Humanae vitae

DerNuntius

Mitglied
Vor 38 Jahren liess ein Schreiben aus Rom die (und nicht nur die katholische) Welt aufhorchen: am 25. Juli 1968 erliess Papst Paul VI. die Enzyklika Humanae vitae ueber die Weitergabe menschlichen Lebens.
Sofort brandete eine Widerstandsstimmung in dieser sowieso schon wiederstandsfreudigen Welt auf. Es wurde gegen den Papst gewettert, er sei konservativ und spiessig und wolle den jungen Leuten doch nur den Spass verderben.
Bis heute haben sich die Gruende, Humanae vitae zu verdammen, vermehrt. Mittlerweile wird die Enzyklika sogar herangezogen, um die Kirche zu beschuldigen, sie mache sich durch ihr Verhuetungsverbot zur “Mitmoerderin” an tausenden von Menschen in Afrika mache, die an AIDS <?xml:namespace prefix = st1 ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:smarttags" /><st1:City w:st="on"><st1:place w:st="on">leiden</st1:place></st1:City>.
Doch die wenigsten, die sich derartig gegen Humanae vitae aeussern, haben sie auch gelesen. Viele meinen nur, darin wird die Pille abgelehnt (daher auch der Beiname “Pillenenzyklika”) und ueberhaupt die “Verhuetung”.
Dies zeigt, wie sehr Humanae vitae missgedeutet wurde und wird.
Die Verhuetung wird nur in einem kleinen Teil der Enzyklika behandelt. Hauptsaechlich wird naemlich die eheliche Liebe und Treue, die verantwortliche Elternschaft und die Achtung des ehelichen Verkehrs und als Aspekt davon die Empfaengnisverhuetung betrachtet.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>

Die Enzyklika beginnt wie folgt.
Humanae vitae schrieb:
Die ueberaus ernste Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben, durch die die Gatten freie und bewusste Mitarbeiter des Schoepfergottes sind, erfuellt sie immer mit grosser Freude; doch ist die Freude vielfach mit nicht geringen Schwierigkeiten und Bedraengnissen verbunden.

Es folgt eine Betrachtung ueber die neuen Problemstellungen: Zunahme der Weltbevoelkerung, Bestreben des Menschen, die Natur ganz zu beherrschen, die Frage, ob es nicht angebracht waere, die heutigen sittlichen Normen zu ueberpruefen und die Feststellung, dass die mit dem Lehramt ausgestattete Kirche die Pflicht hat, sich in dieser Sache zu aeussern.
Anschliessend wird die eheliche Liebe ausfuehrlich betrachtet, es wird auf die Einzigkeit der ehelichen Liebe aufmerksam gemacht und auf ihre Eigenarten, dass sie naemlich vollmenschlich ist, das heisst nicht nur einem blossen Trieb oder einer Leidenschaft entspringt; dass sie weiterhin aufs Ganze geht, also die Gatten bereit sind, alles miteinander zu teilen, ohne dass jeder den eigenen Vorteil sucht und die Liebe zum Gatten um seiner selbst willen und nicht um das, was man von ihm (materielles) empfangen kann, besteht; weiterhin, dass sie treu und ausschliesslich bis zum Ende des Lebens besteht, auch wenn die Treue zum Gatten bisweilen schwer ist; und dass diese Liebe schliesslich fruchtbar ist, dass heisst, dass die Liebe nicht ganz in der ehelichen Vereinigung aufgeht, sondern darueber hinaus weiteres Leben erschaffen will.
Es wird deutlich gemacht, dass die Fruchtbarkeit und mit ihr die Faehigkeit, bewusst neues menschliches Leben zu zeugen, eine der hoechsten Gaben des Schoepfers an den Menschen ist, welche nicht leichtfertig an- und ausgeschalten werden darf.
So gelangt man dann an den Punkt, an dem Geburtenregelung und Empfaengnisverhuetung behandelt wird. Diese wird nicht kategorisch ausgeschlossen. Es wird untersagt, kuenstliche Mittel anzuwenden, darunter wird Sterilisation und Abtreibung gezaehlt. Mittel wie Kondom, Pille etc. werden nicht erwaehnt. Es wird lediglich bekannt gegeben:
Humanae vitae schrieb:
[Es] ist jede Hanbdlung verwerflich, die entweder in Vorraussicht oder waehrend des Vollzugs des ehelichen Aktes ode rim Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natuerlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel.
Die Kirche schliesst aber Verhuetung nicht kategorisch aus, sondern macht auf die unfruchtbaren Perioden aufmerksam.
<o:p></o:p>
Humanae vitae schrieb:
Es ist nach kirchlicher Lehre den Gatten erlaubt, dem natuerlichen Zyklus der Zeugungsfunktionen zu folgen, dabei den ehelichen Verkehr auf die empfaengnisfreien Zeiten zu beschraenken. <o:p></o:p>
Im Anschluss werden auch die Gruende fuer diese Lehrmeinung genannt. So wird die Gefahr gesehen, dass durch die kuenstliche Empfaengnisverhuetung der naturgemaess schwache Mensch versucht ist, haltlos und unueberlegt seinen Trieben zu folgen und so die Achtung vor dem geschlechtlichen, dem ehelichen Akt schwindet, dass ausserdem Maenner die Achtung vor ihrer Ehefrau mehr und mehr verlieren koennten und sie als blosses Werkzeug zur Triebbefriedigung erniedrigen und somit das seelische und physische Wohl der Frau gefaehrden.
Desweiteren wird die dringende Gefahr gesehen, dass Regierungen durch Verhuetungsmittel einen leichten Weg sehen, soziale, familiaere und persoenliche Probleme zu beheben, ohne an moegliche andere Wege zu denken.
Der Verfasser beruft sich auf seine Vorgaenger Johannes XXIII. und Pius XII. und nicht zuletzt eben auch auf Jesus Christus und seine Apostel.
Es folgt eine Betrachtung der seelsorglichen Richtlinien, ein Aufruf zur Selbstbeherrschung und einer fuer die Keuschheit gedeihlichen Athmosphaere, persoenliche Schlussworte an Aerzte und Wissenschaftler, Eheleute, Priester und Bischoefe u.ae.<o:p></o:p>

Humanae vitae entstand also nicht aus einer Laune des Papstes heraus, sondern wurde nach reiflicher Ueberlegung und auch mit Unterstuetzung der Akten eines Ausschusses, der sich mit den Fragen des ehelichen Lebens und der Geburtenregelung auseinandersetzen sollte und schon 1963 eingesetzt wurde, also noch von Johannes XXIII. Dieser Ausschuss bestand nicht nur aus KLerikern, sondern auch aus Ehepaaren.
Nun wird, um zu beweisen, dass die katholische Kirche unzeitgemaess ist, oftmals auch diese Enzyklika herangezogen. Dabei ueberschreitet diese Lehrmeinung die Konfessions-, ja sogar die Religionsgrenzen. Nach dem Erscheinen der Enzyklika gaben protestantische Theologen bekannt, diese Meinung zu teilen, auch der Patriarch von Konstantinopel sicherte Paul VI. seine Unterstuetzung zu.
Desweiteren war diese Lehrmeinung keineswegs neu: die Enzyklika fusst auf vorhergehenden Enzykliken, Rundschreiben und kirchlichen Lehren.
Der Rummel und das Entsetzen um Humanae vitae waere sicherlich geringer ausgefallen, wenn sie nicht erst 4 Jahre nach Marktfaehigkeit der Pille erschienen waere.
Humanae vitae verbietet einzig kuenstliche Empfaengnisverhuetung zum Schutz der Ehe und der Sitten. Man kann sie also auch nicht heranziehen, um der katholischen Kirche die Schuld an der Ausbreitung von AIDS zu geben: damit beschaeftigt sich die Enzyklika gar nicht.
<st1:place w:st="on">Ob</st1:place> das Kondom als Mittel zur Krankheitsvorbeugung erlaubt werden sollte steht auf einem ganz anderen Blatt.
Doch auch zu dieser Thematik laesst sich eindeutig sagen: die katholische ist nicht die einzige Konfession, die das Kondom v.a. in Afrika nicht sehen will.

Quellen:
1. Primaer: Humanae vitae
2. Sekundaer: http://www.humanae-vitae.de/
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist sehr apologetisch und trifft die historische Situation, in die diese Enzyklika hineinplatzte, in keiner Weise. Für die deutschen Katholiken folgte auf den Katholikentag 1968 - Hengsbach wir kommen, wir sind die linken Frommen - die Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland 1972ff in Würzburg.
Die Dokumentation der Beschlüsse sind immer noch von pastoraler Relevanz, und die Auseinandersetzung Kardinal Höffner contra Karl Rahner längst nicht stillschweigend ad acta zu legen.
Allerdings halte ich dieses Forum mit diesen Fragestellungen für überfordert.
 
Mercy schrieb:
Für die deutschen Katholiken folgte auf den Katholikentag 1968 - Hengsbach wir kommen, wir sind die linken Frommen - die Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland 1972ff in Würzburg.
Die Dokumentation der Beschlüsse sind immer noch von pastoraler Relevanz, und die Auseinandersetzung Kardinal Höffner contra Karl Rahner längst nicht stillschweigend ad acta zu legen.

Ich sehe nicht ein, was das mit dem Beitrag zu tun hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
DerNuntius schrieb:
Ich sehe nicht ein, was das mit dem Beitrag zu tun hat.
Wir sind hier nicht im Katechismusunterricht sondern in einem Geschichtsforum. Eine Enzyklika, die über den binnenkirchlichen Raum hinaus öffentliche Aufmerksamkeit erzielt hat, kann nicht ohne historischen Hintergrund interpretiert werden.
 
Dann stelle den Zusammenhang her und wirf nicht mit mirakuloesen Fakten um dich, die der Aussenstehende in keinen Kontext zu bringen vermag.
 
DerNuntius schrieb:
Dann stelle den Zusammenhang her und wirf nicht mit mirakuloesen Fakten um dich, die der Aussenstehende in keinen Kontext zu bringen vermag.
Der Nuntius schrieb:
Vor 38 Jahren liess ein Schreiben aus Rom die (und nicht nur die katholische) Welt aufhorchen: am 25. Juli 1968 erliess Papst Paul VI. die Enzyklika Humanae vitae ueber die Weitergabe menschlichen Lebens.
Sofort brandete eine Widerstandsstimmung in dieser sowieso schon wiederstandsfreudigen Welt auf. Es wurde gegen den Papst gewettert, er sei konservativ und spiessig und wolle den jungen Leuten doch nur den Spass verderben.
Es wäre deine Aufgabe gewesen, hier differenziert auf die historische Situation einzugehen. So pauschal, wie du das abhandelst, war die Kritik an der Enzyklika nicht. Die deutschen Bischöfe gaben ihre "Königsteiner Erkärung" heraus, die auf die vom 2. Vatikanum wiederentdeckte Gewissensfreiheit des Einzelnen hinwies. Letztlich war auch die deutsche Synode eine Frucht der Enzyklika.
Schmollwinkel kennen wir bei Mutter Kirche genügend.
 
Mercy schrieb:
Wir sind hier nicht im Katechismusunterricht sondern in einem Geschichtsforum. Eine Enzyklika, die über den binnenkirchlichen Raum hinaus öffentliche Aufmerksamkeit erzielt hat, kann nicht ohne historischen Hintergrund interpretiert werden.
Der Beitrag war doch in keinster Weise inkorrekt. Freilich, es mag nach wie vor Gegner von Humanae vitae geben, doch sind deren Argumente zumeist doch schlichtweg an den Haaren herbeigezogen.
 
Tutanchamun schrieb:
Der Beitrag war doch in keinster Weise inkorrekt. Freilich, es mag nach wie vor Gegner von Humanae vitae geben, doch sind deren Argumente zumeist doch schlichtweg an den Haaren herbeigezogen.
Ich werde morgen zum Friseur gehen.
 
was hat (religiöse, gesellschaftliche, emanzpatorische, politische...) kritik an einer enzyklika mit geschichte zu tun???

was hat schutz der "ehelichen liebe", "triebe", empfängnisverhütung und aids mit geschichte zu tun?

soll hier wieder einmal ein religionskrieg ausgefochten werden?
 
Ich sehe ein, ich habe das Thema verfehlt, sah mich blos ein wenig angespornt von der Rubrik "Religionsgeschichte"...arbeite gerade an den historischen Zusammenhaengen.
 
DerNuntius schrieb:
Ich sehe ein, ich habe das Thema verfehlt, sah mich blos ein wenig angespornt von der Rubrik "Religionsgeschichte"...arbeite gerade an den historischen Zusammenhaengen.
So schlimm war das jetzt auch nicht, auch wenn das einige Herrschaften hier ganz offensichtlich anders sehen...:grübel:
 
DerNuntius schrieb:
Ich sehe ein, ich habe das Thema verfehlt, sah mich blos ein wenig angespornt von der Rubrik "Religionsgeschichte"...arbeite gerade an den historischen Zusammenhaengen.
Da hast du aber noch einiges aufzuarbeiten. Viel Erfolg.
 
So, hier mein erster Nachtrag, was die historischen Zusammenhaenge anbelangt: die Vorgeschichte zur Humanae vitae.

Um die historischen Zusammenhaenge der Humanae vitae zu betrachten, sollte man einige Jahrzehnte frueher ansetzen, am Anfang des letzten Jahrhunderts.
Im Jahre 1908 setzte sich die Lambeth-Konferenz der anglikanischen Bischoefe vehement gegen die kuenstliche Geburtenkontrolle ein. Als die Konferenz 1930 tagte, wurden diese Bestimmungen teilweise aufgeweicht, was Papst Pius IX. zur Enzyklika Casti connubii bewegte, welche die katholischen Christen dazu aufrief, die (nicht nur katholische) Lehrmeinung von der Heiligkeit der Ehe und damit die Achtung vor dem ehelichen Verkehr zu befolgen.
Durch Lambeth kamen erstmals Diskussionen ueber die Erlaubtheit kuenstlicher Geburtenkontrolle auf, zumal durch die Konferenz 1959 die kuenstliche Empfaengnisverhuetung ausdruecklich erlaubt wurde.
Es wurden zunehmend Stimmen innerhalb der roemisch-katholischen Kirche laut, welche auch die Erlaubtheit der kuenstlichen Empfaengnisverhuetung auch vom Papst bestaetigt haben wollten.
Diese Entwicklung gipfelte schliesslich in die rasche Verbreitung der Antibabypille in den sechziger Jahren mit kurz darauf folgendem Pillenknick.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
Dadurch wurde Johannes XXIII. zu jener Komission angeregt, welche er im Maerz 1963 einsetzte, und die die Vereinbarkeit der Empfaengnisverhuetung mit den katholischen Ansichten zur Ehe pruefen sollte.
Nach dem Tod Johannes' XXIII. setzte dieser Ausschuss seine Untersuchungen fort und wurde von Papst Paul VI. noch um die ebenfalls erwaehnten Eheleute ergaenzt.
Die Komission legte ihren Bericht 1966 vor und kam zu dem Ergebnis, dass die Menschen in eigener Verantwortung entscheiden koennen sollten. Eine Minderheit des Ausschusses legte einen eigenen Bericht vor und verteidigte die bisherige Lehrmeinung.
Das tat denn auch Papst Paul VI. in seiner Enzyklika Humanae vitae.
Eine sehr apologetische Inhaltszusammenfassung laesst sich oben nachlesen.<o:p></o:p>

<o:p></o:p>
So viel zur Vorgeschichte. Was nach der Enzyklika geschah, steht ganz pauschal im ersten Beitrag und soll spaeter vertieft werden: dazu habe ich noch einen Haufen Material zu sichten, das schaffe ich um diese Uhrzeit nicht mehr.
<o:p></o:p>
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben