Humanismus - Aufklärung

Rotfront

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Ich habe eine Frage, die mir noch nie jemand explizit beantworten konnte. Was sind eigentlich die genauen Unterschiede zwischen Humanismus und Aufklärung? Wo ist die genaue historische Trennlinie, wo sind Unterschiede im Denkmuster?

Eigentlich ist doch vieles nahezu ident, bei beiden existiert ein antropozentrisches Weltbild, welches an die Antike anknüpft. Naturwissenschaft wird positiv und Christentum als eher negativ bewertet. Das Hinterfragen von Institutionen und Gemeinplätzen wird bei beiden betont, Bildung als besonders wichtig erachtet. Man kann auch jeweils von gesamteuropäischen Strömungen sprechen, die hauptsächlich (beim Humanismus vielleicht mit Abstrichen) von einem Bildungsbürgertum forsiert wurde. Auch das Vernunftsmotiv würde ich im Humanismus wiederfinden, während es bei der Aufklärung auch im Besonderen um die Humanitas geht.

Wo ist also eine klare Abgrenzung und wieso spricht man nicht von einer Strömung ab der antropologischen Wendung, die vielleicht auch den Liberalismus als Endpunkt einschließt?
 
Im Humanismus kann man eine historische Konstanz seit der Antike bis in die heutige Zeit sehen.

Die Aufklärung gehört einer spezifischen Epoche an und hat in dieser Epoche die Interpretation des Humanismus stark beeinflußt.

In diesem Sinne wäre die Aufklärung im ideengeschichtlichen Sinne eine Phase innerhalb des Humanismus.

Und klare Abgrenzungen findet man bestenfalls bei physischen Objektien vor. Und wird dieses bestenfalls in niemals endenden Diskussion bei Theorien und Konstrukten versuchen als permanenten Annäherungsprozess vornehmen zu können.

Zudem ist schon deswegen nicht möglich, weil die Produzenten / Theoretiker sich über die Zeit verändern und niemals eine 100 prozentige sprachliche Präzision bzw. Konstanz erreichen können. In diesem Sinne sind Theorien immer mit "Unschärfen" verbunden.
 
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Ich habe eine Frage, die mir noch nie jemand explizit beantworten konnte. Was sind eigentlich die genauen Unterschiede zwischen Humanismus und Aufklärung? Wo ist die genaue historische Trennlinie, wo sind Unterschiede im Denkmuster?

Der Humanismus ist eine im Geist der Renaissance entstandene Bewegung, die sich im 14. und 15. Jh. entwickelte. Er suchte ein mit Blick auf die wieder erschlossene altgriechische und römische Antike neues Bildungsideal und Selbstverständnis zu gewinnen. Insofern beriefen sich die Vertreter der neuen Geisteshaltung auf die Schriften der antiken Philosophen und orientierten sich in der Kunst an der Antike. Ein zentraler Gedanke war, dass anders als im Mittelalter die Einzelpersönlichkeit - das Individuum - in den Mittelpunkt des Interesses rücken sollte und die Würde des Menschen hervorgehoben wurde.

Die Aufklärung als Bewegung des 18. Jh. ging einerseits darüber hinaus und setzte andererseits auch andere Schwerpunkte. Ihr ging es darum, dass der Mensch "vernünftig" sei und alle seine Probleme nach den Regeln der Vernunft besser lösen könne. Insbesondere Immanuel Kant tat sich hier hervor, der in der Berlinischen Monatsschrift von 1784 die Frage stellte, "Was ist Aufklärung", und in den ersten beiden Sätzen ausführte: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen."

Die Aufklärung führte ihren Kampf somit gegen religiösen Fanatismus, gegen Vorurteile, Unterdrückung und überlieferte politische Machtverhältnisse, wobei die Aufklärer die öffentliche Meinung mit Hilfe von Büchern, Zeitungen und Diskussionen gewannen. Das bedeutete zugleich die Ablehnung des vorherrschenden Absolutismus, woraus sich z.B. in Preußen mit Friedrich II. und in Österreich mit Joseph II. die Regierungsform des aufgeklärten Absolutismus ausbildete.
 
Im Humanismus kann man eine historische Konstanz seit der Antike bis in die heutige Zeit sehen.

Die Aufklärung gehört einer spezifischen Epoche an und hat in dieser Epoche die Interpretation des Humanismus stark beeinflußt.

In diesem Sinne wäre die Aufklärung im ideengeschichtlichen Sinne eine Phase innerhalb des Humanismus.

Und klare Abgrenzungen findet man bestenfalls bei physischen Objektien vor. Und wird dieses bestenfalls in niemals endenden Diskussion bei Theorien und Konstrukten versuchen als permanenten Annäherungsprozess vornehmen zu können.

Zudem ist schon deswegen nicht möglich, weil die Produzenten / Theoretiker sich über die Zeit verändern und niemals eine 100 prozentige sprachliche Präzision bzw. Konstanz erreichen können. In diesem Sinne sind Theorien immer mit "Unschärfen" verbunden.

Kann man nicht sowohl Humanismus als auch die Aufklärung als ideengeschichtliche Strömung sehen? So kann man bei Betrachtung der Sophisten oder der Sokratiker auch von einer griechischen Aufklärungsbewegung sprechen.

Was ich aber meine, ist die Frage, wo die Abrenzung zwischen den Ideen der Epoche des Humanismus/Renaissance und der Epoche der Aufklärung ist.

Der Humanismus ist eine im Geist der Renaissance entstandene Bewegung, die sich im 14. und 15. Jh. entwickelte. Er suchte ein mit Blick auf die wieder erschlossene altgriechische und römische Antike neues Bildungsideal und Selbstverständnis zu gewinnen. Insofern beriefen sich die Vertreter der neuen Geisteshaltung auf die Schriften der antiken Philosophen und orientierten sich in der Kunst an der Antike. Ein zentraler Gedanke war, dass anders als im Mittelalter die Einzelpersönlichkeit - das Individuum - in den Mittelpunkt des Interesses rücken sollte und die Würde des Menschen hervorgehoben wurde.

Die Aufklärung als Bewegung des 18. Jh. ging einerseits darüber hinaus und setzte andererseits auch andere Schwerpunkte. Ihr ging es darum, dass der Mensch "vernünftig" sei und alle seine Probleme nach den Regeln der Vernunft besser lösen könne. Insbesondere Immanuel Kant tat sich hier hervor, der in der Berlinischen Monatsschrift von 1784 die Frage stellte, "Was ist Aufklärung", und in den ersten beiden Sätzen ausführte: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen."

Kant steht mit dieser Definition am Ende einer Entwicklung die weit vorher begonnen hat. Hat nicht auch der Humaniusmus versucht, die selbstverschuldete Unmündigkeit zu brechen?

Und die zeitliche Abgrenzung ist nicht sehr klar. So gilt der Niederländer Daniel Heinsius als Humanist und wurde 1580 geboren, Hugo Grotius gilt schon als Aufklärer, obwohl er nur 3 jahre nach Heinsius geboren wurde...

Die Aufklärung führte ihren Kampf somit gegen religiösen Fanatismus, gegen Vorurteile, Unterdrückung und überlieferte politische Machtverhältnisse, wobei die Aufklärer die öffentliche Meinung mit Hilfe von Büchern, Zeitungen und Diskussionen gewannen.

All dies kann auch für den Humanismus gelten. Man wante sich gegen die Macht der Kirche bzw. die vorherrschende Strömung der Skolastik, man hinterfragte auch damals die Machtstrukturen und bediente sich des neu erfunden Buchdrucks mit beweglichen Lettern.

Das bedeutete zugleich die Ablehnung des vorherrschenden Absolutismus, woraus sich z.B. in Preußen mit Friedrich II. und in Österreich mit Joseph II. die Regierungsform des aufgeklärten Absolutismus ausbildete.

Das hat recht wenig mit der Frage zu tun... Ich weiß durchaus, was Humanismus, Aufklärung, Absolutismus ect. sind, nur frage ich mich, wo der große Unterschied zwischen Humanismus und Aufklärung ist...
 
Wenn du die von mir genannten Eckpunkte für den Humanismus und die Aufklärung anschaust, ist meines Erachtens die unterschiedliche Schwerpunktsetzung klar erkennbar.

Ein Kampf gegen die Macht der Kirche oder ihre völlige Ablehnung ist im Humanismus so nicht gegeben. Auch der Kampf gegen Fanatismus, Vorurteile oder überlieferte Regierungsformen mag im Humanismus als Keim angelegt sein, aktiv in den Mittelpunkt hat das jedoch erst die Aufklärung gerückt. Und sie machte darüber hinaus auch konkrete Vorschläge zur Verbesserung, wie das z.B. Rousseau in seinem Werk "Vom Geist der Gesetze" ausführt, wo er die Teilung der Staasgewalten propagiert. Und Diderot und andere erklärten, dass alle Menschen von Natur gleich seien, daher alle Rechte besäßen und der Monarch nicht von Gott, sondern vom Volk eingesetzt sei. So wurde erstmals das Naturrecht aus der Taufe gehoben! Es reicht zwar in das antike Griechenland zurück (Platon, Aristoteles) erlebte aber erst zur Zeit der Aufklärung eine neue Blüte. Ungeheure und überall propagierte Gedanken, die sich im Humanismus nicht finden. Sie waren immerhin der Wegbereiter der Französischen Revolution und gaben zentrale Impulse für die Unabhängigkeitserklärung der USA. Im übrigen trat nunmehr erstmals das gebildete Bürgertum auf den Plan, das sich in Lesezirkeln, Salons und anderswo mit den Gedanken der Aufklärung auseinandersetzte und neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder politische und religiöse Fragen erörtete.

Man kann also sagen, dass einige zentrale Gedanken und Forderungen der Aufklärer keimhaft im Humanismus angelegt waren - zur vollständigen Reife aber kamen sie erst in der Zeit der Aufklärung und natürlich danach.
 
wie das z.B. Rousseau in seinem Werk "Vom Geist der Gesetze" ausführt, wo er die Teilung der Staasgewalten propagiert.
Du meinst "L'Esprit des lois" von Montesqieu nehme ich mal an. :winke:

Bei Rousseau war die Bildung eher autodidaktisch angenommen, in seiner Jugend hatte er sich u.a. als Diener verdingt.
Montesqieu und Voltaire hingegen hatten Jura studiert.
 
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Du meinst "L'Esprit des lois" von Montesqieu nehme ich mal an. :winke:

Genau das meinte ich hinsichtlich seiner Ausführungen zur Gewaltenteilung: Montesquieu, L'Esprit des lois, 1748, Buch XI, Kapitel 6.

Lässt sich schön in einer deutschen Übersetzung nachlesen in: Geschichte in Quellen, Bd. 3, München 1976, S. 716 f.
 
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