In der Résistance - Schweizer Freiwillige - Buchempfehlung

ursi

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Im Juli 2020 erschien ein Buch über Schweizer die als Freiwillige auf der Seite Frankreichs kämpften.

"Schweizer Freiwillige im Zweiten Weltkrieg in den Reihen der Alliierten hatten bei der Rückkehr in die Schweiz einen schweren Stand. Obwohl sie sich auf der Seite der Sieger befanden, empfing sie die Heimat mit Gleichgültigkeit und dem Vorwurf, das Land im Stich gelassen und zu Kriegszeiten geschwächt zu haben. Die Militärjustiz verurteilte sie wegen fremden Kriegsdiensts zu Gefängnisstrafen. Eine Rehabilitierung und Würdigung dieser Freiwilligen haben Bundesrat und Parlament ein letztes Mal im Jahr 2008 abgelehnt.
Der Autor zeichnet das facettenreiche Profil einer Auswahl der Schweizer im französischen Widerstand. Die einen überqueren klammheimlich den Jura und schliessen sich Gruppen von Widerstandskämpfern an, die den deutschen Besatzungstruppen Hinterhalte legen und Nadelstiche versetzen. Wer von ihnen dem Feind in die Hände fällt, wird meist ins Reich deportiert und erhält von Bern und den Schweizer Vertretungen kaum Unterstützung. Die meisten Schweizer Freiwilligen stossen in Nordafrika und in England zur Résistance, wo General de Gaulle ehemalige Fremdenlegionäre für die Befreiung Frankreichs gewinnt.
Die Gründe für den Anschluss an die Résistance sind vielfältig: affektive Verbundenheit mit Frankreich und Antifaschismus, aber auch Abenteuerlust, Freude am militärischen Betrieb und Flucht vor Schwierigkeiten in der Schweiz.
Die sorgfältig recherchierte Arbeit wertet erstmals zugängliche Akten im Pariser Militärarchiv und im Bundesarchiv in Bern aus."

Huber, Peter: In der Résistance. Schweizer Freiwillig auf der Seite Frankreichs (1940 - 1945). Chronos Verlag. 2020. 304 Seite

Quelle: Chronos Verlag: https://www.chronos-verlag.ch/node/27666

Hier noch ein Artikel der NZZ https://www.nzz.ch/schweiz/die-schw...f-frankreichs-seite-im-2-weltkrieg-ld.1562351

Das dies ein schwieriges Thema für die Schweizer Geschichtsschreibung ist und auch für die Politik, zeigt dass bis heute 2020 die Freiwilligen in der Résistance noch nicht rehabilitiert sind.
 
Ein spannendes Thema – danke für den Buchtipp.

Korrekterweise muss man aber auch festhalten, dass es sich bei der Hälfte der Schweizer in der Résistance um Fremdenlegionäre handelte. Sie dienten oft schon jahrelang der französische Armee und kämpften nach deren Niederlage einfach weiter für Frankreich.

Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, kämpften damals etwa 500 Schweizer (also vielleicht ein Drittel aller Schweizer bei der Légion) für die Résistance.

Gruss Pelzer
 
Laut der Forschung waren es 466 Schweizer. Die Beweggründe sind unterschiedlich - Doppelbürger, Mitglied der Fremdenlegion oder solche die schon im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft haben und sich nun der Résistance anschlossen. Es gab auch Frauen die sich dem Widerstand anschlossen. Zum Beispiel von Anne-Françoise Perret-Gentil-dit-Maillard die sich in Paris dem Widerstand anschloss und verhaftet wurde und im KZ Ravensbrück starb.
 
Das dies ein schwieriges Thema für die Schweizer Geschichtsschreibung ist und auch für die Politik, zeigt dass bis heute 2020 die Freiwilligen in der Résistance noch nicht rehabilitiert sind.
Schon merkwürdig! Im Jahr 2008 stimmte der Bundesrat dem Bundesgesetz über die Rehabilitierung der Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg zu, lehnte jedoch den Einbezug der Unterstützerinnen und Unterstützer der Résistance ab, mit der Begründung:
"Schliesslich teilt der Bundesrat die Ansicht der Kommissionsmehrheit, dass die Vorlage auf die Freiwilligen im Spanischen Bürgerkrieg beschränkt werden und dass auf den Einbezug der Unterstützerinnen und Unterstützer der französischen Résistance im Zweiten Weltkrieg verzichtet werden sollte. Diese Beschränkung trägt auch dem unterschiedlichen Stand der geschichtlichen Forschung Rechnung."

So wie es aussieht, wäre die geschichtliche Forschung also heute einen Schritt weiter. Nach meinen Kenntnissen starb der letzte Résistance-Kämpfer aus der Schweiz im Jahr 2014. Vielleicht wird sich trotzdem nochmals jemand für sie einsetzen.

Hoffentlich erhielten die damals Verurteilten wenigstens milde Strafen. Das Militärgericht konnte bei den Strafen durchaus feine Unterschiede machen, wie der Bericht von Christian Koller zu den Spanienkämpfern zeigt:
"Insgesamt wurden 550 Spanienkämpfer strafrechtlich verfolgt und 420 verurteilt. Die Dauer der Freiheitsstrafen reichte von 15 Tagen bis zu vier Jahren; 81 Prozent der Verurteilten wurden mit Gefängnis zwischen einem und sechs Monaten bestraft. In der Regel wurden die Freiheitsstrafen mit einer Einstellung der bürgerlichen Ehrfähigkeit zwischen einem und fünf Jahren verbunden. Die Strafen waren damit schärfer als diejenigen, die gegen Schweizer Fremdenlegionäre, aber auch die Bürgerkriegsfreiwilligen auf Francos Seite ausgesprochen wurden, tendenziell indessen milder als diejenigen für die Schweizer Freiwilligen in der Waffen-SS während des Zweiten Weltkriegs."
(Letztere erhielten in der Regel Strafen von sechs bis zwölf Monaten Gefängnis - ein anderes schwieriges Thema).
 
Die Geschichtsforschung hat sich lange Zeit nicht dafür interessiert. Das hat sich in den letzten Jahren zum Glück geändert.
 
Hoffentlich erhielten die damals Verurteilten wenigstens milde Strafen. Das Militärgericht konnte bei den Strafen durchaus feine Unterschiede machen, wie der Bericht von Christian Koller zu den Spanienkämpfern zeigt:
"Insgesamt wurden 550 Spanienkämpfer strafrechtlich verfolgt und 420 verurteilt. Die Dauer der Freiheitsstrafen reichte von 15 Tagen bis zu vier Jahren; 81 Prozent der Verurteilten wurden mit Gefängnis zwischen einem und sechs Monaten bestraft. In der Regel wurden die Freiheitsstrafen mit einer Einstellung der bürgerlichen Ehrfähigkeit zwischen einem und fünf Jahren verbunden. Die Strafen waren damit schärfer als diejenigen, die gegen Schweizer Fremdenlegionäre, aber auch die Bürgerkriegsfreiwilligen auf Francos Seite ausgesprochen wurden, tendenziell indessen milder als diejenigen für die Schweizer Freiwilligen in der Waffen-SS während des Zweiten Weltkriegs."
(Letztere erhielten in der Regel Strafen von sechs bis zwölf Monaten Gefängnis - ein anderes schwieriges Thema).

Der "höchste" Schweizer in der Waffen-SS wurde zu 16 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das war Franz Riedweg, er Arzt und SS-Obersturmbandführer. Verheiratet war er mit Sybille von Blomberg, die Tochter des Reichskriegsministers Generalfeldmarschall Werner von Blomberg. Er rekrutierte Schweizer für die Waffen-SS und war Leiter der Germanischen Leitstelle in Stuttgart. 1944 wurde ihm das Schweizerbürgerrecht entzogen, verhaftet wurde er dann 1945 in Mecklenburg- Vorpommern. Franz Riedweg wurde nicht in die Schweiz ausgeliefert und deshalb auch in Abwesenheit verurteilt. 1949 zog er nach München und arbeite als Arzt unteranderem war er der Leibarzt von Otto von Habsburg. Er starb 2005.

Sein Nachlass ist im Archiv für Zeigeschichte in Zürich.

Und eine kleine Randbemerkung in eigener Sache - ich forsche über solche Typen aus der Schweiz.

https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/042138/2010-11-05/
https://www.nzz.ch/articleCRMVL-1.129485

Im Zeitzeugenportal gibt es ein Interview mit ihm.

Buchtipp: Wyss, Marco: Un Suisse au service de la SS: Franz Riedweg, 1907 - 2005. Ed. Alphil - Presses universitaires suisses. Neuchâtel 2010. 276 Seiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbst ohne aktive Laufbahn als Soldat in einem anderen Land, konnten die Strafen für Rückkehrer in die Schweiz durchaus relativ hart ausfallen, wie im Fall von Armin Mohler. Es ging von der Schweiz in das NS-Deutschland und wieder zurück.

Wiki: "Angeblich als „unzuverlässig“ eingestuft, wurde er kein Kriegsfreiwilliger, sondern studierte einige Monate lang in Berlin Kunstgeschichte. Noch im selben Jahr ging er zurück in die Schweiz. Hier wurde er aufgrund von „illegalem Grenzübertritt, versuchter Wehrkraftschwächung und Dienstversäumnis“ zu einem Jahr Festungshaft verurteilt."
 
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