Inwiefern hat der Vertrag von Versailles die 14 Punkte Wilsons widergespiegelt?

jume

Neues Mitglied
hey,

bitte um schnelle antwort für die frage, ist dringlich.
viielen dank

alles liebe jume
 
Hei,

einen wichtigen Aspekt kannst du leicht selbst herausbekommen:

guck dir mal bei Wiki die 14 Punkte an:

14-Punkte-Programm – Wikipedia

und vergleiche mal das Ergebnis des Versailler Vertrages auf der Landkarte mit den Vorschlægen Wilsons. Was fællt bei den Grenzziehungen besonders nach dem Verschwinden Østerreich-Ungarns auf? (Suedtirol, Tschechoslowakei, etc., auch: Verbot der Vereinigung von Deutschøsterreich mit Deutschland)
Es gibt noch weitere Grenzziehungen die nicht mit dem 14-Punkte-Plan uebereinstimmen: Polen-Deutschland z.B.

Gruss, muheijo
 
Wilsons selbst unterschied in seinem Programm zwischen Punkten, die verwirklicht werden MÜSSEN und solchen, die verwirklicht werden SOLLTEN.

Sein Programm stellte bei den alliierteninternen Verhandlungen in Paris im Regelfall den Ausgangspunkt dar. Manche Punkte wurden nicht eingehalten; viele andere hingegen wurden – im Rahmen einer freilich für Deutschland ungünstigen Auslegung – sehr wohl eingehalten.

Auf deutscher Seite hat man Wilsons 14 Punkte sehr günstig ausgelegt und war dann geschockt über das Friedensangebot der Alliierten.

@muheijo:
Kannst Du in den 14 Punkten einen Passus über das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen finden?
Wurde für Polen im Versailler Vertrag etwa kein Zugang am Meer nebst Landverbindung geschaffen?
 
Auf deutscher Seite hat man Wilsons 14 Punkte sehr günstig ausgelegt und war dann geschockt über das Friedensangebot der Alliierten.

So wurde das nachträglich dargestellt.

Aber die "Reichsleitung" war ja auch nicht blöd. Die haben diese Punkte doch auch analysiert.

Gerade das Beispiel "Polens Zugang zum Meer" sehe ich mit als Grund, dass die "Reichsleitung" 1918 nochmals die Verhandlungsposition auf dem Schlachtfeld zu verbessern suchten.
Das wäre der deutschen Bevölkerung im Frühjahr 1918 nicht zu "verkaufen" gewesen.
 
Du gehst davon aus, dass das, was vernünftig gewesen wäre (Analyse der "14 Punkte" durch Hindenburg und Ludendorff) auch geschah. Doch das müsste erst einmal anhand von Quellen belegt werden. Denn das Vernünftige muss ja nicht wirklich geschehen sein.

Eberhard Kolb beschreibt in seinem Buch „Der Frieden von Versailles“ wie Prinz Max von Baden am 03.10.1918 die Geschäfte als Reichskanzler übernahm und von der OHL massiv bedrängt wurde, noch in der Nacht zum 04.10.1918 auf der Basis der "14 Punkte" um Frieden zu ersuchen. Am 05.10.1918 (!) forderte Ludendorff dann den Text der "14 Punkte" vom Auswärtigen Amt an. „Anscheinend hat Ludendorff den genauen Inhalt der Vierzehn Punkte gar nicht gekannt, als er diese als Friedensbasis in Vorschlag brachte“ (Kolb, Der Frieden von Versailles, S. 27).

Die Quellenlage scheint eher dafür zu sprechen, dass die OHL Anfang 1918 noch an den Sieg glaubte, die damals noch nicht benötigten "14 Punkte" ignorierte, die vermeintlich siegbringende Offensive einleitete, im September deren Scheitern feststellte und panikartig massiven Druck auf die neue "Reichsleitung" ausübte, auf der Basis der nur vom Hörensagen gekannten "14 Punkte" um Frieden zu ersuchen (grobe Vorstellung: Wilsons Vorstellungen sind milder als die von Llyod George oder von Clemenceau). Danach setzte dann das Illusionen nährende Schönreden dieses schicksalhaften Vorganges ein. Im „Traumland der Waffenstillstandsperiode“ (Ernst Troeltsch) hoffte man, dass dem totalen Krieg ein milder Wilson-Friede folgen könnte. Mehr noch: man wusste bald besser als Wilson, wie ein echter, wahrer Wilson-Friede auszusehen hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du gehst davon aus, dass das, was vernünftig gewesen wäre (Analyse der "14 Punkte" durch Hindenburg und Ludendorff) auch geschah. Doch das müsste erst einmal anhand von Quellen belegt werden. Denn das Vernünftige muss ja nicht wirklich geschehen sein.

.


Man soll nie die Hoffnung aufgeben.:D
Die Analyse müsste durch die Fachleute in der Politik (Kanzleramt? AA?) geschehen sein.
Aber man zieht einen solchen Krieg (gegen eine mehrfache Übermacht) nicht über 4 Jahre relativ erfolgreich durch, mit Nuschen an der Spitze.

Aber hätte man dann natürlich publizieren müssen. Gerade der polnische Zugang zur See, wo anders als über deutsches Gebiet hätte der denn gehen sollen?
Warum nicht publiziert? kein Schimmer.
 
Man soll nie die Hoffnung aufgeben.:D
Die Analyse müsste durch die Fachleute in der Politik (Kanzleramt? AA?) geschehen sein.
Aber man zieht einen solchen Krieg (gegen eine mehrfache Übermacht) nicht über 4 Jahre relativ erfolgreich durch, mit Nuschen an der Spitze.

Aber hätte man dann natürlich publizieren müssen. Gerade der polnische Zugang zur See, wo anders als über deutsches Gebiet hätte der denn gehen sollen?
Warum nicht publiziert? kein Schimmer.
Hindenburg und Ludendorff waren keine "Nuschen". Aber es war ihnen nicht wichtig, von den "14 Punkten" eine genaue Vorstellung zu haben. Warum auch? Für die Beiden ging es mit der "Michael"-Offensive um den Sieg. Nach der sich abzeichnenden Niederlage war es für beide vernünftig, sich möglichst rasch davonzustehlen. An einer Debatte in den inneren Zirkeln der Reichsführung über den Weg zu einem Friedensvertrag waren die beiden gewiss nicht interessiert.

Ganz anders sah es bei Prinz Max von Baden aus. Der wollte sich nach seinem Amtsantritt erst einmal umfassend informieren und beraten. Aber das vereitelten Hindenburg und Ludendorff durch den massiven Druck, den die beiden auf Prinz Max ausübten, um diesen zur Abgabe des Friedensersuchens auf der Basis der 14 Punkte zu bewegen. Der Druck wurde schon vor der Ernennung zum RK ausgeübt.

Die Vertreter des Hauptausschusses des Reichstages wurden von Hindenburg und Ludendorff über den Erfolg der Offensive eh belogen. Der Reichstag selbst trat erstmals seit langer Zeit nach der Ernennung von Prinz Max zum RK zusammen, um sich dann gleich wieder für mehrere Wochen zu vertagen. Ende 1918 gab es dann Abgeordnete, die meinten, dass der "Zugang zum Meer" über Litauen führen müsse. - "Gib uns unsere tägliche Illusion!" (Stresemann).
 
@muheijo:
Kannst Du in den 14 Punkten einen Passus über das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen finden?
Wurde für Polen im Versailler Vertrag etwa kein Zugang am Meer nebst Landverbindung geschaffen?

Danke fuer die berechtigte Nachfrage/Korrektur: Ich habe da tatsæchlich zu fluechtig gelesen und einen falschen Schluss gezogen.

"Ein unabhängiger polnischer Staat sollte errichtet werden, der alle Gebiete einzubegreifen hätte, die von unbestritten polnischer Bevölkerung bewohnt sind...."

D.h. natuerlich nicht, dass er auch andere Bevølkerungsteile umfassen darf, um so mehr in Verbindung mit dem zweiten Teil des Punktes 13. (Zugang zum Meer)

Andererseits, eine Reihe von Volksabstimmungen hat es ja gegeben...

Gruss, muheijo
 
@Gast

Das ist ein sehr komplexes und tw. auch heute noch emotionsgeladenes Thema. Meine Mitdiskutanten haben sich zu diesem Thema schon sehr informativ geäußert. Methodisch solltest Du die 14 Punkte nehmen und mit der Vertragswirklichkeit des Versailler Vertrages vergleichen.

@all

Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, wurde dieses Thema 14 Punkte vs. Pariser Vorort Verträge schon mehrfach gestellt. Vllt. sollten wir dieses Thema, das sehr systematisch aufbereitet werden kann und zu dem viele Mitdiskuntanten aus ihrem entsprechenden Arbeits- resp. Wissensgebiet beitragen können, gleichsam als Argumentarium erstellen.

Ich stelle mir das so vor. Zitatantwort mit Ergänzung bzw. Kritik, inkl. Quellenhinweisen.

@Moderatoren

Das würde ein sehr langer Thread, sowohl zeitlich als auch vom Volumen her, aber ich denke, er wäre hilfreich. Jedenfalls werde ich daran weiterarbeiten und würde mich über Unterstützung freuen. :winke:

M.

Quellen:

Friedensvertrag von Versailles (Versailler Vertrag, 1919) 22. Januar 2010

14-Punkte-Programm – Wikipedia 22. Januar 2010



1)
"Offene, öffentlich abgeschlossene Friedensverträge. Danach sollen keinerlei geheime internationale Abmachungen mehr bestehen, sondern die Diplomatie soll immer aufrichtig und vor aller Welt getrieben werden."

2)
Uneingeschränkte Freiheit der Schifffahrt auf den Meeren, außerhalb der Territorialgewässer, im Frieden sowohl wie im Kriege, ausgenommen jene Meere, die ganz oder teilweise durch internationales Vorgehen zur Durchführung internationaler Verträge gesperrt werden.

3)
Möglichste Beseitigung aller wirtschaftlichen Schranken und Herstellung einer Gleichheit der Handelsbedingungen für alle Nationen, die dem Frieden beitreten und sich zu seiner Aufrechterhaltung verbinden.

Nein, hier widerspricht Teil X des Versailler Vertrages dem Punkt 3.
Artikel 264 bis 270, "Einseitige Meistbegünstigungsklausel". Darüber hinaus Aus- und Einfuhrbeschränkungen sowie eher marginale Sonderbestimmungen.

Das Auslaufen der einseitigen Meistbegünstigung war auch Thema der Verträge von Locarno.

Vergl.: Verträge von Locarno – Wikipedia

4)
Entsprechende gegenseitige Bürgschaften für die Beschränkung der Rüstungen der Nationen auf das niedrigste, mit der Sicherheit im Innern vereinbare Maß.

5)
Freier, unbefangener und völlig unparteiischer Ausgleich aller kolonialen Ansprüche, auf der genauen Beachtung des Grundsatzes beruhend, daß beim Entscheid in solchen Souveränitätsfragen die Interessen der betreffenden Bevölkerungen ebenso ins Gewicht fallen, wie die berechtigten Ansprüche der Regierung, deren Rechtstitel zu entscheiden ist.

6)
Räumung des ganzen russischen Gebietes und ein Einvernehmen über alle auf Rußland bezüglichen Fragen, das das beste und freieste Zusammenwirken der anderen Völker sichert, um für Rußland eine ungehemmte Gelegenheit zur unabhängigen Bestimmung seiner eigenen politischen Entwicklung und nationalen Politik herbeizuführen und ihm eine herzliche Aufnahme in der Gesellschaft der freien Nationen unter selbstgewählten Staatseinrichtungen, ja noch mehr, Hilfe jeder Art, deren es bedürftig sein und von sich aus wünschen mag, gewährleistet. Die Rußland von seinen Schwesternationen in den nächsten Monaten gewährte Behandlung wird der Prüfstein ihres guten Willens, ihres Verständnisses für seine Bedürfnisse im Unterschied zu ihren eigenen Interessen und ihres verständigen und selbstlosen Mitgefühls sein.

7)
Belgien muß, die ganze Welt wird dem beipflichten, geräumt und wiederhergestellt werden, ohne jeden Versuch, seine Souveränität, deren es sich wie alle anderen freien Völker erfreut, zu beschränken. Kein anderer einzelner Schritt wird so wie dieser dazu dienen, das Vertrauen unter den Nationen in die Gesetze wiederherzustellen, die sie selbst geschaffen haben und als maßgebend für ihre Beziehungen zueinander festgesetzt haben. Ohne diesen heilsamen Schritt bleibt die gesamte Struktur und die Gültigkeit des Völkerrechts für immer geschädigt.

8)
Das ganze französische Gebiet muß geräumt und die besetzten Teile wiederhergestellt werden. Das Unrecht, das Frankreich im Jahre 1871 in Beziehung auf Elsaß-Lothringen durch Preußen angetan worden ist und das den Weltfrieden während nahezu fünfzig Jahren erschüttern hat, muß wieder gutgemacht werden, damit der Friede im Interesse Aller wiederhergestellt werden kann.

9)
Berichtigung der Grenzen Italiens nach den genau erkennbaren Abgrenzungen der Volksangehörigkeit.

10)
Den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen wünschen, sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung zugestanden werden.

11)
Rumänien, Serbien und Montenegro sollten geräumt, die besetzten Gebiete zurückgegeben werden. Serbien sollte ein freier und sicherer Zugang zur See gewährt werden, und die Beziehungen unter den verschiedenen Balkanstaaten zu einander sollten durch freundschaftliche Übereinkunft nach den bestehenden geschichtlichen Richtlinien der Zugehörigkeit und der Nationalität geregelt werden. Internationale Bürgschaften für die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit sowie die Unverletzlichkeit des Gebiets der verschiedenen Balkanstaaten sollten geschaffen werden.

12)
Den türkischen Teilen des jetzigen osmanischen Reiches sollte eine unbedingte Selbständigkeit gewährleistet werden. Den übrigen Nationalitäten dagegen, die zur Zeit unter türkischer Herrschaft stehen, sollte eine zuverlässige Sicherheit des Lebens und eine völlig ungestörte Gelegenheit zur selbständigen Entwicklung gegeben werden. Die Dardanellen sollten unter internationalen Bürgschaften als freie Durchfahrt für die Schiffe und den Handel aller Nationen dauernd geöffnet werden.

13)
Ein unabhängiger polnischer Staat sollte errichtet werden, der alle Gebiete einzubegreifen hätte, die von unbestritten polnischer Bevölkerung bewohnt sind; diesem Staat sollte ein freier und sicherer Zugang zur See geöffnet werden, und seine politische sowohl wie wirtschaftliche Unabhängigkeit sollte durch internationale Übereinkommen verbürgt werden.

14)
Ein allgemeiner Verband der Nationen muß gegründet werden mit besonderen Verträgen zum Zweck gegenseitiger Bürgschaften für die politische Unabhängigkeit und die territoriale Unverletzbarkeit der kleinen sowohl wie der großen Staaten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sein Programm stellte bei den alliierteninternen Verhandlungen in Paris im Regelfall den Ausgangspunkt dar. Manche Punkte wurden nicht eingehalten; viele andere hingegen wurden – im Rahmen einer freilich für Deutschland ungünstigen Auslegung – sehr wohl eingehalten.
Naja, negativ - positiv.
Negativ sahen es die damaligen Deutschen (und ein Teil der heutigen). Man könnte aber ebenso argumentieren das das dte Reich letztlich sehr positiv behandelt wurde.
Schließlich war die Politik des Kaiserreichs primär ausschlagebend für den Ausbruch des Krieges.
Schließlich hätte man als Behandlungs-Beispiel den (deutsch-sowjetischen) Vertrag von Brest-Litowsk nehmen können.
...
...

Auf deutscher Seite hat man Wilsons 14 Punkte sehr günstig ausgelegt und war dann geschockt über das Friedensangebot der Alliierten.
Die Nation (das Volk) welches sich als bevorzugt und überlegen ansieht wird plötzlich in seine Schranken gewiesen. All die imperialen Träume zerplatzt. Von einer Reflexion der eigenen Politik keine Spur.
Natürlich war man geschockt.
 
Danke fuer die berechtigte Nachfrage/Korrektur: Ich habe da tatsæchlich zu fluechtig gelesen und einen falschen Schluss gezogen.

"Ein unabhängiger polnischer Staat sollte errichtet werden, der alle Gebiete einzubegreifen hätte, die von unbestritten polnischer Bevölkerung bewohnt sind...."

D.h. natuerlich nicht, dass er auch andere Bevølkerungsteile umfassen darf, um so mehr in Verbindung mit dem zweiten Teil des Punktes 13. (Zugang zum Meer)

Andererseits, eine Reihe von Volksabstimmungen hat es ja gegeben...

Gruss, muheijo

Die Volksabstimmungen wurden für die Deutschen aber auch teilweise sehr ungünstig gestaltet, bzw. man schuf mit Waffengewalt bereits Tatsachen.
 
Die Volksabstimmungen wurden für die Deutschen aber auch teilweise sehr ungünstig gestaltet, bzw. man schuf mit Waffengewalt bereits Tatsachen.
Das Problem der Volksabstimmungen in Oberschlesien war eher folgendes und bestand schon länger.
Die Masse der deutschen Bevölkerung lebte in den Städten, die Masse der polnischen B. auf dem Land. Entsprechend war dann auch das Abstimmungsergebnis.
 
Die Masse der deutschen Bevölkerung lebte in den Städten, die Masse der polnischen B. auf dem Land. Entsprechend war dann auch das Abstimmungsergebnis.

ZT stimmte die polnischsprachige Bevölkerung sogar für den Verbleib bei Deutschland.

Hier gab es Schnittpunkte mit der sozialen Frage in den ländlichen Gebieten. Die zu Polen tendierenden Gebiete hatten häufig deutsche Großgrundbesitzer, und die Behandlung der polnischsprachigen Bevölkerung vor 1918 war entsprechend schlecht. Das war neben der Nationalitätenfrage ein wichtiger Aspekt der Abstimmung.

Roland Baier: Der deutsche Osten als soziale Frage.
 
Sehr interessant sind die Abstimmungsergebnisse in Ostpreussen und in Westpreußen, soweit dort abgestimmt wurde.
92% res. 95% für Deutschland!

Wobei die dort lebenden Masuren slawischsprachig waren, aber eben keine Polen waren, und auch keine sein wollten. Obwohl sie sich ja auf die Seite der Sieger hätten "abstimmen" können!

Was gewisse Rückschlüsse auf ein etwaiges Abstimmungsergebnis bei den Kaschuben in Westpreußen zulässt.

11. Juli 1920,
Volksabstimmung laut Versailler Vertrag

Provinz
Ostpreußen

Provinz
Westpreußen

StimmenStimmenüberhauptv. H.überhauptv. H.Bevölkerung 1919577.001 164.183Stimmberechtigte422.06773,15121.17673,81 Beteiligung ca. 88,5 a ca. 87,0 agültige Stimmen371.083 104.842davon:für Deutschland363.15997,8696.89592,42für Polen7.9242,147.9477,58 Zum Abstimmungsgebiet gehörten die folgenden Verwaltungseinheiten:
Provinz Ostpreußen:
Regierungsbezirk Gumbinnen: Kreis Oletzko;
Regierungsbezirk Allenstein: Kreise Allenstein/Stadt, Allenstein/Land, Johannisburg, Lötzen, Lyck, Neidenburg (teilweise), Ortelsburg, Osterode, Rössel, Sensburg
Provinz Westpreußen:
Regierungsbezirk Danzig: Kreis Marienburg;
Regierungsbezirk Marienwerder: Kreise Marienwerder, Rosenberg, Stuhm
 
Zuletzt bearbeitet:
Wilsons 14 Punkte schrieb:
7)
Belgien muß, die ganze Welt wird dem beipflichten, geräumt und wiederhergestellt werden, ohne jeden Versuch, seine Souveränität, deren es sich wie alle anderen freien Völker erfreut, zu beschränken. Kein anderer einzelner Schritt wird so wie dieser dazu dienen, das Vertrauen unter den Nationen in die Gesetze wiederherzustellen, die sie selbst geschaffen haben und als maßgebend für ihre Beziehungen zueinander festgesetzt haben. Ohne diesen heilsamen Schritt bleibt die gesamte Struktur und die Gültigkeit des Völkerrechts für immer geschädigt.
Hier konnte kein deutscher Politiker oder General heraus lesen, dass man Eupen und Malmedy - gegen den mehrheitlichen Willen der dortigen Bevölkerung - vom Reich abtrennen und Belgien zuschlagen würde

Wilsons 14 Punkte schrieb:
8)
Das ganze französische Gebiet muß geräumt und die besetzten Teile wiederhergestellt werden. Das Unrecht, das Frankreich im Jahre 1871 in Beziehung auf Elsaß-Lothringen durch Preußen angetan worden ist und das den Weltfrieden während nahezu fünfzig Jahren erschüttern hat, muß wieder gutgemacht werden, damit der Friede im Interesse Aller wiederhergestellt werden kann.
Auch hier musste niemand mit einer Abtrennung des Saargebietes vom Reich und dessen wirtschaftliche Integration in das französische Wirtschaftsgebiet rechnen
Auch steht hier von einer Verlegung der deutsch-französischen Landesgrenze auf das rechte Rheinufer sowie von dem Bau eines linksrheinischen Seiten-Kanals nichts.

Wilsons 14 Punkte schrieb:
9)
Berichtigung der Grenzen Italiens nach den genau erkennbaren Abgrenzungen der Volksangehörigkeit.
Nach Lektüre dieses Punktes musste kein Südtiroler befürchten, dass er nach einem Friedensschluss plötzlich italienischer Staatsangehöriger werden würde

Wilsons 14 Punkte schrieb:
10)
Den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen wünschen, sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung zugestanden werden.
Nach den Pariser Vorortverträgen fanden sich große ungarische Bevölkerungsteile in den neuen Staaten CSR und Jugoslawien sowie als rumänische Staatsangehörige wieder. Irgendwie schienen die Ungarn bei Punkt 10 nicht gemeint gewesen zu sein. Auch die Deutschen, welche dem Staat CSR zugeschlagen wurden, hätten den Punkt vor dem Friedensvertrag wohl anders interpretiert.

Wilsons 14 Punkte schrieb:
11)
Rumänien, Serbien und Montenegro sollten geräumt, die besetzten Gebiete zurückgegeben werden. Serbien sollte ein freier und sicherer Zugang zur See gewährt werden, ...
Die Integration der katholischen Slowenen und Kroaten in einem neuen Staat unter Führung der orthodoxen Serben ermöglichte Serbien nun den Zugang zum Meer. Jedoch habe ich keine Ahnung, ob dies auch den Willen der Kroaten, Slowenen und Bosniaken entsprach.
:grübel:

Repo schrieb:
StimmenStimmenüberhauptv. H.überhauptv. H.Bevölkerung 1919577.001 164.183Stimmberechtigte422.06773,15121.17673,81 Beteiligung ca. 88,5 a ca. 87,0 agültige Stimmen371.083 104.842davon:für Deutschland363.15997,8696.89592,42für Polen7.9242,147.9477,58
Sorry, die Zahlen verstehe ich nicht.
Sind die so für das Jahr 1919 zu lesen
Ostpreußen Westpreußen
577.001 -.- 164.183 Einwohner
422.067 -.- ??? ____Stimmberechtigte
88,5% -- . -- 87,0% Wahlbeteiligung
371.083 -.- 104.842 gültige Stimmen
363.159 -.- ??? ___ für Deutschland optierend
??? ---.--- ??? ____für Polen optierend

Zugegeben, ich habe keine Affinität zu Zahlen. Vielleicht kommt es mir deshalb als Zahlensalat vor.
:weinen:
 
Zuletzt bearbeitet:
Eberhard Kolb beschreibt in seinem Buch „Der Frieden von Versailles“ wie Prinz Max von Baden am 03.10.1918 die Geschäfte als Reichskanzler übernahm und von der OHL massiv bedrängt wurde, noch in der Nacht zum 04.10.1918 auf der Basis der "14 Punkte" um Frieden zu ersuchen. Am 05.10.1918 (!) forderte Ludendorff dann den Text der "14 Punkte" vom Auswärtigen Amt an. „Anscheinend hat Ludendorff den genauen Inhalt der Vierzehn Punkte gar nicht gekannt, als er diese als Friedensbasis in Vorschlag brachte“ (Kolb, Der Frieden von Versailles, S. 27).
Für die These, dass die OHL den Inhalt der "14 Punkte" gar nicht kannte, spricht auch der Umstand, dass Paul von Hintze bei der Lagebesprechung mit der OHL am 29.09.1918 als Option vorschlug, bei Wilson auf der Basis von dessen "veröffentlichten Grundsätzen" um Frieden zu ersuchen. Hindenburg und Ludendorff "billigten auch das Projekt einer Einladung zu Friedensverhandlungen über den Präsidenten Wilson. Der Generalfeldmarschall machte die Annexion von Brie und Longwy zur Bedingung, doch Ludendorff sagte, das wäre nicht mehr an der Zeit" (Paul von Hintze, Aufzeichnung über die Lagebesprechung mit den Spitzen der OHL vom 29.09.1918 - Hervorhebung durch Gandolf). Die Hindenburgsche Annexionsforderung passte nicht nur - wie Ludendorff meinte - nicht mehr zur Zeit, sie stand auch im krassen Widerspruch zu Punkt 8 von Wilsons "14 Punkte", wonach ganz Frankreich zu räumen und Elsaß-Lothringen an Frankreich herauszugeben war.
Hier konnte kein deutscher Politiker oder General heraus lesen, dass man Eupen und Malmedy - gegen den mehrheitlichen Willen der dortigen Bevölkerung - vom Reich abtrennen und Belgien zuschlagen würde

Auch hier musste niemand mit einer Abtrennung des Saargebietes vom Reich und dessen wirtschaftliche Integration in das französische Wirtschaftsgebiet rechnen
Auch steht hier von einer Verlegung der deutsch-französischen Landesgrenze auf das rechte Rheinufer sowie von dem Bau eines linksrheinischen Seiten-Kanals nichts.

Nach Lektüre dieses Punktes musste kein Südtiroler befürchten, dass er nach einem Friedensschluss plötzlich italienischer Staatsangehöriger werden würde
Bei Deiner Analyse zu Punkt 7 müsstest Du eigentlich zunächst erwähnen, dass die Herausgabe des besetzten Belgiens durch diesen Punkt geregelt war und insofern Übereinstimmung des Versailler Vertrags mit den "14 Punkten" bestand.

Soweit Du nun auf die Annexion von Eupen und Malmedy (das gleiche gilt aber auch für das Saarland oder die Rheingrenze etc.) verweist, gibt es in den "14 Punkten" keine Garantie für die Grenzen des Deutschen Reiches des Jahres 1914 oder deretwas ähnliches (wo denn?). Bei diesen Aspekten geht es um die Auslegung der "14 Punkte" im Lichte des von Wilson in seinen Reden propagierten "Selbstbestimmungsrechtes der Völker" und deren Verständnis als "Grundlage" des später abzuschliessenden Friedensvertrages. Das weicht die "14 Punkte" erheblich auf: was nicht drin steht, wird in Reden gefunden und hinein interpretiert.

Auch spielt das Problem des "ersten Angebotes" eine Rolle. Wenn D dem A den Abschluss eines Vertrages vorschlägt, muss D damit rechnen, dass der Vertrag zu schlechteren Konditionen zustandekommt als von ihm im "ersten Angebot" vorgeschlagen. Das gilt auch dann, wenn D bei seinem "ersten Angebot" auf eine 9 Monate zuvor gehatene Rede des A über die Grundsätze (noch nicht einmal Detaillregelungen) eines sich von diesem vorgestellten Vertragsschlusses Bezug nimmt. Das gilt erst recht, wenn auf der Seite von A auch noch E, F, I und eine Reihe Anderer, die ganz andere Vertragsvorstellungen haben, den Vertrag mitabschliessen sollen.
Nach den Pariser Vorortverträgen fanden sich große ungarische Bevölkerungsteile in den neuen Staaten CSR und Jugoslawien sowie als rumänische Staatsangehörige wieder. Irgendwie schienen die Ungarn bei Punkt 10 nicht gemeint gewesen zu sein. Auch die Deutschen, welche dem Staat CSR zugeschlagen wurden, hätten den Punkt vor dem Friedensvertrag wohl anders interpretiert.
OT (da die Verträge von St. Germain und von Trianon betreffend):
Mit "den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen wünschen", meinte Wilson in Punkt 10 seiner "14 Punkte" nur die im "habsburgerischen Völkergefängnis unterdrückten Völker". Diesen "sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung", sprich der Nationalstaat, zugestanden werden. Die Österreicher und Ungarn hatten ja schon ihren Nationalstaat.
 
Sorry, die Zahlen verstehe ich nicht.
Sind die so für das Jahr 1919 zu lesen
Ostpreußen Westpreußen
577.001 -.- 164.183 Einwohner
422.067 -.- ??? ____Stimmberechtigte
88,5% -- . -- 87,0% Wahlbeteiligung
371.083 -.- 104.842 gültige Stimmen
363.159 -.- ??? ___ für Deutschland optierend
??? ---.--- ??? ____für Polen optierend

Zugegeben, ich habe keine Affinität zu Zahlen. Vielleicht kommt es mir deshalb als Zahlensalat vor.
:weinen:

Selber Sorry,
habe eine Tabelle verlinkt.... dachte ich jedenfalls:pfeif:
Bevölkerung 1919 Ostpreußen 577.001 Westpreußen 164.183
Stimmberechtigte 422.067 121.176
Wahlbeteiligung ca 88,5% ca 87,0%
gültige Stimmen 371.083 104.842
für Deutschland 363.159 97,86% 96.895 92,42%
für Polen 7.924 2,14% 7.947 7,58%

Es gibt anscheinend keine Zahlen über die insgesamt Abstimmenden, deshalb ca. bei der Wahlbeteiligung.
 
Und da in Masuren die Wahlen so ungüstig für Polen ausgegangen waren, ließ Litauen völkerrechtswidrig erst gar keine Wahlen zu und annektierte das Memelland.
 
Die USA und der Versailler Vertrag

Hallo,

ich hätte da noch einmal eine Frage zu diesem Thema... Der Versailler Vertrag orientierte bzw. basierte ja auf dem 14-Punkte-Programm von Woodrow Wilson. Das heißt, die USA waren (mit Wilson als Vertreter) zwar an der Entwcklung/Ausarbeitung dieses Vertrages direkt beteiligt, jedoch wollte der amerikanische Kongress den Vertrag nicht ratifizieren. Somit wurden die USA auch nie Teil des Völkerbundes und zogen sich zurück in ihre außenpolitische Isolation. Die Deutschen selbst waren mit dem Versailler Vertrag nie zufrieden, sie fühlten sich ungerecht behandelt, die deutsche Wirtschaft war kaputt, Armut und Arbeitslosigkeit sehr hoch. Diese Unzufriedenheit diente wiederum den Nazis dazu, an die Macht zu kommen. Soweit korrekt?

Nun zu meiner eigentlichen Frage:
Ist es möglich, dass die Geschichte Deutschlands zwischen den beiden Weltkriegen einen ganz anderen Verlauf genommen hätte, wären die USA aktiv an der Einhaltung des Versailler Vertrags beteligt gewesen? Also wenn er vom Kongress ratifiziert worden wäre? Wäre die Situation des Deutschen Volkes besser gewesen (also wirtschaftlich)? Und hätte eine Mitgliedschaft im Völkerbund dazu beitragen können, dass der Zweite Weltkrieg nicht ausbricht?

Mir ist bewusst, dass dies nur Spekulationen sind. Ich habe mir nur darüber Gedanken gemacht und würde nun gerne wissen, ob diese realistisch sind oder nicht... Insbesondere weil ich mir überlegt habe, dass ja die 14 Punkte trotzdem Einfluss auf den Vertrag hatten, und die deutsche Bevölkerung damit nicht zufrieden war. Also was hätte dann anders sein können?

Für eure Meinungen bin ich sehr dankbar! Wenn jemand nützliche Links zu diesem Thema hat, her damit ;)

Liebe Grüße,
Deenaa
 
Hallo,

ich hätte da noch einmal eine Frage zu diesem Thema... Der Versailler Vertrag orientierte bzw. basierte ja auf dem 14-Punkte-Programm von Woodrow Wilson. Das heißt, die USA waren (mit Wilson als Vertreter) zwar an der Entwcklung/Ausarbeitung dieses Vertrages direkt beteiligt, jedoch wollte der amerikanische Kongress den Vertrag nicht ratifizieren. Somit wurden die USA auch nie Teil des Völkerbundes und zogen sich zurück in ihre außenpolitische Isolation. Die Deutschen selbst waren mit dem Versailler Vertrag nie zufrieden, sie fühlten sich ungerecht behandelt, die deutsche Wirtschaft war kaputt, Armut und Arbeitslosigkeit sehr hoch. Diese Unzufriedenheit diente wiederum den Nazis dazu, an die Macht zu kommen. Soweit korrekt?

Nun zu meiner eigentlichen Frage:
Ist es möglich, dass die Geschichte Deutschlands zwischen den beiden Weltkriegen einen ganz anderen Verlauf genommen hätte, wären die USA aktiv an der Einhaltung des Versailler Vertrags beteligt gewesen? Also wenn er vom Kongress ratifiziert worden wäre? Wäre die Situation des Deutschen Volkes besser gewesen (also wirtschaftlich)? Und hätte eine Mitgliedschaft im Völkerbund dazu beitragen können, dass der Zweite Weltkrieg nicht ausbricht?

Mir ist bewusst, dass dies nur Spekulationen sind. Ich habe mir nur darüber Gedanken gemacht und würde nun gerne wissen, ob diese realistisch sind oder nicht... Insbesondere weil ich mir überlegt habe, dass ja die 14 Punkte trotzdem Einfluss auf den Vertrag hatten, und die deutsche Bevölkerung damit nicht zufrieden war. Also was hätte dann anders sein können?

Für eure Meinungen bin ich sehr dankbar! Wenn jemand nützliche Links zu diesem Thema hat, her damit ;)

Liebe Grüße,
Deenaa

Zu Beginn der Ausarbeitung des Vertrags stand zwar, vor allem im Wunschdenken der Deutschen, der Anspruch, er würde auf Basis der 14 Punkte erstellt werden. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen, da musst du dir nur die mehrheitlich deutsch bewohnten, abgetrennten Gebiete anschauen, oder die Weiterführung der Kolonien: Verstoß gegen das postulierte Selbstbestimmungsrecht der Völker.

Die Deutschen waren naturgemäß, wie die Einwohner der anderen beteiligten Ländern aus ihren ureigenen Motiven auch, mit dem Vertrag unzufrieden, da er neben den terretorialen und politischen Einschnitten auch enorme wirtschaftliche Reparationen auferlegte.

Der Völkerbund war seit Beginn kein machtpolitischer Faktor, da er über keine Machtmittel verfügte, analog zur heutigen UN. Zudem waren die USA noch nicht einmal Mitglied.

Deutschland war seit Mitte der 20er Mitglied im Völkerbund. Hitler ist dann einfach 33 oder 34 ausgetreten. Der Völkerbund war für die NSDAP völlig irrelevant.
 
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