Ist es wahr, dass Ritter Bogenschützen lange Zeit ablehnten???

Zunächst einmal waren Bogenschützen selbst nicht unehrenhaft oder wurden so angesehen. Wenn überhaupt betrachtete man die Verwendung eines Bogens als unehrenhaft. Fakt ist, dass unabhängig davon was ein einzelner "Ritter" aus seinem Standesbewusstsein heraus dachte, spielten Schützen zu allen Zeiten eine wichtige und angesehene Rolle auf den Schlachtfeldern.
Eine Belagerung z.B. ist ohne sie unvorstellbar.
Die Tatsache, dass sie zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark Erwähnung fanden oder meinetwegen auch Verwendung hängt von viel irdischeren Bedingungen ab. Nicht alle Regionen Europas brachten gleichermaßen gute Schützen hervor, denn nur wo das Bogenschießen eine gewisse Tradition hatte konnten auch brauchbare Leute rekrutiert werden.
Das aufkommen besserer und stärkerer Körperpanzerungen stellte auch die Effizienz spätantiker oder frühmittelalterliche Fernkampfwaffen vor neue Herausforderungen. Es brauchte Zeit bis sie sich an die veränderten Bedingungen anpassen konnten, da sie ja primär als Jagdwaffen gedacht waren.
Nun zu den erwähnten Schlachten des Hundertjährigen Krieges, die so oft herangezogen werden um die fantastische Übermacht des Langbogens zu demonstrieren. Für Heinrich V. lässt sich mit einiger Sicherheit sagen, dass die hohe Anzahl an Bogenschützen in seinen Reihen (ca. 2/3) eher der Geldknappheit seiner Kriegskasse zuzuschreiben ist. Ein sog. Men-at-Arms kostete das Gleiche wie 2-3 Bogenschützen.
Moderne Versuche haben zudem gezeigt, dass die Pfeilspitzen von damals, des sog. Bodkin-Typs, die nur aus einfachem Eisen und nicht aus teurem Rüstungsstahl waren, einen Plattenharnisch der Zeit nicht wirklich durchdringen konnten. Was sie hingegen vermochten war Pferde töten und demoralisieren. Vor allem die hohe Schussfrequenz eines geübten Bogenschützen deckt das Schlachtfeld sicherlich mit einem Regen von Pfeilen ein, aber mehr auch nicht.
Erst weitere ungünstige Faktoren auf Seiten der Franzosen, wie Ausgangsposition, Bodenverhältnisse und Truppenmoral erklären die Siege der Engländer zusätzlich.
 
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