Immigration/Russland

Nebenbei bemerkt:

ZITAT: Repo

Mit schlichten Worten.
Die "Zuwanderung im Zusammenhang mit der Industrialisierung" in die Provinzen des "Russisch-Polen" "Königreichs-Polen" oder "Kongress-Polen" ist sowas von daneben, .......

Das interessante an o.g. Aussage ist eigentlich die Entrüstung,
mit der auf die schlichte Tatsache reagiert wird , daß die Einwanderung der Deutschen in "russisch - Polen" ihren Grund (auch) in den Bestrebungen zu Industrialisierung dieses Teils (damals). Russlands hatte.
Ich weiß nicht, ob die Ursache hierfür mehr mit meiner Wenigkeit,
oder mit Festhalten an irgendwelchen Stereotypen zu tun hat. Vielleicht gibt es
andere Ursachen. Egal. Das Thema finde ich
auch so interessant.

Also zurück nach Lodz - Theo, wir fahren nach Lodz....

Am 18 September 1820 wurde von dem damaligen Staathalter Seiner
Majestät den Zaren von Russland in "Königreich Polen",
General Jozef Zajaczek , ein Dekret über die Einordnug der Ortschaft
Lodz in die Gruppe sog. "Fabrikstädte" erlassen.
Neben Lodz zählten dazu : Łęczyca, Zgierz, Przedecz, Gostynin, Rawa, Skierniewice, Turek, Uniejów, Pabianice, Częstochowa
sowie einige Städte, die sich damals in privater Hand befanden : Aleksandrów, Tomaszów, Ozorków, Zduńska Wola, Konstantynów.

Der Hintergrund waren die allgemeinen Bestrebungen zu Industrialisierung
des "Königreichs Polen" ( "staatlich" gelenkte Förderung des Bergbaus,
Metallurgie usw.) sowie speziell - im Bezug auf die genannten Städte -die Tatsache, daß nach dem Wiener Kongress die Zentren der Textliverarbeitung in Großpolen an Preußen fielen. Somit kam es
zu Engpässen in der Beschaffung der Schlüpfer für die Damen auf dem
Hof des Staathalters (und Uniformen für die Soldaten).

Um die weitere Entwicklung in Lodz hatte sich der damalige Wojewode
von Masowien, Rajmund Rembielinski verdient gemacht - 1821 - 1823
wurden die Straßenverbindungen ausgebaut sowie auf einer Fläche von
ca. 27 ha. ein neues Stadtteil angelegt.
Hier muß auch die Aufhebung der Zollgrenze zu den russischen Kerngebieten im Jahr 1822 erwähnt werden.

Parallel mit den "Erschliessungsmaßnahmen" hat eine aus staatlichen Mitteln finanzierte Werbeaktion für die Siedler stattgefunden.
Den geworbenen Fachleuten wurden angeboten:
- Grundstücke für die Bebaung
- 6 - jährige Befreiung von Steuern und Pachtgebühren
- zolfreie Einfuhr vom Inventar und Werkstattausrüstung
- Befreiung vom Militärdienst für sie selst und ihre Söhne
- das Recht jederzeit in die Heimat zurückzugehen
- finanzielle Unterstützung
- günstige Kredite und Beihilfen

Im Ergebniss der Werbemaßnahmen kam es zu Einwanderung der
Siedler aus Sachsen, Brandenburg ( ehem. sächs. Lausitz),
Sudeten, Tschechien, Schlesien sowie einzelner Familien und
Personen aus Frankreich, Belgien, England, Schweiz und anderer
Ländern.


1824 -1824 wird das neu angelegte Stadteil - wo in erster Linie
verarbeitung der Wolle stattfinden soll - erweitert und es entseht
ein weiteres "Gewerbegebiet", dort werden vorrangig Leinen und Baumwolle
verarbeitet werden. 1826 entsteht eine staatlich finanzierte
Fabrik wo die hergestellen Stoffe gebleicht werden.
Die erste Industriefabrik gründet der aus Sachsen stammende Christian Friedrich
Wendisch

Die Zahl der Einwohner wächst sehr schnell. 1823 waren es noch 799 Personen, dreizehn Jahre später - 1836 sind es 6500 ( davon ca 75 % deutschsprachig, 15 % Polen, 10 % Juden). In den folgenden 6 Jahren steigt die Zahl auf 17 000 Personen.
(trotz der Krise, die um 1833 im Zusammenhang mit der erneuten
Errichtung der Zollgrenze zu eigentlichem Russland auftrat)
Kurz nach der Mitte des Jahrhunderts zählt Lodz ca. 40 000 Einwohner.
Die steigenden Zahlen der Einwohner sind bis zu diesem Zeitpunkt vorrangig auf die Migration aus dem Ausland zurückzuführen.
Anteil der deutschprachigen Einwohner sinkt erst mit der Aufhebung
der Leibeigenschaft in "Russisch - Polen" - 1864. Als die "Landflucht"
ansetzt wachst z.B. die Zahlen der Einwohner zwischen 1872 und
1878 innerhalb von 6 Jahren von 50 000 auf 100 000 .
Die Zuwanderung aus dem Ausland spielt schon geringe Rolle.
(nach 1871 ist generell die Zuwanderung aus Deutschland nach
Rußland stark zurückgegangen)
Der Anteil der Deutschen bleibt zwar in absoluten Zahlen nach
wie vor hoch - trotz Abwanderung in Richtung Osten und Assimilations -
prozesse - aber irgendwann um die Jahrhundertwende sind sie
in Minderheit......

Eine änhliche Entwicklung hat in anderen "Fabrikstädten" des "russich - Polen" stattgefunden, obwohl der Wachstum nirgendwo so stark war wie
in Lodz.
Die Zuwanderung erfolgte nicht nur im Zusammenhang mit der
Entwicklung der Textilindustrie, auch die Wachstumsprozesse in anderen
Inustriezweigen, ob in Warschau, ob in den Bergbaugebieten zogen mit
sich eine Zuwanderung aus dem Ausland und waren durch diese Zuwanderung begünstigt.
( Thonet - Stuhlfabrik - Radomsko ...usw.)

Das is eigentlich nix neues. Dachte ich.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo, kann mir Jemand sagen wieviele Deutsche um 1860 nach Russland/Region Wolga immigriert sind :winke:
Hm....
Ok, da dies wohl mein erster Eintrag überhaupt ist, versuch ich mal deine eigentliche Frage zu beantworten....und zwar rund um die Region Wolga.
Nichts gegen die anderen Beiträge aber die liegen alle eher im polnischen Gebiet....und die Wolga ist doch schon einbisschen weiter weg.
Naja wie auch immer....
Als aller erstens möchte ich sagen dass zwar schon im Mittelalter deutsche Siedler nach Russland emigrierten, aber erst durch Katharinas der II Thronbesteigung und ihrem Aufruf an die Landsleute ihr in dieses Land zu folgen, sich dort niederzulassen und das Land zu kultivieren, hat der sogenannte "Imigranten-Boom" nach Russland begonnen.
Die meisten kammen eher aus dem schwäbischen Gebiet des heutigen Baden-Württemberg.
Diese siedelten sich wie gesagt an den Krim-Gebieten, dem Wolga- und Kaukasusterritorium an.
Zu vermerken ist hier, dass das im 18.Jh. zur Regierungszeit Katharinas II eroberte Gebiete der türkischen Osmanen und ihrer Vasallen im Kaukasus und vor allem der Krim-Tataren waren. Damit hatte Russland auf breiter Basis endlich Zugang zum Schwarzen Meer.
Doch das Land war nicht bebaut und unterentwickelt, weshalb man erfahrene Hilfe aus dem Westen benötigte.
Nun ja....
Soweit die Vorgeschichte.

Zu der Frage nach der Anzahl: Die meisten Wolgadeutschen sammelten sich an der Stadt Saratow.
Waren es bei den ersten Siedlern im 18.Jh. um die 30.000, verdoppelte sich die Anzahl 1815 auf 60.000 und wuchs bis 1860 auf 165.000 bis 170.000 Bewohner an (die Zahlen sind nicht genau und können abweichen).

Ich hoffe ich konnte dir bei der Frage helfen.
 
Waren es bei den ersten Siedlern im 18.Jh. um die 30.000, verdoppelte sich die Anzahl 1815 auf 60.000 und wuchs bis 1860 auf 165.000 bis 170.000 Bewohner an (die Zahlen sind nicht genau und können abweichen).

Hallo Regulus,

vielen Dank für den Hinweis auf das Thema. 1815 war die zweite große große Auswanderungswelle.

Die deutsche Auswanderung 1820 bis 1850 ist überschaubar:
1820 bis 1829: zwischen 200 und 11.000 Personen pro Jahr (die hohen Zahlen von Hübner geben für Jahrzehnt rd. 50.-60.000 Personen an)
1830 bis 1839: um die 20.000 Personen pro Jahr, Höhepunkt 187 mit rd. 33.000 Personen
1840 bis 1850: 20. bis 110.000 (-> 1847/48) Personen pro Jahr.

Ab etwa Mitte der 30er Jahre wird die Masse der Auswanderer durch solche in die USA gestellt. Beispiele der Auswanderungszahlen und einwanderungszahlen Deutsche/USA:
1835: ca 17.000, davon USA 17.000
1840: bis 34.000, davon USA 29.740
1842: bis 22.000, davon USA 20.370
1847: 79. bis 109.000, davon USA 74.281
1850: ca. 80.000, davon USA 78.896

Die großen Schübe ab 1850 (die genauen Statistiken gibt es ab 1871, statistische erfassung seit 1820) zeigen ein ähnliches Bild, wenn Jahreswerte von bis zu 206.189 (Auswanderung Deutsche->USA 1881) erreicht werden, sind das regelmäßig 80-95% der Gesamtauswanderung.

Quelle neben Reichsstatistikamt Hanns von Bleichröder, Die Ziele der deutschen Auswanderung bis zum Kriege 1914, Dissertation Heidelberg 1915.

Nun das Problem: welche Bewegungen in den Bevölkerungszahlen sind spätere innerrussische Verschiebungen, und welche Teile entfallen auf Bevölkerungswachstum durch Geburtenüberschüsse? So würde ich den genannten Anstieg der Siedlerbevölkerung von bis 1815 hinterfragen wollen. Der Anstieg 1815 bis 1860 ist mit den Aussiedlungszahlen aus dem Deutschen Reich nicht plausibel erklärbar.
 
Der russische Zensus 1914. Der würde mich interessieren. Sehr.
Wer, Wann, Wie, nach welchen Kriterien, Was und warum wurde
1914 gezählt.......
Vielleicht kannst Du mir dabei helfen....;)
gruß

Selbstverständlich. :fs:

Abschluss der Zählung war für 1915 vorgesehen ("2. Zensus"). Zählungsdurchführung analog zum Zensus 1897 (beginnend 1896, Realisation also über 2 Kalenderjahre), also 1914/15. Der Zählung wurde unfertig abgesprochen.

Hast Du das etwa nicht im Internet gefunden? Zur Frage, wer gezählt hat: =)
 
Selbstverständlich. :fs:

Abschluss der Zählung war für 1915 vorgesehen ("2. Zensus"). Zählungsdurchführung analog zum Zensus 1897 (beginnend 1896, Realisation also über 2 Kalenderjahre), also 1914/15. Der Zählung wurde unfertig abgesprochen.

Hast Du das etwa nicht im Internet gefunden? Zur Frage, wer gezählt hat: =)

Eben. Es gab keinen "russischen Zensus 1914". Der für Dezember 1915 geplante wurde weder vollständig ausgeführt noch ausgewertet.
Daher wundere ich mich ein bisschen, daß Du mit den Zahlen von dem
"russischen Zensus 1914" so locker umgehst.
Und deswegen auch die Frage - wer gezählt hat ( oder besser gesagt - zusammengezählt hat) - die 2,4 Mio Deutsche in Russland ???
Die Russen nähmlich nicht =).

Obwohl die Zahlen schon ihre Daseinsberechtigung haben werden, so stellen sie
letztendlich kein Ergebnis einer angeblich 1914 erfolgter Volkszählung.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Also bei ersten russichen Zensus von 1897 gab es im Zarenreich 1.790.489 Personen die Deutsch als Muttersprache angaben. Im Wolgagebiet und in Taurien lag der deutsche Bevölkerungsanteil bei über 30%. Und 220.000 Deutsche lebten im damals frisch eroberten Transkaspien (die mittelasiatische Region) dort waren sie quasi die gesellschaftliche Elite, denn Militär, Industrie, Handel und Verwaltung waren mit Abstand von Deutschstämmigen dominiert.
 
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