Internierung in Frankreich

Alstersegler

Neues Mitglied
Hallo zusammen,
ich hoffe jemand kann mir bei meiner drängensten Frage helfen.
Wer weiß etwas über die Internierung deutscher Zivilpersonen in Frankreich?
Als Kind (Mai 1945) kamen meine Mutter und ich auf abenteuerliche Weise nach Frankreich. Dort wurden wir nach ein paar Tagen Freiheit in ein Internierungslager eingewiesen. Obwohl ich mich sehr gut an diese Zeit erinnern kann (war damals 7 Jahre alt), konnte ich nie erfahren welche 2 Lager wir durchlaufen mußten. Im Winter 1946 wurden wir dann wieder entlassen. Eines dieser Lager müßte sich in oder in der Nähe von Vichy befunden haben, denn ich kann mich an ein "Lied" erinnern, indem Vichy vorkam.
Alle Bemühungen meinersets, von meiner Mutter etwas zu erfahren lösten sofort Weinkrämpfe bei ihr aus. Mein Leben geht langsam den Ende entgegen, auch deshalb möchte ich etwas über diese Internierungslager erfahren, um meine innere Ruhe wieder zu finden.
Über die Zustände in den Lagern habe ich beste Erinnerungen, nur wo sie sich befanden, weiß ich nicht.
Ich hoffe es leben noch Menschen, die etwas über diese Lager aussagen können.
Danke
 
...auch deshalb möchte ich etwas über diese Internierungslager erfahren, um meine innere Ruhe wieder zu finden.
Über die Zustände in den Lagern habe ich beste Erinnerungen, nur wo sie sich befanden, weiß ich nicht. ...

Ich denke, daß ich Dich verstehe, aber Dein Wunsch ist äußerst schwierig.

Es gibt für Dich m.E. zwei Rechercheansätze, die Du durchaus parallel verfolgen kannst.

ad 1)

Gibt es in den perönlichen Unterlagen Deiner Frau Mutter irgendwelche Entlassungspapiere, gibt es im Rentenbescheid Deiner Frau Mutter Angaben zu der Zivilinternierungszeit in Frankreich, sie hätte zur Rentenberechnung diese Zeit angeben müssen. Kennst Du denn die Versichertennummer der Rentenversicherung Deiner Frau Mutter. Wenn Du sie hast, kannst Du bei dem Versicherungsträger Akteneinsicht beantragen, das dauert, aber das wäre der erste Weg, der Dich im im aufwendigsten Szenario in ein Archiv führen würde.

ad 2)

Ich kenne mich in der französischen Archivorganisation nicht aus.

Kannst Du Dich denn an die Uniformen der Bewachungskräfte erinnern? Das wäre m.E. ein Ansatz, um den Verantwortungsbereich für die beiden von Dir gesuchten Zivilinternierungslager zumindest einzugrenzen, eingedenk des Chaoses in der Nachkriegszeit, ansonsten wäre eine Archivrecherche in Frankreich faktisch "uferlos".

Sorry, mehr geht aus ferner Forumsicht nicht, vllt hat ein Mitdiskutant noch Ideen.

M. :winke:
 
Nach dem Ende der Besatzungszeit 1944 gab es ca. 170 Internierungslager in Frankreich. Was jetzt zum herausfinden wäre, welches sich im Raum Vichy befand.

Vielleicht findest du noch nähere Angaben, siehe Beitrag von Melchior. Oder kannst irgend etwas beschreiben, so das man die Suche einwenig eingrenzen kann.
 
Zu erst einmal danke für die Hinweise, ca. 170 Internierungslager, das hätte ich nie für möglich gehalten.
Leider ist meine Mutter bereits seit 1969 tot. Unterlagen habe ich auch nicht, alle Papiere wurden durch einen Brand vernichtet. Wie gesagt, man konnte nie mit ihr über diese Zeit sprechen ohne einen Weinkrampf zu risskieren.
Ich selber habe, wie bereits gesagt, sehr gute Erinnerungen aus dem Innern des Lagers , könnte noch heute die Anordnungen der Baracken aufzeichnen. Innerhalb des Lagers (Vichy) weibliches Bewachungspersonal. Für die äußere Sicherheit waren Soldaten, meist Farbige, zuständig. Sie hatten lange braune Mäntel an, auch im Sommer. Helme mit einem erhöhten Streifen in der Mitte des Helmes Ich erinnere mich an die Wachablösung, die dann wiederum innerhalb des Lagers abgehalten wurde. Dann war da noch eine Kirche.eine lange Waschbaracke und auf einem kleinen Hügel befand sich die Infirmerie. Im Hügel selbst ein Arrest-Bunker. Dort wurden Frauen, die versucht hatten zu fliehen oder Kartoffel gestohlen hatten, eingesperrt.
Entschuldige, ich möchte niemanden langweilen, aber es ist für mich wirklich sehr wichtig.
Hatte schon daran gedacht an G. Knopp zu schreiben, vielleicht hat er eine Idee, wie man an mehr Information kommen kann.
Noch einmal danke , für Deine Antwort und für Deine Bemühungen. Kann ja sein, daß es noch weitere Informationen gibt.
 
Danke für die Antwort. Ich weiß, es ist schwer, wahrscheinlich fast unmöglich, nach so langer Zeit noch etwas zu erfahren. Trotzdem, ich werde weiterhin alles versuchen. Belanntlich stirbt die Hoffung zu letzt.
 
Danke für die Antwort. Ich weiß, es ist schwer, wahrscheinlich fast unmöglich, nach so langer Zeit noch etwas zu erfahren. Trotzdem, ich werde weiterhin alles versuchen. Belanntlich stirbt die Hoffung zu letzt.

Kannst du dich noch an die Lagerinsassen erinnern?

Ich habe bis jetzt ein Lager gefunden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Camp_de_Gurs

Gefangene nach der Befreiung
(30. August 1944 bis 31. Dezember 1945)

Deutsche Kriegsgefangene 310
Spanische Antifrankisten 1 475
Kollaborateure mit der deutschen Besatzung 1.585

Wobei dies in Südfrankreich liegt.

Vielleicht kannst du dich noch erinnern aus welcher Region ihr gekommen seid.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich gehe mal davon aus,so kurz nach dem Krieg hat man die
Lager des Vichy-Regimes schlicht weiterbenutzt. Und über die
gibt es ein paar Bücher ,allerdings meist nur auf Französisch:

Vincent Graudier "Les Bastilles de Vichy" Paris 2009

Denis Peschanski " La France des Camps. L'internement, 1938-1946," Paris 2002.

Aber da könntest Du möglicherweise fündig werden
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich gehe mal davon aus,so kurz nach dem Krieg hat man die
Lager des Vichy-Regimes schlicht weiterbenutzt.

Nicht alle, das waren über 250. Ca. 170 wurden weiterbenutzt, vor allem für Kriegsgefangene, Kollaborateure etc.

Wenn ich den Eingangsbeitrag von Alstersegler richtig deute, dann geht es um solche Lager wo Zivilpersonen aus Deutschland interniert wurden. Das geschah nicht in allen Lagern. Vielleicht steht in deinen Literaturhinweisen noch was dazu.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo ursi,
mit dieser Resonanz auf meine Frage habe ih nicht grechnet.
Vielleicht sollte ich einmal ganz kurz schildern wie wir nach Frankreich gekommen sind und wie es zu dieser Internierung kam.
Mein Vater, Flugzeugingenieur bei Heinkel in Rostock, wurde aus "kriegswichtigen "Gründen erst. als die Royal Air Force und die US Air Force die Heinkelwerke in Rostock-Marienehe immer wieder angriffen und "nichts mehr ging" noch im März 1945 eingezogen. Er fiehl am 6 Mai 1945.
Die Russen nahmen Rostock , nach meiner Erinnerung , Anfang Mai kampflos ein.
Als Fahrer hatte mein Vater einen französischen Kriegsgefangenen vom Werk zur Verfügung gestellt bekommen.
Als die Rote Armee in der Stadt war und anfing zu plündern und zu vergewaltigen kam dieser Franzose, dessen Namen ich immer noch weiß, zu uns und holte uns in das französische Kriegsgefangenenlager. So waren meine Mutter und meine Schwester vor Übergriffen geschützt.
Die Franzosen bereiteten sich für ihre Heimkehr vor, stellten einen Konvoi aus Holzgas-Autos zusammen. Bis außerhalb des sowjetischen Machtbereiches wollte man uns mitnehmen. Dann wollte sich meine Mutter bis nach Bayern durchschlagen, wo ein Bruder von ihr wohnte.
Bereits in der Nähe von Hannover wurden wir von britischen Soldaten "aussortiert", und, da innerhalb eines französischen Trecks aufgegriffen, den Franzosen übergeben. Damals sind natürlich auch viele Nazis geflüchtet und man nahm wohl an, meine Mutter war ebenfalls so eine. Im übrigen befanden sich noch sehr viel andere Deutsche im Konvoi, Alle wurden festgenommen.

Entschuldige, nun ist es doch nicht so kurz geworden.
Ich erinnere mich an einige Dinge, die vorher Deutschen gehört haben mußten. Ein durchlöcherter Stahlhelm, ein Brotbeutel und einige Orden, die im Sand lagen. Das Lager (Vichy) muß entweder von Deutschen vor 1945 benutzt worden sein, oder Deutsche waren in der Gegend.
Leider spreche ich kein französisch, aber es gibt ja Übersetzer. Danke für den Hinweis.
 
Zu erst einmal danke für die Hinweise, ca. 170 Internierungslager, das hätte ich nie für möglich gehalten.
Leider ist meine Mutter bereits seit 1969 tot. Unterlagen habe ich auch nicht, alle Papiere wurden durch einen Brand vernichtet. ...

@Alstersegler

Ich fürchte, G. Knopp wird Dir da auch nicht helfen können, weil er genau diese umfangreichen Rechercheschritte gehen müßte.

Du wirst viel Geduld aufbringen und viele Briefe schreiben müssen.

Mein Rechercheweg wäre:

Du kennst ja mit Sicherheit alle Wohnorte, inkl. Adresse, wo ihr nach eurer Rückkehr aus Frankreich gewohnt habt. Ich würde an alle betreffenden Einwohnermeldämter schreiben, mit der Bitte um Akteneinsicht, besonders wichtig der erste Wohnort in D. nach der Rückkehr. Wichtig dabei, komplette Namensangabe Deiner Frau Mutter, Geburtsdatum, Geburtsort, eventuelle Eheschließung, Ort der Eheschließung (Geburtsname) etc.
Dein Schreiben sollte auch die Frage nach dem Archivierungsort der Akten der jeweiligen Behörde beinhalten und den betreffenden Zeitraum.

Kleiner Tipp, nicht an die Behörde schreiben, sondern direkt an den Behördenchef persönlich, damit erreichst Du einen kleinen "behördeneninternen Kick".

Desweitern würde ich an das Bundesausgleichsamt schreiben, mit der Bitte, ob Deine Frau Mutter Lastenausgleich beantragt bzw. erhalten hat, w./der Zivilinternierung.

Lastenausgleichsgesetz ? Wikipedia

Darüber hinaus würde ich an die BfA bzw. den Rentenversicherungsträger Deiner Frau Mutter schreiben, so Du ihn dezidierst kennst, ob es Versicherungsunterlagen gibt. Auf alle Fälle sollte es Anwartschaftsunterlagen geben. Auch hier die Frage nach dem Archivierungsort nicht vergessen.

War Deine Frau Mutter jemals in irgendwelche Prozesse verwickelt, egal welches Rechtsgebiet, dann die jeweiligen Gerichte anschreiben.

Personenstandswesen, hat Deine Frau Mutter nach eurer Rückkehr geheiratet (?), oder irgend etwas mit Standesämtern zu tun gehabt, dann wären auch diese anzuschreiben.

______________________________________________________________

Frankreich, schwierig.

Das Bewachungspersonal beschreibst Du recht genau, französische Armee, im Innendienst des Lagers, Frauen.

Hier würde ich einfach den französischen Kulturattache anschreiben, mit der Bitte, um Mitteilung welche Dienststelle in dem fraglichen Zeitraum für Zivilinternierungslager in Frankreich zuständig war, mit der Info, daß die franz. Armee dieses Lager bewachte. Eventuell ließen sich dann in dem Archiv dieser Behörde Internierungs- und Entlassungslisten finden.

______________________________________________________________

Das ist ein langer Rechercheweg.

Good luck.


M.:winke:
 
Das Lager (Vichy) muß entweder von Deutschen vor 1945 benutzt worden sein, oder Deutsche waren in der Gegend.

Es gab ein Lager "Vichy" für deutsche Kriegsgefangene und Internierte.

Sagt Dir vielleicht "Depot 132" etwas?
Beziehungsweise die "Durchgangsstation" St-Bonnet-Tronçais?

Mit Kriegsgefangenenlager bei Rostock ist das Lager der französischen bzw. ausländischen Zwangsarbeiter für die Heinkel-Werke gemeint?
 
Hallo silesia,
danke für die Info.
Ja, das französische Gefangenen-Lager war in Rostock, Ich meine, auch wenn es schon sehr lange her ist, Rostock/Marienehe(?) Ob auch ausländische Zwangsarbeiter dort untergebracht wurden, weiß ich nicht. Waren die denn zusammen mit den Gefangenen untergebracht? Ich erinnere mich nur an Franzosen, besonders an diesen Monsieur Blumè, der Fahrer meines Vaters.
Leider sagen mir die von Dir angegebenen Begriffe nichts, aber ich bin Dir sehr dankbar, habe ich doch jetzt konkretere Anhaltspunkte.
Bist Du Rostocker?
 
Herzlichen Dank für Dein umfangreiches Aufzeigen möglicher Recherchen-Wege. Ich werde ganz sicher versuchen über diese Wege mehr zu erfahren. Hoffe sehr, daß es mir die gewünschten Informationen bringen wird.
Es geht auch um das Wissen, warum meine Mutter nie über diese Zeit reden konnte, ohne Weinkrämpfe zu bekommen. Meine Mutter war Kinderärztin, hat aber nach Frankreich nie wieder prktizierenb können.
Ich selbst habe fürchtbare Bilder im Kopf. Hunger, Tod und unvorstellbares Elend haben sich fest in meinem Kopf eingegraben. Ich hoffe sehr, daß ich sie noch vor meinem Ende "verjagen" kann. Auch deswegen brauche ich unbedingte Klarheit.
Danke
 
Nicht in Vichy, sondern im Departement Vienne, war das Lager wo deutsche Ziwilisten interniert waren. Also nicht in Zentralfrankreich sondern in Westfrankreich.

Worauf beruht denn der Schluss, dass Zivilinternierte nur in Vienne untergebracht wurden?

Das wäre überraschend, denn nach Böhme, Die deutschen Kriegsgefangenen im französischen Gewahrsam, waren Zivilinternierte auch in den übrigen "Depots" als Durchgangsstellen für die Departments anzutreffen (Rückkehrer-Schilderungen).
 
Worauf beruht denn der Schluss, dass Zivilinternierte nur in Vienne untergebracht wurden?

Das wäre überraschend, denn nach Böhme, Die deutschen Kriegsgefangenen im französischen Gewahrsam, waren Zivilinternierte auch in den übrigen "Depots" als Durchgangsstellen für die Departments anzutreffen (Rückkehrer-Schilderungen).


Die oben erwähnte Arbeit der Universität Poitiers besagt, das Zivilisten die in Deutschland und in Ostfrankreich von Schlachfeldern evakuiert wurden im Departement Vienne zusammengezogen wurden.

Die Zustände entsprechen den Schilderungen des Fragestellers.

Falls er sich noch mal meldet, gehe ich der Sache nach.

Die von dir erwähnten Zwischenlager, sogenannte dépôts hab ich auch gefunden. Von da ging es weiter in die Vienne.

Vienne (département) - Wikipédia
 
Sorry, ist mir immer noch nicht klar:

Bestätigt die Arbeit eine Ausschließlichkeit der Verbringung nach Vienne, oder ist das nur ein Betrachtungsfall?

Da Du auf die Zustandsschilderungen oben verweist: die waren ähnlich in anderen Lagern, daraus lässt sich mE nichts herleiten.
 
Sorry, ist mir immer noch nicht klar:

Bestätigt die Arbeit eine Ausschließlichkeit der Verbringung nach Vienne, oder ist das nur ein Betrachtungsfall?

Da Du auf die Zustandsschilderungen oben verweist: die waren ähnlich in anderen Lagern, daraus lässt sich mE nichts herleiten.

Ausschliesslich sicher nicht. Man versuchte diese Internierte von den Kriegsgefangenen zu trennen. Sicher ist, das im Lager in der Vienne tausende Zivilisten unter gruseligen Bedingungen sassen.

Aber wie gesagt, das ist alles recht gut dokumentiert.

Hier zum dépôt 132

Bertold Hummel
 
Zurück
Oben