Ist das Deutschland-Lied wirklich so schlimm?

Jacobum

Aktives Mitglied
Ihr werdet es vielleicht gelesen haben: Die Lehrergewerkschaft GEW (Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft) hat die Nationalhymne, das Deutschland-Lied, als furchtbar und unpassend bezeichnet.

Gerade jetzt während der Fußball-WM ist dieser Vorwurf in so ziemlich allen Publikationen mehr oder weniger kritisch behandelt worden.

Die Stellungnahme der GEW kann man übrigens unter

http://www.gew.de/Binaries/Binary18640/06_07_WM-Anlage.pdf

nachlesen und sich dabei selbst ein Bild über die Argumente machen.

Meine Frage: Ist die Nationalhymne wirklich so schlimm? Überholt? Politisch nicht korrekt? Überflüssig? Auszutauschen?

Gruß

Jacobum
 
Ohne besonders patriotisch zu sein, halte ich den Text der GEW für ein zusammengeschustertes Pamphlet. Es ist ja richtig, die Rolle des Liedes im Dritten Reich zu problematisieren. Es wäre aber auch richtig gewesen, auf die ursprüngliche Geschichte des Liedes und die einstige Intention des 19. Jhdt. (gerade was die ersten beiden Strophen betrifft) einzugehen. Man hätte in dem GEW-Text auch der Frage nachgehen können, weshalb das Lied schon in der Weimarer Republik zur Nationalhymne gemacht wurde und weshalb im Dritten Reich nur noch die erste Strophe gesungen wurde-

Gänzlich vermisse ich - wenn man es schon abschaffen möchte - eine inhaltliche Kritik der GEW an der dritten Strophe.
Und schließlich: es ist zwar traurig, wenn im Dresdner Fußballstadion antisemitische Transparente entrollt werden - nur was hat das mit dem Text des Deutschlandliedes zu tun?
 
Ich muss Ashigaru zustimmen. Die Dritte Strophe des Deutschlandliedes hat eigentlich nichts anstößiges an sich, auf jeden Fall kann ich nichts erkennen.

Eine Sache wollte ich noch einwerfen, ich finde die Nationalhymne der DDR sehr schön, auch vom Text her...sie würde sich auch gut eignen, finde ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Martas schrieb:
Eine Sache wollte ich noch einwerfen, ich finde die Nationalhymne der DDR sehr schön, auch vom Text her...sie würde sich auch gut eignen, finde ich.

Wobei anzumerken ist, das der Text auch nicht mehr gesungen werden durfte.
Wegen " Deutschland einig Vaterland".
 
Das weiß ich:winke: Deswegen wäre der Text ja auch eine nette Alternative...die Melodie auch.

"Alle Welt sehnt sich nach Frieden, reicht den Völkern eure Hand":)
 
Ashigaru schrieb:
Und schließlich: es ist zwar traurig, wenn im Dresdner Fußballstadion antisemitische Transparente entrollt werden - nur was hat das mit dem Text des Deutschlandliedes zu tun?
Was ich anmerken möchte: So etwas gibt es nicht nur in Deutschland. ZB wenn Tottenham Hotspurs bei den entsprechenen Gegner aufläuft, gibt es von den gegnerischen Fans Zischgeräusche im Stadion. Ich finde, die Nationalhymne hat damit überhaupt nix zu tun, das haben die Idioten ganz allein zu verantworten. Trotzdem kann ich als Deutsche auch meine Hymne singen. Ich find das toll, als am Mittwoch im Stadion alle gesungen haben. Schade, dass solche Diskussionen immer noch geführt werden müssen.

Lieben Gruß :winke:
 
Ashigaru schrieb:
Es ist ja richtig, die Rolle des Liedes im Dritten Reich zu problematisieren. Es wäre aber auch richtig gewesen, auf die ursprüngliche Geschichte des Liedes und die einstige Intention des 19. Jhdt.
Stimmt schon, aber ohne 3. Reich würde ja kein Mensch etwas böses darin sehen. Es ist eine Nationalhymne und natürlich Nationalistisch. Andere Hymnen sind auch sehr oft "Nationalistisch".
Wenn man meint, die erste Strophe sei nach 2 Weltkriegen etwas zu frech ,vor allem unseren nachbarn gegenüber, ausserdem ist es Besudelt worden und lassen wir es einfach weg - dann finde ich das verständlich und irgendwie Korrekt. Aber der Rest ist doch absolut ok.- inhaltlich wie melodiös eine gute Hymne wie ich finde.

Interessant wäre ein Vergleich der Hymnen Inhalte div. Nationen.
Der Ungarische fängt so an:
"Gott, segne uns Magyaren mit reichlich guter Laune,und reiche uns deine schützende Hand, wenn wir mit der feind kämpfen......"
 
Man sollte auch berücksichtigen dass Adolf Hitler und seine Parteipaladine gar nicht glücklich mit dem Lied und seinem Text waren. Das ist auch leicht zu verstehen, wenn man seine politische Planung mit dem Text vergleicht. Da er es aber nicht wagte, dieses populäre- und in seinen Augen wohl zu bürgerlich/demokratische Lied völlig aus seiner Rolle zu kippen, wurde bei offiziellen Anlässen im Anschluss an das 'Deutschlandlied' auch das unselige 'Horst Wessel Lied' gesungen. Letzteres war offizielle Parteihymne!

Nun frage ich mich persönlich was diese Gutmenschen von der GEW (warum denke ich an GEZ?) sagen würden, wenn wir die französische Marseillaise als Nationalhymne in Deutschland hätten?

Ich denke bis zum ersten Refrain genügt:

"Auf, Kinder des Vaterlands!
Der Tag des Ruhms ist da.
Gegen uns wurde der Tyrannei
Blutiges Banner erhoben. (2 x)
Hört Ihr auf den Feldern
Das Brüllen der grausamen Krieger?
Sie kommen bis in unsere Arme,
Unsere Söhne, unsere Frauen zu köpfen!

Refrain:
An die Waffen, Bürger!
Schließt die Reihen,
Vorwärts, marschieren wir!
Damit ein unreines Blut
unsere Äcker tränkt!"

Auch im Rückblick auf die Zeit der Entstehung frage ich mich wer da wen geköpft hat? Aber das ist nicht unser Bier.

Das demokratische Italien hat seit 1946 folgenden Refrain in der offiziellen Hymne, woher er inspiriert ist scheint mir klar:

REFRAIN
"Lasst uns die Reihen schließen,
Wir sind bereit zum Tod,
Wir sind bereit zum Tod,
Italien hat gerufen!
Lasst uns die Reihen schließen,
Wir sind bereit zum Tod,
Wir sind bereit zum Tod,
Italien hat gerufen!"

Man könnte weitere Beispiele suchen, aber dazu habe ich keine Lust. Ich denke es lohnt sich auch für Lehrer über den Tellerrand zu blicken. Leider sind Nationalhymnen meist ziemlich schwülstige Angelegenheiten.
 
@ tejason: Das stimmt ja alles, das Problem ist ja nur, dass der Deutschen Hymne die Nazi-Zeit anlastet. Dieser schwarze Fleck lässt sich nicht wegwischen. In verschiedenen Diskussionen im Internet oder auch im Fernsehen wurde schon gesagt, das Deutschlandlied sei das Lied der Verlierer(Nazis). Die Hymnen der anderen Länder sind aber immer Hymnen der Sieger...das ist der entscheidende Unterschied. Sieger und Verlierer...die Diskussion gab es hier im Forum auch schon,oder gibt es noch.
 
Mir scheint das eine ziemlich politische Diskussion zu sein.

Bis die Mod-Konferenz entschieden hat, mache ich das Thema einstweilen dicht.
 
Ein paar nette Kinderstimmen...ist doch nett...außerdem wäre so eine Hymne eher symbolisch zu verstehen...entstanden 1949, nach dem 2. Weltkrieg, da setzt man mehr auf Symbolik als auf Klang.
 
Eine kurze Übersicht-Das Lied der Deutschen

"Die Deutsche Nationalhymne, das "Lied der Deutschen", ist ursprünglich ein Geburtstagslied("Gott beschütze Franz den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz...") für Kaiser Franz von Österreich gewesen, dass Joseph Haydn 1797 komponiert hat. 44 Jahre später, 1841, dichtete Heinrich August Hoffmann von Fallersleben dazu einen Text, in dem er seine Hoffnungen für ein einiges Deutschland zum Ausdruck bringen wollte. Dieses Lied wurde später dann inoffizielle Hymne von revolutionören Studenten(dieser Punkt ist in seiner Genauigkeit etwas strittig).

Aber erst waren andere Lieder Deutschlands Hymn, wie "Die Wacht am Rhein" und nach dem deutsch-französischen Kreig 1870/1871 die Kaiserhymne ("Heil Dir im Siegerkranz...") mit deutschem Text und der Melodie der englischen Nationalhymne.
1914, im 1. Weltkrieg, stürmen tausende (?) Studenten in den Kampf und singen dabei angeblich das Deutschlandlied. Offizielle Hymne wurde es erst am 11.8.1922.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden nur die 1. und 2. Strophe gespielt. Danach folgte meist das "Horst Wessel Lied" (SA-Lied), dass Horst Wessel, ein hitlertreuer Student, komponiert und getextet hatte. Dieses SA-Lied wurde 1936 bei den Olympischen Spielen verboten, weil man sich selbst als politische Saubermänner präsentieren wollte.

Nach dem Krieg hatte die BRD bis zum 3.11.1953 keine Hymne. An diesem Tag verkündete Konrad Adenauer, dass die "neue" deutsche Hymne die 3. Strophe des Deutschlandliedes sein würde. Davor gab es Streitigkeiten über die "neue" Hymne, da Theodor Heuss die alte Melodie und den alten Text nicht als Hymne wollte, da an ihr der Schatten der NS-Zeit kleben würde. So beauftragte er den Komponisten Rudolf Alexander mit der Komposition einer neuen offizielenn Hymne. Diese ganze Aktion endete jedoch in einem Debakel und Heuss musste sich gegenüber Adenauer geschlagen geben.

In der Zwischenzeit hatte auch die DDR eine eigene neue Hymne, mit einem Text von Johannes R. Becher (Auferstanden aus Ruinen...") und der Melodie von Hans Eisler. Der Text war erst dafür vorgesehen, mit der Melodie des Deutschlandliedes gesungen zu werden. Aber diese "Version" wurde später verworfen, da sich die DDR klar von der BRD distanzieren wollte.

Bevor die DDR und die BRD sich auf eigene Hymnen geeinigt hatten und die beiden Staaten noch miteinander bei Veranstaltungen auftraten, wurde Beethovens 9. Symphonie als "Erkennungsmelodie" gewählt.

Später wurde der Text der DDR-Hymne in der DDR selbst verboten, weil der Inhalt nicht in die Ideologie des Regimes passte("Deutschland, einig, Vaterland...") .

Seit der "Wende" ist die Hymne ganz Deutschlands die 3. Strophe des "Deutschlandliedes"."

Dieser Text ist ein älterer Aufsatz aus dem Musikunterricht von mir, in dem wir uns mit der gesamten Geschichte des Deutschlandliedes befasst haben (Filme, Bücher, Internet etc.). Eine grobe Geschichte Deutschen Hymne.
 
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