Joseph Fouché

excideuil

unvergessen
Joseph Fouché (1759-1820) während der Revolution „Terrorist“ und „Königsmörder“ erlangte Berühmtheit durch seine Tätigkeit als Polizeiminister in mehreren Regierungen. (Directoire, Konsulat, Empire, Restauration)

1799 übernimmt er das erste Mal unter dem Direktorium auf Wunsch von Sieyès das Polizeiministerium mit sehr klaren Vorstellungen:
„Jede Regierung braucht als erste Bürgschaft für ihre Sicherheit eine wachsame Polizei, deren Führer energisch und intelligent sein müssen. Die Aufgabe der hohen Polizei ist ungeheuer groß, ganz gleich, ob sie nun für eine parlamentarische Regierung tätig ist, die keine Willkür kennt und den Aufrührern gesetzliche Mittel zur Verschwörung gegen die Staatsgewalt lässt, oder ob sie zugunsten einer konzentrierten, aristokratischen, direktorialen oder despotischen Regierung arbeitet. Die Aufgabe ist dann noch schwieriger, da nichts an die Öffentlichkeit dringt. Man muss im Dunklen und im Geheimen die Spuren aufsuchen, die sich nur dem forschenden und geübten Blick enthüllen.“ [1/S. 43-44]

„Ich fand alle Abteilungen und Hilfsmittel im Zustande einer furchtbaren Verwahrlosung und Verwirrung. Die Kasse war leer, und ohne Geld kann eine Polizei nicht bestehen. Bald aber verfügte ich über Geld in meiner Kasse, denn ich machte das Laster, das in jeder Großstadt herrscht, der Sicherheit des Staates tributpflichtig.“ [1/ S. 45]

Unter Laster sind das Glücksspiel und die Prostitution zu verstehen. Fouché besteuerte beides und finanzierte so die Polizei.

Schon bald stand ihm ein ausgedehntes Agentennetz zur Verfügung, die prominenteste Agentin ist wohl Josephine:

„Es ist bekannt, dass sie infolge ihrer unsinnigen Verschwendung ihr Haus in Unordnung und Not brachte. Nie besaß sie einen einzigen Taler. Die 40000 Franken, die Bonaparte ihr vor seiner Abreise gewährt hatte, genügten ihr keineswegs. Und dabei hatte sie in demselben Jahre aus Ägypten noch zwei Extrasendungen erhalten, die ungefähr denselben Betrag ausmachten. Da Barras mir Josephine empfohlen hatte, so gab ich ihr heimlich von dem Gelde, das aus dem Ertrag der Spielklubs stammte. Ohne besondere Förmlichkeit übermittelte ich ihr tausend Louisdor, und diese Galanterie eines Ministers bewirkte, dass Josephine mir vollkommen wohlgesinnt wurde. Von ihr erfuhr ich sehr viel, denn sie empfing ganz Paris. Was ich so von allen Seiten hörte, ließ mich schließlich zu der Überzeugung kommen, dass Bonaparte eines Tages ganz plötzlich auftauchen würde. Daher war ich auf diese Ereignisse vorbereitet, während alle anderen davon überrascht wurden.“ [1/S. 53-54]

Hier wird auch der Vorteil der vielen Einzelinformationen deutlich, die in der Summe Wissensvorsprung bedeuten.

„Sein Ministerium hat Fouché in folgende Abteilungen gegliedert:
Die erste untersteht seinem persönlichen Sekretär. Hier werden alle streng geheimen Angelegenheiten erledigt, deren Bearbeitung er niemand anderem anvertrauen will. In dieser Abteilung herrscht ein ungewöhnliches Arbeitstempo, weil dort gleichzeitig alle Fäden zusammenlaufen.
Die zweite Abteilung für „Allgemeine Sicherheit“, - von Fouché „Sûreté générale“ bezeichnet – leitet der berühmt-berüchtigte Staatsrat Desmarest.
Weitere Abteilungen sind:
Das Referat zur Überwachung der Emigranten,
die Rechnungsabteilung,
das Archiv,
die Dienststellen für Gefängnis- und Pressefragen in Verbindung mit den Senatskommissionen sowie
das Presse- und Theaterreferat.

Fouché ist der erste Polizeichef, der die Bedeutung der Presse erkennt. Er verpflichtet für dieses Referat die besten Journalisten des Landes, um sie für die eigene Propaganda zu verwenden, aber auch mit dem Hintergrund, die Opposition geistig zu verarmen. Er weiß, dass die Geheimpolizei nicht nur durch straffe Organisation und Disziplin, sondern vor allem durch Intelligenz den Gegnern überlegen sein muss. Dies sei wirksamer als jede Zensur, von der er zwar ebenso auf äußerst geschickte Weise Gebrauch macht. [2/S. 196]

Fouché selbst schreibt:
„Selbstverständlich besaß ich in allen Ständen besoldete Spione, und zwar beiderlei Geschlechts, die je nach ihrer Wichtigkeit und ihren Dienstleistungen mit tausend bis zweitausend Franken monatlich bezahlt wurden. Ich erhielt unmittelbar ihre schriftlichen Berichte, die mit einer verabredeten Unterschrift versehen waren.

Was die Polizei im Ausland betrifft, so hatte sie vor allem zwei Aufgaben, nämlich die befreundeten Mächte zu überwachen und die feindlichen zu bearbeiten. In beiden Fällen bestand sie aus Leuten, die man bei jeder Regierung und in jeder wichtigen Stadt entweder gekauft oder denen man ein Jahrgehalt ausgesetzt hatte. Unabhängig davon gab es dann noch zahlreiche Geheimagenten, die entweder durch den Minister des Äußeren oder durch den Kaiser selbst in alle Länder gesandt wurden.
Ich hatte ebenfalls meine Kundschafter im Auslande. Außerdem wurden in meinem Kabinett alle fremden, in Frankreich verbotenen Zeitungen aufgestapelt, aus denen man mir Auszüge herstellte. Auf diese Weise hielt ich die wichtigsten Fäden der auswärtigen Politik in Händen, und leistete zusammen mit dem Staatsoberhaupt eine Arbeit, die die Tätigkeit des Ministers des Auswärtigen kontrollieren oder gar im Gleichgewicht halten konnte.“ [1/S. 150-151]

Fouchés Polizei-Netzwerk wirkte ressortübergreifend und nicht nur Talleyrand hatte Grund zur Klage: „Der Polizeiminister ist ein Mann, der sich zunächst mit dem befasst, was ihn angeht, und dann mit dem, was ihn nicht angeht.“ [3/S. 140]

„Ich war also weit entfernt, mich auf die bezahlte Spionage zu beschränken. Alle Staatsgefängnisse standen unter meinen Befehlen, ebenso die Gendarmerie. Die Ausfertigung und Beglaubigung der Pässe lag mir ebenfalls ob. Ferner war ich mit der Beaufsichtigung der Fremden, Amnestierten und Emigranten beauftragt. In den wichtigsten Städten des Reiches errichtete ich Generalkommissariate, die über ganz Frankreich, und besonders über unsere Grenzen ein Netz von Polizeiämtern ausbreiteten.“ [1/S. 151]

Die Macht über die Pässe wurde eine nicht unbedeutende Einnahmequelle. Fouché beobachtete die Emigranten bereits im Ausland und war bestens unterrichtet, bevor diese zurück nach Frankreich kehrten.

Genüsslich führt er aus;
„Meine Polizei erlangte ein solches Ansehen, dass man im Publikum sogar behauptete, es befänden sich unter meinen Geheimagenten drei große Herren des ancien régime mit dem Fürstentitel, die mir täglich persönlich das Ergebnis ihrer Beobachtungen übermittelten.“ [1/S. 151]

Egal, ob die Behauptung stimmt oder nicht, deutlich wird, dass Fouchés Agentennetz quer durch alle Stände ging und dass wohl ausnahmslos jeder beobachtet wurde.

„Alle diese Bestandteile einer ungeheuren Macht waren nicht ohne Nutzen in meinem Kabinett konzentriert. Da ich von allem unterrichtet war, so musste ich es übernehmen, das Staatsoberhaupt von allen Mängeln und Übelständen des Staates in Kenntnis zu setzen. Daher will ich nicht verbergen, dass ich es in der Hand hatte, die Angst zu vergrößern, die ein mit unbeschränkter Macht ausgestatteter Mann stets mehr oder weniger hat. Als großer Kundschafter des Staates konnte ich für ganz Frankreich Einspruch erheben, tadeln und vorgehen.“ [1/S. 152-153]

Soviel Macht in einer Hand mit der Möglichkeit, damit zu manipulieren. Zu verführerisch als dass Fouché der Versuchung nicht erliegen könnte. Nicht nur einmal agierte er ohne Wissen seines Herrn (z.B. geheime Friedensverhandlungen mit England, Intrige um Murat), was ihm desöfteren den Zorn des Gebieters einbrachte:

„Als Napoleon ihm einmal im Jähzorn ernstlich androht, ihn verhaften und erschießen zu lassen, erwidert Fouché äußerlich unbeeindruckt: „Als Polizeiminister fühle ich mich verpflichtet, Euer Majestät davon abzuraten.““ [2/S. 197]

Starke Worte, die aber eine Ursache hatten. Er galt als unersetzlich.

„Während meines zweiten Ministeriums wirkte ich in meiner Verwaltung mehr durch die Furcht als durch Unterdrückung und Anwendung von Zwangsmaßnahmen. Ich hatte den alten Grundsatz der Polizei wieder aufleben lassen, der folgendermaßen lautete: wenn nur drei Männer zusammenkommen, um in unbesonnener Weise über politische Dinge zu reden, so muss es der Polizeiminister am nächsten Tage wissen. Es gelang mir, die Überzeugung zu verbreiten, dass überall dort, wo etwa vier Personen beisammen waren, in meinem Solde befindliche Personen standen, um zu beobachten und zu lauschen. Zweifellos führte diese Annahme auch eine allgemeine Verderbtheit und Entwürdigung herbei, … [1/S. 153]

„Kluge Mäßigung“ nennt dies der Graf Metternich, Botschafter Österreichs, der ihn einige Jahre beobachten konnte. Und in der Tat galt Fouché als der Mann des Ausgleiches, hatte selbst unter den Royalisten im Faubourg St. Germain einen besseren Stand als der Fürst von Benevent.

Dennoch, Napoleon setzte Fouché, jetzt Herzog von Otranto ab. Er berief einen großen Ministerrat ein (Großwürdenträger und Minister). Nur der Platz des Polizeiministers blieb leer:
„Was würden Sie von einem Minister halten, der, unter Missbrauch seiner Stellung, ohne Wissen seines Souveräns Verbindungen mit dem Ausland aufnimmt, diplomatische Verhandlungen in die Wege leitet auf Grundlagen, die er sich allein ausgedacht hat, und der somit die Staatspolitik bloßstellt? Welche Strafe ist in unseren Gesetzbüchern für eine solche Amtsverletzung festgesetzt?“, fragte der Kaiser.
Obwohl viele Feinde Fouchés anwesend waren erhob sich keine Stimme, um Fouchés Entlassung anzuraten. Cambacérès plädierte für mildernde Umstände. N. unterbrach barsch: Fouché soll abgesetzt werden, wer könne Nachfolger werden?
Schweigen.
Wie immer fand Talleyrand das treffende Wort: „Fraglos“, sagte er halblaut zu seinem Nachbarn, „hat Monsieur Fouché unrecht, und auch ich würde ihn ersetzen lassen, aber nur durch einen einzigen Mann: durch Monsieur Fouché selbst.“, und drückte damit die Meinung der Versammlung aus. [3/S. 210]

Mit Fouché war der letzte bedeutende Minister, den N. entließ. Damit war er nur noch von Ja-Sagern wie Savary, Champagny oder Maret umgeben.
Mit der Affäre Malet wurde die Instabilität Frankreichs und auch die Fehlbesetzung des Ministers Savary, Herzog von Rovigo, deutlich.

„Fouchés Lebenswerk bleibt richtungweisend für die Organisation einer modernen Sicherheitspolizei und des politischen Geheimdienstes. Unter seiner Führung sind wichtige und heute noch gültige Grundsätze des Erkennungsdienstes erarbeitet worden. [2/S. 198]

Dem ist kaum etwas hinzuzufügen, außer vllt., dass ein solches Ministeramt eine gehörige Portion Menschenverachtung verlangt. Ich stelle es mir nicht einfach vor, ständig im Dreck der Gesellschaft zu wühlen:
„Ich kenne die Menschen und die schändlichen Leidenschaften, die sie beseelen“ schreibt Fouché 1817 [3/S. 141] und Talleyrand hat auch hier sein Bonmot:
„Diese Verachtung rührt daher, dass Monsieur Fouché sich selbst genau beobachtet hat.“ [3/S. 140]

Grüße
excideuil

[1] Fouché, Joseph: „Memoiren“, Papierfabrik Schoeller & Hoesch GmbH, Gernsdorf, 1967
[2] Piekalkiewicz, Janusz: Weltgeschichte der Spionage, Komet, Frechen, 1993
[3] Madelin, Louis: „Fouché – Der Mann, den selbst Napoleon fürchtete“; Wilhelm Heyne Verlag, München, 1989
 
Ich bin auf das Fehlen eines berühmten Satzes hingewiesen worden:

Affäre Enghien

Fouché war zu der Zeit kein Polizeiminister. Laut Madelin ist oft eine Beteiligung F. behauptet aber nie bewiesen worden. Dabei gab es einen guten Grund:

"Bonaparte konnte ihm nicht mehr, wie er es sonst häufig tat, sein Votum vom 21. Januar 1793 vorwerfen, und der ehemalige Königsmörder war mit einemmal sicher, dass Bonaparte die Monk-Rolle, die man ihm eine Zeitlang zugedacht hatte, nicht spielen würde." [1/ S. 133-134]

Nach seinen Memoiren hat Fouché Bonaparte gewarnt, ohne Erfolg:

"Die Entrüstung brach in der schärfsten Weise aus. Ich hielt am wenigsten mit meiner Meinung zurück über diese Verletzung alles Völker- und Menschenrechts zurück. "Das ist mehr als ein Verbrechen", sagte ich, "das ist ein Fehler!" Ich führe ausdrücklich diese Worte hier an, weil sie wiederholt und anderen zugeschrieben worden sind." [2/S. 142]

In der Tat, der wohl berühmteste Satz Fouchés.

Die Worte: "Das ist ein unnütz abgefeuerter Schuss" legt ihm der royalistische Publizist Lewis Goldsmith in den Mund. [1/S. 134]

Grüße
excideuil

[1] Madelin, Louis: „Fouché – Der Mann, den selbst Napoleon fürchtete“; Wilhelm Heyne Verlag, München, 1989
[2] Fouché, Joseph: „Memoiren“, Papierfabrik Schoeller & Hoesch GmbH, Gernsdorf, 1967
 
Erst einen Dank an excideuil für die informativen Beiträge.

Sehr interessant ist auch der Hinweis auf das Vorbild für die modernen politischen Sicherheitsapparate, insbesondere wohl mit Blickrichtung auf folgende Diktaturen.
 
Eine sehr schöne und umfangreiche Einführung, Respekt dafür. Man kann neben den genannten Werken vielleicht noch ergänzend auf Stefan Zweig, Joseph Fouché, Bildnis eines politischen Menschen, hinweisen.
 
Sehr interessant ist auch der Hinweis auf das Vorbild für die modernen politischen Sicherheitsapparate, insbesondere wohl mit Blickrichtung auf folgende Diktaturen.

In der Tat, Fouchés Polizei kann als das Vorbild gelten, wie in der Französischen Revolution folgenden Autokratie Überwachung und Sicherheit des Staates gehandhabt wurde.
Für ihn spricht, dass dies meist sehr geräuschlos und auf Ausgleich bedacht funktionierte, er dadurch sogar politisch gestärkt aus dieser Rolle hervorging.
Gegen ihn spricht, dass er diese zunehmende Macht auf Kosten z.B. der Pressefreiheit erreichte.

Unübersehbar aber auch, zu welcher Krake sich ein solcher Polizeiapparat ausweiten kann, noch dazu, wenn er sich jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen kann. Und wir wissen, dass der Senat im Empire eher ein Schattendasein fristete.
Und das gibt zu denken. Auch mit Blick auf die spätere Neuzeit.

Grüße
excideuil
 
Eine sehr schöne und umfangreiche Einführung, Respekt dafür. Man kann neben den genannten Werken vielleicht noch ergänzend auf Stefan Zweig, Joseph Fouché, Bildnis eines politischen Menschen, hinweisen.

Danke!
In der Tat, Stefan Zweig nähert sich sehr vorurteilsfrei der Person Fouché. Und (meines Wissens) neben der Biografie von Madelin die einzige Beschreibung des Lebens von Fouché in deutscher Sprache.

Wer etwas Zeitgenössisches bevorzugt, sei auf Balzac verwiesen: "Eine dunkle Geschichte" (Une Ténébreuse Affaire). Ein Roman, in dem Fouché "nur" der Drahtzieher ist. Ein Meisterwerk eines Autors, der immer unter finanziellem Höchstdruck die besten Werke ablieferte.

Grüße
excideuil
 
Unübersehbar aber auch, zu welcher Krake sich ein solcher Polizeiapparat ausweiten kann, noch dazu, wenn er sich jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen kann. Und wir wissen, dass der Senat im Empire eher ein Schattendasein fristete.

Die Personengeschichte wird ja von vielen Seiten betrachtet.

Gibt es eigentlich Literatur zur Wirken seiner Sicherheitspolizei, zu dem von ihm kreierten "Apparat"?

Noch zum Tod: angeblich beigesetzt in der Kathedrale von Triest (kann das jemand bestätigen?). Und er hinterließ ein beachtliches Vermögen - wem kam das zu?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Personengeschichte wird ja von vielen Seiten betrachtet.

Gibt es eigentlich Literatur zur Wirken seiner Sicherheitspolizei, zu dem von ihm kreierten "Apparat"?

Noch zum Tod: angeblich beigesetzt in der Kathedrale von Triest (kann das jemand bestätigen?). Und er hinterließ ein beachtliches Vermögen - wem kam das zu?

Zu Literatur kann ich nichts sagen.

Gestorben ist Fouché am 26. Dezember 1820, nachdem er noch am 20. Dezember von König Jérôme besucht wurde. Zugegen waren seine Söhne. In der byzantinischen Basilika, der Kirche San Giusto, die die Altstadt überragt, wurden die Trauerfeierlichkeiten abgehalten. Fouché wurde in eine Gruft gesenkt, die mit Blei versiegelt wurde. 65 Jahre lag er dort, dann (1885) überführte sein Enkel, auch en Herzog von Otranto die sterblichen Überreste nach Frankreich.

Ich habe noch einmal kurz im Netz recherchiert: Wiki fr.: Am 14 Juni 1875 , wurde seine Asche auf dem Friedhof übertragen: Ferrieres-en-Brie , in Seine-et-Marne .


Fouché hinterließ zwischen 15-20 Millionen Franken, die seine Kinder erbten.

Grüße
excideuil

Quelle: Madelin, Louis: „Fouché – Der Mann, den selbst Napoleon fürchtete“; Wilhelm Heyne Verlag, München, 1989
 
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Die Personengeschichte wird ja von vielen Seiten betrachtet.

Gibt es eigentlich Literatur zur Wirken seiner Sicherheitspolizei, zu dem von ihm kreierten "Apparat"?

Noch zum Tod: angeblich beigesetzt in der Kathedrale von Triest (kann das jemand bestätigen?). Und er hinterließ ein beachtliches Vermögen - wem kam das zu?

@silesia

Deine Intention ist schon klar und mit Deiner Kategoriewahl "Sicherheitspolizei" lieferst Du ja auch eine Steilvorlage.

St. Zweig beschreibt ihn m.E. sehr dämonisierend. Mich würde auch Literatur, jenseits der Personengeschichte und künstlerischer Bearbeitung interessieren.

M.
 
St. Zweig beschreibt ihn m.E. sehr dämonisierend.

Über den Satz bin ich "gestolpert" und einmal der Frage nachgegangen, warum beim Thema Fouché und Geheimpolizei und -dienst oft die Schilderungen düster, dämonisierend ... wirken.

Einerseits ist es sicher die Person Fouché selbst. Zweig beschreibt ihn als 32-Jährigen:

"Joseph Fouché ist zur Zeit seiner Wahl (1792, Konventsdeputierter) 32 Jahre alt. Kein schöner Mann, durchaus nicht. Hagerer, fast gespenstig dürrer Leib, ein schmalkonochiges Gesicht mit eckigen Linien, häßlich und unangenehm. Scharf die Nase, scharf und eng auch der immer verschlossene Mund, fischhaft kalt die Augen unter schweren, fast schläfrigen Lidern, die Pupillen katzengrau wie kugeliges Glas. Alles in diesem Gesicht, alles an diesem Manne ist gleichsam dünn mit Lebensstoff dosiert: er sieht aus wie ein Mensch wie bei Gaslicht, fahl und grünlich. Kein Glanz in den Augen, keine Sinnlichkeit in den bewegungen, kein Stahl in der Stimme. Dünn und strähnig das Haar, rötlich und kaum sichtbar die Augenbrauen, graufahl die Wangen. Es ist, als wäre nicht genug Farbstoff da, dieses Gesicht ins Gesunde zu tönen: immer wirkt dieser zähe, unerhört arbeitskräftige Mensch wie ein Müder, wie ein Kranker, wie ein Rekonvaleszent." [1/S. 21-22]

Sicherlich ist seine "Häßlichkeit", sein Habitus mit den weiteren Jahren nicht angenehmer geworden. Und darin steckt wohl ein Stück Begründung, dass dieses Äußere dem Klischee entspricht, mit dem man eine "Kreatur" verbindet, die im Dreck der Gesellschaft wühlt.

Andererseits ist dieser Aspekt zu erwähnen. Geheimpolizei erfordert eine Arbeit am Rand der Legalität, gar in der Illegalität, wird in aller Regel von Personen "vollbracht", die charakterlich eher der negativen Seite der menschlichen Medaille zuzuordnen sind oder einer Ideologie verhaftet sind:

"Seine Geheimpolizei kam dem Steuerzahler teuer zu stehen und fiel ihm obendrein lästig, denn sie strebte eine - obzwar getarnte - Allgegenwärtigkeit ihrer Organe an. Sie wünschte über möglichst viele alles in Erfahrung zu bringen. Solche "lückenlose" Überwachung von In- und Ausländern erforderte ein Heer von Agenten und Zuträgern, intensive Briefzensur, Bestechung wie Bespitzelung - und selbstverständlich eine peinliche Durchschnüffelung der Privat- und Intimsphäre, wobei sie vor Erpressung nicht zurückschreckte. Man eruierte auf lange Sicht, und niemand, einschließlich der Asse der Empiregesellschaft selbst konnte wissen, ob nicht Fouché auch über ihn längst eine sich früher oder später als kompromittierend erweisende Geheimakte angelegt hatte, und was sie enthielt. Das Unbehagen, das sich darob verbreitete, ist leicht zu verstehen. Wer hatte schon eine weiße Weste unter all diesen Hochgekommenen oder wieder Hochgekommenden, wer trug nicht in der einen oder anderen Hinsicht auf den Schultern? Wer traf nicht Vorsorge für den Eventualfall einer nochmaligen jähen Wende nach so vielen schon erlebten? Wer mochte es gern, wenn sich bei jedem beliebigen Geschäftchen ein Polizeischatten dazwischenschob oder doch befürchtet werden musste, dass er es tun könne? Für flatternde Nervenkostüme wurde Fouché zum Alptraum." [2/S. 238]

Eine fehlende wirksame Kontrolle des "Kraken" Geheimdienst wirkte sich natürlich aus:

"Hinzu kam, dass der Minister seinen Apparat zwar in den Dienst des Kaisers stellte und diesen zuverlässig schützte, gleichzeitig jedoch eine eigene "historische" Konzeption verfocht, die keineswegs immer mit den angemeldeten Wünschen und Launen des Usurpators übereinstimmte; er überschritt Zuständigkeiten eines "Polizisten". Stand für Napoleon der Hauptfeind links, so für Fouché rechts, und es wird bis heute über seine tieferen Absichten gerätselt, zumal man seinen Memoiren wenig Glauben schenken kann. [2/S. 238]

Grüße
excideuil

[1] Zweig, Stefan: „Joseph Fouché – Bildnis eines politischen Menschen“, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 2000
[2] Markov, Walter: Grand Empire Sitten und Unsitten der Napoleonzeit, Edition Leipzig, 1984
 
..und die Schlussfolgerung aus dem Text ist:

Unless carefully placed in the context of the well-ordered police state of the 18th century, I think that the term police state could almost be seen as an anachronism. It is too tainted with the totalitarianism of the twentieth-century to be used for structures of the early nineteenth...

In diesem Sinne kann man gerade während der napoleonischen Phase in Frankreich die weitere Entwicklung der Herrschaftsstrukturen im Übergang von der "charismatischen" zur "bürokratischen Herrschaft" sehen.

Es ist die Fortführung des National-Staats-Gedankens und seiner Verwaltungsstrukturen, auch zur Durchsetzung des Normengerüstes der jeweiligen Staaten mit Hilfe einer zentralen Repressionsinstanz.

Das Anwachsen der zentralen Polizeigewalt, auch in Form einer zentral gelenkten Polizei (Gendarmerie), ist in der Tat ein Novum der revolutionären und postrevolutionären Ära. Während des Absolutismus reichte die zentrale Polizeigewalt nicht direkt bis in die "Provinz", sondern war als Relikt feudaler Strukturen nicht selten im Aufgabenbereich regionaler Autoritäten (Adel).

Es ist deshalb positiv, dass obiger Autor sich einen gewissen Respekt bewahrt hat gegenüber der vorschnellen Übertragung von Begriffen aus dem Kontext der Diskussion über den Totalitarismus.
 
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