Johann von Gorze: Gescheiterter Dialog?

El Quijote

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Kaiser Otto I. hatte dazu einst Johannes von Gorze vergeblich nach al-Andalus<- entsandt

In der Geschichtswissenschaft ist die Mission Johann von Gorzes (ca. 905 - 974) nach Córdoba (953 - 956) als gescheiterter Dialog bewertet worden (Walther, Helmut G.: Der gescheiterte Dialog. Das ottonische Reich und der Islam. In: Vuillemin-Diem, Gudrun; Zimmermann, Albert; Craemer-Ruegenberg, Ingrid: Orientalische Kultur und europäisches Mittelalter. Berlin 1985, S. 20-44).
Nun hat vor drei Jahren Peter Christian Jacobson den von Johann von St. Arnulf verfassten Bericht über das Leben des Johann von Gorze und dessen Andalusienmission neu herausgegeben und übersetzt (neu herausgegeben: Es gibt nur eine HSS des Textes und diese hat er einer Revision unterzogen und so Lesefehler aus der vorherigen Edition MGH SS IV 1846 gestrichen). Jacobson wendet sich in seiner Vorstudie zu seiner Übersetzung gegen die etablierte Einschätzung eines gescheiterten Dialogs zwischen dem Ottonenreich und Córdoba. (Leider ist bisher nur die Textfassung von 1846, nicht die von 2016 online, da müssen wir wohl noch ein paar Jahre warten.)
 
Jedenfalls war nach Johann von Gorze bzw. nach seinem Biographen Johann von St. Arnulf Tortosa die erste Stadt im Gebiet des Kalifats von al-Andalus:

Barcinonam venientes, quindecim diebus morantur, donec nuntius Tortose missus est. Ea prima regis Sarracenorum erat.
Das entspricht natürlich auch dem Umstand, dass aṭ-Ṭurṭūšī (Ibrāhīm b. Yaʿqūb/Abraham ben Jacov), der so bekannt für seinen Reisebericht an der Elbe (um 973) entlang ist, eben hierher kam.
Interessant dabei ist, dass Tortosa heute zwar beiderseits des Ebro, eigentlich nördlich des Ebro liegt. Es muss eine Art Brückenkopf des Kalifats gewesen sein, denn eigentlich hatte ja Ludwig der Fromme noch zu Lebzeiten seines Vaters die Marca Hispanica erobert, welche das Gebiet zwischen Pyrenäen und Ebro umfasste. Naja gut, in 150 Jahren kann viel passieren. Einige Jahrzehnte später sollte ja al-Manṣūr diverse Städte, darunter Santiago und Barcelona mehr oder weniger regelmäßig plündern und Zaragoza (Caesaraea Augusta - Saraqusṭa) wurde noch ein wenig später Hauptstadt eines Kleinkönigreiches, die erst im frühen 12. Jhdt. (1118) von Aragón erobert werden konnte. Allerdings lag die auch am südlichen Ufer des Ebro (wobei der Ebro auch hier nicht die Grenze bildete, bekannt ist beispielsweise die Eroberung von Babastro 1064 und Lérida/Lleida war zeitweise sogar Hauptstadt eines von Zaragoza abgespaltenen Kleinkönigreichs, Babastro und Lérida/Lleida lagen am Segre-Cinca-Flusssystem, welches seinen Ursprung in den Pyrenäen hat welches den Ebro von Norden her speist).
 
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