IWF und Dritte Welt

malewitsch

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Hallo
Ich habe ein Zitat, das mir nicht ganz klar ist.Vielleicht kann mir jemand helfen?

„Strukturanpassung auf den philippinen gehört zur umfassenden wirtschaflichen gegenrevolution, die die US_Regierung unter Reagan und Bush initiiert haben, um die Erfolge, die die dritte welt in den 60er und 70er jahren, verzeichnen konnte, rückgängig zu machen.“



Welche Erfolge sind denn da gemeint? Wirtschaftliche? und wenn ja, welche?
hat das einen Zusammenhang mit der Unabhängigkeitsbewegungen dieser Länder?
besten dank für die Hilfe
 
"Wirtschaftliche Gegenrevolution" stammt aus dem sozialistischen Sprachgebrauch.

Woher stammt das Zitat, und in welchem Kontext soll es zum IWF der 1980er Jahre stehen?
 
Der IWF hat ab den 1980er Jahren die Strukturanpassungsprogramme für die dritte Welt ins LEben gerufen, die ja oft politische und wirtschaftliche Bedienungen einschliessen, wie Öffnung des Marktes ect. Also ihre eigene Wirtschaft ankurbeln auf Kosten der drittweltLänder. im Prinzip..
Die Frage die ich mir jetzt stelle ist:
Hatten die Drittweltländer in den 60er und 70er Jahren etwa einen starken Wachstumsschub oder was war es, was der NOrden mit Hilfe des IWF rückgängig machen wollte?

Wieso war das entscheidend für die Wirtschaft dieser Länder?
 
Aus einem Buch das heisst: Kein Grund zum Feiern. 50 Jahre IWF und WEltbank, kritik und Alternative.

Der AUtor ist ein Globalisierungskritiker. Im Text befasst er sich mit den PHilippinen, die eben solche Programme erdulden mussten aber weder eine gesunde Wirtschaft erreichten noch ihre Verschuldung bremsen konnten.
So kritisiert er, dass genau diese Programme, der Entwicklung geschadet haben, aber für den NOrden Vorteile gebracht haben.
 
ALso, das sie dem Norden Vorteile bringen, ist mir klar.
Das es aber in den 60&70er Jahren Erfolge der drittweltländer gab, die von den USA rückgängig gemacht worden sind, das ist mir unklar.
welche Erfolge? das verstehe ich leider nicht...
 
Ich kenne das Buch nicht, aber der Titel und der Umstand, dass Du den Autor (laut Internet sind es mehrere Autoren) selbst als "Globalisierungskritiker" bezeichnest, legt nahe, dass es sich nicht gerade um eine objektive Geschichtsdarstellung bemüht, sondern als polemisierende Anklageschrift gedacht ist. Dass die Wirtschaftspolitik von Weltbank und IWF in den vergangenen Jahrzehnten oft eher verfehlt war (z. B. die einseitige Förderung prestigeträchtiger Großprojekte), ist heutzutage weitgehend unbestritten, aber dahinter eine gezielte Maßnahme zu vermuten, um die Dritte Welt niederzuhalten, gehört für mich klar in den Bereich Verschwörungstheorien.
 
ok, das sehe ich schon ein bisschen anders.
Es sind globalisierungskritiker, es sind aber auch alles praktizierende Wissenschaftler, die eine wissenschaftliche Arbeit liefern, selber an Unis arbeiten und ihre texte mit quellen und fakten belegen. Ich glaube nicht, das man das mit einer Verschwörungstheorie gleichsetzen kann.

So einfach ist das nicht zu erklären, das ist ehrlich gesagt, auch ein bisschen unwissenschaftlich....

Ich suche weiter nach antworten darauf... hoffentlich finde ich eine weitere..
 
Mich würde weniger die Verwendung eines "besetzten" Schlagwortes stören, als vielmehr die Verwendung unbelegter Prämissen. Ravenik hat ja schon den "masterplan" angedeutet, der in übliche Verschwörungstheorien mündet.

Was an dem Thema richtig dargestellt wird, ist die inzwischen langjährige und intensive, auch sehr kontrovers geführte Diskussion um die "konditionale" Kreditvergabepolitik, vom IWF in den 1980ern vor allem verbunden mit Forderungen auf Liberalisierung, Abbau Staatsverschuldung etc.

Wenn eine recht übersichtliche, aber dennoch viele Aspekte beleuchtende und kritische Arbeit dazu interessiert, die auch einiges zur Historie enthält: Kim, Kyung-Rae - Der Internationale Währungsfonds – Eine kritische Analyse aus politökonomischer Perspektive [2 MB]
 
ok
ich finde immernoch dass dieses thema nicht wirklich etwas mit einer verschwörungstheorie zu tun hat, da es sich ja nicht um etwas geheimnisvolles, okkultes, unaufgelöstes handelt..
es ist eine frage der wirtschaftlichen theorie, die man anwendet.

den text ist sehr interessant. besten dank für diesen super link.
danke
 
Es ging um diese Aussage: „Strukturanpassung auf den philippinen gehört zur umfassenden wirtschaflichen gegenrevolution, die die US_Regierung unter Reagan und Bush initiiert haben, um die Erfolge, die die dritte welt in den 60er und 70er jahren, verzeichnen konnte, rückgängig zu machen.“
Also wenn die Behauptung, Reagan und Bush hätten den IWF instrumentalisiert, um die Wirtschaft auf den Philippinen kaputt zu machen, nicht etwas Verschwörungstheoretisches hat, dann weiß ich auch nicht ... Werden dafür im Buch eigentlich irgendwelche Belege gebracht, vor allem, was den Schädigungsvorsatz der beiden Präsidenten betrifft?
 
Es ging um diese Aussage: „Strukturanpassung auf den philippinen gehört zur umfassenden wirtschaflichen gegenrevolution,

Ganz richtig, und auch die Begrifflichkeit der "wirtschaftlichen Gegenrevolution" ist beachtenswert.

Ist das so in dem Buch enthalten? (die Frage wurde noch nicht beantwortet) :winke:
 
Das ist ein sehr heikles Thema, das schnell ins Tagespolitische abgleiten kann.

Ich bin der Meinung, dass man wohl behaupten kann, dass der IWF und die Weltbank machtpolitische Instrumente sind, ohne dass dieses gleich einer "Verschwörungstheorie" angehört. Philantropische Vereinigungen sind es jedenfalls nicht.

Eine leicht überprüfbare Tatsache ist es auch,dass die Maßnahmen die vom IWF verlangt wurden um bestimmten Ländern zu helfen oft extrem Hart waren und hohe soziale, wirtschaftliche und sogar gesundheitliche Kosten hatten. Ich müsste in den Tiefen meines Archivs suchen, es war -glaube ich- Greg Palast, der einen sehr gut recherchierten Artikel über die konkreten Folgen solcher Programme geschrieben hatte: Einschnitte in Bildungs- und Gesundheitsprogrammen, Schliessung von Krankenhäusern und Schulen, Privatisierung und Schliessungen von Transport und Versorgungs-Infrastruktur. Vom notwendigen Sanierungsrückschnitt in übergrößerten öffentlichen Apparaten ging man nahtlos zum radikalen Kahlschlag über, bei gleichzeitiger Bereicherung kleiner Eliten.

Im besagten Artikel wurde dargestellt, dass in einigen Ländern nach den Programmen des IWF die Lebenserwartung wieder deutlich zurück ging so wie die mittlere Statur der Bevölkerung. In Afrika wurden auf Anweisung des IWFs Bekämpfungskampagnen gegen Malaria und andere Krankheiten eingestellt.

Hier ist ein Artikel von Greg Palast, basierend auf einem Interview mit Joseph Stieglitz (immerhin Nobelpreisträger, ehemaliger Insider, und kaum verdächtig ein Verschwörungstheoretiker zu sein) in dem die Vorgehensweise des IWFs und der Weltbank erläutert werden. Dieser Artikel wurde einst im Guardian veröffentlicht:

Greg Palast The Globalizer Who Came In From the Cold

Von wem und wie diese Instrumente verwendet werden ist eine andere Frage.Vom "Norden" als einen einheitlich agierenden Block zu sprechen, der eine konkrete und intelligente Politik folgt, finde ich falsch. Notorische "Opfer" des IWFs waren auf Grund der ersten Asien-Krise auch einige entwickelte Länder dort die in der Klassischen Marxistischen Theorie zu diesem "Norden" mitgezählt werden. Im Gegensatz zu Ländern wie die Philippinen haben sie sich jedoch rechtzeitig aus diesen Programmen herauswinden können bzw. haben sie diese erst gar nicht angewendet.

In der argentinischen Presse wurde vor kurzem ein bitterer Witz veröffentlicht: "Wie schlimm war das Erdbeben in Japan? So wie drei IWF-Programme an einem Tag."
 
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„Strukturanpassung auf den philippinen gehört zur umfassenden wirtschaflichen gegenrevolution, die die US_Regierung unter Reagan und Bush initiiert haben, um die Erfolge, die die dritte welt in den 60er und 70er jahren, verzeichnen konnte, rückgängig zu machen.“
Gegen diese These spricht auch, dass bei einem wirtschaftlichen Niedergang immer auch die Gefahr eines Erstarkens des Kommunismus bestand. Und kommunistische Philippinen wollten Reagan und Bush ganz bestimmt nicht ...
 
Zu der konkreten Frage zum Zitat : „Strukturanpassung auf den philippinen gehört zur umfassenden wirtschaflichen gegenrevolution, die die US_Regierung unter Reagan und Bush initiiert haben, um die Erfolge, die die dritte welt in den 60er und 70er jahren, verzeichnen konnte, rückgängig zu machen.

Ich glaube das ist eine extrem simplistische und plakative Sicht der Dinge. Die Realität ist vermutlich viel banaler. Das war nicht Teil eines Masterplans um irgendwelche "Erfolge" zunichte zu machen (in den 60.er und 70.er herrschte noch Ferdinand Marcos der die Philippinen systematisch ausplünderte), sondern in der Regel der Versuch die Interessen von westlichen Banken und Firmen zu retten, auf Kosten der Wirtschaft und der Gesellschaft schwächelnder Drittwel-Länder.

In der Wachstumsphase in den 60.er und frühen 70.er Jahren haben zahlreiche Länder Kredite aufgenommen. Die verschuldung stieg mit der explosiven Erhöhung der Energiekosten bei der ersten Erdölkrise, die Zinsen stiegen auch und der Wirtschafswachstum brach zusammen.Die Kombination dieser und anderer Faktoren (z.B. prassende Militärdiktaturen die gerade zu dieser Zeit in Scharen an die Macht kamen: Türkei, Griechenland, Brasilien, Chile, Argentinien, Uruguay etc. etc. ) führte zu einer Schuldenspirale die nicht mehr zu stemmen war.

Es drohte der Staatsbankrot, die Kreditgeber wären leer ausgegangen bzw. hätten sie weniger bekommen. Aber da kamem IWF und Weltbank zur Rettung und erfanden die Form wie die Kuh gemolken werden konnte ohne ihr mehr als das allernotwendigste zu fressen zu geben. Für längere Zeit war vor allem für die US-Banken der Schuldendienst der Südamerikanischen Länder eine der Haupteinahmequellen. Bei Zinsen von zeitweise 26% ist auch bald deutlich mehr gezahlt worden als die ursprünglich Schuld dargestellt hatte. Jährlich wurden neue Darlehen aufgenommen um die Zinsen der davorgegangenen zu begleichen. Die Regierungsbeamte dieser Länder haben dabei auch noch Provisionen auf diese Darlehen bekommen.

Bevor jemand etwas falsches denkt, ich schreibe über die 80.er und 90.er Jahre in der Dritten Welt. Ähnlichkeiten oder Paralellitäten mit tagespolitischen Ereignissen sind rein zufällig.
 
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