Sicht der Nazis in Frage gestellt hätte, in den slawischen Bevölkerungsgruppen Menschen minderen Wertes zu sehen.

In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch folgendes Himmler-Zitat von Interesse, in dem es um die


Siebung aller Kinder des Generalgouvernements nach blutlich Wertvollen und Nichtwertvollen
geht:
Die Eltern dieser Kinder guten Blutes werden vor die Wahl gestellt,
entweder das Kind herzugeben - sie werden dann wahrscheinlich keine
weiteren Kinder mehr erzeugen, sodaß die Gefahr, daß dieses Untermenschenvolk des Ostens durch solche Menschen guten Blutes eine
für uns gefährliche, da ebenbürtige Führerschicht erhält, erlischt - oder die Eltern verpflichten sich, nach Deutschland zu gehen und dort loyale Staatsbürger zu werden.

Heinrich Himmler über die Behandlung der Fremdvölkischen im Osten - 15.5.1940 NS-Archiv : Dokumente zum Nationalsozialismus : Heinrich Himmler, Niederschrift über die Behandlung der Fremdvölkischen im Osten vom 15. Mai 1940
 
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Ja, nach den Plänen der Nazis sollte wenigstens ein Teil der Slawen mit deutschblütigen Herrenmenschen gleichgestellt werden. Himmler gab ja sogar Angaben, wie viel Prozent eines slawischen Volkes germanisiert werden könnte.
Ansatzweise wurde Himmlers Selektionplan auch umgesetzt.
Diese Art der Sonderbehandlung war aber für die Auserwählten alles andere als glücklich.
Gezielt wurden blonde und blauäugige Kinder aus Osteuropa verschleppt. In den sogenannten Lebensbornen der SS, erhielten sie deutsche Namen und wurden teilweise zur Adoption freigegeben, um als Deutsche erzogen also "germanisiert" zu werden.
Ein Beispiel sind die Kinder von Lidice. Die SS zerstörte 1942 das tschechische Dorf als Racheaktion an vermeintlichen Partisanen. Alle Männer des Dorfes wurden an Ort und Stelle erschossen, die Frauen in KZs verschleppt. Die 98 Kinder, nunmehr Waisen, wurden nun nach ihren rassistischen Vorzügen "gesiebt". 12 Kinder sollten Deutsche werden, alle anderen fanden ihr Ende im Vernichtungslager.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, nach den Plänen der Nazis sollte wenigstens ein Teil der Slawen mit deutschblütigen Herrenmenschen gleichgestellt werden. Himmler gab ja sogar Angaben, wie viel Prozent eines slawischen Volkes germanisiert werden könnte.Ansatzweise wurde Himmlers Selektionplan auch umgesetzt.

Das hat allerdings nichts mit Gleichstellung von Slawen zu tun, sondern - in der perversen Logik der Nationalsozialisten - mit dem "Sieben" nach vermuteten germanischen (Rest-)Elementen in der slawischer Bevölkerung, gewissermaßen Halb-, Viertel, Achtel-Germanen etc.

Auch diese "Durchmischungslehre" für den "Ostraum" ist Teil der Ideologie und da wurden nebenbei Kohorten von Wissenschaftlern drauf angesetzt - @ursi hat beispielhaft das Zitat Himmlers gepostet: die "Kinder guten Blutes".
 
Im Laufe der Geschichte sind auch einige slawische Völker im deutschen Volk aufgegangen. Im Laufe des Mittelalters sind die Wenden erst unterworfen (wie vorher die germanischen Sachsen), sind dann in der deutschen Nation aufgegangen und haben im Laufe der Jahrhunderte ihre Sprache zugunsten des Deutschen (genauer gesagt der Niederdeutschen) aufgegeben. Noch heute gibt es Gegenden in Deutschland (Oberlausitz und andere), in denen Sorbisch gesprochen wird. In den deutschen Ostprovinzen gab es doch ähnliche Prozesse. In Schlesien wurde noch im 19. Jhdt. in weiten Teilen ein polnischer Dialekt (einige Sprachwissenschaftler bezeichnen sogar das schlesische Polnisch als eigenständige slawische Sprache) gesprochen.

Eigentlich müßten doch die Nazis vor der Problematik gestanden haben, dass große Teile des Deutschen Reiches (im Prinzip alles östlich der Elbe) von einer deutschsprachigen, slawischen Bevölkerung bewohnt waren. Um die Sache noch komplizierter zu machen, sind die Slawen selbst auch eine Mischbevölkerung, in denen die Reste von Germanenstämme assimiliert worden sind. :rofl: (Langsam krieg ich Kopfschmerzen)

Hat man das irgendwie ideologisch oder pseudowissenschaftlich rechtfertigen können?

"Reine" Germanen hätte man doch am ehesten in Skandinavien, Niederlanden, Flandern oder Island (aufgrund der geographischen Randlage sind die wohl meiner Vermutung nach am germanischsten) finden können.

Also wie konnte man deutschsprachige Slawen als "Herrenmenschen" bezeichnen, während man Slawen, die eine slawische Sprache wie Polnisch, Tschechisch, Russisch etc. sprachen, als "Untermenschen" ansehen?
 
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