Intention der SPD zum Einsatz der Freikorps

Simon

Mitglied
Warum setzte die SPD die Freikorps zur Niederschlagung der Revolution ein?
Die Freikorps waren als paramilitärische Einheit von beachtlicher Größe ja eigentlich eine Infragestellung des staatlichen Gewaltmonopols, hätte also durchaus nicht im sinne einer republikanischen Regierung sein dürfen.
Betrachtete Ebert und die SPD diese Bedrohung des Staates durch die aufständische Arbeiterschaft tatsächlich als gefährlicher an, als mehrere hunderttausend paramilitärisch organisierte Soldaten?
Oder könnte es sein, dass die SPD innerhalb der Arbeiterbewegung Fakten schaffen wollte?
 
Warum setzte die SPD die Freikorps zur Niederschlagung der Revolution ein?
Nicht die SPD, sondern die Regierung - das ist auch bei einem SPD-Kanzler noch ein Unterschied.

Die Freikorps waren als paramilitärische Einheit von beachtlicher Größe ja eigentlich eine Infragestellung des staatlichen Gewaltmonopols
Angesichts der Bürgerkriegs-Zustände war das staatliche Gewaltmonopol zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Fiktion und im politischen Tagesbetrieb völlig uninteressant.

Betrachtete Ebert und die SPD diese Bedrohung des Staates durch die aufständische Arbeiterschaft tatsächlich als gefährlicher an, als mehrere hunderttausend paramilitärisch organisierte Soldaten?
Ja. Wobei nicht "die Arbeiterschaft" aufständisch war, sondern eine Minderheit von dieser, die spartakistisch orientiert war.

Allen Beteiligten war damals sehr bewußt, was kurz vorher in Rußland passiert war: Eine sozialdemokratische Regierung war durch den Putsch einer entschlossenen kleinen Gruppe weggefegt (und liquidiert) worden, weil sie nicht rechtzeitig und entschlossen eine militärische Gegenwehr organisierte.

Es ist naheliegend, daß die SPD eine Wiederholung in Deutschland verhindern wollte.
 
Gibt es eigentlich Erhebungen darüber wie die Arbeiterklasse zur November Revolution standen?
Wie ihre Beteiligung und ihre Sympathie dazu aussah
 
Gibt es eigentlich Erhebungen darüber wie die Arbeiterklasse zur November Revolution standen?Wie ihre Beteiligung und ihre Sympathie dazu aussah

Dazu gibt es ausgezeichnete Regionalstudien, zB auch aus Regionen, die durch die Arbeiterklasse besonders geprägt waren.

zB Schwarz, Klaus-Dieter : Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, Kieler Historische Studien 13. Zu Nürnberg/Fürth gibt es reichlich Untersuchungen.

Daraus ergibt sich übrigens noch ein Aspekt (neben dem Hinweis von R.K. aus die spartakistische Minderheit): weit verbreitetes Desinteresse an den Vorgängen aufgrund der tagesfüllenden Beschäftigung, die unmittelbare Nachkriegszeit zu überleben. Diese Massen bestimmten aber nicht das verbreitete Bild, das wie üblich von der Randale gefüllt wurde ;)
 
Die Regierung hat die Freikorps ins Leben gerufen! Mangels anderem!
Die Heeresleitung wollte ja durchaus ein paar Divisionen unter Waffen halten, das ging aber nicht!
Das Verhalten der Truppen der Berliner Garnison ist typisch.
Marschierte durchs Brandenburger Tor, Hut schwingend von Ebert begrüßt.
Drei Tage später war nichts mehr da.
Die Truppe hat sich ohne weiteres Trara selbst aufgelöst! Ist einfach nach Hause gegangen. Und mancher hat noch ein "paar Sachen" wie Karabiner, Handgranaten usw. mitgenommen.

Was für die Regierung die unangenehme Begleiterscheinung hatte, dass die Republik schutzlos war. Und Noske machte dann den "Bluthund".

Man darf die ganzen Aufstände 1919-23 nicht daran messen, dass die Freikorps relativ schnell mit ihnen fertig wurde.

Aus der Regional-Geschichte weiß ich, dass die damalige Württ. Staatseisenbahn in Tübingen 1919/20/21 ständig eine Lok unter Dampf hielt, um eine Polizeihundertschaft schnell in Orte verlegen zu können, wo es "krachte". Und es "krachte" öfter im beschaulichen Südwesten. Die kamen, bauten MG´s auf und stellten die bekannten Schilder auf "Halt, wer weitergeht wird erschossen" (müssen also nicht immer und überall Freikorps gewesen sein, wenn die Schilder standen)
 
Gibt es eigentlich Erhebungen darüber wie die Arbeiterklasse zur November Revolution standen?
Abgesehen von den fürs Detailverständnis wesentlich wichtigeren Studien wie in silesias Beitrag kann man das Wahlergebnis 1919 als wichtiges Indiz für die Stimmungslage nehmen:
Eberts SPD bekam 37,9% und damit wohl die deutliche Mehrheit auch der Arbeiter.
Während die mit dem Spartakisten-Aufstandsversuch sympathisierende USPD nur 7,6% bekam.
 
Noch wichter dürfte sein, dass selbst in den angeblich revolutionären Gremien, den Arbeiter- und Soldatenräten, die Anhänger eines parlamentarischen Systems die Mehrheit erhielten. Also wenn eine Mehrheit der Arbeiterschaft für eine Entwicklung wie in der Sowjetunion war (Übernahme der Macht durch radikale Revolutionäre), so hat sich diese Mehrheit sehr bedeckt gehalten... ;)

http://de.wikipedia.org/wiki/Novemberrevolution#Der_10._November:_SPD-F.C3.BChrung_gegen_Revolution.C3.A4re_Obleute

Interessant fände ich es, wie die damalige Arbeiterschaft die Erungenschaften der Novemberrevolution rezipierte (ich meine Einführung von Betriebsräten, 8-Stunden-Tag u.ä.): Hätte eine Mehrheit unter den Arbeitern für mehr Änderungen bzw mehr Sozialisierung votiert, oder eher im Gegenteil? Dazu kenne ich leider keine ernst zu nehmenden Untersuchungen (wenn es so was überhaupt gibt...).
 
Hätte eine Mehrheit unter den Arbeitern für mehr Änderungen bzw mehr Sozialisierung votiert, oder eher im Gegenteil? Dazu kenne ich leider keine ernst zu nehmenden Untersuchungen (wenn es so was überhaupt gibt...).

Soweit man Detailstudien dazu heranzieht, interessierte die "Mehrheit" bzw. die "Arbeiterschaft" mehr, was sie morgen zu essen haben würde. Dafür lief man sicher auch mal auf 2,3 Kundgebungen mit, hörte sich das Geschrei an, um sich dann wieder mit dem alltäglichen Kampf ums Überleben zu beschäftigen bzw. Lebensmittel zu organisieren.
 
Soweit man Detailstudien dazu heranzieht, interessierte die "Mehrheit" bzw. die "Arbeiterschaft" mehr, was sie morgen zu essen haben würde. Dafür lief man sicher auch mal auf 2,3 Kundgebungen mit, hörte sich das Geschrei an, um sich dann wieder mit dem alltäglichen Kampf ums Überleben zu beschäftigen bzw. Lebensmittel zu organisieren.


Es war 1919/20 wohl so, dass die Preise den Einkommen schon deutlich davon liefen, die Arbeitslöhne teilweise nicht mehr zum Lebensunterhalt ausreichten.
Ich kenne lokal genau so eine Situation:
Februar 1920, die Arbeitgeberverbände in Stgt. hatten einen Lohnstopp vereinbart, hinter dem sich die örtl. Arbeitgeber versteckten. Auf dem Rathaus gab es örtliche Tarifverhandlungen die Arbeiter blockierten schließlich Stadträte, Bürgermeister, Fabrikanten, Gewerkschaftsvertreter! und die örtliche Polizei im Rathaus und schmissen die Fenster ein. Einigen Fabrikanten-Villen geschah dasselbe.
Da rückte in der Nacht die beschriebene Polizeihundertschaft an, besetzte die Stadt mehrere Tage, (und stellte die beschriebenen Schilder auf) in der Zeit wurde dann eine "akzeptable Lohnerhöhung" vereinbart.

Eine Woche zuvor war bei ähnlichen Hungerkrawallen in Schwenningen/N. eine Person zu Tode gekommen.
 
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